Das sind unsere Politiker
Von Karl Weiss
Wiederholt hat sich SPD-Sarrazin als Aufheizer gegen Ausländer und gegen die Armen im Lande betätigt, schon als Berliner Finanzsenator und jetzt als Bundesbanker. Was steckt hinter diesen Ausfällen? Warum macht ein SPD-Politiker Sprüche, die von NPD-Leuten stammen könnten? Warum nimmt die SPD dies schweigend hin? Warum wird er nicht von allen anderen Politikern zurechtgewiesen?
Untersucht man näher, was er da sagt, so könnte man meinen, der Mann ist einfach unendlich dumm, hat anscheinend nicht die mindeste Bildung. Das könnte natürlich zu hämischen Kommentaren verführen. Auch könnte man versucht sein, diese Ausfälle als Rache gegen das Schicksal zu sehen, das ihn nun nicht gerade zum Schönsten der Männer hat werden lassen, nach dem Motto: Ich bin abgrundtief hässlich aber ihr seid alle Sch... .Das alles aber greift zu kurz.
Vor allem muss man ja sehen, Sprüche dieser Art, wie er sie am Fließband von sich gibt, sind ja keineswegs so rar gesät. Roland Koch hatte sie drauf und auch unser Lieblingspolitiker Westerwelle hat sich ja schon auf den Weg begeben, die in Hartz IV lebenden und nach seiner Meinung vor Geld stinkenden Bundesbürger mit der spätrömischen Dekadenz zu vergleichen.
Was also soll das? Um dahinter zu kommen, muss man sich die Aussagen genau ansehen.
Da sagt also Sarrazin (hier zitiert aus der „Süddeutschen Zeitung“):
„Zuwanderer "aus der Türkei, dem Nahen und Mittleren Osten und Afrika" wiesen weniger Bildung auf als Migranten aus anderen Ländern. Einwanderer bekämen zudem mehr Kinder als Deutsche. Es gebe "eine unterschiedliche Vermehrung von Bevölkerungsgruppen mit unterschiedlicher Intelligenz" (...). Intelligenz werde von Eltern an Kinder weitergegeben, der Erbanteil liege bei fast 80 Prozent.“
Das ist so unlogisch wie die Behauptung, die Welt sei vor 6000 Jahren geschaffen worden und alle Funde aus davor liegenden Zeiten seien gefälscht, welche de Kreationisten aufstellen.
Wie man heute weiß, stammt der heutige Mensch aus Afrika. Wenn Intelligenz im wesentlichen durch Vererbung weitergegeben wird, wie soll sich dann ein geographisches Gefälle von Intelligenz herausgebildet haben? Wenn seine These von der Vererbung der Intelligenz richtig wäre (sie ist natürlich Unsinn), so müssten alle Menschen etwa die gleiche Intelligenz haben, denn wie sollte sich durch Vererbung eine generell niedrigere Intelligenz in den Gebieten herausgebildet haben, von denen er spricht - und eine höhere bei uns?
Ist Sarrazin zu dumm, um diese einfache Schlussfolgerung zu begreifen? Wohl nicht. Die beschäftigen bei der Bundesbank sicherlich die verschiedensten Leute, aber keine immensen Hohlköpfe.
Also bleibt nur eine Folgerung: Er behauptet das wider besseres Wissen. Warum also, um was geht es?
Etwas ganz ähnliches muss man bei Westerwelle sehen, der als Spitzenpolitiker ja eine bestimmte Art von Intelligenz an den Tag gelegt hat, nämlich jene, mit Intrigen, Seilschaften und Gemauschel in einer Partei nach oben zu kommen. Auch ihm darf man unterstellen, dass er genau weiß, die Dekadenten der spätrömischen Gesellschaft waren eben die Gutverdiener und Superreichen von damals, also zufällig genau jene, die heute die Haupt-Klientel der FDP darstellen.
Seine Behauptung hat Westerwelle ja in einem Artikel aufgestellt, er hatte also genügend Zeit, sich das zu überlegen, es ist ihm nicht herausgerutscht.
Auch hier also wider besseres Wissen.
Warum behaupten solche Politiker Dinge wider besseres Wissen und die anderen schlagen ihnen das nicht um die Ohren?
Es geht offensichtlich darum, Stimmung zu machen gegen Ausländer, gegen Immigranten, Nachkommen von Immigranten („Kopftuch-Mädchen“) und den Menschen ins Hirn zu hämmern, Hartz-IV-Empfänger und Rentner würden sich auf ihre Kosten ein schönes Leben machen.
Wie wir wissen, gibt es leider eine bestimmte kleine, aber lautstarke Schicht von Dünnbrettbohrern, die nicht in der Lage sind, diese Hetze zu durchschauen und sich diese Thesen dann selbst zu eigen machen.
Viele von uns haben schon solche Zeitgenossen sagen hören: „Wer wirklich arbeiten will, kriegt auch Arbeit“. Das ist zwar dummes Geschwätz, wenn man weiß, es gibt etwa 10 Millionen Arbeitslose in Deutschland (das sind nur die, welche Arbeit suchen), aber nur etwa 100 000 offene Stellen, die oft nicht einmal wirklich offenen Stellen sind.
Trotzdem sind aber solche Sprüche anscheinend unausrottbar. Wie die Bildzeitung, haben also Koch, Sarrazin, Westerwelle und Konsorten den Auftrag solche Sprüche zu gerieren und damit in den Mund der kleinen Schicht von Hass-Deutschen zu legen.
Diese sind nämlich die Garantie, dass die Deutschen sich nicht zusammentun, nicht gemeinsam gegen ihre Unterdrücker und Ausplünderer wehren, sondern sich in Kämpfe untereinander verstricken.
Das Vorbild ist mal wieder Amerika, wo diese Taktik des Sprüche Erfindens und in die Köpfe der Menschen einbläuen in weiten Teilen erfolgreich war. Die verschiedenen Bevölkerungsteile sind in Hass gegeneinander befangen, leben in getrennten Stadtvierteln, haben keinen Kontakt und freuen sich, wenn es anderen an den Kragen geht, selbst wenn sie selbst keinerlei Vorteil davon haben: Die perfekte Hassgesellschaft.
Insofern ist das Wort Hassprediger voll auf Sarrazin und Konsorten abzuwenden, auch wenn diese es lieber auf islamische Geistliche angewendet sehen.
Zum Glück aber haben wir in Deutschland einen generellen Linkstrend. Das Wort Solidarität ist hier kein Fremdwort, im Gegenteil. Toleranz und Solidarität zeichnen einen überwiegenden Teil der deutschen Bevölkerung aus. Sie sind (und es werden mehr) gegen derlei Sprüche gefeit, einfach weil sie ihre Inhaltsleere und ihren zutiefst abartigen Charakter erkennen.
Es sind dies fast die ganze riesige Gruppe der Nichtwähler, die sich vom Standardargument „Dann darfst du dich auch nicht beschweren“ nicht mehr beeindrucken lassen, große Teile auch der Wähler der Linkspartei, ein Teil der Wähler der Grünen und bei den letzten Bundestagswahlen hat ein Teil dieser Linkstrendigen sogar FDP gewählt, ist aber inzwischen längst von diesem Irrtum geheilt.
Das ist eine klare Mehrheit! Gerüchtweise verlautet, einige hätten auch noch SPD gewählt, aber das sind nur die, welche immer noch nicht begriffen haben, welche Aufgabe die Sozialdemokratie im kapitalistischen Unterdrückungsregime hat.
So ist auch verständlich, dass die Hass-Sprüche in immer kürzeren Abständen hinausposaunt werden, immer hektischer neue erfunden werden und verzweifelt versucht wird, dem Linkstrend entgegenzuwirken. Lesen Sie nur einmal zum Spaß (?) eine Woche lang die Bild. Sie können darauf wetten, es ist immer genau das Gegenteil wahr. Und dort werden diese Sprüche am Fließband entwickelt.
Aber die Auflage der Bild sinkt und sinkt. Ach, wie leid mir das tut!
Veröffentlicht am 30. Juni 2010 in der Berliner Umschau