Freitag, 29. Juni 2007

Die Weltwirtschaftskrise - der konkrete Übergang in die Barbarei

Erneut Hedge Fonds (Heuschrecken) in Not

Von Karl Weiss

Bereits vor geraumer Zeit hatte die Europäische Zentralbank davor gewarnt: Ein Crash von grösseren Hedge Fonds könnte eine Kettenreaktion auslösen, die zum Zusammenbruch des fragilen Gleichgewichts des internationelen Finanzsystems führen könnte und damit auch zum Auslöser einer weltweiten Wirtschaftskrise.

Natürlich wäre ein solches Ereignis nicht der Grund der Wirtschaftskrise, der ist, wie immer im Kapitalismus, natürlich die Überproduktion. Da aber alle Anzeichen bereits auf Beginn der nächsten Wirtschaftskrise stehen, könnte ein solches Ereignis in diesem Moment sehr wohl zum Auslöser werden.

Aus diesem Grund standen ja auch schon Limitierungen der Hedge Fonds auf der Agenda des G8-Gipfels in Heiligendamm, wo man sich allerdings auch zu diesem Thema nicht einigen konnte.

Die Hedge Fonds (Hecken-Fonds) sind Anlagen, die extrem riskant sind, aber auch besonders hohe Gewinne versprechen. Die Mittel, die üblicherweise zu diesem Zweck angewandt werden, sind die Übernahme gesunder Unternehmen und das anschliessende künstliche Aufblähen des Umsatzes und das „Aussaugen“ der inneren Werte des Unternehmens. Aus diesem Grunde war in Deutschland schon im Jahr 2005 der Begriff „Heuschrecken“ für diese Fonds geschaffen worden.

Schon im Februar dieses Jahres war ein solcher Fond, „Red Kite“, ins Straucheln geraten, aber mit vereinten Kräften der US-Fed und von Grossbanken konnte ein grösserer Crash noch einmal verhindert werden. Auch im September vergangenen Jahres musste der Amaranth-Fond in einer Grossaktion gestützt werden.

Diesmal sind es gleich zwei milliardenschwere Hedge Fonds, die auf der Rutschbahn nach unten sausen, die beiden wesentlichen Hedge Fonds der US-Investment Bank Bear Stearns, einem der Schwergewichte der Branche. Sie sind so bedeutend, dass sie das Überleben der ganzen Bank in Frage stellen. Die „Süddeutsche“ textet dazu: „Sollten die Fonds geschlossen werden, könnte dies weitreichende Folgen für die globalen Finanzmärkte haben.“

Das Wall Street Journal berichtete, ein erster Rettungsversuch für die beiden angeschlagenen Anlage-Vereinigungen sei gescheitert. Das heisst noch nicht, man wird nicht erneut versuchen, noch einen Pflock einzuschlagen, an dem der Fall der beiden Fonds ins Nichts gestoppt werden kann, aber andererseits lieben es Grossbanken gar nicht, Verluste auffangen zu müssen, besonders wenn sie in Milliardenbeträge gehen.

Allerdings tun sie es oft doch, wenn die Alternative, der Zusammenbruch der internationalen Finanzmärkte, weit höhere Verluste brächte.

Das ist das Besondere an der momentanen Situation: Alle wissen, der Ausbruch der Wirtschaftskrise, der steile Fall der Aktienkurse, hunderttausendfache Konkurse, die – wie sie es lieben zu nennen – „Rezession“, ist nur noch eine Frage des Startschusses, da wird möglich, was eben noch unmöglich war, um es noch ein wenig hinauszuzögern.

Das unlösbare Problems des Kapitalisten im Kapitalismus, das hat Karl Marx im vorletzten Jahrhundert bereits entdeckt, ist der tendenzielle Fall der Profitrate. Für den Kapitalisten interessiert nicht einfach die Gesamtmenge Profit, die er macht, es interessiert dies im Verhältnis zum eingesetzten Kapital, also die Profitrate. Die wird aber mit fortschreitendem Kapitalismus immer schlechter, denn er muss einerseits den Anteil der arbeitenden Menschen an den von ihnen erarbeiteten Werten ständig versuchen zu verkleinern und damit seinen Profit zu erhöhen, aber er wird dann andererseits die produzierten Waren nicht mehr los, weil die übergrosse Mehrheit der Bevölkerung kein Geld mehr hat, sie zu kaufen.

So entstehen die Wirtschaftskrisen, nicht aus Mangel an Kapital, sondern aus Überschuss von Kapital, das keine profitable Anlage mehr findet. Erst wenn in der Krise sagenhafte Mengen von Kapital vernichtet wurden, kann ein neuer Zyclus beginnen. Aber jetzt, zum Ende der kapitalistischen Geschichtsperiode, wird dies Problem immer dringender, immer weniger lösbar. Immer mehr kleinere Kapitalisten gehen pleite, der Prozess der Konzentration nimmt überdimensionale Ausmasse an, Superkonzerne kaufen Superkonzerne, Branchenriesen verschwinden von der Bildfläche (siehe Hoechst und AEG), der Konkurrenzkampf der Giganten wird auf immer höherer Ebene ausgetragen.

Es gibt innerhalb des Systems keinen Ausweg aus diesem Dilemma, darum ist der Kapitalismus zum Untergang verurteilt. Wird er nicht in der geschichtlichen Notwendigkeit vom Sozialismus abgelöst, geht er über in die Barbarei – genau das, was jetzt eben gerade begonnen hat. Nicht von ungefähr beginnen Grosskonzerne, wie VW und Siemens, sich in illegale Geschäfte zu verstricken, nicht von ungefähr lässt sich Bayerns designierter Ministerpräsident Beckstein mit der Hypo-Alpe-Skandal-Bank des Österreichischen Rechtsaussen Haider ein. Alle Skrupel, die es noch gegeben haben mag, werden in beeindruckendem Tempo über Bord geworfen. Der Skandal der Politik in Sachsen lässt grüssen.

Die Hedge-Fonds, deren Gebaren jeglichen Regeln eines „verantwortungsbewussten Kaufmanns“ Hohn sprechen, sind bereits die ersten Anzeichen dieser Barbarei gewesen. Sie sind, um vom Bild der Heuschrecken wegzukommen, die Geier, die über dem sterbenden Kapitalismus kreisen. Sie sind Ausdruck des Grundproblems des Kapitals, ebenso wie Beschleuniger des Prozesses, aber auch Auslöser des Zusammenbruchs.

Nur haben die Hedge Fonds heute zusammengenommen ein Einlagekapital, das etwa 100 mal grösser ist als im Jahr 2000, vor Beginn der letztenWirtschaftskrise. Es könnte passieren, dass diesmal die Krise weit tiefer schneidet als jene von 2001 bis 2003.

USA: Foreclosure Zwangsversteigerung

Die konkrete Krise der beiden Fonds steht im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch des Immobilienmarktes in denUSA. Dort sind in fast allen Staaten, vor allem im Bereich der grösserenStädte, die Werte von Häusern, Wohnungen und Grundstücken seit Beginn letzten Jahres um 10 bis 50 % gesunken.

Immobilienzwangsvollstreckung

Da aber der „Aufschwung“ in den USA vorher mit Hypothekenkrediten künstlich erzeugt wurde, denn fast jeder bekam gutes Geld auf seine Immobilie, wenn er eine Anschaffung machen wollte (in den USA haben weit mehr Familien Wohneigentum als bei uns), ist damit nicht nur dieser Schein-Aufschwung beendet, sondern man hat nun Millionen von Familien, die aus ihren Häusern oder Wohnungen geworfen werden, weil sie die steil ansteigenden Raten nicht mehr zahlen können. Damit aber wurden ein beträchtlicher Teil dieser Hypothekenkredite „faul“, was sich nun auf den ganzen Finanzsektor auswirkt, bis jetzt nur auf den der USA.

Housing Slump

Gleichzeitig ist damit die innere Kaufkraft der Vereinigten Staaten, die bisher immer noch die Basis jeglichen Wachstums der Weltwirtschaft darstellte, kräftig angeschlagen. Vorraussichtlich wird der Konsum im Juni ganz oder fast ohne Wachstum sein. Man kann gespannt sein, wie die Internationalen Hüter des Währungs- und Finanzsystems jetzt noch den Beginn des Crash hinauszögern werden (oder wollen).


Veröffentlicht am 29. Juni 2007 in der Berliner Umschau

Originalartikel


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