Montag, 10. November 2008

Steuermilliarden für Automobilkonzerne

Gewählter US-Präsident Obama kündigt Stützungspaket für Großindustrie an

Von Karl Weiss

Mit dem Abstand von nur zwei Tagen haben die US-Autokonzerne jetzt 50 Mrd. Dollar als „freundliche Unterstützung“ vom Steuerzahler angefordert und hat der gewählte Präsident Obama ein Riesen-Hilfspaket für eben diese Autokonzerne angekündigt. Er spricht vorerst „nur“ von 25 Mrd. Dollar. Kaum je wurde so deutlich: Nicht die Regierung hat das Sagen, sondern die Herren der Riesen-Konzerne.

Barack Obama

General Motors (GM), Ford und Chrysler haben im ersten Halbjahr 08 insgesamt 28,6 Mrd. Dollar an Verlusten eingefahren. Es ist klar: Für das zweite Halbjahr wird das noch deutlich mehr sein. Die Einbrüche im Auto-Umsatz (in Dollar, nicht in Stück) legen im Bereich von 30 bis 40 % Monat für Monat. Wer Angst hat, entlassen zu werden, wird sich nicht bis zum Hals verschulden für ein neues Auto. Ford hat sich auch der Forderung der europäischen Autoindustrie nach 40 Milliarden Euro angeschlossen.

Hatte man bisher die Linie gefahren, alle Verluste so weit wie möglich zu verstecken, um einem weiteren Absturz der Aktienkurse zu verhindern, hat man nun die umgekehrte Strategie eingeschlagen: Die Situation der Automobilindustrie wird in den schwärzesten Farben gemalt, Verluste tauchen aus allen Ecken auf und man tut sogar etwas, was eigentlich kein Manager tun darf, der noch bei Trost ist: Den Bankrott ankündigen. Ein Sprecher von GM liess verlauten, Anfang 2009 (also wenn Obama ins Amt eingeführt wird) würde man wohl die Rechnungen nicht mehr bezahlen können.

Die Drohung mit dem Konkurs wird denn auch noch untermauert: Der deutsche Kreditversicherer Euler Hermes hat laut WDR den Versicherungsschutz für Kreditrisken von Opel- (GM) oder Ford-Zulieferern aufgehoben. Im Klartext: Nicht nur die eigentliche Autoindustrie, sondern auch die Teile-Zulieferer stehen bereits auf den Listen der Konkursverdächtigen. Nur mit einem grossen Unterschied: Mit wenigen Ausnahmen sind diese Unternehmen keine Monopolkonzerne, d.h. sie gehören nicht zur herrschenden Klasse und können daher auch nicht Gelder vom Steuerzahler einfordern. Für sie wird die Frage der Zahlungsunfähigkeit oft zur Realität werden.

Um die Grössenordnungen deutlich zu machen: Um die 80 bis 90% der Teile für ein Auto werden heute in der Zulieferer-Industrie hergestellt. Selbst die Metallbearbeitung des Motorblocks und das Pressen der Karosserieteile, die man bisher noch fast immer im eigenen Haus erledigte, wird jetzt bereits vermehrt in die Autoteile-Industrie ausgelagert. Im eigentlichen Automobilwerk wird praktisch nur noch zusammengesetzt und lackiert. Glatte 80% oder mehr der Arbeitsplätze, die direkt mit Teilen eines neuen Autos zu tun haben, sind in der Zuliefererindustrie. Das Arbeitsplatzargument ist also vorgeschoben.

Demgegenüber sind GM und Ford inbankrottabel: Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr als ein solcher Konzern pleite. Uns wird das natürlich mit dem Argument des „Rettens der Arbeitsplätze“ verkauft. Allerdings könnte man mit solchen Summen das doppelte an Arbeitsplätzen schaffen.

Wenn diese Konzerne 50 Mrd. Dollar brauchen, fordern sie das Geld eben an. Wenn sie 500 Mrd. Dollar brauchen, ebenso. Für sie ist es völlig egal, ob der Staat das vernünftigerweise überhaupt aufbringen kann, ob die so gemachten Schulden der Bevölkerung eines Landes nicht Bürden auferlegen, die untragbar sind. Wenn der Staats-Haushalt zu immer grösseren Teilen zu einem Schulden-Haushalt wird, ist das für sie schnurzpiep-egal.

Obama hat denn auch pflichstschuldig gleich ein Hilfspaket angekündigt. Allerdings spricht er davon, das sei für die Entwicklung umweltfreundlicher Autos vorgesehen. Wie er denn überprüfen will, wie das verwendet wird, hat er nicht erklärt. Man kann wetten, das Paket für die Auto-Giganten wird genausowenig wie das für die Banken an ernst zu nehmende Bedingungen geknüpft werden. Wie wir inzwischen wissen, haben Banken und Versicherungen, die mit Staatsgeldern gerettet wurden, nicht nur das Luxusleben ihrer Manager weiterhin bezahlt, sondern auch weiterhin hohe Boni für ihre Spitzenleute gezahlt und zum Teil Dividenden an Aktionäre ausgeschüttet.

Die Automobil-Riesen haben denn auch bereits eine parallele Argumentationskette angeworfen: Da gebe es hohe Kosten für die Firmen-Krankenversicherung und für die Pensionszusagen für jene, die sich zur Ruhe setzen. Für diese Zwecke, so wurde schon angekündigt, brauche man auch Geld, denn das seien Kosten.

Nun, es gibt in den USA keine gesetzlichen Krankenversicherungen. Entweder man versichert sich privat oder man hat eine Krankenversicherung vom Unternehmen, in das man natürlich genauso einzahlen muss wie wir hier in Deutschland in die Krankenkassen. Dies als Kosten für das Unternehmen zu bezeichnen, ist ein wenig verwegen. Ähnlich ist es mit den Pensionszusagen, die bei den Grosskonzernen üblich sind – es gibt ja auch keine staatliche Rentenversicherung in den USA. Auch für diese Zusagen muss natürlich eingezahlt werden. Soweit die Konzerne da Zuschüsse geben, sind das ebenfalls keine Kosten. Dafür hat man nämlich weniger Lohnerhöhungen gegeben. Ausserdem steht dem Unternehmen die ganze Zeit bis zur Pensionierung das eingezahlte Geld zur Verfügung, um damit Zinsen und Zinseszinsen einzustecken. In der Regel ist die Pensionskasse ein einträgliches Geschäft für ein Gross-Unternehmen – wenn man sich nicht verzockt hat.

Was die Unternehmen der Autoindustrie (und wohl auch die anderen Monopolkonzerne) anstreben, dürfte die vollständige oder teilweise Übernahme der Krankheitskosten und der Pensionen der älteren Beschäftigten nach ihrer Pensionierung durch den Staat sein, sprich den Steuerzahler. Kurz: es gibt keinerlei Limitierungen mehr für den Rausch des Raffens dieser Leute: Gibt der Finanzmarkt nicht mehr die dicken Grundgehälter und Millionen-Boni und die Milliarden von Dividendenzahlungen her, dann muss eben der Steuerzahler herhalten.

Und – wie gesagt: Die Bürde der Schulden – schnurzpiep!


Veröffentlicht am 10. November 2008 in der Berliner Umschau

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