Freitag, 8. Dezember 2006

Aus für die Atomkraftwerke?

Uranpreis in der Senkrechten

Von Karl Weiss

Wenn die FAZ schreibt „Der Uranpreis hat abgehoben.“ und „[Er] ... ist förmlich in die Vertikale übergegangen.“, so muss schon wirklich etwas passiert sein. Fünf Gründe sind es im wesentlichen, die zu einer Vervielfachung des Preises von Uran innerhalb kurzer Zeit geführt haben:

- Die leicht erreichbaren Vorkommen des radioaktiven und giftigen Metalls sind weitgehend erschlossen und beginnen langsam weniger ergiebig zu werden.

- Die generell steigenden Energiepreise haben sich auch auf den Uranpreis als einem der ausschlaggebenden Energiepreise ausgewirkt.

- Der Bedarf angesichts des weltweiten Booms der Atombomben ist steigend.

- Es wird in verschiedenen Ländern massiv in neue Atomkraftwerke investiert, was ebenfalls den Bedarf ansteigen lässt. China, Russland und Indien haben den Bau einer Reihe von Kernkraftwerken angekündigt.

- Russland hat einen Lieferstop für Uran verhängt, womit einer der wesentlichen Exporteure ausfällt.

- Ein riesiges neu erschlossenes Bergwerk in Kanada, Cigar Lake, in der Provinz Saskatchewan, ist am 23.Oktober von einem Wassereinbruch betroffen worden, der die Inbetriebnahme auf unbestimmte Zeit verschiebt.

Atomkraftwerk

Im Moment (Ende November) liegt der Uranpreis (Uranoxidpreis) bereits bei etwa 60 US-Dollar pro Pound, mit einem 7%-Anstieg nur in der letzten Oktoberwoche nach der Nachricht aus Kanada, das sind also größenordnungsmäßig 105 Euro pro Kilo. Im Jahr 2001 lag der Preis in der Nähe von 6 Dollar pro Pound. Er ist also innerhalb von 5 Jahren auf das etwa 10fache gestiegen. Dieser Preis bezieht sich auf den Gehalt von U3O8 in Uranerz.

Man sehe sich nur das Chart an. Die Steigerung verlief nicht linear, sondern fand fast vollständig in letzter Zeit statt.

Uranpreis

Die Eröffnung der neuen gewaltigen Mine in Kanada, eine der Cameco, einem der grössten Uranförderer der Welt, an der über eine Beteiligung auch die Siemens Anteile besitzt, war die große Hoffnung auf eine Änderung des Uran-Preistrends. Dort ist Uranerz mit dem extrem hohen Gehalt von 16,8% (Uranoxid, nicht Uran) vorhanden und das Gesamtvorkommen macht etwa 150 000 Tonnen aus (Erz, nicht Uran). Nun ist aber ein Erdrutsch passiert, der einen Wassereinbruch verursacht hat. Zwar konnten sich alle Menschen aus der Mine retten, aber eines der Schotts konnte nicht ganz geschlossen werden und barst unter dem Wasserdruck. Damit wird jetzt die ganze Mine volllaufen.

Es wird Jahre dauern und Millionen kosten, das Wasser abzupumpen und zu reinigen. Man kann das uranhaltige, giftige und strahlende Wasser, das abgepumpt wird, ja nicht einfach in die Landschaft lassen, sondern muss es reinigen. Der Aufwand dafür könnte so riesig sein, dass sich der ganze Abbau nicht mehr lohnt. Der Uranpreis hat jedenfalls weiter eine Aufwärtstendenz.

Dieser hohe Uranpreis ist bisher bei laufenden Atomkraftwerken noch nicht oder nur zum Teil angelangt, weil die ja angereichertes Uran aus Anreicherungsanlagen beziehen und jene wiederum langfristige Lieferverträge mit Minengesellschaften haben. Wenn dieser Preis aber dort ankommt, wird die alte und immer wieder aufgewärmte Sage, die Kosten der Atomenergie seien die niedrigsten, endgültig zu den Akten gelegt sein.

Iranische Atomanlagen

Zwar kann es für ein Land wie Russland oder Kanada, wie Australien oder Brasilien, in Zukunft eventuell auch dem Iran, die sowohl eigene Uranerzvorkommen als auch eigene Anreicherungsanlagen besitzen, trotzdem noch preislich interessant sein, Atomkraftwerke zu benutzen, aber für ein Land wie Deutschland, das alles importieren muss, ist der gesamte Traum von der Atomenergie damit ausgeträumt.

Extrem alte Atomkraftwerke, wie fast alle deutsche, die bereits seit zig Jahren abgeschrieben sind, können nach den absurden Rentabilitätsrechnungen der Energiekonzerne immer noch mit Profit betrieben werden, aber nur, weil man die Kosten der Aufbereitung und der Lagerung des Atommülls für Zehntausende von Jahren einfach nicht mitgerechnet hat.

Es besteht auch die Gefahr, dass die Wassermassen in der neuen Mine in Kanada sich selbst einen Ausweg suchen und beginnen herauszusickern, was eine gewaltige Umweltkatastrophe mit sich bringen würde. Es gibt auch die Möglichkeit des Einstürzens des Deckgebirges, welches dann das kontaminierte Wasser aus der Mine drückt.

Hier gibt es auch eine Gemeinsamkeit mit Deutschland. In Deutschland ist bereits vor der endgültigen Zulassung als atomares Endlager für hoch radioaktive Abfälle ein wesentlicher Teil des höchst gefährlichen Atommülls im und am Salzstock Gorleben eingelagert worden und es gibt auch das Atommüll-Lager Asse II. Bei beiden ist nach Angaben von anti-atom-aktuell.de mit ähnlichen Vorgängen wie Wassereinbrüchen zu rechnen, was dann zu ähnlichen Folgerungen wie in Kanada führen könnte – nur eben im dicht besiedelten Deutschland, nicht in Saskatchewan mit einer Bevölkerungsdichte von größenordnungsmäßig 1 Einwohner pro Quadratkilometer.

Atomkraftwerke Deutschland

In Deutschland müsste ein Atomunfall dieses Kalibers zur Evakuierung wesentlicher Teile Norddeutschlands führen, wenn man nicht den Weg Tschernobyls gehen wollte, die Gefahr zu leugnen und Tausende von Toten und Vergiftungen und Hunderttausende von Krebskranken und Langzeit-Strahlungskranken in Kauf zu nehmen.

Nach Angaben der FAZ sind im Moment weltweit 28 Atomkraftwerke in Bau. Wenn das stimmt, würde allein der zusätzliche Uran-Bedarf dieser Anlagen den Uranpreis bereits zumindest auf dem jetzigen Niveau halten, wenn nicht noch zu weiteren Erhöhungen führen. Selbst wenn es Cameco gelingen sollte, die abgesoffene Mine innerhalb von ein oder zwei Jahren wieder in Gang zu bringen, dürfte damit die Kostenrechnung vieler jener Regierungen, welche da nun fieberhaft Atomkraftwerke bauen (wollen), innerhalb dieses Zeitraums bereits aus dem Ruder laufen. Der Bau eines Teil der noch in Planung befindlichen davon dürfte abgeblasen werden.

Kurse Uranaktie Cameco

Kurse Uran-Mine Paladin

Interessant ist es auch die Entwicklung der Aktienkurse der großen Uranabbaugesellschaften bzw. jener weltweiten Minengesellschaften, die wesentlich im Uranbergbau involviert sind. Auch deren Aktien steigen mit dem Uranpreis in letzter Zeit steil an. Wenn man allerdings die anstehende Wirtschaftskrise in Betracht zieht, werden sowieso nicht nur die Aktienkurse, sondern auch viele anderen Planungen in die Negativen geraten.


Veröffentlicht in der "Berliner Umschau" am 8. Dezember 2006

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