Der Vatikan und die Menschenrechte
Von Karl Weiss
Ein wirklich interessantes Kapitel nach den Skandalen um die Priester, die Jugendliche missbrauchten, und wie die Kirche darauf reagierte, ist die Frage der Menschenrechte und ob diese vom Vatikan und der offiziellen katholischen Kirche anerkannt werden.
Es gibt da innerhalb der Katholischen Kirche eine Vereinigung mit dem Namen „Wir sind Kirche“. Die hat nun vor einer Woche ihre Bundesversammlung in Fulda abgehalten. Sie fordert von der Katholischen Kirche die Anerkennung der Menschenrecht, wie sie von der UN formuliert worden und wie sie inzwischen fast alle Staaten der Welt anerkannt und ratifiziert haben.
Einer der wenigen Staaten, die dies noch nicht getan haben, ist der Vatikanstaat.
Wie man weiss, wurde nach dem 2. Weltkrieg die UN gegründet und eines der wichtigsten Dinge, die dann angegeangen wurde, war die Erklärung der Menschenrechte, die nach Meinung der Weltgemeinschaft jenseits aller Unterschiede überall auf der Welt respektiert weden sollten.
Die Menschenrechte stellen jene Rechte dar, die einzelne Personen vom Staat oder anderen Autoritäten einfordern können.
Nach Ansicht der Schöpfer der Erklärung der Menschenrechte der UN sind dies Rechte, die jeder als unmittelbar geltendes Recht einfordern kann. Die Praxis der Staaten ist dies allerdings nicht. Die Staaten begreifen diese Rechte nur als abstrakte Erklärungen, die einen Hinweis darauf geben, wie in den einzelnen Staaten die Rechte gestaltet sein sollten – aber nicht müssen.
Einige wenige Staaten aber – und zu denen gehört der Vatikanstaat – erkennen auch dies nicht an und haben daher die Erklärung der Menschenrechte nicht ratifiziert. Sie sind offensichtlich der Meinung, Anderes als die Menschen hätten Vorrang.
Die Leute von „Wir sind Kirche“ fordern von der katholischen Kirche nicht nur die Ratifiziereung der UN-Erklärung der Menschenrechte, sondern auch die praktische Umsetzung. Speziell wurden die Fälle des Pflichtzölibats (Diskriminierung von jedem, der nicht sein Recht auf eine Heirat aufgeben will), der Verweigerung der Frauenordination (Diskriminierung der Frau)und die sexuelle Diskriminierung der Homosexuellen (Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identität) als menschenrechtswidrig aufgespiesst.
Es muss wirklich gefragt werden, ob die Katholische Kirche als eine positive Kraft in unserer Welt angesehen werden kann, oder ob man sie nicht eher unter die negativen Kräfte subsummieren muss.
Der Vatikan schützt die Menschenrechte!
der Vatikan k a n n die UN-Deklaration der Menschenrechte gar nicht ratifizieren, da der Vatikanstaat nicht Vollmitglied der UN ist, sondern lediglich Beobachterstatus genießt. Im übrigen achtet der Heilige Stuhl die Menschenrechte; sie stehen nach seiner Auffassung aber nicht zur Disposition der staatlichen Gesetzgebung, nicht einmal der Vereinten Nationen. Sie liegen der staatlichen Gesetzgebung voraus, insofern hat ihre Deklaration - wie der Name schon sagt - eine deklaratorische Wirkung, die Gründe für ihre rechtliche Verpflichtungswirkung liegen tiefer, ihr Geltungsgrund ist transzendental. Bitte lesen Sie zum Thema Katholische Kirche und Menschenrechte im übrigen die Ansprache von Benedikt XVI. vor der UN-Vollversammlung vom 18.4.2008 http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/speeches/2008/april/documents/hf_ben-xvi_spe_20080418_un-visit_ge.html und beachten Sie auch das weltweite Wirken des päpstlichen Rats "Iustitia et Pax" http://www.justpax.va zum Schutz der Menschenrechte. Lesen Sie andererseits, was Naturalisten und konsequent säkulare Philosophen wie Peter Singer (Ethik-Preis der Giordano-Bruno-Stiftung 2011) zum Thema Menschenrechte sagen, und überlegen Sie dann noch einmal, von welcher Seite heute die Bedrohung der Menschenrechte ausgeht. Für die Katholische Kirche ist jeder Mensch von der Empfängnis bis zu seinem natürlichen Tode ein schützenswerter Mensch, gleich welcher Rasse, gleich welchen physischen und psychischen Gesundheitszustands. Einerseits wollen wir heute alles und jedes gleich zum "Menschenrecht" erklären, andererseits überlassen wir es der Naturwissenschaft und den Parlamenten zu definieren, was überhaupt ein Mensch ist, wem also Menschenwürde und Menschenrechte zukommen? Da sei Gott vor!