Karl Weiss - Journalismus (Bürger-Journalist - Nachrichten-, Politik-, Brasilien- und Bilder-Blog) : Rubrik:Brasilien
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Bürger-Journalist - Nachrichten-, Politik-, Brasilien- und Bilder-Blog
Karl Weiss
Karl Weiss
2011-03-09T19:36:59Z
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2000-01-01T00:00:00Z
Karl Weiss - Journalismus
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Karneval in Rio 2011
http://karlweiss.twoday.net/stories/14712926/
<b>Der Karnevals-Artikel 2011</b><br />
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<b>Von Karl Weiss</b><br />
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Wie schon Tradition in diesem Blog, werden hier auch dieses Jahr wieder die herausragendsten Bilder des Karneval in Rio (und in São Paulo) eingestellt, denn dieses Blog ist auch Brasilien-Blog und auch Bilder-Blog.<br />
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<img title="Carnaval 11 51" height="678" alt="Carnaval 11 51" width="520" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-11-51.jpg" /><br />
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<img title="Carnaval 11 - 53" height="382" alt="Carnaval 11 - 53" width="550" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-11-53.jpg" /><br />
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<img title="Carnaval- 11- 54" height="396" alt="Carnaval- 11- 54" width="400" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-11-54.jpg" /><br />
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<img title="Carnaval 11 - 54" height="450" alt="Carnaval 11 - 54" width="331" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-11-55.jpg" /><br />
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<img title="Carnaval 11 - 56" height="382" alt="Carnaval 11 - 56" width="550" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-11-56.jpg" /><br />
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<img title="Carnaval 11 - 57" height="596" alt="Carnaval 11 - 57" width="380" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-11-57.jpg" /><br />
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<img title="Carnaval 11 - 58" height="247" alt="Carnaval 11 - 58" width="370" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-11-58.jpg" /><br />
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<img title="Carnaval 11 - 59" height="412" alt="Carnaval 11 - 59" width="550" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-11-59.jpg" /><br />
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<img title="Carnaval 11 - 60" height="382" alt="Carnaval 11 - 60" width="550" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-11-60.jpg" /><br />
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<img title="Carnaval 11 - 61" height="382" alt="Carnaval 11 - 61" width="550" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-11-61.jpg" /><br />
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<img title="Carnaval 11 - 63" height="367" alt="Carnaval 11 - 63" width="502" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-11-63.jpg" /><br />
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<img title="Carnaval 11 - 64" height="463" alt="Carnaval 11 - 64" width="300" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-11-64.jpg" /><br />
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<img title="Carnaval 11 - 65" height="366" alt="Carnaval 11 - 65" width="550" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-11-65.jpg" /><br />
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<img title="Carnaval 11 - 66" height="640" alt="Carnaval 11 - 66" width="404" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-11-66.jpg" /><br />
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<img title="Carnaval 11- 67" height="534" alt="Carnaval 11- 67" width="351" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-11-67.jpg" /><br />
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<img title="Carnaval 11 - 68" height="349" alt="Carnaval 11 - 68" width="465" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-11-68.jpg" /><br />
<br />
<img title="Carnaval 11 - 69" height="270" alt="Carnaval 11 - 69" width="479" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-11-69.jpg" /><br />
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<img title="Carnaval 11 - 70" height="489" alt="Carnaval 11 - 70" width="367" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-11-70.jpg" /><br />
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<img title="Carnaval 11 - 71" height="367" alt="Carnaval 11 - 71" width="550" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-11-71.jpg" /><br />
<br />
<img title="Carnaval 11 - 72" height="292" alt="Carnaval 11 - 72" width="350" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-11-72.jpg" /><br />
<br />
<img title="Carnaval 11 - 73" height="356" alt="Carnaval 11 - 73" width="186" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-11-73.jpg" />
Karl Weiss
Brasilien
Copyright © 2011 Karl Weiss
2011-03-09T15:20:00Z
-
Der Amazonas-Regenwald wird weiter ungebremst vernichtet
http://karlweiss.twoday.net/stories/8422421/
<b>Brasilien: Kaum sind die Wahlen vorbei.....</b><br />
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<b>Von Karl Weiss</b><br />
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<i><b>Der Wahlerfolg von Dilma Roussef als Nachfolgerin von Lula im Amt des brasilianischen Präsidenten wurde eben und gerade auch durch die massive Politik der Erhöhung des Wirtschaftswachstum ermöglicht, der vielen Brasilianern ein wenig mehr Geld in der Tasche gebracht hat. Dazu gehört aber auch die weiter ungebremste Vernichtung der Regenwälder, wie auch anderer Feuchtzonen in Brasilien. Im Amazonasurwald sind im Moment 4 neue riesige Wasserkraftwerke in Planung bzw. schon in Umsetzung.</b></i><br />
<br />
<img title="Brasilien: Soja-Pflanzungen auf Regenwald-Gelände" height="355" alt="Brasilien: Soja-Pflanzungen auf Regenwald-Gelände" width="389" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/amazonien-soja-pflanzungen-auf-regenwald-gelaende.jpg" /><br />
<br />
So hat es nur wenige Tage nach der Wahl bereits die ersten Vermessungsarbeiten für eines der Projekte gegeben, ein riesiges Stausee-Projekt mit 5 Staudämmen des Flusses Tapajos (Betonung auf der letzten Silbe), einem der Zuflüsse des Amazonas, gelegen im Westteil des Staates Pará (da kommen die Pará-Nüsse her), weit entfernt von jeglicher Zivilisation.<br />
<br />
In der Indio-Gemeinde Pimentel waren Beschäftigte der beiden großen Konzerne Eletronorte und Ruraltec ohne Genehmigung eingedrungen und hatten mit Vermessungsarbeiten begonnen.<br />
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<img title="Regenwald-Abholzung Brasilien" height="300" alt="Regenwald-Abholzung Brasilien" width="400" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/regenwaldabholzung-brasilien.jpg" /><br />
<br />
In Brasilien braucht man eine Genehmigung, wenn man in die offiziell abgesteckten Indio-Reservate will, woran sich allerdings die Trupps der Holz-Mafia und die Goldgräber nie gehalten haben. Bis heute wurde keiner von ihnen bestraft.<br />
<br />
Die Indios haben die Vermesser gefragt, wer sie hierher geschickt hat und sie antworteten, sie handelten im Auftrag von Präsident Lula. Die Vermesser wurden aus dem Reservat gewiesen. Sie erstatteten daraufhin Anzeige beim nächsten Polizei-Posten. Die Indios haben nun Angst vor Repressionen der Polizei, denn sie sind da Schlimmes gewöhnt.<br />
<br />
<img title="Rio de Janeiro, Zuckerhut und Corcovado von Niteroi aus" height="277" alt="Rio de Janeiro, Zuckerhut und Corcovado von Niteroi aus" width="400" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/rio-de-janeiro.jpg" /><br />
<br />
In dieser Situation haben insgesamt 46 NGO-Organisationen einen Protestbrief an die brasilianische Bundestaatsanwaltschaft geschrieben. Sie betonen darin, dass die brasilianische Verfassung ausdrücklich Anhörungen der betroffenen Bevölkerung bei Grossprojekten vorsieht (wer erinnert sich da an Stuttgart21?) und diese Projekte jetzt offensichtlich gegen der Widerstand der Betroffenen durchgesetzt werden sollen.<br />
<br />
Unter den protestierenden Organisationen sind: Landpastorale der katholischen Kirche, Indigenen-Missionsrat der katholischen Kirche, Bewegung der Landlosen, die Grasswurzel-Bewegungen Tapajos VIVO und Xingu VIVO sowie das Comite Dorothy, das die Arbeit der 2005 von Großgrundbesitzern ermordeten US-amerikanischen Umweltaktivistin und Ordens-Schwester Dorothy Stang weiterführt.<br />
<br />
<img title="Regenwald" height="400" alt="Regenwald" width="273" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/regenwald.jpg" /><br />
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Falls sich jemand wundert, dass die katholische Kirche an diesen Protesten beteiligt ist: Ja, hier in Brasilien gibt es zwei katholische Kirchen, dir nur noch formal zusammen gehören: Eine mit allen Kardinälen, die treu zum Papst steht und ihre Existenz vor allem darin begründet sieht, gegen die Freistellung der Abtreibung von Strafen zu kämpfen und eine andere, die sich hauptsächlich in den Pastoralen zeigt, die sich weiterhin den Ideen des Bischofs Dom Helder Cámara verpflichtet fühlt, der vom Papst gemaßregelt wurde.<br />
<br />
Die Informationen hierüber stammen aus der Website Blickpunkt Lateinamerika des katholischen Werks Adveniat.<br />
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<img title="" height="200" alt="Dorothy-Stang" width="167" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/Dorothy-Stang.jpg" /><br />
<i>Dorothy Stang</i><br />
<br />
In Brasilien, das eine der intensivsten Sonnen-Einstrahlungen aller Länder hat, wird weiterhin die Technik der Stromgewinnung aus Solar-Paneelen nicht vorangetrieben, sondern stattdessen fast ausschließlich auf Wasserkraft gesetzt. Nur ist das ziemlich schizophren, denn die Vernichtung des Regenwalds wird ab einem bestimmten Punkt zu ausgedehnter Trockenheit in diesen Regionen führen, was die Stauseen trocken legen wird und damit die Stromversorgung Brasiliens.<br />
<br />
<br />
<i>Veröffentlicht am 8. November 2010 in der Berliner Umschau</i>
Karl Weiss
Brasilien
Copyright © 2010 Karl Weiss
2010-11-09T00:15:00Z
-
Der Papst im brasilianischen Wahlkampf
http://karlweiss.twoday.net/stories/8409133/
<b>Nach den Umfragen ist Dilma Roussef noch vorne</b><br />
<br />
<b>Von Karl Weiss</b><br />
<br />
<i><b>Am Sonntag findet die Stichwahl für das Amt des Präsidenten von Brasilien statt. In den Umfragen führt bisher noch Dilma Roussef von der Partei der Arbeiter, die von Präsident Lula als Nachfolgerin auserkoren wurde und die erste Frau in der Präsidentschaft des Landes wäre. Bisher noch etwa 10% zurück in den Umfragen liegt José Serra, der Kandidat der brasilianischen Oligarchie, die Brasilien seit der Erklärung der Republik im Jahr 1889 unter ihrer Knute hatte.</b></i><br />
<br />
Nun hat wenige Tage vor dem entscheidenden Wahlgang der Papst in Rom eine öffentliche Erklärung an die Bischöfe Brasiliens abgesetzt, in der sie auffordert, für das Leben in den brasilianischen Wahlkampf einzugreifen. Wenn Katholiken von Leben sprechen, dann meinen sie nicht das miserable, das die katholischen Autoritäten seit Jahrhunderten der Mehrheit der Menschen zumuten, sondern sie meinen Embryonen, die nach ihrer Ansicht unter keinen Umständen abgetrieben werden dürfen.<br />
<br />
Ist der Mensch einmal geboren, dann gilt die Sorge der katholischen Kirche nicht so sehr dem Überleben des Menschen, was ihre Beteiligung an und Unterstützung von Kriegen belegt, aber vor der Geburt, da muss der Embryo unter allen Umständen erhalten werden nach ihrer Doktrin. <br />
<br />
Diese zynische Behandlung des Lebens ist in Brasilien noch Gesetz. Es darf auch bei Vergewaltigung nicht abgetrieben werden, es darf in den ersten drei Monaten nicht abgetrieben werden, es darf auch bei Lebensgefahr der künftigen Mutter nicht abgetrieben werden, ja nicht einmal ein 11-jähriges Mädchen, das hier nach einer Vergewaltigung schwanger wurde, durfte eine Abtreibung bekommen.<br />
<br />
Präsident Lula hatte schon einmal erkundet, ob man nicht zumindest in den Extremfällen die Abtreibung straffrei stellen könnte, hat dann aber nach dem Aufschrei der offiziellen Katholiken lieber die Finger davon gelassen.<br />
<br />
Es wird schon im ganzen Wahlkampf versucht, dieses Thema zum Hauptthema der Wahl zu machen. Man setzt darauf, dass ein überwiegender Teil der Brasilianer gläubig katholisch ist und dass zusätzlich ein Teil evangelikalen Kirchen und Sekten angehört, die ebenfalls die Abtreibung unter allen Umständen bestraft sehen wollen.<br />
<br />
Nicht dass in Brasilien weniger abgetrieben würde als etwa in Deutschland, nur sind hier die Abtreibungen illegal und damit sterben weit mehr Schwangere beim Versuch der Abtreibung, die oft unter prekären Umständen durchgeführt wird, als etwa in Deutschland, wo es eine legale Möglichkeit der Abtreibung gibt.<br />
<br />
Doch auch das Leben dieser Mütter kann die katholische Kirche nicht erschüttern. Da wird deutlich, es ging nie und geht nicht um Leben, es geht darum, die Macht der Kirche über Gesetze des Staates zu demonstrieren.<br />
<br />
Nun wird, unmittelbar vor dem entscheidenden Wahltermin, von allen katholischen Kanzeln gepredigt, man habe als Katholik Serra zu wählen, denn bei Frau Roussef könne man nicht sicher sein, ob sie nicht doch ein Gesetz einbringt, das Abtreibungen bei Vergewaltigung und bei Lebensgefahr für die Mutter von Strafe freistellt.<br />
<br />
Am Sonntagabend wird man sehen, ob der Papst wirklich noch einen so grossen Einfluss im grössten katholischen Land der Erde hat, dass er den nächsten Präsidenten bestimmt
Karl Weiss
Brasilien
Copyright © 2010 Karl Weiss
2010-10-30T09:55:00Z
-
Brasilien: Gegen alle Medien
http://karlweiss.twoday.net/stories/8372703/
<b>Am Sonntag wird in Brasilien gewählt</b><br />
<br />
<b>Von Karl Weiss</b><br />
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<i><b>Das ist ein fast unglaubliches Phänomen: Die Beliebtheit von Präsident Lula in Brasilien ist ungebrochen, obwohl hier alle, wirklich alle Medien ohne Unterlass gegen ihn hetzen. Seit Jahren hat Lula eine Zustimmung von etwa 80% in den Umfragen. Könnte Lula für eine dritte Amtszeit kandidieren, würde er mit einem Rekordergebnis gewählt. Er hat seine Kanzleramtsministerin Dilma Roussef als Kandidatin der Fortsetzung gekürt und sie führt in allen Umfragen zur Wahl. Am Sonntag wird in Brasilien gewählt.</b></i><br />
<br />
<img title="Morales und Lula in Santiago" height="170" alt="Morales und Lula in Santiago" width="286" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/morales-und-lula-in-santiago.jpg" /> <br />
<br />
Seit dem Amtsantritt Lulas vor 7 einhalb Jahren hat die Presse und das Fernsehen in nicht abreißender Folge Korruptionsskandale seiner Partei und seiner Regierung ans Tageslicht gebracht. Gerade jetzt vor der Wahl wurde ein neuer Skandal um die Nachfolgerin von Dilma Roussef als Kanzleramtsministerin (hiesige Bezeichnung "casa civil") aufgedeckt.<br />
<br />
Doch Lula bleibt weiterhin beliebt. Ein Präsident am Ende von 2 Amtszeiten mit 80% Zustimmung in der Bevölkerung dürfte einmalig auf der Welt sein.<br />
<br />
<img title="Chávez und Lula" height="250" alt="Chávez und Lula" width="350" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/chavez-und-lula1.jpg" /><br />
<br />
Die designierte Nachfolgerin wird in Fernsehen und Presse als Terroristin gebrandmarkt, weil sie während der Militärdiktatur in Brasilien in einer Oppositionsgruppe mitarbeitete und alle Diktatoren natürlich jegliche Opposition als Terrorismus denunzieren.<br />
<br />
Trotzdem kann Dilma, wie sie hier nur kurz genannt wird, auf fast 50% der Stimmen rechnen, während der Kandidat der brasilianischen Oligarchie, Serra, bei etwa 27% in den Umfragen liegt.<br />
<br />
<img title="Rio de Janeiro, Zuckerhut und Corcovado von Niteroi aus" height="277" alt="Rio de Janeiro, Zuckerhut und Corcovado von Niteroi aus" width="400" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/rio-de-janeiro.jpg" /><br />
<br />
Wie ist so etwas möglich. Wie konnten die Medien in Brasilien so an Einfluss verlieren?<br />
<br />
Weil das erste Mal in der Geschichte der Republik Brasilien von mehr als 100 Jahren ein Präsident nicht NUR an der persönlichen Bereicherung und der seiner Familie und Freunde gearbeitet hat, sondern auch einige Brosamen für das Volk hat fallen gelassen.<br />
<br />
Während die erste Amtszeit noch gemischt mit neoliberalen Reformen war, hat Lula in der zweiten Amtszeit konsequent die Massenkaufkraft gestärkt un d damit einen anhaltenden Boom ausgelöst. Die sozialen Programme wie Bolsa familia (Familien-Stipendium) und andere haben den Ärmsten der Armen in Brasilien zumindest soviel zukommen lassen, dass sie keinen Hunger mehr leiden müssen. Die Erhöhung des Mindestlohn, Jahr für Jahr und immer einen Monat früher, hat zu einer Verdoppelung dieses monatlichen Mindestlohns auf heute 510 Reais (etwa 230 Euro) geführt. <br />
<br />
Daraus ergab sich eine Injektion von Millionen von Reais in die Geldbeutel der nicht ganz so Armen. Diese Gelder gehen praktisch vollständig in den Konsum und drücken damit von unten in die Gesellschaft. Das führt zum Anwachsen der vorher kaum vorhandenen Mittelschicht. Auch massive Einstellungen im Staatsdienst und deutliche Lohnerhöhungen für die Staatsbediensteten trugen dazu bei.<br />
<br />
Die Opposition und mit ihr der Monopol-Fernsehsender Globo und alle Zeitungen und Magazine spucken Gift und Galle: Die Staatsausgaben seien unverantwortlich aufgebläht, die Staatsquote zu hoch und wie alle die Glaubensbekenntnisse der Wirtschaftswissenschaften noch heißen. <br />
<br />
Vergleicht man aber die Staatsverschuldung mit der Deutschen, kommt die Überraschung: In Brasilien ist die Verschuldung nicht höher als die Devisen-Reserven, man ist also praktisch schuldenfrei. In Deutschland dagegen, wo alle Regeln eingehalten wurden, ist die Staatsschuld bereits unbezahlbar geworden.<br />
<br />
<img title="Brasilien (topographisch)" height="334" alt="Brasilien (topographisch)" width="330" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/brasilien-topographisch.jpg" /><br />
<br />
Die Mittelschicht in Brasilien wird nach Schätzungen von Fachleuten in einer Anzahl von Jahren an die 50 Millionen Menschen herankommen, also die Größenordnung der gesamten Bevölkerung Großbritanniens. <br />
<br />
Dazu trug nun auch das Wirtschaftswachstum bei, das im ersten Halbjahr bei 8,8% lag im Vorjahresvergleich, während im Vorjahr noch ein leichtes Minus zu verzeichnen war. Für das ganze Jahr rechnet man mit 7% Wachstum, was selbst für ein Schwellenland sehr hoch ist. Man kann ohne Übertreibung von einem Boom sprechen, was natürlich unter den gegebenen Umständen stark der Bevölkerung zu gute kommt. <br />
<br />
Und die Bevölkerung merkt das und lohnt es mit der hohen Zustimmung zum Präsidenten. <br />
<br />
Auch wenn 98 von Hundert schweren Problemen Brasiliens weiterhin nicht gelöst sind, erkennen die Menschen die Lösung zumindest zweier Probleme an: Der Hunger und die Staatsverschuldung. <br />
<br />
Brasilien ist weiterhin ein Land mit einem praktisch nicht vorhandenen Gesundheitssystem für die breiten Massen, mit einer Rate der Gewalt-Kriminalität mit über 40 000 Toten pro Jahr, mit einer mörderischen Polizei, mit Gefängnissen, die mehr Hölle als sonst etwas sind, mit schwersten Umweltproblemen (Vernichtung des Regenwaldes), mit einem völlig ungelösten Verkehrsproblem, mit Favelas (Slums) in allen Großstädten <br />
<br />
<img title="Favela in Belo Horizonte" height="320" alt="Favela in Belo Horizonte" width="400" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/favela-belo-horizonte.jpg" /><br />
<br />
und fast ohne Kläranlagen, aber die Fortschritte sind trotzdem sichtbar für den kleinen Mann.<br />
<br />
Ein wesentlicher Teil der positiven Zukunftsaussichten für Brasilien kommt aber aus den großen Ölfunden im Meer weit vor der brasilianischen Küste. Die halbstaatliche Petrobras hat soeben die größte Kapitalerhöhung einer Firma aller Zeiten durchgezogen mit etwa 70 Milliarden Euro und konnte alle neuen Aktien problemlos absetzen und am nächsten Tag noch eine Erhöhung des Aktienpreises um 2% feiern. <br />
<br />
<img title="Logo Petrobras" height="99" alt="Logo Petrobras" width="150" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/petrobras-logo.jpg" /><br />
<br />
Diese riesigen Geldsummen braucht die Petrobras für die Erschließung der Ölfelder Pre-Sal über 100 km vor der Küste in 2000 bis 3000 Meter Meerestiefe unter einer Salzschicht von über einem Kilometer Dicke. Die Bohrung und Erschließung solcher Ölfelder ist extrem aufwendig und lohnt sich eigentlich erst mit einem Ölpreis über 90 Dollar pro Barrel, aber die Petrobras ist zuversichtlich, der Ölpreis wird dorthin tendieren. <br />
<br />
Speziell ist diese Erschließung weit aufwendiger als im Golf von Mexiko vor der US-Küste, weil dort praktisch keine Sicherheitsvorkehrungen vorgeschrieben sind, wie man an der Katastrophe der BP-Plattform Deepwater Horizon sehen konnte. In Brasilien müssen dagegen die international anerkannten Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden. <br />
<br />
Heute ist die Petrobras von der Kapitalisierung her die zweitgrößte Firma der Welt, nur hinter der Exxon-Mobil.<br />
<br />
Nach Schätzungen der Financial Times Deutschland könnte Brasilien in 15 bis 20 Jahren die fünftgrösste Volkswirtschaft der Erde sein, nur hinter den Vereinigten Staaten, China, Japan und Deutschland.
Karl Weiss
Brasilien
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2010-10-01T20:10:00Z
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Was ist CALA BOCA GALVÃO?
http://karlweiss.twoday.net/stories/6383668/
<b>Ein Internet-Ereignis</b><br />
<br />
<b>Von Karl Weiss</b><br />
<br />
<i><b>Halb Brasilien biegt sich vor Lachen, aber es hat diesmal nicht mit den Fußballweltmeisterschaften zu tun. Die brasilianische Twitter-Seite CALA BOCA GALVÃO ist zum internationalen Hit geworden.</b></i><br />
<br />
Diese Twitter-Seite wurde in Brasilien bei einem Sportereignis so oft angeklickt, dass sie in den internationalen Twitter-Rankings aufschien. Dies wiederum führte dazu, dass in den verschiedensten Ländern, auch in Deutschland, gefragt wurde: Was ist CALA BOCA GALVÃO?<br />
<br />
Wer in Brasilien lebt, weiß sofort, was mit diesem Titel gemeint ist (Auflösung am Ende des Artikels).<br />
<br />
Das führte dann dazu, dass ein paar brasilianische Spaßvögel Videos auf Englisch entwickelten, die alle möglichen Erklärungen für dieses scheinbar so schwierig zu lösendes Rätsel aufboten.<br />
<br />
Eine Site entwickelte die Theorie, dies sei ein neuer Song von Lady Gaga.<br />
<br />
Die größten Lachsalven ruft aber eine Seite auf Englisch in You Tube hervor, die man unter eben jenem Spruch oder auch unter Help us save the Galvão Bird finden kann.<br />
<br />
In diesem Video wird nun behauptet, es gäbe einen Galvão Vogel, der vom Aussterben bedroht sei. <br />
Gezeigt wird aber der kleine grüne Papagei, ein Vogel, der in Brasilien extrem häufig ist. Schwärme von diesem Papagei machen mit ihrem Krächzen einen Heidenkrach und haben schon so manchen hier aus einem wohlverdienten Schlaf geweckt. Selbst hier im Gebiet der Großstadt Belo Horizonte, kommen kleinere Schwärme vor. Der Vogel ist also alles andere als vom Aussterben bedroht.<br />
<br />
Dann wird ein Bild von einem Umzug einer Sambaschule im Karneval gezeigt, auf dem die Kostümierten eine Kopfbedeckung mit grünen Federn tragen und behauptet, dieser Gebrauch seiner Federn sei der Grund für das vermeintliche Aussterben des Vogels. Alle in Brasilien wissen natürlich, dass diese Federn gefärbte Straußenfedern sind.<br />
<br />
Dann werden Szenen von Drogenhändlern gezeigt und behauptet, die würden zu hohen Preisen die Federn des Galvão Vogels handeln. Schließlich muss auch noch der Film über einen bekannten brasilianischen Spiritisten herhalten, in dem der Schauspieler als Wissenschaftler vorgestellt wird, der angeblich zur Unterstützung der Anstrengungen aufruft, den Galvão-Vogel zu retten. Der wissenschaftliche Name des Vogels sei angeblich Silentium Galvanensis, was den aufmerksamen Beobachter eigentlich schon stutzig machen müsste.<br />
<br />
Schließlich wird dazu aufgerufen, auf die Twitter-Seite von CALA BOCA GALVÃO zu klicken. Jeder Klick würde eine Spende von 10 Centavos für die Rettung des Vogels auslösen.<br />
<br />
Tatsächlich kamen so auch eine Menge internationaler Klicks auf diese Seite zustande.<br />
<br />
Zugrunde liegt diesem Zwitscher-Ereignis, dass die brasilianische eine der ganz großen Twitter-Gemeinden ist, die nicht das Englische benutzen (immerhin sind es jetzt beinahe 200 Millionen Brasilianer). <br />
<br />
Dazu kommt, dass CALA BOCA GALVÃO für jeden außerhalb Brasiliens ein scheinbar unauflösliches Rätsel darstellt. Auch wer spanisch spricht (oder die Portugiesen) und weiß, dass CALA BOCA Halt den Mund oder besser Halts Maul heißt, eröffnet sich nicht, was gemeint ist.<br />
<br />
Und nun die Auflösung: Galvão ist der Vorname des brasilianischen Sportreporters Galvão Bueno. Der spricht und kommentiert im fast Monopol-Sender Globo fast alle Sportereignisse, und das seit über 20 Jahren. Bei fast jeder Sportübertragung im Fernsehen muss man sich seine Stimme anhören. Er kann keinen Moment seinen Mund halten und seine Kommentare sind meistens seicht und manchmal auch blöde oder unsinnig, so dass der einigermaßen gebildete Teil der Leute in Brasilien (und das sind ja meistens die mit Internet-Zugang) ihn einfach nicht mehr hören kann. Der Vorname Galvão ist so selten, dass man hier sofort weiß, wer gemeint ist, wenn man den Aufschrei der gequälten Seelen CALA BOCA GALVÃO hört. So kam die Twitter-Seite Halts Maul, Galvão zustande, die dann so viel Unterstützung bekam.<br />
<br />
<br />
<i>Veröffentlicht am 16. Juni 2010 in der Berliner Umschau. Dort steht auch das beschriebene 'You tube'-Video im Artikel. Link hier rechts</i><br />
<br />
<br />
<b>Zusatz zum Artikel (17.6.2010)</b><br />
<br />
Falls jemand das für eine grobe Übertreibung oder einen Scherz hielt, so sehe er sich diesen Artikel der New York Times von gestern an:<br />
<br />
<a href="http://www.nytimes.com/2010/06/16/nyregion/16about.html?src=mv">http://www.nytimes.com/2010/06/16/nyregion/16about.html?src=mv</a><br />
<br />
Es handelt sich tatsächlich um ein nie vorher gesehenes Phänomen.
Karl Weiss
Brasilien
Copyright © 2010 Karl Weiss
2010-06-16T10:36:00Z
-
Karneval in Rio 2010
http://karlweiss.twoday.net/stories/6197589/
<b>Von Karl Weiss</b><br />
<br />
<i><b>Wie jetzt schon Tradition, wird hier auch in diesem Jahr wieder eine Auswahl der heissesten Fotos vom Karneval in Rio in das Blog gestellt, in diesem Jahr auch einige vom Karneval in Sao Paulo, der es inzwischen schon fast mit dem von Rio aufnehmen kann.</b></i><br />
<br />
<img title="Das ist kein Kostüm, sondern Bemalung" height="664" alt="Das ist kein Kostüm, sondern Bemalung" width="498" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/Rio-10-01.jpg" /><br />
<br />
<img title="RIO 10-02" height="664" alt="RIO 10-02" width="442" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/Rio-10-02.jpg" /><br />
<br />
<img title="RIO 10-03" height="412" alt="RIO 10-03" width="550" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/Rio-10-03.jpg" /><br />
<br />
<img title="RIO 10 - 04" height="412" alt="RIO 10 - 04" width="550" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/Rio-10-04.jpg" /><br />
<br />
<img title="RIO 10 - 05" height="412" alt="RIO 10 - 05" width="550" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/Rio-10-05.jpg" /><br />
<br />
<img title="RIO 10 - 06" height="412" alt="RIO 10 - 06" width="550" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/Rio-10-06.jpg" /><br />
<br />
<img title="RIO 10 - 07" height="664" alt="RIO 10 - 07" width="464" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/Rio-10-07.jpg" /><br />
<br />
<img title="RIO 10 - 08" height="412" alt="RIO 10 - 08" width="550" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/Rio-10-08.jpg" /><br />
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<img title="RIO 10 - 09" height="412" alt="RIO 10 - 09" width="550" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/Rio-10-09.jpg" /><br />
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<img title="RIO 10 - 10" height="664" alt="RIO 10 - 10" width="484" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/Rio-10-10.jpg" /><br />
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<img title="RIO 10 - 12" height="412" alt="RIO 10 - 12" width="550" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/Rio-10-12.jpg" /><br />
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<img title="RIO 10 - 21" height="600" alt="RIO 10 - 21" width="450" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/Rio-10-21.jpg" /><br />
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<img title="RIO 10 - 22" height="412" alt="RIO 10 - 22" width="550" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/Rio-10-22.jpg" /><br />
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<img title="RIO 10 - 23" height="412" alt="RIO 10 - 23" width="550" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/Rio-10-23.jpg" /><br />
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<img title="RIO 10 - 24" height="412" alt="RIO 10 - 24" width="550" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/Rio-10-24.jpg" /><br />
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<img title="RIO 10 - 30" height="412" alt="RIO 10 - 30" width="550" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/Rio-10-30.jpg" /><br />
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<img title="RIO 10 - 31" height="412" alt="RIO 10 - 31" width="550" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/Rio-10-31.jpg" /><br />
<br />
<img title="RIO 10 - 33" height="664" alt="RIO 10 - 33" width="498" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/Rio-10-33.jpg" /><br />
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<img title="RIO 10 - 36" height="664" alt="RIO 10 - 36" width="441" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/Rio-10-36.jpg" /><br />
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<img title="S.Paulo - 10 - 01" height="701" alt="S.Paulo - 10 - 01" width="526" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/S-Paulo-10-01.jpg" /><br />
<br />
<img title="S.Paulo - 10 - 02" height="412" alt="S.Paulo - 10 - 02" width="550" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/S-Paulo-10-02.jpg" /><br />
<br />
<img title="S.Paulo - 10 - 03" height="664" alt="S.Paulo - 10 - 03" width="498" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/S-Paulo-10-03.jpg" /><br />
<br />
<img title="S.Paulo - 10 - 04" height="664" alt="S.Paulo - 10 - 04" width="449" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/S-Paulo-10-04.jpg" /><br />
<br />
<img title="S.Paulo - 10 - 05" height="664" alt="S.Paulo - 10 - 05" width="498" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/S-Paulo-10-05.jpg" /><br />
<br />
<img title="S.Paulo - 10 - 06" height="664" alt="S.Paulo - 10 - 06" width="439" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/S-Paulo-10-06.jpg" /><br />
<br />
<img title="S. Paulo - 10 - 07" height="412" alt="S. Paulo - 10 - 07" width="550" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/S-Paulo-10-07.jpg" />
Karl Weiss
Brasilien
Copyright © 2010 Karl Weiss
2010-02-19T23:47:00Z
-
Olympische Spiele nach Rio de Janeiro
http://karlweiss.twoday.net/stories/5975959/
<b>2016 zum ersten Mal in Südamerika</b><br />
<br />
<b>Von Karl Weiss</b><br />
<br />
<i><b>Ein kleiner Schritt für das IOC, aber ein gewaltiger Sprung für die Menschheit: Rio de Janeiro wurde als Ausrichter der Olympischen Spiele im Jahre 2016 gewählt. Erst zum zweiten Mal in der Geschichte der Olympischen Spiele der Neuzeit wurden sie an ein Entwicklungsland vergeben (nach Mexiko Stadt 1968), zum ersten Mal an eine Stadt in den Tropen und zum ersten Mal an eine Stadt in Südamerika. Rio de Janeiro und ganz Brasilien jubeln.</b></i><br />
<br />
<img title="Rio de Janeiro, Zuckerhut und Corcovado von Niteroi aus" height="277" alt="Rio de Janeiro, Zuckerhut und Corcovado von Niteroi aus" width="400" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/rio-de-janeiro.jpg" /> <br />
<br />
Als vor zwei Jahren die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 an Brasilien vergeben wurde, war der Jubel hier sehr gedämpft. Zum einen gab es überhaupt keinen Gegenkandidaten und die Wahl war eigentlich bereits vorher entschieden, aber zum anderen war es eben sowieso Tradition, dass die WM abwechselnd in Europa und Amerika ausgetragen wird, nur unterbrochen von der WM 2002 in Japan und Südkorea und nun nächstes Jahr von der in Südafrika. Im Fußball kommen ja die führenden Nationen aus Europa und Südamerika. Es gab bereits zweimal eine WM in Mexiko, eine in Argentinien, eine in Brasilien, eine in Chile und eine (die erste) in Uruguay. <br />
<br />
Mit den olympischen Spielen war dies immer ganz anders. Sie waren von Anfang an eine fast reine Elite-Veranstaltung, nur vorgesehen für den Teil der Menschheit, der reicher ist, weil man Jahrhunderte lang die anderen Länder ausgebeutet hat (und dies weiterhin tut). Sie waren von Anfang an fast ausschließlich als Leuchtzeichen des höheren Ruhmes jener Länder vorgesehen, die sich als natürlich überlegen ansehen und die überwiegend von Menschen der angeblich weißen Rasse bewohnt sind, wobei man Japan (Tokio 1964) und dann später Süd-Korea (1988 Seoul) noch gnädig in diesen Klub aufnahm.<br />
<br />
<img title="Brasilien (topographisch)" height="334" alt="Brasilien (topographisch)" width="330" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/brasilien-topographisch.jpg" /><br />
<br />
Zwar war die Vergabe an China für die Spiele im letzten Jahr schon eine Neuerung, aber China kann eben heute nicht mehr wirklich als ein Entwicklungsland angesehen werden. Außerdem macht die chinesische Bevölkerung inzwischen einen so großen Teil der Menschheit aus, dass man dies Land wirklich nicht mehr beiseite lassen konnte.<br />
<br />
Auch war nicht zu vermeiden, dass sich immer mehr Sportler aus exotischen Ländern beteiligten, wenn auch in der Regel unter ferner liefen. Ja, man war auch keineswegs abgeneigt, in Länder zu gehen mit den Olympischen Spielen, die weit von den weißen Zentren entfernt liegen (von Europa und den USA), aber eben nur dann, wenn die oben erwähnten Kriterien erfüllt sind: Bereits zwei Mal wurden die Spiele nach Australien vergeben, Melbourne 1956 und Sydney 2000. Demnächst wäre wohl Neuseeland drangekommen.<br />
<br />
<img title="Rio de Janeiro Botanischer Garten 1" height="400" alt="Rio de Janeiro Botanischer Garten 1" width="300" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/Rio-de-Janeiro-Botanischer-Garten-1.jpg" /><br />
<br />
Aber allein die Vorstellung, so etwas glorreiches wie die Olympischen Spiele könnten ihren Namen beschmutzt sehen durch Veranstaltungsorte wie, sagen wir, Lagos, Jakarta, Kairo oder eben Rio de Janeiro (es sind hier Haupt- bzw. große Städte einiger der bevölkerungsreichsten Länder der Erde aufgezählt), lässt einen schon schaudern.<br />
<br />
Nun aber wurde das Tabu gebrochen. Es wird wieder nach 48 Jahren - Olympische Spiele in einem Entwicklungsland geben, noch dazu in einem mit einer Bevölkerungsmehrheit dunkler Hautfarbe. <br />
<br />
Natürlich ist es kein Zufall, dass ausgerechnet Rio de Janeiro diesen Durchbruch schaffte. Zum einen wurden alle IOC-Mitglieder dorthin eingeladen und durften einen Rundflug über den landschaftlichen Schönheiten der Stadt am Meer machen. Rio dürfte wohl die landschaftlich schönst gelegene Stadt der Erde sein. Man brachte die IOC-Mitglieder in einem Hotel direkt am Strand Copacabana unter, was typischerweise eine aphrodisische Wirkung auf den normalen Mitteleuropäer hat (der Bürgerjournalist weiß, wovon er spricht).<br />
<br />
<img title="Karneval in Rio 2009 - 8" height="450" alt="Karneval in Rio 2009 - 8" width="600" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-rio-09-11.jpg" /><br />
<br />
Und dann, der Kongress der Auswahl in Kopenhagen: Rio de Janeiro war zusammen mit Chicago, Tokio und Madrid in die Ausscheidung gekommen. Als bekannt wurde, dass Präsident Obama und Ophrah Winfrey sich persönlich nach Kopenhagen bemühten, um für Chicago zu werben, war allgemein klar, wer gewinnen würde zumal beim letzten Mal welche Überraschung London gewählt worden war, das nun bereits zum dritten Mal Olympische Spiele austragen wird. Die Süddeutsche hatte am Tag der Entscheidung (2.10.) bereits einen Artikel mit einem Bild von Obama online, der auf die Wahl aufmerksam machte und die Favoritenstellung Chicagos hervorhob. Als dann Rio als Sieger bekannt gegeben wurde, brauchte man zwei Stunden, um mehr als die schnöde Entscheidung ins Internet zu stellen.<br />
<br />
Sowohl in der Berichterstattung über die Kandidaten als auch in jener nach dem Sieg Rios wird immer wieder hervorgehoben, dass es Slums (hier Favelas genannt) in Rio gibt und dass diese im Bewerbungsfilm nicht gezeigt wurden. Ebenso wird auf die hohe Kriminalität in Brasilien hingewiesen.<br />
<br />
<img title="Karneval in Rio 2009 - 7" height="600" alt="Karneval in Rio 2009 - 7" width="450" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-rio-09-12.jpg" /><br />
<br />
Urkomischerweise war von alledem nicht die Rede, wenn Chicago vorgestellt wurde. Der Bürgerjournalist hat bereits in Chicago und in Rio gewohnt und kann dem Beobachter versichern: Der Anteil von Slum-Vierteln am Stadtgebiet von Chicago ist mindestens so groß wie in Rio de Janeiro (was unter anderem damit zusammenhängt, dass die Mittelklasse dort in einem Ring kleinerer Städte außen herum wohnt), ja, Süd-Chicago ist als schwarzes und Slum-Viertel berühmt. Die Kriminalität, auch das kann versichert werden, ist extrem hoch, was schon dazu geführt hat, dass fast 1% der US-Bürger in Gefängnissen sind. In vielen Jahren in Brasilien wurde der Bürgerjournalist nie überfallen, wurde aber in den USA bei weit kürzerem Aufenthalt bereits mit einem bewaffneten Raubüberfall überzogen. Und nun raten Sie einmal, ob Chicago Slums in seinem Bewerbungsfilm gezeigt hat.<br />
<br />
Kurz: Die Sonderbehandlung, mit der Qualitäts-Medien die Entwicklungsländer behandeln, wird auch in diesem Moment deutlich, in dem sie gerade ein Stück weit überwunden wird. <br />
<br />
<img title="Karneval Rio 2009 24" height="464" alt="Karneval Rio 2009 24" width="348" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-rio-09-24.jpg" /><br />
<br />
Übrigens haben Chicago und Rio de Janeiro auch noch eine andere negative Parallele: Beide Städte haben fast keine Kläranlage für die Abwässer. Rio leitet die Abwässer fast vollständig in die Guanabara-Bucht, die Teil des Stadtgebiets ist und dadurch an vielen Stellen schon schwarz und stinkend geworden ist. Man hat aber zugesichert, dies würde bis 2016 überwunden sein. Das wird auch nötig sein, denn in dieser Bucht sollen die Segelwettbewerbe stattfinden. Chicago hat mit einem Trick verhindert, dass der große Michigan-See, an dem die Stadt liegt, das gleiche Schicksal erfährt: Der Ausfluss des Chicago-Rivers, der genau durch das Zentrum der Stadt fließt, in den See wurde mit doppelten Sperrwerken geblockt und man grub einen Verbindungskanal ins Binnenland bis zum Mississippi, in den nun die Wasser des Flusses und die Abwässer Chicagos fließen. Die Anlieger des Mississippi danken es.<br />
<br />
Augenzeugen aus Kopenhagen berichten, die Wahl sei aber nicht zuletzt durch den brasilianischen Präsidenten Lula entschieden worden, der eine überzeugende Rede zu Gunsten Rios hielt, die Süddeutsche hält die Rede sogar für begeisternd. Sie soll deutlich besser als die Obamas gewesen sein. Und Obama wurde bereits als der beste Redner seit Menschengedenken bezeichnet. Auch der weltweit geschätzte Pelé hatte sich intensiv und bei allen IOC-Mitgliedern für Rio eingesetzt und weinte ebenso wie Lula vor Freude, nachdem die Entscheidung bekannt gegeben war (in Brasilien dürfen Männer weinen - wie wärs, wenn wir das auch einmal einführten).<br />
<br />
<img title="Karneval in Rio 2009 - 6" height="400" alt="Karneval in Rio 2009 - 6" width="534" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-rio-09-13.jpg" /><br />
<br />
Präsident Lula dürfe nun in seiner Popularität neue Rekorde erreichen. Die Letzte Zahl war 84% Zustimmung, das ist die höchste Zustimmung, die je von einem Meinungsbefragungsinstitut in irgendeinem Land für den Regierungschef ermittelt wurde.<br />
<br />
Auch aus Argentinien und anderen Südamerikanischen Ländern wurde Begeisterung gemeldet. Ebenso haben einige afrikanische Länder besonders herzlich gratuliert. Das Signal ist angekommen. Lula drückte das so aus: Nun sind wir auch Erdenbürger 1. Klasse.<br />
<br />
<img title="Corcovado von Botafogo aus" height="346" alt="Corcovado von Botafogo aus" width="460" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/Corcovado-von-Botafogo-aus.jpg" /><br />
<br />
Zweifellos wird es bei den Olympischen Spielen 2016 einige Pannen geben so wie meist bei einem so großen Sportereignis. Aber Rio wird mit Sicherheit nicht den Rekord an schlechter Organisation übertreffen, den Atlanta 1996 aufstellte.<br />
<br />
<br />
<i>Veröffentlicht am 5. Oktober 2009 in der Berliner Umschau</i><br />
<br />
In derOriginalveröffentlichung <a href="http://www.berlinerumschau.com/index.php?set_language=de&cccpage=05102009ArtikelSportWeiss">http://www.berlinerumschau.com/index.php?set_language=de&cccpage=05102009ArtikelSportWeiss</a><br />
sind auch zwei offizielle Videos der Bewerbung Rios eingestellt. Die erste ist der offizielle Bewerbungsfilm und die zweite ein Darstellung, wie Rio die Atlethen und Besucher aus allen Ländern empfangen will.<br />
<br />
<b>Zusatz zum Artikel</b><br />
<br />
Hier in Brasilien wird in Zeitungen und im Fernsehen kolportiert, die eigentlich aussichtsreichste Kandidatur Chikagos sei gescheitert an den Einreise-Komplikationen und -sperren in de USA. <br />
<br />
Die IOC-Mitglieder hätten am eigenen Leib gespürt, dass die Einreise mit dem Flugzeug zu stundenlangen Wartezeiten und Prozeduren führt, dass auch intimste, persönliche Dinge preisgegeben werden müssen, dass man mit Röntgenstrahlen durchleuchtet wird, die einen nackt am Bildschirm zeigen, dass man gar nicht ins Flugzeug kommt, wenn man nicht wusste, dass man mehrere Tage zuvor eine Erklärung abgeben muss, dass für fast alle Besucher aus dem Ausland Visa-Pflicht gilt, dass diese Visa oft ohne Angabe von Gründen verweigert werden, dass weder für die IOC-Mitglieder selbst noch für die Athleten noch für Olympiabesucher oder Fachjournalisten Ausnahmen gemacht wurden bzw. werden sollten und dass keinerlei Zusicherungen gegeben wurden, dass Athleten aus arabischen Ländern, aus dem Iran, Afghanistan, Pakistan und einigen anderen Ländern teilnehmen können. Auch wurde keinerlei Verpflichtung übernommen, Jornalisten aus allen Ländern einreisen zu lassen.<br />
<br />
Die Terroristen-Hysterie in den USA ist so manisch, dass nach entsprechenden Regeln praktisch keine wesentlichen Sportereignisse dort mehr stattfinden können.
Karl Weiss
Brasilien
Copyright © 2009 Karl Weiss
2009-10-05T12:54:00Z
-
Brasilien wasserstoffbombenfähig?
http://karlweiss.twoday.net/stories/5928515/
<b>Atomenergie-Behörde AEIA alarmiert</b><br />
<br />
<b>Von Karl Weiss</b><br />
<br />
<i><b>Völlig unbeachtet durch die Weltöffentlichkeit hat Brasilien aus eigener Kraft die Fähigkeit gewonnen, Atombomben und Wasserstoffbomben zu bauen. Einem Physiker ist es gelungen, die dazu nötigen Berechnungen zu entwickeln und alle Rohstoffe und Technologien hat man sowieso im Land.</b></i><br />
<br />
Während die Weltöffentlichkeit auf Geheiß des US-Imperialismus wie gebannt nach dem Iran guckt, der nach Einschätzung der Internationalen Atom-Behörde (Atomic Energy International Agency, AEIA) überhaupt keine Kernwaffen entwickelt, hat sich still und heimlich Brasilien von hinten an den Besitz solcher Waffen herangepirscht.<br />
<br />
<img title="Rio de Janeiro, Zuckerhut und Corcovado von Niteroi aus" height="277" alt="Rio de Janeiro, Zuckerhut und Corcovado von Niteroi aus" width="400" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/rio-de-janeiro.jpg" /><br />
<br />
Zu Zeiten des Militärregimes von US-Gnaden von 1964 bis 1988 wurde in Brasilien heftig an der eigenen Atombombe gearbeitet. Die Arbeiten waren so weit fortgeschritten, dass bereits ein mehrere hundert Meter tiefes Loch in einer abgelegenen Gegend im Norden Brasiliens gebohrt worden war, in dem die erste Versuchsexplosion stattfinden sollte. Allerdings war die ganze Technologie von den USA geliefert worden.<br />
<br />
In der neuen Verfassung Brasiliens, nach der Militärdiktatur, die 1988 in Kraft gesetzt wurde, steht eindeutig, dass Brasilien auf atomare Bewaffnung verzichtet. Auch hat sich Brasilien zusammen mit den anderen lateinamerikanischen Ländern verpflichtet, keine Atomwaffen zu bauen. <br />
<br />
Da es aber zwei Atomkraftwerke gibt in Brasilien und ein drittes in Bau ist und da in Brasilien recht interessante Uranvorkommen liegen, war es nur natürlich, dass man sich um eine eigene Urananreicherung gekümmert hat, was den Atomstrom extrem günstig macht. Dabei wird in Brasilien natürlich genauso wie in Deutschland einfach nicht mitgerechnet, was die sichere Aufbewahrung und Aufarbeitung der strahlenden Abfälle kostet ganz zu schweigen von den Risiken von Unfällen.<br />
<br />
<br />
<br />
Seit 2007 hat man nun eine eigene Urananreicherung in Resende im Bundesstaat Rio de Janeiro. Nach brasilianischen Angaben wurde dazu nicht einfach die Zentrifugentechnik von den USA gekauft, sondern man hat eine eigene Technik entwickelt, die jener der Vereinigten Staaten überlegen sein soll. Das ist auch der Grund, weswegen die Brasilianer die AEIA nicht in die Anreicherung selbst hineinlassen, denn sie sagen, fast alle Inspekteure sind US-Amerikaner und man fürchte, die USA würde dann bald heimlich die brasilianische Technik imitieren. Man sagt, man lässt die Behörde kontrollieren, was vorne reingeht und was hinten rauskommt und das würde zur Kontrolle ausreichen.<br />
<br />
Zähneknirschend musste die USA das anerkennen, denn man wollte nicht die Aufmerksamkeit von jenem Thema abgelenkt sehen, auf das es ankam: Der Iran.<br />
<br />
Wie baut man Atom- und Wasserstoffbomben? Das kann man in Physikbüchern nachlesen im allgemeinen: Man reichert Uran 235 im Uran bis über 70% an, nimmt zwei Mal ein halbes Kilo davon und sprengt die beiden halben Kilos mit einer kleinen Sprengladung zusammen: Buuum. Für eine Wasserstoffbombe braucht man außen herum um die Atombombe noch eine gute Menge schweres Wasser: Ka boom.<br />
<br />
Nur liegt, wie meistens, das Problem im Detail. Ohne bestimmte zusätzliche Kenntnisse, die man nicht so einfach erwerben kann, funktioniert es nicht oder jedenfalls nicht kontrolliert. Diese zusätzlichen Kenntnisse nennt man die Atomgeheimnisse. Die Atommächte verpflichteten sich, diese Atomgeheimnisse geheim zu halten, an was sich die Vereinigten Staaten aber nicht hielten.<br />
<br />
Wie im einzelnen diese Kenntnisse an die Türkei, an Pakistan, an Israel, an Nord-Korea und wahrscheinlich auch an Libyen und den Iran gelangten, darüber kann man in diesen Artikeln nachlesen: <a href="http://karlweiss.twoday.net/stories/4694145/">Die Türkei-Connection, Teil 1</a>, <a href="http://karlweiss.twoday.net/stories/4698366/">Die Türkei-Connection, Teil 2</a>, <a href="http://karlweiss.twoday.net/stories/4957446/">Die Tinner-Connection, Teil 1</a>, <a href="http://karlweiss.twoday.net/stories/5177169/">Die Tinner-Connection, Teil 2</a>.<br />
<br />
Nun kann man diese Atomgeheimnisse natürlich auch selbst herausfinden, wie dies damals die Sowjetunion und später China fertiggebracht haben, als sie noch sozialistisch waren.<br />
<br />
Was nun geschehen ist: In Brasilien hat man eines der wichtigsten Atomgeheimnisse selbst herausgefunden. Der Physiker Dalton Ellery Girão Barroso hat seine Doktorarbeit über das Thema Numerische Simulation von thermonuklearen Detonationen in Hybrid-Spaltungs-/Fusions-Medien, die durch Strahlung implodieren gemacht und veröffentlicht. Auf dieser Grundlage hat er auch ein Buch mit dem Titel Die Physik der Kernwaffen herausgebracht. Als der Inhalt des Buches, das frei zum Verkauf stand, bekannt wurde, begann das große Geschrei.<br />
<br />
Die AEIA wurde aufmerksam und verlangte sofort die Entfernung des Buches aus dem Handel und das Vernichten aller Exemplare.<br />
<br />
Barroso hat diese Arbeit am Militärischen Ingenieur-Institut der Armee in Rio de Janeiro entwickelt. Es entstand der Verdacht, die brasilianische Armee habe ein geheimes Atomwaffenprogramm im Widerspruch zur Verfassung des Landes. Dieser Vorwurf konnte bisher weder bestätigt noch ausgeräumt werden.<br />
Die ganze Affäre wurde zunächst geheimgehalten sie schwelt schon seit April kam aber dann durch eine Indiskretion an die brasilianische Zeitung Journal do Brasil. Diese Zeitung berichtet von einer Auseinandersetzung der beiden Minister Celso Amorim (Außenminister) und Nelson Jobim (Verteidigung) hierüber.<br />
<br />
Das Verteidigungsministerium argumentiert, es handele sich um eine Arbeit der theoretischen Physik, durch keine Experimente mit strahlendem Material fundiert. Das Außenministerium muss sich den Verdächtigungen der AEIA stellen. Das Buch soll bis heute noch nicht zurückgezogen worden sein.<br />
<br />
Nach der Veröffentlichung in der Zeitung verweigern alle Beteiligten jeglichen Kommentar. Der Physiker selbst gibt seine Meinung zum besten: Man braucht die Bombe nicht zu bauen. Es reicht, wenn man zeigt, man kann es.<br />
<br />
<i>Veröffentlicht am 8. September 2009 in der Berliner Umschau</i>
Karl Weiss
Brasilien
Copyright © 2009 Karl Weiss
2009-09-09T01:07:00Z
-
Jetzt hat die Regenwaldvernichtung Gesichter
http://karlweiss.twoday.net/stories/5768258/
<b>Neues brasilianisches Gesetz erlaubt Abholzen und Abbrennen</b><br />
<br />
<b>Von Karl Weiss</b><br />
<br />
<i><b>Wenn in einigen Jahrzehnten einmal feststehen wird, dass die Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes mit entscheidend zu der Situation beigetragen hat, die ein Überleben der Menschheit, wie wir sie kennen, unmöglich machen wird, so könnte eventuell der Juni 2009 als einer der entscheidenden Meilensteine auf diesem Weg hervorgehoben und die Namen der jetzigen Brasilianischen Präsidenten Lula und der Brasilianischen Senatorin Abreu als Hauptverantwortliche genannt werden.</b></i><br />
<br />
<img title="Regenwald-Abholzung Brasilien" height="300" alt="Regenwald-Abholzung Brasilien" width="400" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/regenwaldabholzung-brasilien.jpg" /><br />
<br />
In Brasilien wird im Moment gerade ein Gesetz beraten, das allen Landbesetzern im Amazonas-Gebiet, die sich Staatsland angeeignet haben und dabei auf keinen Widerstand gestoßen sind, die Besitzrechte auf dieses Land zuschreibt und gleichzeitig bis zu 40% des Landes zum Abbrennen oder Abholzen freigibt.<br />
<br />
Das Gesetz wurde in einer ersten Version in die beiden Kammern eingebracht und im Senat leicht verändert, aber die wichtigen Eckpunkte sind geblieben. Präsident Lula hat das Gesetz eingebracht und gleichzeitig die Vertreterin der brasilianischen herrschenden Schicht von (hauptsächlich) Großgrundbesitzern, die Senatorin Kátia Abreu, zur Sprecherin für dieses Gesetz ernannt, was in der Regel noch weitere Verschlechterungen des Gesetzestextes verursacht.<br />
<br />
<img title="Brasilianische Senatorin Kátia Abreu" height="320" alt="Brasilianische Senatorin Kátia Abreu" width="286" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/brasilianische-senatorin-katia-abreu.jpg" /><br />
<br />
Im Amazonasgebiet sind große Teile des Landes im Staatsbesitz. Interessierte an solchen Ländereien, sei es zur Viehzucht, sei es zur Edelholzgewinnung, eignen sich solche Gebiete an und werden daran in der Regel nicht gehindert, weil die Brasilianische Bundesregierung ebenso wenig wie die Landesregierungen der Amazonas-Staaten mit Polizei oder Truppen gegen solche Inbesitznahmen vorgeht. Das hat daher eine Bedeutung, weil nach einem Brasilianischen Gesetz alle, die einen gültigen Rechtstitel auf Land im Amazonasbecken haben, das Recht haben, 40% davon abzuholzen oder abzubrennen.<br />
<br />
<img title="Chávez und Lula" height="250" alt="Chávez und Lula" width="350" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/chavez-und-lula1.jpg" /><br />
<i>Hier sei noch angemerkt, dass Venezuela ebenfalls einen grossen Bereich von Regenwald hat, wo mit gleicher Geschwindigkeit abgeholzt und abgebrannt wird wie in Brasilien</i><br />
<br />
Wird also jetzt mit dem neuen Gesetz diese illegale Inbesitznahme nachträglich legitimiert, ist eine weitere Beschleunigung der sowieso schon beängstigend schnellen Abholzung der Regenwälder im Amazonasgebiet vorgezeichnet und vor allem dann völlig legal.<br />
<br />
Wenn in einigen Jahrzehnten, eventuell schon im Jahr 2030, vom Amazonasregenwald nur noch unzusammenhängende Stücke vorhanden sein werden, wird auch der Rest schnell verschwinden, weil dann die vom Wald selbst verursachten häufigen Niederschläge ausbleiben werden, die ihm den Namen Regenwald gegeben haben. Innerhalb von Jahren kann das Gebiet dann zu einer Steppe bzw. Wüste werden.<br />
<br />
Damit würde soviel zusätzliches CO2 in die Erdatmosphäre kommen, dass die schon begonnene Klimakatastrophe mit hoher Wahrscheinlichkeit unumkehrbar wäre. Damit wäre das Ende der Menschheit, wie wir sie kennen, eingeleitet.<br />
<br />
<img title="Brasilien: Soja-Pflanzungen auf Regenwald-Gelände" height="355" alt="Brasilien: Soja-Pflanzungen auf Regenwald-Gelände" width="389" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/amazonien-soja-pflanzungen-auf-regenwald-gelaende.jpg" /><br />
<br />
Angesichts der Rolle als Einpeitscherin der Großagrarier, die hauptverantwortlich für die Regenwaldvernichtung sind, ist es zynisch, dass Frau Abreu die Regierung Lula anklagt, keine Umweltpolitik zu haben. Sie hat vollständig recht damit, kocht aber eben gerade ihre Süppchen auf diesem Fakt.<br />
<br />
Nachdem die zuständige Ministerin Marina Silva vor wenigen Monaten spektakulär zurückgetreten war, wird nun zum zweiten Mal in kurzer Zeit deutlich: Die Regierung Lula tut in Wirklichkeit nichts gegen die Vernichtung des Regenwaldes im Amazonasgebiet, trotz gegenteiliger Beteuerungen im Gegenteil, sie ist in diese Vernichtung selbst involviert.<br />
<br />
<br />
<i>Veröffentlicht am 17. Juni 2009 in der Berliner Umschau</i>
Karl Weiss
Brasilien
Copyright © 2009 Karl Weiss
2009-06-17T13:17:00Z
-
Brasilien wird Erdöl-Nation
http://karlweiss.twoday.net/stories/5709728/
<b>2009 wird voraussichtlich Rekordjahr 2008 wiederholen</b><br />
<br />
<b>Von Karl Weiss</b><br />
<br />
<i><b>Gerade erst am 1. Mai dieses Jahres hatte Präsident Lula in einer kleinen Feierstunde das erste Erdöl aus dem Pre-Sal vor der brasilianischen Küste in die Leitung strömen lassen, schon kommt bereits die dritte Meldung über ein neu gefundenes Ölfeld in der Bucht von Santos seit Februar 2009.</b></i><br />
<br />
<img title="Chávez und Lula" height="250" alt="Chávez und Lula" width="350" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/chavez-und-lula1.jpg" /><br />
<br />
Der spanisch-argentinische Ölkonzern Repsol hat eine Anzahl von Lizenzen zur Erforschung nach Ölhaltigkeit für Gebiete vor der brasilianischen Küste erworben, die er zusammen mit der brasilianischen Petrobras und anderen betreibt. Im Februar hatte Repsol bereits Ölfunde in den Feldern Piracucá und Iguaçú, beide vor der Küste von Santos, bekannt gegeben. Jetzt kommt der neue Fund dazu. Damit sind in den dortigen Feldern nun bereits 6 Bohrungen fündig geworden<br />
<br />
Der neue Fund, bekannt geworden am 11. Mai, erhielt den Namen Panoramix und wurde in nur 170 Meter Wassertiefe erschlossen, was die Ausbeutung beachtlich erleichtert und mit einer fest auf dem Meeresgrund verankerten Plattform ausgebeutet werden kann. Allerdings wird dort auch nur eine Ausbeute von etwa 400.000 Kubikmetern Erdgas pro Tag und von etwa 1.500.000 Barril (Fässer) Erdöl täglich erwartet das ist mittlere Grösse.<br />
<br />
Brasilien hat seit letztem Jahr angefangen, auch das Erdgas aus den Ölfeldern zu nutzen und nicht mehr abzufackeln. Innerhalb der nächsten zehn Jahre soll der gesamte Bedarf von Erdgas aus eigenen Quellen gewonnen werden, was Brasilien vom bolivianischen Erdgas unabhängig macht.<br />
<br />
<img title="Erdöl 1" height="200" alt="Erdöl 1" width="200" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/erdoel1.jpg" /><br />
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Auch die im Kern bereits beschlossene, aber nie zur Realisierung gebrachte grosse Erdgasleitung von Venezuela bis in den Südosten Brasiliens (und weiter nach Argentinien) könnte überflüssig werden.<br />
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Die wirklich bedeutenden der brasilianischen Ölfunde sind allerdings die im Pre-Sal (Vor Salz). Im Geologen-Chinesisch drückt das aus: Unter dem Salz.<br />
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In verschiedenen Teilen der Weltmeere gibt es Kilometer unter dem Meeresgrund dicke Salzschichten. In vielen Fällen befinden sich noch einmal einen halben oder ein Kilometer darunter Erdölfelder. So ist es mit einer der grössten Ansammlungen von grösseren Ölfeldern, das je gefunden wurde, das sich im Abstand von über hundert Kilometer vor der brasilianischen Küste von Gebieten vor dem Staat São Paulo bis nach Norden in Gebiete vor dem Staat Bahia hinzieht. Sie liegen 5 bis 6 Kilometer unter der Wasseroberfläche und in Wassertiefen von etwa 4 Kilometer. Solche Felder waren bisher nicht zugänglich. Die in Brasilien von verschiedenen, auch ausländischen, Gruppen entwickelte Technik des Bohrens und Förderns von schwimmenden Plattformen aus macht es nun erstmals möglich, solche Pre Sal-Ölfelder auszubeuten.<br />
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<img title="Wirtschaftsmacht China" height="267" alt="Wirtschaftsmacht China" width="400" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/wirtschaftsmacht-china.jpg" /><br />
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Es soll bis zum Jahr 2020 an etwa 15 verschiedene Stellen eine Ausbeutung dieser Ölfelder geben. Die Investitionen dafür sind gewaltig und können nicht allein von der Petrobras und dem brasilianischen Staat aufgebracht werden. Es wurden bereits Verträge über Milliarden-Investitionen mit China geschlossen, das später in Erdöl bezahlt werden soll.<br />
<br />
Wenn all dies verwirklicht ist, kann Brasilien zu einem der ganz grossen Erdölexporteure werden, in etwa in der Grössenordnung des Iran.<br />
<br />
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass Brasiliens Brutto-Inlandsprodukt zu etwa 75 % aus internem Konsum besteht. Das hat auch dazu geführt, dass Brasilien weit weniger von der derzeitigen Welt-Wirtschaftskrise betroffen ist als die meisten Industrieländer. Voraussichtlich wird Brasilien im Jahr 2009 ein Null-Wachstum aufweisen. Das bedeutet aber, dass sich das Rekordjahr 2008 wiederholen wird.<br />
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<img title="Erdöl" height="211" alt="Erdöl" width="280" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/erdoel.jpg" /><br />
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Auch als grosser Erdölexporteur wird also Brasilien nicht zu einem extrem von Exporten abhängigen Land werden - wie Deutschland es war und deshalb jetzt besonders leidet oder wie es andere Entwicklungsländer zu völlig vom Erdölkonsum und preis abhängigen Nationen macht, wie Venezuela, Nigeria oder den Iran.<br />
<br />
Im Moment muss Brasilien noch heftige Mengen von Diesel importieren, weil ein grosser Teil der in Brasilien bisher gefundenen Erdölqualitäten extrem dickflüssig ist und von brasilianischen Raffinerien nicht verarbeitet werden kann. Ausser durch den Bau einer neuen grossen Raffinerie versucht Brasilien dies Problem durch Beimischen von Biodiesel zu bekämpfen. Heute hat bereits der gesamte in Brasilien verbrauchte Diesel-Kraftstoff 5% Bio-Diesel beigemischt.<br />
<br />
<img title="Brasilien (topographisch)" height="334" alt="Brasilien (topographisch)" width="330" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/brasilien-topographisch.jpg" /><br />
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Der Export von Erdöl dagegen ist bisher nur gering, aber offiziell gilt Brasilien bereits als Erdöl-autark. In brasilianischen Reais ergibt sich aber im Moment noch ein Defizit.<br />
<br />
Wenn Russland und/oder Italien nicht aufpassen, wird Brasilien sie im Brutto-Inlandsprodukt überholen.<br />
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<i>Veröffentlicht am 19. Mai 2009 in der Berliner Umschau</i>
Karl Weiss
Brasilien
Copyright © 2009 Karl Weiss
2009-05-19T12:39:00Z
-
Ist der Papst der Anti-Christ?
http://karlweiss.twoday.net/stories/5588064/
<b>Die neuen Skandale der katholischen Kirche</b><br />
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<b>Von Karl Weiss</b><br />
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<i><b>Was sich die katholische Kirche leistet, geht nun langsam auf keine Kuhhaut mehr. Inerhalb eines Monats erscheint sie nun zum dritten Mal in den Skandal-Schlagzeilen und das nicht, weil irgendwelche Boulevardblätter sensationalistisch aufmachen, sondern wegen eigener skandalöser Handlungen. Zuerst kam die Wiederaufnahme der Lefebre-Jünger, dann die öffentliche Exkommunikation in Brasilien wegen einer medizinisch nötigen Abtreibung an einer 9jährigen, die vergewaltigt worden war, und nun, um dem allen noch die Krone aufzusetzen, die massive Einschüchterung von Jungen, die von einem Pfarrer vergewaltigt worden waren sie sollen ihre Aussagen zurücknehmen.</b></i><br />
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<img title="Deutschland: Köln" height="351" alt="Deutschland: Köln" width="468" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/deutschland-koeln.jpg" /><br />
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Die Lefebre-Gruppe hatte sich offiziell von der katholischen Kirche losgesagt, weil sie die Öffnung der katholischen Kirche zu dieser Welt, die vom 2.Vatikanischen Konzil in den 60er-Jahren beschlossen worden war, nicht mitmachen wollte. Das Symbol der Hinwendung zu den Menschen war die Messe, die nun nicht mehr in Latein und mit dem Rücken zum Volk gelesen wurde, sondern in Richtung des Volkes und in der Landessprache. Nun, wer nicht will, der hat schon. Die Lefebrianer sagten sich von der Kirche los und wurden nachträglich auch noch exkommuniziert.<br />
<br />
Nun aber, ohne dass irgendwelche Gespräche bekannt geworden wären, ohne dass die Lefebrianer auch nur eines ihrer abtrünnigen Dogmen aufgegeben hätten, wurden sie vom Papst pauschal wieder in die Arme geschlossen und die Exkomunikation aufgehoben. Auf Anfragen hierzu reagierte der Vatikan nicht. Man stelle sich vor, wenn der Papst plötzlich den Bann gegen Luther aufhöbe und die Evangelischen wieder in der Kirche begrüsste.<br />
<br />
Einige Antworten kamen von Lefebre-Anhängern, die alle einmütig betonten, keine ihrer Überzeugungen aufgegeben zu haben und keinerlei Zugeständnisse gemacht zu haben, um wieder in de katholische Kirche zu kommen.<br />
<br />
Damit ist aber eines der wichtigsten Dogmen der Katholiken selbst verletzt, denn die dogmatische Einheitlichkeit ist oberstes Gebot. Keiner weiss das besser als der deutsche Papst, der ja vorher die Glaubenskongregation leitete, das ist der Job, der früher Grossinquisitor hiess. Man kann also davon ausgehen, es handelt sich um die klammheimliche Revision der Ergebnisse des 2. Vatikanischen Konzils, die ja innerhalb der Kirche Dogmen-Charakter haben. Der Papst als Häretiker der eigenen Kirche.<br />
<br />
Aber das ist ein Problem der katholischen Kirche, nicht unseres. Was die Öffentlichkeit zu Recht vor allem beschäftigte an der Wiederaufnahme der Lefebristen, sind deren mehr oder weniger offene Beziehungen zum Faschismus und zu rechtsextremistischen Positionen, die sich an einer ihrer Führungspersonen, dem Bischof Williamson, besonders deutlich festmachen.<br />
<br />
Zwar forderte der Papst diesen dazu auf, seine Leugnung des Genozids an den Juden durch die Hitler-Horden zu widerrufen, doch er reagierte überhaupt nicht, als dieser das ablehnte und angab, er müsse sich mit den Quellen erst erneut beschäftigen. Kurz, der Papst hat keine wirklichen Probleme mit dem Rechtsextremismus.<br />
<br />
Das ist die Position der katholischen Kirche bereits seit dem Aufstieg des Faschismus. Da man gemeinsame Interessen hat, nämlich den Kampf gegen Sozialismus und Kommunismus, hat man ein gutes Verhältnis. Es ist unvergessen, wie die katholischen Bischöfe Österreichs damals zum Ja zum Anschluss an Hitler-Deutschland aufriefen.<br />
<br />
Kaum hatte sich die Empörung über diese päpstliche Entscheidung, die immerhin auch Frau Merkel zu einer Kritik veranlasste, etwas gelegt, legte die katholische Kirche nach, um nur ja nicht aus den Schlagzeilen zu verschwinden immer nach dem Motto: Immer im Gerede bleiben kann nur nützlich sein.<br />
<br />
Hier in Brasilien, dem grössten katholischen Land, hatte sich in der Nähe von Recife ein tragisches Verbrechen zugetragen. Ein Stiefvater hatte über Jahre hinweg die beiden Töchter der Famile missbraucht und vergewaltigt, eine davon bereits mit 5 Jahren. Nun war die zu diesem Zeitpunkt 9 Jahre alte andere Tochter schwanger geworden - und zwar mit Zwillingen. Die Ärzte stellten fest, das junge Mädchen, das 36 Kilo wog, könnte eine Zwillingsgebut schwerlich überstehen und gaben grünes Licht für eine Abtreibung (in Brasilien müssen in einem solchen Fall mehrere Ärzte zugezogen werden).<br />
<br />
In Brasilien gibt es das absolute Verbot der Abtreibung, aber im Fall von Vergewaltigung und Lebensgefahr für die Mutter wird eine Ausnahme gemacht. So wurde also die Schwangerschaft legal unterbrochen. Das hätte keinerlei Schlagzeilen gemacht, denn es kommt öfters vor, aber dann meldete sich der katholische Bischof von Olinda und Recife zu Wort, Dom José Cardoso Sobrinho. Niemand hatte ihn zu diesem Fall befragt, aber er hatte das Bedürfnis, der Welt eine Lektion zu erteilen und verkündete im Bischofs-Ornat: Die Mutter des Mädchens und die Ärzte seien exkommuniziert, denn Abtreibung würde immer mit Exkommunikation bestraft.<br />
<br />
Das führte allerdings nun zu einem empörten Aufschrei in Brasilien. Selbst knallharte Anhänger der katholischen Kirche sprachen von Unverständnis. Auch Präsident Lula, der selten die Gelegenheit zu einer populären Stellungnahme verstreichen lässt, verurteilte diese Exkommunikation. Noch empörter wurde die Reaktion, als der Bischof in einem Interview eiskalt erkärte, der Vergewaltiger, der ja verantwortlich war, werde nicht exkommniziert, denn auf die Vergewaltigung kleiner Kinder stünde nicht Exkommunikation, sehr wohl aber auf Abtreibung.<br />
<br />
Deutlich wird, wie sehr der Bischof um das Mädchen besorgt war, als er in einem Interview deutlich machte, er wusste nicht einmal ihren Namen.<br />
<br />
Der Kommentator eines grossen Internetportals in Brasilien empfahl der Mutter und den Ärzten sogar, eine Anzeige wegen übler Nachrede und einen Schadenersatzprozess wegen öffentlicher Verunglimpfung anzustrengen gegen den Bichof, denn interne Angelegenheiten der katholischen Kirche hätten nichts in der Öffentlichkeit zu suchen, wenn es sich nicht um kriminelle Delikte handelt.<br />
<br />
Um das Mass voll zu machen, kam denn auch gleich der Vergleich des Holocaustes mit der Abtreibung von ihm, den wir auch in Deutschland sehr gut kennen: Hitler wollte das jüdische Volk auslöschen und liess 6 Millionen töten. ... Und da werden wir schweigen, wenn 50 Millionen Abtreibungen in der ganzen Welt getätigt werden? sagte er in einem Interview mit dem Magazin Veja mit Datum 18. März 2009. In diesem Interview betont er immer wieder, er habe ein gutes Gewissen, er habe völlig recht, würde alles noch einmal genauso machen und wer im Unrecht sei, wären seine Kritiker, denen er sogar pauschal unterstellt, ihn zu beleidigen. Irgendwie erinnert das an Honecker.<br />
<br />
Er erklärte der erstaunten Welt auch, ein Mord zum Beispiel führe nicht zur Exkommunikation. Hätte also jemand das Kind oder die beiden Kinder in diesem Fall jeweils eine Minute nach ihrer Geburt ermordet, wäre er nicht exkommuniziert so wie bei der Abtreibung.<br />
<br />
In der Sonntagsausgabe der Zeitung Estado de Minas vom 15.3.09 schreibt dazu die katholische Kolumnistin Déa Januzzi in Beziehung auf die katholische Kirche und diesen Fall: ... einer Kirche, die tagtäglich unseren Glauben abtreibt, unsere Träume vergewaltigt, unsere Hoffnung exkommuniziert.... Nachdem sie daran erinnert hat, dass der wichtigste brasilianische Bischof der Religion der Befreiung, Dom Helder Cámara, nach dem heute in jeder grösseren Stadt Brasiliens eine breite Avenida benannt ist, ebenfalls Bischof der Erzdiözese Olinda und Recife war und fragt, wo dessen Geist geblieben ist, kommt sie wieder auf die Kirche zurück: ...eine Kirche fern dem tagtäglichen Leben in unserem Land, die den Gebrauch von Präservativen verurteilt, die Pille, die Abtreibung, aber ganz natürlich die Pädophilie seiner Priester akzeptiert...<br />
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<img title="Corcovado von Botafogo aus" height="346" alt="Corcovado von Botafogo aus" width="460" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/Corcovado-von-Botafogo-aus.jpg" /><br />
<br />
Aber auch diese Nachricht war schon wieder aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit verschwunden (jedenfalls ausserhalb Brasiliens), die ja längst mit den neuesten Sensationen gefüttert wurde, wie zum Beispiel einem Amoklauf der kurz danach auch wieder der Vergessenheit anheimfällt.<br />
<br />
Da scheint jemand in der katholischen Kirche verzweifelt nach einem Anlass gesucht zu haben, wie man wieder ins Licht der Öffentlichkeit finden könnte. Und siehe da man wurde fündig! Man hat ja noch die "pädophilen" Priester, an die jene Kommentatorin erinnerte.<br />
<br />
Da gibt es den deutschen Pfarrer W., der an drei seiner Einsatzorte (zuerst in Bamberg, dann in Limburg und schlieslich im oberfränkichen Städtchen Ebersdorf) sich an Jungen herangemacht hatte. In Ebersdorf konnte ihm die Vergewaltigung in insgesamt 13 Fällen von Sebastian Cionoiu, damals 8 Jahr alt, und zwei weiteren Jungen nachgewiesen werden, der älteste elf Jahr alt.<br />
<br />
Die katholische Kirche zieht Pfarrer, denen pädophile Neigungen zugesprochen werden, nicht aus dem öffentlichen Verkehr, sondern versetzt sie einfach in eine andere Diözese.<br />
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Pfarrer W. wurde zu zwei Jahren Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Die katholische Kirche bezahlte ihm den Gang durch alle Instanzen bis zum Bundesgerichtshof, aber das Urteil hatte Bestand.<br />
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<img title="Oettinger Rede für Filbinger" height="150" alt="Oettinger Rede für Filbinger" width="200" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/oettinger-rede-fuer-filbinger.jpg" /><br />
<i>Hier ein Photo der Rede des CDU-Ministerpräsidenten Oettinger beim Gedenkgottesdienst, abgehalten vom katholischen Bischof von Freiburg, für den Faschisten Filbinger</i><br />
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Sicherlich traumatische Erlebnisse für die drei Jungen, doch meistens kommt man über so etwas hinweg, wenn das nicht alles ständig wieder aufgewärmt wird.<br />
<br />
Doch was nun geschah, lässt selbst einer kühlen Person das Blut in den Kopf steigen. Die katholische Kirche gab Pfarrer W. die Möglichkeit, zwei Detektive zu engagieren. Die schickte er nun zu den Familien der drei vergewaltigten Jungen, um diese zu veranlassen, die damaligen Aussagen zu widerrufen. Man würde ihnen dringend dazu raten.<br />
<br />
Die Detektive deuteten dabei an, die drei Jungen hätten gelogen. Pfarrer W. hat inzwischen auch die Mittel und einen Rechtsanwalt, um eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu versuchen.<br />
<br />
Auf Anfrage gab die Kirche keine Auskunft, warum man den Pfarrer immer noch in seinem Priesterberuf belässt und warum man ihm diese Mittel zur Verfügung stellt.<br />
<br />
Besonders ruft die Tatsache die Aufmerksamkeit hervor, dass die Detektive den Aufenthaltsort der Familien der beiden anderen Jungen wussten, die nicht mehr in Ebersdorf wohnen. Gibt es da heimliche Verbindungen der Kirche zu Staatsanwaltschaft und/oder Polizei, über die illegalerweise Adressen heraussickern?<br />
<br />
Angesichts all dieser Kirchen-Skandale fragte eine Nonne hier in Brasilien allen Ernstes, ob der Papst nicht vielleicht der Anti-Christ sei, dessen Erscheinen in der Bibel vor dem Weltuntergang vorausgesagt ist.<br />
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<br />
<i>Veröffentlicht am 17. März 2009 in der Berliner Umschau </i>
Karl Weiss
Brasilien
Copyright © 2009 Karl Weiss
2009-03-17T10:51:00Z
-
Karneval in Rio
http://karlweiss.twoday.net/stories/5540010/
Da dies inzwischen bereits Tradition ist, seien auch dieses Jahr zu Karneval wieder einige markante Fotos der Karnevalsumzüge in Rio ins Blog gestellt. Dieses Jahr mit Suchbild-Spiel für die Damenwelt: Wer das beträchtliche "Ding" entdeckt, darf es behalten.<br />
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Karl Weiss<br />
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<img title="Karneval in Rio 2009 - 1" height="505" alt="Karneval in Rio 2009 - 1" width="674" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-rio-09-vila.jpg" /><br />
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<img title="Karneval in Rio 2009 - 2" height="900" alt="Karneval in Rio 2009 - 2" width="500" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/caranaval-rio-2009-vila-2.jpg" /><br />
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<img title="Karneval In Rio 2009 - 3" height="600" alt="Karneval In Rio 2009 - 3" width="450" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-rio-09-16.jpg" /><br />
<br />
<img title="Karneval in Rio 2009 - 4" height="600" alt="Karneval in Rio 2009 - 4" width="450" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-rio-09-15.jpg" /><br />
<br />
<img title="Karneval in Rio 2009 - 5" height="375" alt="Karneval in Rio 2009 - 5" width="500" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-rio-09-14.jpg" /><br />
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<img title="Karneval in Rio 2009 - 6" height="400" alt="Karneval in Rio 2009 - 6" width="534" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-rio-09-13.jpg" /><br />
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<img title="Karneval in Rio 2009 - 7" height="600" alt="Karneval in Rio 2009 - 7" width="450" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-rio-09-12.jpg" /><br />
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<img title="Karneval in Rio 2009 - 8" height="450" alt="Karneval in Rio 2009 - 8" width="600" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-rio-09-11.jpg" /><br />
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<img title="Karneval in Rio 2009 - 9" height="975" alt="Karneval in Rio 2009 - 9" width="650" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-rio-09-10.jpg" /><br />
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<img title="Karneval in Rio 2009 - 11" height="895" alt="Karneval in Rio 2009 - 11" width="650" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-rio-09-09.jpg" /><br />
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<img title="Karneval in Rio 2009 - 11" height="876" alt="Karneval in Rio 2009 - 11" width="650" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-rio-09-07.jpg" /><br />
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<img title="Karneval in Rio 2009 - 12" height="902" alt="Karneval in Rio 2009 - 12" width="650" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-rio-09-06.jpg" /><br />
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<img title="Karneval in Rio 2009 - 13" height="978" alt="Karneval in Rio 2009 - 13" width="650" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-rio-09-05.jpg" /><br />
<br />
<img title="Karneval in Rio 2009 - 14" height="920" alt="Karneval in Rio 2009 - 14" width="650" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-rio-09-04.jpg" /><br />
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<img title="Karneval in Rio 2009 - 15" height="891" alt="Karneval in Rio 2009 - 15" width="650" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-rio-09-03.jpg" /><br />
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<img title="Karneval in Rio 2009 -15" height="939" alt="Karneval in Rio 2009 -15" width="650" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-rio-09-02.jpg" /><br />
<br />
<img title="Carnaval Rio 2009 20" height="464" alt="Carnaval Rio 2009 20" width="348" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-rio-09-20.jpg" /><br />
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<img title="Carnaval Rio 2009 21" height="464" alt="Carnaval Rio 2009 21" width="348" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-rio-09-21.jpg" /><br />
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<img title="Karneval Rio 2009 24" height="464" alt="Karneval Rio 2009 24" width="348" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-rio-09-24.jpg" /><br />
<br />
<img title="Karneval Rio 2009 23" height="464" alt="Karneval Rio 2009 23" width="348" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-rio-09-23.jpg" /><br />
<br />
<img title="Karneval Rio 2009 22" height="464" alt="Karneval Rio 2009 22" width="348" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-rio-09-22.jpg" />
Karl Weiss
Brasilien
Copyright © 2009 Karl Weiss
2009-02-25T00:15:00Z
-
Brasilien jenseits von Fussball und Samba, Teil 13: Wie unsere Zukunft in der beginnenden...
http://karlweiss.twoday.net/stories/5222133/
<b>'Ich habe kein Leben'</b><br />
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<b>Von Elmar Getto</b><br />
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<i><b>Ein erschütterndes Dokument über das Leben im Kapitalismus (oder eigentlich schon in der kapitalistischen Barbarei): Ein 12-jähriger in Rio de Janeiro wird von der Polizei festgenommen und verprügelt. Er hat beim Drogenhandel geholfen und ist Schmiere gestanden, als die Drogenhändler einen Polizisten umbrachten. Der Reporterin, die ihn auf der Polizeistation befragt: Warum bist du in dieses Leben eingestiegen?", sagt er: Ich habe kein Leben." Und Das war meine einzige Möglichkeit zu überleben."</b></i><br />
<br />
<img title="Brasilien (topographisch)" height="334" alt="Brasilien (topographisch)" width="330" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/brasilien-topographisch.jpg" /><br />
<br />
Wie wird es aussehen, wenn es uns nicht gelingt, den Kapitalismus zu besiegen und den wahren Sozialismus zu errichten, wenn der Kapitalismus in die kapitalistische Barbarei übergehen wird? In einigen Entwicklungsländern, so wie in Brasilien, kann man jetzt schon sehen, was kapitalistische Barbarei IN DEN ERSTEN ANSÄTZEN heißen würde:<br />
<br />
In wesentlichen Teilen des Landes herrscht nicht mehr die Staatsmacht, sondern eine Doppelherrschaft zwischen Staatsmacht und kriegsmäßig bewaffneten, mafiaähnlichen Banden, die sich vor allem durch Drogen-, Frauen- und Waffenhandel finanzieren. Der Drogenkonsum (illegale Drogen) hat sich tief in die Gesellschaft eingeführt, vor allem die Unterdrückten versuchen ihre elende Lage im Rausch zu vergessen, aber auch die Droge der Schickeria, Kokain (auch in Form von Crack), spielt eine bedeutende Rolle. Nicht einmal mehr ein Viertel der Einwohner hat dort regelmäßige bezahlte Arbeit.<br />
<br />
Dies sind Zustände, wie sie in Brasilien schon heute in bestimmten Teilen herrschen. Besonders in der größten Stadt der südlichen Hemisphäre, São Paulo, und in Rio de Janeiro ist dies bereits für einen wesentlichen Teil der Bevölkerung Realität. In Rio auf den Hügeln, in Sâo Paulo an der Peripherie.<br />
<br />
<img title="São Paulo, grösste Stadt der südlichen Hemisphere" height="320" alt="São Paulo, grösste Stadt der südlichen Hemisphere" width="286" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/sao-paulo-groesste-stadt-der-suedlichen-hemisphere.jpg" /><br />
<br />
In den Armenvierteln, den sogenannten Favelas, herrschen 60, 70, 80, 90% Arbeitslosigkeit bei den Männern und männlichen Jugendlichen. Die einzige Aussicht für die meisten ist, den kriminellen Banden beizutreten, Drogen zu verkaufen und Hilfsdienste zu leisten. Die Polizei, schlecht bezahlt und in lächerlicher Weise unterbewaffnet gegenüber den Kriminellen, die über jede Art von Kriegswaffen verfügen, hat keine wirkliche Kontrolle mehr über diese Regionen, denn sie kann dort nur noch in großer Anzahl bei seltenen Suchaktionen" auftreten, die üblicherweise von den lokalen Politikern als Beweis ihrer phantastischen Bekämpfung der Kriminalität" angeordnet werden.<br />
<br />
Die Polizei ist zudem - ständig in Angst, selbst erschossen zu werden - völlig brutalisiert und schießt auf alles, was männlich ist und sich bewegt (das mit dem Männlich ist dabei nicht unbedingt notwendig). <br />
<br />
Die kriminellen Banden sind völlig skrupellos, wenn jemand eine erhaltene Droge nach dem Weiterverkauf nicht oder nur teilweise bezahlt. Derjenige wird ohne Ausnahme liquidiert. Dabei macht man sich nicht immer die Mühe, ihn allein abzupassen, sondern erschießt ihn auch schon mal in aller Öffentlichkeit und dann auch gleich alle anderen Umstehenden, um keine Zeugen übrig zu lassen. Z.B. so kommen im heutigen Brasilien Zahlen zustande wie die 40 000 Ermordeten pro Jahr, die höchste Zahl von Morden aller Länder (wenn man in diesem Fall einmal den Irak ausnimmt - aber selbst dort hat man Schwierigkeiten, auf 40 000 Ermordete zu kommen).<br />
<br />
<img title="Rio de Janeiro Botanischer Garten 1" height="400" alt="Rio de Janeiro Botanischer Garten 1" width="300" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/Rio-de-Janeiro-Botanischer-Garten-1.jpg" /><br />
<br />
Der Schreiber dieser Zeilen hat Jahre in Barueri an der Peripherie von São Paulo gelebt und dort abends die Maschinenpistolensalven gehört, wenn solche Massaker angerichtet wurden. Ein Bekannter von ihm wurde bei einem erschossen. Als er später in Rio de Janeiro lebte, konnte man in manchen Nächten Schnellfeuergewehr- und Maschinenwaffen-Feuer hören, wenn sich verschiedene der Banden bekämpften oder ein Feuergefecht mit Polizisten stattfand.<br />
<br />
Die Polizisten versuchen so lange wie möglich zu überleben in dieser Situation und nehmen kleine Bestechungsgelder an, hauptsächlich um damit den Führern der kriminellen Banden zu signalisieren, daß sie nichts von ihnen zu befürchten haben. Aber immer, wenn ein Polizist im Verdacht steht, irgendeine eventuell gefährliche Information weitergegeben zu haben, wird er von den Unterführern der Kriminalität zum Tode verurteilt und ein Hinrichtungskommando wird abgestellt, um das schmutzige Geschäft durchzuführen.<br />
<br />
Das war auch in diesem Fall so. Ein Polizist wurde im vergangenen Mai in Niteroi, Großraum Rio de Janeiro, ermordet von einem Kommando der kriminellen Organisation der Favela, wo er zuständig war. Wie oft üblich, wurden von der kriminellen Bande, in diesem Fall den Herrschern des Morro do Estado in Niteroi, dabei auch Kinder mit in das Verbrechen einbezogen. Dadurch hat man diese später als Jugendliche in der Hand, denn man kann sie ja jederzeit der Polizei ausliefern und so schafft man sich vor Angst schlotternde Untergebene, die selbst die unmenschlichsten Befehle ausführen.<br />
<br />
<img title="Rio de Janeiro, Zuckerhut und Corcovado von Niteroi aus" height="277" alt="Rio de Janeiro, Zuckerhut und Corcovado von Niteroi aus" width="400" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/rio-de-janeiro.jpg" /><br />
<br />
In diesem Fall wurde ein 12-jähriger Junge einbezogen, der gelegentlich für 20 Real (7,50 Euro) pro Tag als Verkäufer von Kleinmengen von Marihuana an bekannten Punkten in der Nähe der Favela für die Drogen-Mafia arbeitet (daß wir auch in Deutschland bereits auf diesem Weg sind, kann uns jeder Ein-Euro-Jobber bestätigen. Zwar sind die hiesigen Arbeitgeber" offiziell noch keine kriminellen Organisationen, aber z.B. schon politische Parteien, was ja auch nicht sehr unterschiedlich ist). Der Junge wurde abkommandiert, Schmiere zu stehen beim Mord an jenem Polizisten. Dabei kam es zu einem Feuergefecht, bei dem sowohl der Polizist als auch einer der Mordbuben getötet wurden.<br />
<br />
Wer sich in etwa ein Bild machen will, wie man sich das Leben und die Zustände in einer Favela vorzustellen hat, kann sich das Stück oder eine der beiden Verfilmungen Orpheu Negro" ansehen, ein Meisterwerk des brasilianischen Dichters und Schriftstellers Vinicius de Morais, heute leider schon verstorben, der u.a. auch das Gedicht (Text) des weltbekannten Liedes Garota de Ipanema" (The Girl from Ipanema") geschrieben hat. Zwar ist diese Beschreibung schon Jahrzehnte alt, damals gab es diese Zustände erst in wenigen begrenzten Gebieten und die unglaubliche Brutalität der heutigen Zustände deutete sich erst an, aber das Prinzip bleibt das gleiche.<br />
<br />
Die Polizei reagiert auf Polizistenmorde üblicherweise nicht damit, daß die Täter gefunden und der Justiz übergeben werden, sondern mit Rache-Unternehmen gegen diejenige Favela, die als Urheber des Mordes angesehen wird.<br />
<br />
Im März dieses Jahres wurde ein Massaker bekannt, das Polizisten, die nicht im Dienst waren, in einer Favela in der Baixada Fluminense angerichtet haben, ein anderer Bereich von Groß-Rio-de-Janeiro. 30 Personen wurden abgeschlachtet, einschließlich Frauen und Kinder, wahllos, offenbar weil die Polizisten eine Riesenwut hatten.<br />
<br />
Es wurde in diesem Fall nicht aufgeklärt, ob es wiederum um einen Racheakt für einen Polizistenmord gehandelt hat oder ob die Angabe der Täter stimmt, sie seien erbost über eine unpopuläre Maßnahme eines ihrer Vorgesetzten gewesen.<br />
<br />
<img title="Zuckerhut von der Botafogo-Bucht aus" height="274" alt="Zuckerhut von der Botafogo-Bucht aus" width="400" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/Zuckerhut-von-der-Botafogo-Bucht-aus.jpg" /><br />
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Tatsache ist, daß die Täter, obwohl sie bereits innerhalb kurzer Zeit identifiziert werden konnten, bis heute keinerlei irgendwie geartete Strafe gefunden haben. Zwar wurden sie wegen des internationalen Aufsehens, das jenes Massaker hervorrief, für kurze Zeit in ein speziell für Polizisten vorgesehenes Gefängnis eingesperrt, aber sofort wieder freigelassen, als die internationale Aufmerksamkeit nachließ. Bis heute tun sie ihren Dienst in der Polizei und bis heute liegt gegen keinen von ihnen eine Anklage vor.<br />
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Die Aburteilung solcher Täter ist extrem selten, denn es finden sich praktisch nie Zeugen, die aussagebereit sind. Jeder weiß, wer gegen einen Polizisten aussagt, wird nicht allzu lange danach mit einer Kugel im Kopf aufgefunden. Selbst das Nicht-Aussagen schützt dabei Zeugen wenig. Im Fall des Polizistenmordes in Niteroi gab es nämlich einen Zeugen, der sich aber aus Angst weigerte auszusagen. Trotzdem wurde seine Leiche kurze Zeit später im Kofferraum eines Autos gefunden - mit der obligatorischen Kugel im Kopf.<br />
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Es gibt zwar in einzelnen Fällen Zeugenschutzprogramme, aber auf die vertraut inzwischen kaum einer mehr, denn neuer Name und Aufenthaltsort sind ja innerhalb der Polizei bekannt und bleiben vor anderen Polizisten nicht immer geheim.<br />
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Auf den Jungen, der 1993 das Candelaria-Massaker überlebte (ehemalige Polizisten und Polizisten außer Dienst ermordeten 6 Straßen-Kinder, verletzten weitere 5 schwer) und sich bereit erklärte auszusagen, wurden 3 Anschläge verübt, die er wie durch ein Wunder überlebte. Er lebt heute unter neuem Namen in der Schweiz. Die Verurteilungen von Polizisten bzw. Ex-Polizisten wegen dieses Massakers (alle unterhalb der Strafe für Mord) wurden ausnahmslos von höheren Gerichten wegen angeblicher Formfehler wieder aufgehoben. Sie sind alle in Freiheit.<br />
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Staatsanwälte können praktisch keine Verfahren gegen Polizisten führen, denn die Polizei würde dann in den von jenem Staatsanwalt bearbeiteten Fällen die Aufklärung blockieren und der Staatsanwalt müßte abberufen werden. Als man einen Staatsanwalt nur für Polizisten-Kriminalität einsetzte, wurde er bald mit der berühmten Kugel im Kopf aufgefunden. Es braucht nicht erwähnt zu werden, daß dieser Mord nie aufgeklärt wurde.<br />
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Interessierte ultrarechte Politiker und Medien, speziell der Groß-Fernsehsender Globo, lassen immer wieder deutlich durchblicken, daß solche Massaker von Polizisten an Straßenkindern und Favela-Bevölkerung im Grunde berechtigt" und notwendig seinen, nur leider wegen der legalen Probleme nicht in der notwendigen Häufigkeit durchgeführt werden könnten.<br />
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Das geht so weit, daß reaktionäre Politiker mit bestimmten Codewörtern und -Zahlen sich zur Ausrottung von potentiellen Straßenräubern" und Delinquenten" bekennen und mehr oder weniger offen zur Wahl mit diesem Programm antreten. Speziell gilt dies für eine Anzahl von Politikern der PP (Partido Progressista), einer ultrarechten Partei in Brasilien, die Partei von Paulo Maluf, dem Franz-Josef-Strauß Brasiliens". Ein durch und durch korrupter und reaktionärer Politiker, der Kandidat der Militärs bei der noch nicht vom Volk durchgeführten Präsidentenwahl im Jahr 1985 in Brasilien am Ende der Militärdiktatur war.<br />
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<img title="Corcovado von Botafogo aus" height="346" alt="Corcovado von Botafogo aus" width="460" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/Corcovado-von-Botafogo-aus.jpg" /><br />
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Politiker dieser Partei benutzen ihre Parteinummer 11, um solche Anspielungen zu machen. In Brasilien haben alle Parteien feste Nummern. Die Präsidentenwahlen und Gouverneurswahlen (Ministerpräsidenten der Bundesstaaten) werden direkt mit diesen Nummern durchgeführt, die einzelnen Listen für Bundestags, Senator-, Landtags- und Kommunalwahlen fangen mit dieser Nummer an. Die Kandidaten dieser Partei hängen eine weitere 1 an die Parteinummer an und spielen mit der sich dann ergebenden Zahl 111 auf das Carandiru-Massaker an. <br />
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Im Jahr 1994 war nach einer Gefangenen-Revolte im Großgefängnis Carandiru von São Paulo von der stürmenden Polizei ein unerhörtes Massaker unter den Häftlingen verübt worden. 111 von ihnen wurden exekutiert.<br />
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Weder wurde der verantwortliche Gouverneur Fleury bisher angeklagt (er ist weiterhin hochangesehener Politiker) noch erhielten die Polizeikommandeure oder die einzelnen ausführenden Polizisten irgendwelche Strafen. Stattdessen identifizieren sich bestimmte Politiker, z.B. ein gewisser Bolsonaro, mit dieser Nummer als law-and-order"-Rambos, worauf allerdings weniger und weniger der ratlosen brasilianischen Wähler hereinfallen.<br />
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Im Fall des Polizistenmordes im Mai in Niteroi hatte die Polizei nun unter anderem herausgefunden, daß der Zwölfjährige beteiligt war. Sie holten ihn vom Verkaufsort der Marihuana ab (trafen natürlich bereits in Kleinpackungen aufgeteiltes Marihuana bei ihm an) und nahmen ihn mit aufs Revier, wo er kräftig verprügelt wurde. <br />
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<img title="Tänzerin beim Karneval in Rio" height="400" alt="Tänzerin beim Karneval in Rio" width="261" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-brasil-passista2.jpg" /><br />
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Interessant hier das Detail, daß die Polizei natürlich genau weiß, wo illegale Rauschgifte verkauft werden, diese Verkaufsstellen aber keineswegs ausräuchert, sondern dort alle gewähren läßt. In Brasilien haben diese Verkaufsstellen sogar einen eigenen Namen: Boca do fumo". Dies macht deutlich, wie verwoben bereits die Polizei und das organisierte Verbrechen sind, die man nur noch an der Uniform unterscheiden kann.<br />
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Jemand aus der Favela hatte gesehen, wie der Junge abgeführt wurde und die Mutter benachrichtigt, die als Tagelöhnerin arbeitet ( ja, Taglöhner werden in der kapitalistischen Barbarei natürlich auch wieder eingeführt, es wird nicht mehr lange dauern, dann haben wir in Deutschland auch wieder welche). Die Reporterin einer Zeitung Rios schildert die Szene so, als sie auf der Wache ankommt: Der Junge stand da, in Tränen aufgelöst, umgeben von zumindest 6 Polizisten mit Gewehren und Pistolen. Als die Mutter ankommt, wendet sie sich zuerst an den Jungen: Du sagst jetzt gar nichts mehr! Sonst werde ich es sein, die dich mit Schlägen eindeckt!" Dann wendet sie sich an die Polizisten: Ihr habt kein Recht, einen Jungen festzunehmen und zu schlagen! Was ist das für eine Geschichte?"<br />
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Eine Zeit später hat sie sich schon etwas beruhigt und wird von der Reporterin befragt. Sie erzählt, daß sie außer dem Jungen noch 5 Kinder hat, zwischen 21 und 2 Jahren alt. Sie sagt auch, daß ein anderer Sohn im Jahr 2003, 16 Jahre alt, von Leuten der konkurrierenden Rauschgifthändlerbande aus der Nachbarfavela verschleppt und bei lebendigem Leib verbrannt worden sei. Es ist nicht gerecht, daß eine Mutter so ihre Kinder verliert. Keine Mutter verdient es, so etwas zu erleben!"<br />
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<img title="Karneval in Rio - Tänzerin fast nackt" height="400" alt="Karneval in Rio - Tänzerin fast nackt" width="264" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-brasil-passista.jpg" /><br />
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Danach befragt die Reporterin den Jungen. Er sagt, er braucht das Geld, das er mit dem Marihuana-Verkauf verdient, zum Überleben. Ja, er ginge zur Schule. Er habe einmal Arzt werden wollen. Aber an diesem Tag sei die Schule ausgefallen, weil die Lehrerin fehlte (Na, das kennen wir doch auch aus Deutschland, nicht?). Schließlich fragt die Reporterin: Warum bist du in dieses Leben eingestiegen?" und er sagt: Ich habe kein Leben, Tante." (Tante und Onkel sind die übliche Bezeichnung, mit der Kinder aus den Favelas außenstehende Personen ansprechen.)<br />
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Der Junge hat bereits eine klare Sicht der Wirklichkeit. Männliche Jugendliche in den Favelas haben, statistisch gesehen, nur etwa 50% Chance, das 30. Lebensjahr zu erreichen oder anders ausgedrückt, 50% Chance, vorher ermordet zu werden. Dieser Junge, so berichtet die Reporterin weiter, wird nun in ein Besserungslager für Jugendliche von 12 bis 18 Jahren gebracht. Dort wird man ihm endgültig alles beibringen, was skrupellose Kriminelle für ihr kurzes Leben brauchen, denn es handelt sich um reine Aufbewahrungsanstalten mit brutalisierten Aufsehern und Folter.<br />
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So zieht der brasilianische Staat bewußt den Nachwuchs für die kriminellen Banden heran.<br />
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In der brasilianischen Öffentlichkeit wird es versucht so darzustellen, daß die Köpfe jener Banden die jeweiligen Machthabenden in den Favelas sind. Die sind in der Regel mit ihren Spitznamen bekannt und genießen in den Medien eine gewisse - und keineswegs nur negative - Aufmerksamkeit. So haben die brasilianischen Medien einen der Favela-Bosse, einen gewissen Fernandinho Beira-Mar, als öffentliche Persönlichkeit hochgejubelt, so als ob an ihm irgendetwas zu feiern wäre.<br />
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<img title="Brasilianischer Karneval: Tänzerin auf dem Festwagen" height="400" alt="Brasilianischer Karneval: Tänzerin auf dem Festwagen" width="266" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/carnaval-brasil-destaque.jpg" /><br />
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Wenn man allerdings seinen Menschenverstand zu Hilfe nimmt, so wird klar, daß die wirklichen Hintermänner dieser kriminellen Banden ja täglich Hunderttausende von Dollars an Gewinnen einstecken. Völlig undenkbar, daß diese Bosse in Favelas leben. Man wird sie wohl eher in den typischen Häusern und Wohnungen der brasilianischen Superreichen finden.<br />
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Da sind wir denn auch schon angekommen bei jenen Personen, denen all dies zugute kommt. Die brasilianische Gesellschaft ist dominiert von etwa 500 bis 1000 Familien (ein Leser meinte, es könnten auch 1500 sein), die alle Institutionen dominieren. Sie haben die Politik in der Hand, das Parlament, die Justiz, die Medien, die Polizei, die Armee, kurz: Alles.<br />
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Sie zeichnen sich vor allem durch zwei Dinge aus: Sie sind superreich - Vermögen von Milliarden von Dollar sind in Brasilien häufig - und sie sorgen dafür, daß wesentliche Teile der in Brasilien geschaffenen Werte in Form von Zinsen und Zinseszinsen für die überbordende Auslandsverschuldung an internationale Finanzagenten gehen, also Banken, Großkonzerne und private Anleger.<br />
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Die Armut Brasiliens und der meisten Brasilianer ist also durch das Zusammenspiel der Superreichen Brasiliens (dort von den Medien - die ihnen gehören - gerne Elite" genannt) und der Imperialisten bedingt.<br />
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Dort, bei diesen Superreichen, sind dann auch die Hintermänner zu suchen, die letztlich die kriminellen Gangs in der Hand haben, die große Teile der brasilianischen Gesellschaft terrorisieren. Es gibt sogar klare Hinweise, daß ein Teil der Politiker, die in Brasilien etwas zu sagen haben, direkt oder indirekt mit diesen Mafiabanden verknüpft sind.<br />
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Speziell zu den Deals, die Politiker hier mit den kriminellen Banden schliessen, siehe <a href="http://karlweiss.twoday.net/stories/5205113/">hier</a> und <a href="http://karlweiss.twoday.net/stories/3700941/">hier</a>.<br />
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Ein Beispiel sei hier beschrieben: der in Brasilien bekannte Politiker Garotinho (im Moment gerade bei der Partei PMDB). Er wurde, damals noch bei einer angeblich linksgerichteten Partei, der PDT, zum Gouverneur von Rio gewählt.<br />
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Zunächst tat er etwas, das vielen Hoffnung gab, hier würde nun einer einmal wirklich versuchen, die Zustände zu verbessern: Er beschäftigte einen anerkannten Fachmann in Sicherheitsfragen und beauftragte ihn, die Zustände bei Polizei, Strafvollzug und Justiz zu durchleuchten und Vorschläge für Änderungen zu machen. Der war denn auch schon bei seinen ersten Untersuchungen fündig geworden. Er hatte herausgefunden, daß die gesamte Spitze der Zivil-Polizei im Staat Rio de Janeiro korrupt war. Er legte nach seinen eigenen Angaben den entsprechenden Bericht mit Belegen usw. bei einem kurzen Gespräch mit dem Gouverneur auf dessen Tisch.<br />
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Am nächsten Tag war die Story in allen Zeitungen und im Fernsehen. Die betroffenen Polizeioffiziere waren vorgewarnt, um eventuelle Beweise verschwinden lassen zu können. Der Sicherheitsexperte bekam Morddrohungen für sich und seine Familie. Er wurde kurz danach vom Gouverneur entlassen und mußte mit der Familie in die USA fliehen, um sein Leben und seine Familie zu schützen. Von den im Bericht genannten Offizieren (alle in den Rängen von Obersten und höher) wurden zwei versetzt, alle blieben im Amt und ansonsten betrieben sie weiter ihre enge Zusammenarbeit" mit den Verbrecherbanden. Die Zivil-Polizei ist in Brasilien jener Teil der Polizei, der für Ermittlungen und Vorbereitung von Anklagen zuständig ist, also die entscheidende Stelle, bei der man sich gegen eventuelle staatliche Verfolgung versichern kann.<br />
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Die nächste Großtat des Gouverneurs folgte kurze Zeit später. Es war gerade ein völlig neues Hochsicherheits-Gefängnis in Rio fertiggestellt worden, nach den modernsten Erkenntnissen des Umganges mit Schwerst-Kriminellen. Hier würden also die bereits Verurteilten mittleren Chargen der Mafia-Banden einsitzen müssen und auch zukünftig Verurteilte hineinkommen - dazu gehörte u.a. der oben schon erwähnte Verbrecher mit dem Spitznamen Beira-Mar.<br />
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<img title="Favela in Belo Horizonte" height="320" alt="Favela in Belo Horizonte" width="400" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/favela-belo-horizonte.jpg" /><br />
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Laut Angaben der Folha de São Paulo, der größten Tageszeitung Brasiliens, wurden alle wesentlichen Sicherheitseinrichtungen des Gefängnisses mit dem Namen Bangu 1 nach der Übergabe des Baus an die lokalen Behörden außer Kraft gesetzt und abgebaut, noch bevor es eingeweiht wurde. Alle Türen und Absperrungen wurden entfernt, die sicherstellen sollten, daß es zwischen Häftlingen und Aufsehern wie auch zwischen Häftlingen und Besuchern - wie auch Anwälten - zu keinem physischen Kontakt kommen könnte. Ebenso wurde das gesamte Überwachungssystem mit Kameras usw. nie benutzt. Das Gefängnis wurde also so betrieben wie alle anderen Gefängnisse in Brasilien auch.<br />
<br />
So hörte man denn auch schon kurz nach der Einweihung davon, daß die Insassen, soweit sie Sergeanten der Drogen-Banden in den Favelas gewesen waren, von dort aus per Handy ihre Geschäfte weiter führten. Abgehörte Telefongespräche belegten, daß sie ungehindert Mordaufträge per Telefon gaben und ähnliches. Später bekam man sogar ein Video zu sehen, daß nach des Gouverneurs eigenen Angaben von Häftlingen erstellt wurde (man stelle sich vor, es konnten Video-Kameras in die Gefängnisse und die fertigen Videos herausgeschmuggelt werden), indem man sah, daß während der Zeit der Zellenöffnungen (alle Häftlinge konnten im Gefängnis herumlaufen, sich ungehindert miteinander verständigen) offen Rauschgift angeboten und verkauft wurde. <br />
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Doch damit waren die sehr speziellen Vorlieben dieses Gouverneurs noch keineswegs erschöpft. Er liebte es auch, sich mit Gestalten aus der Unterwelt zu umgeben. Er berief zum Sportminister von Rio de Janeiro einen Politiker, der bereits mehrmals aufgefallen war, weil er engste Beziehungen zu den Chefs der Terrorbanden in der Favela Mangueira hatte. Er besuchte z.B. den Boss der Mangueira-Bande regelmäßig im Gefängnis, als dieser verurteilt war. Nach Absitzen seiner Strafe durfte dieser Drogen-Unter-Boss dann sogar ein Amt in der Aufsicht des Maracanã-Stadions einnehmen, in das ihn sein Freund, der Sportminister, berufen hatte (Die Favela Mangueira liegt gleich neben dem Maracanã-Stadion).<br />
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Kaum glaublich war auch der nächste Skandal, der sich abspielte. Es war eine neue Direktorin berufen worden in genau jenes Spezialgefängnis, das oben bereits erwähnt wurde. Diese Frau war offenbar ziemlich unerschrocken und pflichtbewusst und wohl auch nicht bestechlich - bezeichnend, daß für so etwas anscheinend immer eine Frau kommen muß, die Herren der Schöpfung scheinen generell nicht unbedingt die Mutigsten zu sein. Jedenfalls ordnete sie an, daß ein Teil der speziellen Sicherheitsmaßnahmen des Gefängnisses wieder eingeführt wurden und auch spezielle Restriktionen für den Anwaltskontakt.<br />
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Dazu muß man wissen, daß diese Drogenbanden-Unter-Bosse mit ganzen Horden von Anwälten arbeiten. Der oben genannte Beira-Mar z.B. beschäftigte 14 Anwälte nur für sich. So hat er täglich Besuch von einem oder mehreren Anwälten (Es wäre übrigens leicht, anhand der Bezahlung dieser Anwälte den Weg zurück zu den Geldquellen der Verbrecherbanden und eventuell zu höheren Chargen zu verfolgen, aber das wurde noch nicht einmal versucht.). Besagte Gefängnisdirektorin beschränkte nun die Zahl der Anwaltsbesuche pro Woche und ließ auch die Gespräche mit den Anwälten abhören. Allerdings begann sie bereits mit dem Abhören, als der zuständige Richter dies noch gar nicht genehmigt hatte. Sie staunte nicht schlecht, als sie eines der Anwaltsgespräche abhörte. Der Häftling und der Anwalt sprachen die Einzelheiten ihrer (der Direktorin) Ermordung ab! Das entsprechende Band leitete die Direktorin direkt an den Gouverneur Garotinho und bat um speziellen Schutz. <br />
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Der erklärte daraufhin, er könne nicht aktiv werden, denn die Abhöraktion sei illegal gewesen. Wenige Tage später wurde die Direktorin erschossen aufgefunden. Sie war genau auf die Art ermordet worden, wie es auf dem Tonband vereinbart worden war. Der Gouverneur sagte, er habe mit den Ermittlungen zu diesem Mord nichts zu tun. Bis heute wurde angeblich nicht aufgeklärt, wer diesen Mord in Auftrag gegeben hatte, obwohl es jeder weiß.<br />
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Charakteristisch, daß dies zwar für drei Tage auf der Titelseite der Zeitungen und am Anfang der Nachrichten im Fernsehen kam, aber dann abrupt fallengelassen wurde und der nächste Skandal berichtet wurde. Alle diese Skandale werden von den Medien nicht verfolgt. Es werden keine Aufklärungen verlangt, nicht darauf gedrungen, daß die Parlamente, Staatsanwälte und die Polizei untersuchen. Die anfängliche Erklärung, es werde alles brutalstmöglich aufgeklärt, wird für bare Münze genommen und dann nicht mehr nach der Aufklärung gefragt (das kennen wir gut aus Deutschland, Roland Koch läßt grüßen). <br />
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Das ist auch verständlich, denn die Medien sind ja eben in den Händen genau jener Superreichen Brasiliens, aus deren Kreisen die Hintermänner kommen. Die Medien kochen einen Skandal nach dem anderen hoch, in schneller Abfolge, so daß die einzelnen schnell dem Vergessen anheim fallen. So wird die Öffentlichkeit scheinbar informiert, doch in Wirklichkeit nur unterhalten, im Endeffekt düpiert.<br />
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Ebenso charakteristisch, daß diese Art von Skandalen in den Wahlkämpfen von den gegnerischen Kandidaten nicht benutzt wird, um diese Kandidaten anzugreifen. Die Krähen hacken einander...<br />
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Interessant, daß genau dieser Politiker Garotinho bei der ersten Runde der letzten Präsidentenwahlen in Brasilien auf den dritten Platz kam nach Lula und dem konservativen Politiker Serra, den er dann im zweiten Wahgang schlug. Auffallend, daß er in seinem Staat Rio de Janeiro über 70% der Stimmen bekam, ein kaum glaubwürdiges Ergebnis. Es besteht, nicht zuletzt auch aufgrund der späteren Wahlen auf kommunaler und Landesebene, der starke Verdacht, daß in Rio de Janeiro massiv Wahlen gefälscht werden.<br />
<br />
Es werden die gleichen Wahlmaschinen wie in den USA verwendet, von denen bereits bewiesen ist, daß sie manipuliert werden können. Bei den Wahlen der Landtagsabgeordneten in Rio hatten eine Anzahl von Kandidaten bei den Zwischenergebnissen bereits eine höhere Stimmenzahl, als ihnen am Ende zugesprochen wurden.<br />
<br />
Wie auch in den USA, gibt es bei diesen Maschinen außerhalb des elektronischen Gedächtnisses keine Dokumentation auf Papier, was ein Nachzählen unmöglich macht.<br />
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Dies waren einige Eindrücke von den Zuständen, die bereits den Anfang der kapitalistischen Barbarei kennzeichnen, auf die wir auch in Deutschland zusteuern, wenn wir nicht vorher den echten Sozialismus errichten.<br />
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<br />
<i>Hier der letzte Artikel aus Elmar Gettos Brasilien-Reihe, die inzwischen schon vielfach zitiert wird. Dieser Artikel wurde am 6. Februar 2006 in der "Berliner Umschau" veröffentlicht. Die anderen Teile kann man hier im Blog ebenfalls finden.</i><br />
<br />
<b>Anmerkung von Karl Weiss vom 30. September 2006:</b> <br />
Der oben angesprochene Politiker Garotinho ist inzwischen soweit desavouiert, daß er Statthalter auf den Gouverneursposten von Rio de Janeiro schicken muß. Zuerst ließ er seine Frau (Rosinha) zum Gouverneur wählen, jetzt kandidiert ein anderer Strohmann, eingewisser Cabral, für ihn - und steht an erster Stelle der Umfragen für die morgigen Wahlen. Man sieht ihn auf Plakaten hier in Rio de Janeiro zusammen mit dem oben bereits erwähnten Sportminister, der auf den Künstlernamen "Chiquinho da Mangueira" hört. Der kandidiert nämlich als Bundestagsabgeordneter. Damit wird deutlich, daß nicht nur Oligarchen aus Posten der Politik die kriminellen Organisationen schützen, sondern auch die kriminellen Banden direkt in die Politik eindringen.<br />
<br />
<br />
<b>Hier die Links zu allen Teilen der Reihe Brasilien jenseits von Fussball und Samba</b><br />
<br />
<a href="http://karlweiss.twoday.net/stories/5010595/"> - Teil 1: Wie der Amazonas zu seinem Namen kam </a><br />
<br />
<a href="http://karlweiss.twoday.net/stories/5027186/"> - Teil 2: Menschenfresser-Country</a><br />
<br />
<a href="http://karlweiss.twoday.net/stories/5042083/"> - Teil 3: Ausgerottete Künstler </a><br />
<br />
<a href="http://karlweiss.twoday.net/stories/5056403/"> - Teil 4: Niemeyer ist 100 Auf dem Höhepunkt des Schaffens</a><br />
<br />
<a href="http://karlweiss.twoday.net/stories/5092144/"> - Teil 5: Brasilien und Gold</a><br />
<br />
<a href="http://karlweiss.twoday.net/stories/5102976/"> - Teil 6: Die Landschaften Brasiliens Der Amazonas-Regenwald</a><br />
<br />
<a href="http://karlweiss.twoday.net/stories/5115136/"> - Teil 7: Brasilien und der Strom</a><br />
<br />
<a href="http://karlweiss.twoday.net/stories/5129342/"> - Teil 8: Die Landschaften Brasiliens Mata Atlântica</a><br />
<br />
<a href="http://karlweiss.twoday.net/stories/5145185/"> - Teil 9: Santos Dumont und der erste Motorflug</a><br />
<br />
<a href="http://karlweiss.twoday.net/stories/5159665/"> - Teil 10: SIVAM Big Brother in Amazonien</a><br />
<br />
<a href="http://karlweiss.twoday.net/stories/5173820/"> - Teil 11: Sprit aus nachwachsenden Rohstoffen</a><br />
<br />
<a href="http://karlweiss.twoday.net/stories/5191014/"> - Teil 12: Regenwaldvernichtung und Trockenheit im Amazonasgebiet</a><br />
<br />
<a href="http://karlweiss.twoday.net/stories/5222133/"> - Teil 13: Wie unsere Zukunft in der beginnenden kapitalistischen Barbarei aussähe Ich habe kein Leben</a>
Karl Weiss
Brasilien
Copyright © 2008 Karl Weiss
2008-09-28T16:39:00Z
-
'Ende der neoliberalen Ära'
http://karlweiss.twoday.net/stories/5220832/
<b>Lula schwimmt auf der Woge</b><br />
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<b>Von Karl Weiss</b><br />
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<i><b>In seiner Rede vor der UN-Vollversammlung in New York dekretierte der brasilianische Präsident Lula da Silva das Ende der neoliberalen Ära. Er sagte, nicht nur der normale Bürger müsse sich ethisch und ernsthaft verhalten, auch das Finanzsystem. Für jemand, der selbst ausführlich Neoliberalismus betrieben hat, ist das immerhin bemerkenswert.</b></i><br />
<br />
<img title="Brasilien (topographisch)" height="334" alt="Brasilien (topographisch)" width="330" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/brasilien-topographisch.jpg" /><br />
<br />
Lula sparte auch sonst nicht mit Kritik, sowohl in Richtung der US-Regierung als auch gegenüber der Weltbank, dem Welt-Währungs-Fonds und den G8. Wenn ein kleines Land in eine Krise kommt, so sagte er, dann sind diese Institutionen immer schnell mit `Ratschlägen` bei der Hand, doch nun, da es die Vereinigten Staaten trifft, hört man von dort gar nichts.<br />
<br />
Er forderte auch und das ging eindeutig in Richtung der USA: Die Folgen der ungebremsten Habgier können nicht einfach straflos von allen getragen werden.<br />
<br />
Das Wall Street Journal charakterisierte daraufhin die Politik Lulas als einen Balanceakt zwischen orthodoxen ökonomischer Maßnahmen und Finanzierung populistischer Sozialprogramme.<br />
<br />
Tatsächlich war Lula bereits in seiner ersten Amtsperiode (2002 2006) auf absoluten Tiefpunkten in seiner Popularität angekommen, nachdem fast alle wesentlichen Politiker seiner Partei und seiner Regierung in Korruptionsskandale verwickelt waren und zurücktreten mussten. Zu jener Zeit hatte er auch eine Rentenreform durch die Legislative gebracht, die jene orthodoxe Wirtschaftspolitik widerspiegelte: Erhöhung des Rentenalters, Verringerung der Rente usw. Man hätte ihn beinahe Lula Schröder nennen können. Gleichzeitig wurden die skandalös hohen Pensionen, die z.B. Richter in Brasilien bekommen, nicht angetastet.<br />
<br />
<img title="Chávez und Lula" height="150" alt="Chávez und Lula" width="220" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/chavez-und-lula.jpg" /><br />
<br />
Es wurden Telefonlizenzen für das Festnetz wie auch für Handys verkauft, die praktisch das gesamte Telefon-System Brasiliens in die Hände ausländischer Kapitaleigner legte, in diesem Fall von spanischen, italienischen und französischen Firmen.<br />
<br />
Noch vor kurzem wurden einige der wichtigsten vierspurigen Bundesstrassen an private Firmen vergeben, die gegen den Unterhalt der Strassen das Recht haben werden, eine Maut zu verlangen, deren Erhöhung jährlich bereits garantiert ist. Darunter waren Strassen wie die Rodovia Fernão Dias, die São Paulo mit Belo Horizonte verbindet und die der Staat gerade erst mit einem Aufwand von Milliarden Reais vierspurig ausgebaut hatte. Die meisten der Strassen gingen an einen spanischen Konzern.<br />
<br />
Kurz nach der Rentenreform aber begann Lula gerade noch rechtzeitig vor den Wahlen 2006 mit dem Programm bolsa família (Familien-Stipendium), das Bedürftigen eine monatliche Zuwendung von umgerechnet etwa 25 Euros pro Person garantiert, wenn die Kinder der Familie die Schule besuchen. Dies ist bis heute bereits auf fast ganz Brasilien ausgeweitet worden und hat sich als erfolgreiche, wenn auch nicht vollständige Bekämpfung des Hungers und der schlimmsten Auswirkungen des Elends erwiesen (und auch als Anreiz, die Kinder in die Schule zu schicken).<br />
<br />
<img title="Bush und Lula in Brasilien" height="320" alt="Bush und Lula in Brasilien" width="286" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/bush-und-lula-in-brasilien.jpg" /><br />
<br />
Gleichzeitig garantierte dies Programm Lulas Wiederwahl und seine hohe Popularität heute. Er hat vor kurzem auch einen Tarifabschluss im öffentlichen Dienst mit besonderer Berücksichtigung des Militärs abgeschlossen, das bereits dieses Jahr deutliche Gehaltserhöhungen garantiert und gleichzeitig jene für die folgenden Jahre festlegt. Er schuf auch Tausende neuer Stellen im öffentlichen Dienst.<br />
<br />
Ausserdem hat er jedes Jahr den Mindestlohn (der allerdings nicht überall in Brasilien eingehalten wird) stärker als die Inflation erhöht (im Moment auf umgerechnet etwa 160 Euro im Monat) und zusätzlich noch Jahr für Jahr die Erhöhung um jeweils einen Monat vorverlegt.<br />
<br />
Dazu kam ein Wirtschaftsboom in Brasilien, der weiterhin anhält, so als ob die Weltwirtschaft sich nicht auf der Abwärts-Rutschbahn befände. Im letzten Jahr wuchs die Wirtschaft Brasiliens um etwa 5% (nach Abzug der Inflation) und auch dieses Jahr wird diese Marke wohl wieder erreicht werden.<br />
<br />
<br />
<br />
Dieses Wachstum wurde zwar auch und gerade durch gesteigerte Exporteinnahmen initiiert (das Hauptexportprodukt Brasiliens, Eisenerz, unterlag in den letzten Jahren einer Preissteigerung auf das zweieinhalb-fache, das zweitwichtigste, Soja und Soja-Öl auf etwa das doppelte), konnte aber dann in einen vom Inlandskonsum getragenen Aufschwung umgesetzt werden, denn viele neue Arbeitsplätze (offizielle und inoffizielle) öffneten sich, was wiederum mehr Inlandskonsum erzeugte, was weitere neue Arbeitsplätze schuf usw.<br />
<br />
In einer Umfrage haben über 60% der Brasilianer erklärt, heute ein besseres Lebensniveau zu haben als 4 Jahre zuvor. Die guten Noten für Lula haben bei Umfragen ein absolutes Rekordniveau erreicht, seit es Umfragen gibt: 77,7% der Befragten, während die ganze Regierung von 68 % als gut oder sehr gut eingeschätzt wird. Nicht einmal kurz nach seiner ersten Wahl, als fast das ganze Land hohe Hoffnungen in ihn setzte, wurden solch hohen Raten der Zustimmung erreicht. Das bekannte Argentinische Zeitung Nación spricht sogar von Lula-Manie<br />
<br />
Natürlich hat sich Lula nicht einfach so vom Saulus zum Paulus gewandelt. Er hat vielmehr mit diesen Politikänderungen hauptsächlich auf die in ganz Lateinamerika um sich greifende revolutionäre Gärung reagiert. In Lateinamerika kann man heute nicht mehr einfach weitermachen wie bisher. Entweder man muss sich radikal auf die Seite der US-Regierung stellen und wird dann automatisch zu einem weithin verhassten Politiker wie Uribe in Kolumbien oder man muss eine Öffnung zu linken Positionen betreiben.<br />
<br />
<img title="Morales und Lula in Santiago" height="170" alt="Morales und Lula in Santiago" width="286" src="http://static.twoday.net/KarlWeiss/images/morales-und-lula-in-santiago.jpg" /><br />
<br />
Zum anderen hat Lula Gefallen daran gefunden, als einer der internationalen Führer der Entwicklungsländer angesehen zu werden. Dazu muss er bis zu einem gewissen Grade natürlich deren Interessen vertreten und zumindest in Worten gegen die grossen Industrieländer schiessen<br />
<br />
Während in diesem Moment nur noch etwa 14 % der US-Bürger glauben, ihr Land befinde sich auf dem richtigen Kurs, gilt dies in Brasilien für mehr als 60%. Eine in etwa vergleichbare Umfrage in Deutschland ergab 17%.<br />
<br />
Das ist der Unterschied zwischen Neoliberalismus und gemässigt linken Positionen.<br />
<br />
Könnte Lula sich 2010 erneut zur Wiederwahl stellen, wäre sie mit Rekordergebnis gesichert. Aber es gibt in seiner Partei, der PT, keine andere bekannte und beliebte Persönlichkeit kein Wunder, da fast alle bekannten PTler in Strafprozessen Angeklagte sind. Die mit gewisser Wahrscheinlichkeit als Kandidatin in Frage kommende Ministerin Dilma Roussef erhält im Moment in den Umfragen im günstigsten Fall 12 % der Stimmen. Tritt sie gegen die bekanntesten Kandidaten der Oposition an, sogar noch weniger. Aber das kann sich ändern bis 2010.<br />
<br />
<br />
<i>Veröffentlicht am 26. September 2008 in der </i><a href="http://www.berlinerumschau.com">Berliner Umschau</a><br />
<br />
<a href="http://www.berlinerumschau.com/index.php?set_language=de&cccpage=26092008ArtikelPolitikWeiss1">Originalveröffentlichung</a>
Karl Weiss
Brasilien
Copyright © 2008 Karl Weiss
2008-09-27T21:54:00Z
-
Gouverneur Lembo erleichtert sein Herz
http://karlweiss.twoday.net/stories/5205113/
<b>"Die brasilianische Bourgeoisie ist eine zynische, perverse, heuchlerische weiße Minderheit..."</b><br />
<br />
<b>Von Karl Weiss</b><br />
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<i>Eigentlich war für den heutigen Sonntag der letzte Teil der Serie "Brasilien jenseits von Fussball und Samba" von Elmar Getto vorgesehen, aber er hat mich gebeten, ihn auf nächsten Sonntag zu verschieben. Stattdessen sei hier ein älterer Artikel über Brasilien eingestellt, der in mehrerer Hinsicht entlarvend ist und sehr charakteristisch für das heutige Brasilien, in dem die Oligarchie bereits Stillhalteabkommen mit den kriminellen Mafia-Organisationen abschliesst. Er war am 29. Mai 2006 in der Berliner umschau erschienen (damals noch "rbi-aktuell") und ist hier leicht aktualisiert und redigiert, Dies gleiche Thema wird dann auch in jenem Artikel am nächsten Sonntag vorkommen und eine Anmerkung von Elmar sich auf diesen Artikel beziehen. </i><br />
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<i><b>Kaum je erlebt man einmal, daß einer der führenden Politiker in einem der Regime der großen Länder seiner Wut freien Lauf läßt und sein Herz ausschüttet. Jeder weiß, daß damit seine Karriere beendet wäre und kommt deshalb auch nur auf solche Posten, wenn er bereits bewiesen hat, daß er sich immer (fast vollständig) im Griff hat. </b></i><br />
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Doch aufgrund der speziellen Umstände in Brasilien hat der Gouverneur (Ministerpräsident) des Bundesstaates São Paulo, Lembo, genau dies getan. Er war der Verantwortliche, als die Mafia-Terrororganisation PCC beschloß, ihre Macht zu zeigen, weil sie den Bruch eines Abkommens mit der Staatsregierung zu beklagen hatte. Ihre Attacken und die Reaktion des Staates darauf wurden bereits berichtet (siehe "<a href="http://karlweiss.twoday.net/stories/3700941/">Doppelherrschaft in Brasilien</a>").<br />
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Die spezielle Situation des Gouverneurs Lembo beruht auf dem präsidialistischen System (im Gegensatz zum parlamentaristischen System), das in Brasilien (so wie in den USA) herrscht. So wie der Präsident und das Parlament auf Bundesebene, werden auch auf der Ebene der Bundesländer der Gouverneur und das Parlament getrennt voneinander direkt vom Volk gewählt. Deshalb treten die Kandidaten für die Präsidentschaft und für den Gouverneur jeweils mit einem Vize-Kandidaten an. Der Vize übt kein Ministeramt oder etwas ähnliches aus, sondern vertritt nur den Präsidenten (Gouverneur) bei seiner Abwesenheit. Das ist also ein Drückerposten, in das man üblicherweise ältere, verdiente Politiker (die keinen mehr vom Hocker reißen) jener Partei steckt, die Anspruch auf den Posten hat (so ähnlich wie in Deutschland der Bundespräsident).<br />
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So kam auch Vize-Gouverneur Lembo zu diesem Posten. Er ist ein altgedienter Haudegen der politischen Rechten in Brasilien, war zu Zeiten der Militärdiktatur Parteichef der Arena in São Paulo, des politischen Flügels der Militärdiktatoren und einziger zugelassener Partei. Später, als die Militärdiktatur abgelöst wurde, ging er zeitweise zur liberalen Opposition, gründete dann zusammen mit anderen die PFL (Partei der liberalen Front), eine der beiden Nachfolgeparteien der Arena. Heute ist er bereits über Siebzig. So wurde er denn von seiner Partei ausgewählt, Vize des Kandidaten Alckmin zu sein, der mit einer Koalition zwischen dessen Partei PSDB (eine konservative Partei, die sich lustigerweise sozialdemokratisch nennt) mit der PFL antrat.<br />
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Nun ergab sich aber, daß Alckmin zum Kandidaten der PSDB gegen Lula bei den Präsidentschaftswahlen im Spätjahr bestimmt wurde [der Artikel wurde vor den letzten Präsidentschaftswahlen in Brasilien geschrieben] und deshalb den Gouverneursposten abgeben mußte, denn wer hier zum Präsidenten kandidiert, muss 8 Monate vor den Wahlen von seinen öffentlichen Ämtern zurücktreten. So kam Lembo zum Amt eines Gouverneurs wie die berühmte Jungfrau zum Kind. Nur: Er wird diesen Posten nur 8 Monate bekleiden und seine Karriere ist sowieso bereits am Ende.<br />
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Unter dieser Bedingung wollten offenbar die PSDB-Politiker ein Experiment durchführen, daß sie unter der Herrschaft eines der eigenen nicht gewagt hätten: Sie ließen - wahrscheinlich über den Sicherheits-Minister, der ja nicht ausgetauscht worden war - die Zusicherungen, die man an die PCC gegeben hatte, zur Seite und ließen deren gefangene Mitglieder, einschliesslich des Führers, in ein entfernt gelegenes Hochsicherheitsgefängnis verlegen. Man vermutete wohl schon, daß die Antwort des PCC gewaltig und gewalttätig sein würde. Ein ausgedienter Politiker der PFL konnte das dann nötige neue Abkommen auf seine Kappe nehmen. Man selbst geht einfach auf Tauchstation.<br />
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Das waren offenbar die Umstände, die Lembo dazu veranlaßten, sein Herz zu erleichtern. In der Krisensituation verschwanden nämlich alle seine Allierten von der Bildfläche. Niemand wollte mit den schweren Problemen identifiziert werden, die dieser Gouverneur nun hatte und die er offenbar nur durch einen Deal" mit der Verbrecherbande lösen konnte, was er offenbar auch tat.<br />
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Niemand verteidigte ihn, niemand wollte mit dieser Ungeheuerlichkeit Verbindung haben, daß in Brasilien die Oligarchie ihre Herrschaft bereits mit dem organisierten Verbrechen teilt und mit ihm teilweise auch gemeinsame Sache macht, oder auch nur seinen Namen hiermit in Verbindung gebracht sehen.<br />
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Der Kandidat der Rechten gegen Lula, Alckmin, versteckte sich unerreichbar und ließ nur kurz über Telefon verlauten, er habe kein Abkommen mit der PCC gehabt, was offensichtlich nicht stimmt. Der bei weitem aussichtsreichste Kandidat für den Posten des Gouverneurs von São Paulo, Serra (der also wahrscheinlich das Abkommen erben wird), ebenfalls von der PSDB, unterlegenenr Kandidat gegen Lula bei den letzten Präsidentschaftswahlen, verschwand. Niemand wußte, wo er sich aufhält, wahrscheinlich in den USA. Der frühere Präsident Brasiliens, Cardoso, ebenfalls von der PSDB, war in New York und kritisierte von dort aus das Abkommen, das Lembo offenbar geschlossen hatte. Die Führer von Lembos eigenen Partei, der PFL, sonst immer die ersten vor einer Fernseh-Kamera, tauchten ebenfalls unter.<br />
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In einem Interview ironisierte Lembo diese politischen Größen und hob hervor, daß sie selbst telefonischen Kontakt mit ihm weitmöglichst vermieden: Alckmin hielt es für nötig, genau zweimal kurz anzurufen, naja, die Telephoneinheiten sind ja so teuer. Serra hat Amnesie und Fernando Henrique [Cardoso] sitzt in New York und diniert in feinen Restaurants, in denen ein Gläschen Cognac 900 Reais kostet (etwa 300 Euro)". Seine eigenen Parteiführer von der PFL, so sagt er sarkastisch, denken nach und werden sicherlich anrufen bei ihm, in etwa 500 Jahren!<br />
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Doch er blieb nicht dabei stehen. Er attakierte die brasilianische Oligarchie, die sich selbst gerne die Elite" nennen läßt, aber auch die brasilianische Bourgeoisie genannt wird. Er nennt sich selbst einen Pequeno Burgues (Kleinbürger) und findet starke Worte gegen die Oligarchie: Sie sei böse, sie sei eine zynische und perverse weiße Minderheit, die ihre Bediensteten schlecht behandelt und sei außerdem heuchlerisch und sterbe fast vor Geiz. Sie sei nicht bereit, die Rechnung zu bezahlen für das Elend, das sie sich so angestrengt habe zu erzeugen.<br />
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Dann langt er noch einmal hin: Im ökonomischen, politischen, Finanz-Bereich gibt es große Räuber, die niemals... Ich sehe Leute, die ihre pompösen Villen zur Schau stellen, obwohl sie große Betrügereinen gemacht haben und andere sind im Gefängnis, nicht wahr?"<br />
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Das Interview wird von einem bekannten brasilianischen Journalisten geführt, Bob Fernandes, der sich auch längst an die Oligarchie verkauft hat, nun aber Schadenfreude empfindet, daß er Lembo Stichworte geben kann, die der auch gerne aufgreift. Man höre sich nur diesen Teil des Interviews an:<br />
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Welches Verhältnis sehen Sie zwischen dem Leben im Gefängnis und dem derer, die Sie die Bourgeoisie genannt haben? Wie groß ist der Abstand dieser Welten?"<br />
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So groß ist der Abstand nicht! Vielleicht hat die eine Welt nur gute Rechtsanwälte und die andere schlechte?"<br />
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Oder diesen:<br />
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Herr Gouverneur, Sie haben in jenem Interview (mit der Folha de São Paulo", der grössten Tageszeitung Brasiliens) Ihr Herz ausgeschüttet ... war das Ihr 18. Brumaire?"<br />
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Das zu sagen wäre gefährlich, denn beim ersten Mal ist es heldenhaft, beim zweiten ein Irrtum. Das war Karl Marx selbst, der dies gesagt hat, darum würde ich das so nicht sagen."<br />
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Diese Stelle des Interviews belegt, daß beide, zwei hervorstechende Figuren der Rechten in Brasilien, Karl Marx gelesen haben. Der 18. Brumaire bezieht sich auf die Schrift von Karl Marx Der 18. Brumaire des Louis Bonaparte". Dort beschreibt Marx einen versuchten Staatsstreich in Frankreich gegen den reaktionären Herrscher Louis Bonaparte in den 60er Jahren des neunzehnten Jahrhunderts. Eine Reihe dessen scheinbar besten Freunde versuchten, ihm seinen Thron zu rauben und er beklagt sich denn auch lautstark darüber, verspottet von Karl Marx.<br />
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Die Antwort des Gouverneurs bezieht sich auf die Aussage von Karl Marx, daß sich die Geschichte nicht wiederholt - und wenn sie es tut, dann beim ersten Mal als Ereignis, beim zweiten Mal als Farce.<br />
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So dreht sich denn die Anklage des Zynismus gegen die Bourgeoisie gegen die beiden Marx-Kenner, den etablierten Journalisten und den Gouverneur eines Staates mit 40 Millionen Einwohnern. Der Journalist stichelt: Dann sind Sie also jetzt links von [der trotzkistischen] Senatorin Heloísa Helena?" Nein, sie hat einige sehr farbige Hemden [bezieht sich auf die rote Farbe], während ich bei den dunklen bleibe [bezieht sich auf das Schwarz des Konservatismus].<br />
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Nun, hier hat einer der intimsten Kenner der brasilianischen Oligarchie gesprochen und wir dürfen ihm glauben. Es wurde deutlich, daß er dabei noch voll die Staatsräson bewährt hat. Wo er Namen nannte, hat er nur leicht ironisiert, wo er schwerere Geschütze auffuhr, blieb alles anonym. Aber alles, was er z.T. nur andeutete, können wir gestrost als Wahrheit ansehen, auch wenn er nur einen kleinen Zipfel des großen Teppichs angehoben hat, unter den ansonsten alles gekehrt wird.
Karl Weiss
Brasilien
Copyright © 2008 Karl Weiss
2008-09-21T00:59:00Z
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