Mittwoch, 14. November 2007

Urheberrecht - 10 000 Dollar für ein Musikstück

Höchststrafe für Musikdownload

Von Karl Weiss

Im Zuge der generellen neoliberalen „Reformen“ sind in praktisch allen größeren Industriestaaten inzwischen ohne viel Aufsehens extrem restriktive Gesetze erlassen worden, die Verstöße gegen Urheberrechte in absurder Weise unter Strafen stellen, auch wenn es nur um persönlichen Gebrauch geht. In einem ersten großen Fall in den Vereinigten Staaten wurde Ms. Thomas aus Duluth im Staat Minnesota für den download von 24 Songs mit 220 000 Dollar Strafe belegt, also fast 10 000 Dollar pro Musikstück.

Die Begründungen für all dies lauten wie folgt:
Die Komponisten und Sänger und Musiker von Musikstücken wie auch jene, welche Texte und Filme produzieren, wie Journalisten, Schriftsteller, Regisseure, Schauspieler und Dichter wie auch die Fotografen von Bildern haben das Recht, für die Nutzung ihrer Werke ein Entgelt zu verlangen. Soweit ist dies natürlich wirklich berechtigt.

Etwas völlig anderes aber ist, was die Musik-, Film- und Videoindustrie über Verkäufe von CDs und DVDs erwartet. Man rechnet einfach hoch, was vermutlich an Piratenkopien hergestellt wurde, nimmt mit dem (horrenden) Verkaufspreis mal und schon hat man einen „volkswirtschaftlichen“ Schaden durch Piraterie in Milliardenhöhe ausgemacht.

Die schlichte Tatsache, dass sie zu den Preisen, zu denen sie verkaufen, eben nur geringe Mengen absetzen können, wird unter den Tisch gekehrt. Diejenige, die billige Piratenware kaufen oder im Internet herunterladen, würden nie die von der Musik- und Filmindustrie geforderten Preise für CDs oder DVDs zahlen. Die Rechnung ist also ohne den Wirt gemacht.

Sieht man etwas näher hin, fällt auch auf: Vom Verkaufspreis einer CD von – sagen wir – 20 Euro oder einer Film-DVD von - sagen wir – 35 Euro, bekommen die Künstler nur ein oder zwei Cent. Im Fall eines Filmstars kann das auch einmal auf 5 Cent kommen. Rechnet man noch die Herstellkosten der CD/DVD, die sich nach Aussagen der Hersteller um die 2 bis 3 Euros bewegen, kommen wir zu dem Schluss, der Löwenanteil des Preises der sauteueren Original-Titel gehen an die Herstellfirma, an die verschiedenen Vertriebszentralen und schliesslich an den Einzelhandel.

Nur – diese Herrschaften, die da gut daran verdienen, sind keine Künstler (außer in der Kunst, Geld zu scheffeln) – sie haben nicht das geringste Recht, für Autorenrechte Geld zu bekommen. Die SONY zum Beispiel, einer der Großen der Branche, hat eine Menge von Aktionären, die Jahr für Jahr satte Dividenden einstecken von den Erlösen dieser Werke – nur: Sie haben keinerlei künstlerische Leistung erbracht, um Autorenrechte einstecken zu können.

Kurz: Die ganze Argumentation mit „Piraterie“, mit den armen geplagten Künstlern, die nicht bekämen, was ihnen zusteht, ist nichts als bullshit, um mit unseren US-Freunden zu sprechen. Es geht nur darum, reiche Investoren noch reicher zu machen und hat nichts mit Autorenrechten zu tun.

Dafür staatliche Verfolgung und Strafrecht einzusetzen ist nicht nur unberechtigt, es ist kriminell! Staatliche Ressourcen, Polizei, Staatsanwaltschaften CSIs usw. ausschließlich zum Zweck höherer Dividenden für ganz bestimmte Investoren einzusetzen, ist nicht einfach nur eine Vergeudung, es ist mit jeder Vorstellung genereller Menschenrechte absolut unvereinbar.

Zudem müssen sich die Protagomisten dieser Gesetze fragen lassen, wo denn da ihre sonst so laut tönenden Überzeugungen geblieben sind, wenn es um staatliche Eingriffe geht: „Weniger Staat! Der Staat ist nicht dazu da, wirtschaftliche Aktivitäten zu betreiben!“ Interessant: es handelt sich um genau die gleichen Neoliberalen, die einmal so, einmal so argumentieren.

Vor diesen „Gesetzen zum Schutz des Urheberrechts“ war die Sache eigentlich korrekt und abschliessend geregelt. Es gab für den privaten Gebrauch kleine Abgaben für alle Wiedergabe-Geräte und niemand hätte einen Aufruhr veranstaltet, wenn auch auf die Computer eine solche kleine Urheberrechts-Abgabe erhoben worden wäre. Die Abgaben gingen an die GEMA und damit direkt an die Künstler, nicht an die Plattenfirmen.

Was die kommerzielle Nutzung von Musik-Stücken, Filmen usw. betrifft, ist dies sowieso völlig ausreichend geregelt und funktioniert. Jeder, der etwas kommerziell nutzt, muss Abgaben zahlen und tut dies auch.

Bei den neuen Gesetzen geht es ausschließlich um die rein persönliche, private Nutzung. Offenbar haben die Verabschieder neuer Gesetze, wie die deutsche große Koalition, hier auch etwas ganz anderes im Sinn als den Schutz von Rechten von Künstlern.

Wenn man nur möglichst viele Strafgesetze schafft, an die sich niemand hält, die von fast allen übertreten werden, hat man immer, wenn man will, etwas gegen fast jeden in der Hand. Wenn man ihn nicht wegen seiner Dissidententätigkeit rankriegt, dann eben über Musikstücke, die er aus dem Internet herunter geladen hat. Wozu hat man schliesslich den Bundestrojaner. Es wurde bereits ausdrücklich erwähnt, er solle auch gegen Piraterie eingesetzt werden.

So kann man schnell eine missliebige Person, z.B. einen Journalisten, der „gegen den Strich bürstet“, mit Hunderttausenden von Euros Strafe überziehen und kann noch ganz heilig verkünden, das habe natürlich nichts mit seiner Tätigkeit als Journalist zu tun.

In noch weit intensiverem Masse gilt dies für den Markenschutz, der in einigen Ländern gleich in den Urheberrechtsschutz mit einbezogen wurde. Da wird argumentiert, die Markenpiraterie verursache ebenfalls Milliardenschäden. So kann es einem passieren, wenn man ganz unbedarft ein Parfüm im Internet bestellt, auf dem „Christian Dior“ steht, dass man wenige Tage später ermittelnde Polizisten vor seiner Haustür stehen hat.

Es wird argumentiert, die Besitzer von bekannten Marken hätten hoch in Werbung für ihre Marken investiert und hätten daher auch ein Anrecht, die Gewinne aus diesen Marken zu geniessen. In Wirklichkeit sind bekannte Marken nichts anderes als die Möglichkeit, für ganz normale Produkte, die jeder genauso gut herstellen kann, höhere Preise zu erzielen. Nun mag man dies den Markenfirmen zugestehen, aber die vorher geltenden Rechte reichten völlig zu ihrem Schutz aus.

Der Schutz von Marken muss ausschließlich auf zivilrechtlichem Weg verfolgt werden und es ist absurd, ihn in die Strafgesetzgebung zu übernehmen. Jede Firma mit einer bekannten Marke ist gross genug, um Markenverletzungen selbst herausfinden und wegen Schadenersatz vor Gericht bringen zu können. Diese Arbeit den sowieso bereits völlig überforderten Polizisten und Staatsanwaltschaften aufzubürden ist durch nichts gerechtfertigt, denn es geht auch hier wiederum um Extra-Profite für bestimmte Firmen, die so staatlich abgesichert werden sollen, was niemals die Aufgabe von Staatsorganen sein dürfte.

Veröffentlicht am 13.November 2007 in "Nachrichten - heute"

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