USA, China: Alle Ampeln auf rot!
Von Karl Weiss
Noch gibt es keinen neuen weltweiten Abschwung in der Krise, die eigentlich bereits eine Depression ist, aber die Anzeichen in den USA und China stehen klar auf rot. Es liegen inzwischen genug eindeutige Zahlen vor, die eine tiefe Bremsspur in China und ein bereits anfangenden Abschwung in den USA belegen. Es kann ausgeschlossen werden, dass der Rest der Welt davon nicht beeinflusst wird.
In den USA ist es vor allem der Immobiliensektor, der schon Anlass für den ersten Abschwung dieser Krise war, der alle Alarmleuchten aufblinken ließ. Die Ausfallraten für alle Darlehen und Leasingverträge der Geschäftsbanken in den USA mit mehr als 30 Tagen Zahlungsverzug stiegen im 1. Quartal 2010 auf 7,39%, was einem Volumen von fast genau 500 Mrd. Dollar entspricht. Das ist ein Desaster! Offensichtlich haben die Entlassungen und Lohnminderungen dazu geführt, dass Millionen von Nordamerikanern ihr Häuschen (oder ihr Fahrzeug) nicht mehr pünktlich bezahlen können.
Nimmt man die „Delinquency Rate“ nur der Wohnimmobilien, so stieg diese Rate (Prozentanteil aller Kreditverträge) im 1. Quartal 2010 sogar auf 11,29%. Diejenige der Geschäftsimmobilien stieg ebenfalls und zwar auf 8,6%.
Die Zwangsversteigerungen von Häusern und anderen Immobilien in den USA bleiben Quartal für Quartal auf einem Wert ganz in der Nähe von 1 Million. D.h. pro Jahr verlieren weiterhin 4 Millionen US-Amerikaner ihr Häuschen.
Doch die Zahlen sind nicht nur gleichbleibend, sie verschlechtern sich sogar zum Teil noch: Die Neubauverkäufe gingen in den USA im Mai 2010 um über 32% zurück und fielen auf den niedrigsten Stand, seit diese Zahl ermittelt wird (1963).
Die Bürger in den Vereinigten Staaten spüren diese Situation am eigenen Leib. Der Index des Verbrauchervertrauens ist im Juli 2010 um 9,5% zurückgegangen. Das ist der schärfste Einbruch seit dem Haupteinbruch der Krise im Oktober 2008, als dieser Index um 12,7 Punkte zurückging. Auch die Einschätzung der persönlichen Finanzsituation der US-Bürger ging heftig zurück, nämlich um glatte 10 Prozentpunkte.
Das ist eine Exponentialfunktion!
Am klarsten zeigt aber, wie schon früher berichtet, aber nun ganz eindeutig feststehend, der „Leading Index“ des ECRI den beginnenden neuen Abschwung innerhalb der Gesamtkrise. Diese Rate fiel in der Woche vor dem 9. Juli um 9,8%, das ist bereits die sechste Woche hintereinander mit solch negativen Zahlen. Dieser Index ist zusammengesetzt aus einem gewichteter Durchschnitt von sieben Schlüsselindikatoren der Wirtschaft, wie die Entwicklung der Geldmenge, die Preise für industrielle Märkte, die Spreads (Versicherungsprämien zur Absicherung von Darlehen) und die Erträge von Anleihen, die Erstanträge auf Arbeitslosigkeit, die Hypothekenanträge und die Entwicklung der Aktienkurse.
Ein anderer Frühindikator, diesmal für die weltweite Konjunktur, ist der BDI (Baltic Dry Index), das ist ein zusammengesetzter Wert aus Schiffs-Frachtraten und Auslastung der Welt-Schifffahrt. Diese wesentliche Zahl für den Handel der Welt-Wirtschaften untereinander ist in den letzten 36 Handelstagen um etwa 60% gefallen. Ein solch tiefer und rascher Fall ist eigentlich nur bei bereits einbrechender Handelsaktivität weltweit möglich.
Die Erklärung hierfür liefert China: Die chinesischen Importe fielen nach 137,4 Mrd. Dollar im Juni auf 117,37 Mrd. Dollar im Juli (das ist eine Vorausschau aufgrund der bestehenden Verträge). Parallel dazu fallen auch die Aktien in China (Shanghai Composite): Dieser Index fiel auf den niedrigsten Stand seit 28. 4. 2009. Zwar zeigt die chinesische Wirtschaft weiterhin ein Wachstum, aber diese Rate ist in schnellem Rückgang begriffen.
Damit fällt die riesige chinesische Wirtschaft als Konjunkturlokomotive mehr und mehr zurück, was den weltweiten Abschwung noch wahrscheinlicher werden lässt.
Veröffentlicht am 20. Juli 2010 in der Berliner Umschau