Dienstag, 24. Mai 2011

Nicht nur die CDU wurde ‘abgewatscht’

Bremer Bürgerschaftswahl: Wieder eine Fehlleistung der Meinungsforschungsinstitute

Von Karl Weiss

Der Trend bei Wahlen in der Bundesrepublik ist gleichbleibend, mit gewissen Schwankungen. Die früheren „Volksparteien“ brechen immer mehr ein, einmal mehr die eine, einmal mehr die andere, die FDP hat sich zur Bedeutungslosigkeit verdammt, die Grünen erleben einen, wenn auch schwachen, Aufwind und die Linke ist im Westen als Parlamentspartei äusserst gefährdet.

Rechtspopulistische Bewegungen können schwer Fuss fassen und die Piraten schaffen es noch nicht, ernst genommen zu werden.

Die „Partei“ der Nichtwähler ist nicht nur bei weitem die stärkste Partei, sondern auch ständig wachsend.

Hatte sich gestern abend angesichts des vorhergesagten Ergebnisses von 38% die SPD grosskotzig zum Wahlsieger erklärt, so musste man heute beim amtlichen Zwischenergebnis erfahren, dass man danach gerade mal auf 36,8% kam, das ist ein deutliches Minus an Wählerstimmen gegenüber der letzten Wahl. Nimmt man die Wahlbeteiligung, die auf bisher unbekannte 53,3 % der Wahlberechtigten fiel, so bleibt damit für die SPD ein Ergenbnis von weniger als 20% der Wahlberechtigten, die sie wählten.

Von Wahlsieger kann also keine Rede sein. Kann das ein Wahlsieger sein, der Stimmen eingebüsst und weniger als 20% der Stimmen der Wahlberechtigten erhalten hat?

Nun, werden Sie vielleicht sagen, wenn die SPD nicht der Wahlsieger war, wer denn dann, denn die anderen haben ja schlechter abgeschnitten? Nun, der Wahlsieger ist natürlich – so wie schon bei fast allen letzten Wahlen – die Partei der Nichtwähler, die hier neue Rekordergebnisse einfahren konnte.

Nun, machen Sie einen einfachen Test: Hat gestern in der Berichterstattung und bei den Aussagen der Politiker diese Partei die ihr zukommende Rolle gespielt? Nein, natürlich nicht!

Ausser einer Erwähnung nebenbei war sie für niemanden von Bedeutung. Doch was heisst es, wenn nur nocht etwa die Hälfte der Bundesbürger zu Landtagswahlen gehen?

Das heisst, sie haben die Nase gestrichen voll von dieser Politik und diesen Politikern, wo die Reichen fast keine Steuern zahlen müssen, bei den geringen Verdiensten aber geschröpft wird, wo man den Banken Hunderte von Milliarden von Euro zuschustert und das von den Steuerzahlern bezahlen lässt, wo in fremde Länder, wie in diesem Fall Afghanistan, eingefallen wird, Zivilisten massakriert werden und man die Meinung der Bundesbürger ignoriert, wo man die Arbeitslosen mit Hartz IV in (nun endlich offiziell eingestandenen) „Leidensdruck“ bringt und damit fast alle Älteren und viele Junge aus der Gesellschaft ausschliesst, wo die Rentenkassen für andere Zwecke geplündert und dann Renten gekürzt werden, wo mit Zugriff zu Bankkonten und zu Flugreisendaten, mit Vorratsdatenspeicherung und der Strafbarkeit von Intentionen die Bespitzelung weit über Stasi-Niveau geschraubt und die Rechte der Bürger mit Füssen getreten werden usw. usw.

Die weitgehende Wahlenthaltung bedeutet nichts weiter als die Fortsetzung des Linkstrends in den Köpfen der Bundesbürger und dies ist der Haupttrend.

Nun wird aber von einem „deutlichen Trend“ zu den Grünen gesprochen, Tatsächlich sind die Grünene die einzigen, die in Bremen Stimmenzuwachs hatten von denen, die einiges Gewicht haben. Aber machen Sie sich die Mühe, morgen, wenn das amtliche Endergebnis bekanntgegegeben wird, die tatsächliche Zahl der zusätzlichen Stimmen (nicht Prozentpunkte) zu checken. Es werden relativ Wenige sein.

Der Atom-Supergau in Japan spült im Moment eine Anzahl von Stimmen zu den Grünen hinüber, aber das ist ausserhalb von Baden-Württemberg, wo es zusätzlich eben Stuttgart21 gibt, eine geringfügige und kaum nachhaltige Bewegung. Der Wähler wird bereits bald sehen, die Grünen – obwohl dort an der Macht – werden Stuttgart21 nicht verhindern. Wenn das bis dahin deutlich geworden ist, wird die Tendenz zu den Grünen schon bei den Berliner Wahlen gebrochen sei – sonst später.

Von einer Partei, die fast nichts dazu tut, um sich beim wesentlichen Thema durchzusetzen, warum sie gewählt wurde, wird von jenen Wählern, die typischerweise nicht zu jener Partei tendieren, bald wieder an Unterstützung einbüssen.

Und wer Atomkraftwerke abschaltet, wird Frau Merkel sein. Die Grünen haben eine grosse Chance verpasst, als sie sich nicht die sofortige Abschaltung aller Atomkraftwerke auf die Fahnen schrieben. So werden sie nur eine von vielen Parteien sein, die eine langsame und gemächliche Abschaltpolitik vertreten und gehen in der Masse unter.

Zur FDP erübrigen sich alle weiteren Kommentare, zur CDU ist auch schon Vieles gesagt.

Was die Linke betrifft, so dürften jetzt alle Warnleuchten angegangen sein. In Stadtstaaten war bisher praktisch immer ein Hoch bei den Wahlen zu verzeichnen für sie, nun aber kommt man nach den letzten offiziellen Zahlen gerade mal mit 5,4 % in die Bremer Bürgerschaft, fast genau die gleiche Prozentzahl wie „Bürger in Wut“ (5,3%). Eine Partei, die nicht mehr auffällt als Verteidiger der Bürger-Rechte und der sozialen Rechte, eine Partei, die jedes kontroverse Thema („Kommunismus“) vermeidet, um nur ja keine möglichen zukünftigen Koalitionspartner zu vergrätzen, die wird kaum je wieder Chancen haben, in eine Koalition zu kommen.

Wenn man nicht den Sozialismus und Kommunismus gegen die Lakaien des Kapitalismus verteidigt, was bleibt dann noch von „Links“ übrig? Eine Partei, die ständig den Schwanz einzieht, wird mehr und mehr als lächerlich empfunden. So bleibt dann am Ende als Grund, Linke zu wählen, nur noch die DDR-Nostalgie.

Dann aber wird diese Partei zum Aussterben verurteilt sein, so wie auch die FDP. Der wesentliche Angelpunkt für die Westler, Lafontaine, ist gegangen. Nun hätte man sich nur mit offenen und deutlichen linken Inhalten profilieren müssen. Doch statt dessen fordert man, jeder Mensch auf der Welt habe sich für das Existenzrecht Israels auszusprechen.

Nur – rechte Positionen haben schon andere Parteien besetzt. Damit lockt man keine Wähler hinter dem Ofen hervor.

Wenn nichts Wesentliches mehr geschieht, wird die Linke wohl nach und nach aus allen West-Parlamenten verschwinden und dann, als reine Ost-Nostalgie-Partei, auch dort langsam mit dem Sterben der Menschen, die noch in der DDR gelebt haben, auch aussterben.

Besonders interessant muss man aber das Abschneiden der „Bürger in Wut“ des Rechtsaussen Jan Timkes ansehen. Sie hatten alles, um es den Holländern gleich zu tun und eine Partei in die bestehende Parteienlandschaft zu werfen, die mit „Sarrazin hat Recht“ und Ausländerfeindlichkeit an die niedrigsten Instinkte der Deutschen appelliert.

Noch vor wenigen Monaten, auf dem Höhepunkt der „Sarrazin“-Welle, haben alle ernst zu nehmenden Auguren einer solchen Partei auf Anhieb 16% der Wählerstimmen zugeschrieben. Nun, man hat gerade mal den Einzug in die Bürgerschaft geschafft. Dabei ist bekannt, die norddeutschen Hansestädte sind besonders anfällig für solche Partei-Gebilde, wie schon Schill gezeigt hat.

Übrigens: Auch dies wurde gestern noch falsch vorhergesagt. Alle Sender und Presseorgane meldeten, die „Bürger in Wut“ würden nur einen Sitz wegen des des Abschneidens in Bremerhaven bekommen, aber heute zeigt das vorläufige amtliche Zwischenergebnis etwas anderes: Jan Timkes Partei ist mit mehr als 5% der Stimmen in die Bremer Bürgerschaft eingezogen.

Was lernen wir aus dem Nicht-Erreichen des 16%-Ziels? Die Bürger, die nicht zur Wahl gehen, sind keine Rechtsaussen oder Idioten, die sich leicht an der Nase herumführen lassen. Fast alle fallen nicht auf die sogenannten „Rechtspopulisten“ herein. Die Gründe, warum sie die aktuellen Politiker und die aktuelle Politik ablehnen, stehen nämlich hier oben im Artikel und das hat alles nichts mit „Rechts“ zu tun, ganz im Gegenteil.

Und wir können erleichtert konstatieren: Auch frühere CDU- oder SPD-Wähler lassen sich in wesentlichen Teilen nicht mit den Schauermärchen von der islamischen Unterwanderung und dem „Tsunami“ von Ausländern irreführen. Ob Deutschland, wo die Hitler-Diktatur gedieh, wirklich seine Lektion gelernt hat? Scheint so!

Noch ein Wort zu den Piraten, deren Ergebnis gestern ebenfalls falsch angegeben wurde: Sie blieben mit fast genau 2% deutlich hinter manchen Erwartungen zurück, auch wenn gemeldet wird, unter den jugendlichen Wählern hätten sie 7% erreicht. Die Einseitigkeit der Thematik der Partei ist offensichtlich doch noch vielen Menschen zu gross. Wenn man als Partei auftritt, kann man sich nicht auf zwei oder drei Themen als alleiniges Anliegen versteifen.

Dazu kommt, die Partei wird ausserhalb dieser drei Themen als völlig heterogen angesehen. Jader kann fast alles zu fast allen Themen sagen und es gibt kein Parteiprofil – ausser bei jenen drei Themen. Daran muss man arbeiten.

„Fefes“ Meinung dazu in seinem Blog ( http://blog.fefe.de/ ):

„Meine Vermutung: Ab 60 wählt man CDU, ab 50 SPD, zwischen 30 und 50 ist man politikverdrossen und pendelt wild herum oder wählt gar nicht mehr, und die Jüngeren wählen Grüne, Linkspartei oder Piraten. Im Moment freut sich die SPD, dass der CDU die Wähler wegsterben, aber das trifft sie demnächst genau so hart. Nachwuchs haben beide nicht, nachdem sie systematisch die jüngeren Generationen verraten und verkauft haben. Die Grünen können nur von Jugendlichen gewählt werden, die zu jung sind, um sich an den Kosovokrieg-Verrat oder die Hartz IV-Einführung zu erinnern.“

Nein, Fefe, da hast Du nicht recht. Allen Deutschen über 50 zu unterstellen, sie würden entweder CDU oder SPD wählen, nehme ich Dir als älterer Deutscher sogar persönlich übel. Wir sind keine debilen sabbernden Tattergreise, bloss weil wir älter sind, Du arroganter Löffel!

Aber über so etwas gibt es Umfragen und Veröffentlichungen. Wenn Du da nachsiehst, wirst Du sehen: Tatsächlich ist der Anteil der CDU- und SPD-Wähler bei der älteren Generation höher, aber die grösste einzelne Gruppe bei den Älteren ist ebenfalls die der Nicht-Wähler, nicht nur bei den Menschen zwischen 30 und 50. Im Osten sind viele Ältere Linkspartei-Wähler. Die Grünen werden keineswegs hauptsächlich von den ganz Jungen gewählt, sie haben vielmehr eine sehr ausgeglichene Altersverteiliung. Die Einzigen, die wirklich extrem in der Altersverteilung der Wähler sind, sind die Piraten, die fast nur junge Wähler haben.

Ja, so ist das wenn man mal so vor sich her spinnt, da stolpert man leicht.

Korrektur

Die im Artikel enthaltene Information über das Abschneiden von 'BIW' stammt aus diesem Artikel:
http://www.heise.de/tp/blogs/8/149890

Wie mir ein freundlicher Herr nun mitteilt, ist sie aber nicht richtig. Die "Bürger-in-Wut-Partei" wird anscheinend doch unterhalb der 5% bleiben und nur wegen des Abschneidens in Bremerhaven einen Sitz in der Bürgerschaft erhalten. Der Inhalt der obigen Analyse wurd dadurch nicht verändert.

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