Monopolkapital droht mit Militärdiktaturen in Europa
Von Karl Weiss
Auf einem Treffen mit Gewerkschaftsführern aus verschiedenen europäischen Ländern hat der EU-Kommissionspräsident Barroso mit der Errichtung von Militärdiktaturen in verschiedenen Ländern im Süden Europas gedroht, wie die englische „Daily Mail“ berichtete.
Barroso bezog sich dabei offensichtlich auf die scharfen Proteste von Gewerkschaften gegen die Abwälzung der Lasten der Krise auf den „kleinen Mann“ in Ländern wie Griechenland, Italien, Spanien und Portugal und warnte davor, "dass diese Länder in ihrer demokratischen Gestaltung, wie wir sie derzeit kennen, verschwinden könnten".
Die anwesenden Gewerkschaftsvertreter dieser Länder verstanden dies ganz eindeutig als Drohung und es kann wohl auch nicht anders verstanden werden.
In diesen Länder hat das bürgerlich-demokratische System eine relativ junge Tradition. Italien war von den 20er-Jahren bis tief hinein in den Zweiten Weltkrieg eine faschistische Diktatur. Spanien war von 1936 bis 1975 eine faschistische Diktatur, in Griechenland herrschte von 1967 bis 1975 eine Militärdiktatur und Portugal war die Diktatur von 1932 bis 1974 an der Macht.
Dass unsere Politiker, ebenso wie jene in anderen europäischen Ländern und in der EU-Administration, die Demokratie und die bürgerlichen Rechte lediglich als zeitweise notwendige Übel ansehen, haben sie schon zur Genüge bewiesen.
Die Monopol-Kapitalisten in den Vorstandsetagen der Banken und Konzerne benutzen das Mäntelchen der bürgerlichen Demokratie nur, solange das Volk auf den Schwindel hereinfällt. Jetzt, da mehr und mehr die tatsächlichen diktatorischen Verhältnisse ans Tageslicht kommen, wenn Banken-Vorstände den Politiker befehlen, ihre Banken zu retten und diese innerhalb von Stunden Hunderte Milliarden Euros von unserem Geld zur Verfügung stellen, müssen sie befürchten, dass mehr und mehr Teile des Volkes erkennen: Das ist keine Demokratie.
Dann fangen sie an, sich auf eine faschistische Machtübernahme oder einen Militärputsch vorzubereiten. Allerdings gibt es weder in Italien noch in Griechenland noch in Portugal oder in Spanien eine Massenbasis für den Faschismus. Man wird also auf Militärdiktaturen zurückgreifen.
Es ist nicht schwer, diese Tatsachen aus den Plappereien der Politiker (oder ihrem Schweigen) zu schließen. So erklärte zum Beispiel Frau Merkel, noch bevor sie Kanzlerin wurde: „Wir haben keine Garantie für Demokratie und Sozialstaat für ewig. “(siehe diesen Artikel: „Kein Anspruch mehr auf Demokratie und soziale Marktwirtschaft“.
Westerwelle, ihr Partner in der Regierung, war sogar unmittelbar in einen Militärputsch verwickelt. Im Juni 2009 erhob sich das Militär gegen die demokratische gewählte Regierung Zelaya in Honduras unter heftigster Unterstützung der Naumann-Stiftung der FDP.
So waren auch deutsche Steuergelder in diesem Militärputsch verwickelt. Westerwelle wurde wochen- und monatelang aufgefordert, diese Machenschaften der Naumann-Stiftung abzustellen und den Militärputsch zu verurteilen. Nichts! Bis heute ist der dortige Ableger der Naumann-Stiftung eine der wesentlichen Stützen des Militärregimes.
Doch das sind keineswegs die einzigen Anzeichen für die undemokratische Grundhaltung unserer offiziellen Politiker in Europa. Man sehe sich nur an, wie in fast allen europäischen Ländern unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung potentiell Oppositionelle ausgehorcht und in bestimmten Fällen bereits verfolgt werden.
Die Informationssammelstelle, die deutsche Innenminister aus Polizei und Geheimdiensten gemacht haben, die Ermöglichung des Abhörens unter Vorwänden von Telefongesprächen, Internetverbindungen und Privatwohnungen ohne richterliche Anordnung, die Vorratsdatenspeicherung, vom Verfassungsgericht für rechtmäßig erklärt, die europäischen Spitzelbehörden, die völlig ohne jede Überwachung persönliche Daten sammeln, all das sind Vorbereitungen, all das hat nichts mit Bekämpfung von Leuten zu tun, die Bomben gegen Zivilisten einsetzen.
Man sehe sich nur die Stellungnahmen von Tony Blair an, nachdem in London ein völlig Unschuldiger von der Polizei mit sieben Schüssen in den Kopf exekutiert wurde, weil er im gleichen Wohnblock wie eine Anschlag-Verdächtiger (versuchter Anschlag) wohnte und eine entfernte Ähnlichkeit mit ihm hatte ( siehe hier: „Vorbeugender Todesschuss in der EU offiziell eingeführt“).
Blair ließ die erstaunte Öffentlichkeit wissen, es sei völlig richtig von der Polizei gewesen, ihn abzuschlachten. Des Terrorismus Verdächtige könnten nicht einfach festgenommen werden.
Ähnliches ließ der CDU-Politiker Schäuble verlauten, als er deutscher Innenminister war: Das Prinzip der Unschuldsvermutung gelte nicht für Terror-Verdächtige, wobei die Definition von Terror-Verdächtigen natürlich den Geheimdiensten und ihm überlassen werden müsse.
Damit wird die absolute Willkür des Feudalismus wieder eingeführt. Jeder, der den Obrigkeiten nicht passt, kann als angeblicher Terrorist definiert und dann nach Belieben gemetzelt, eingesperrt, gefoltert oder was auch immer werden. Das sind bereits klare Anzeichen der Vorbereitung auf Gewalt- und Terrorregime.
Die Aussagen von Barroso müssen also absolut ernst genommen werden. Und wir können uns keineswegs in Sicherheit wiegen, weil er „Umstürze“ nur für südeuropäische Länder angekündigt hat, denn Deutschland wird sicherlich keine Insel in einem Meer von Militärdiktaturen werden.
Allerdings hat Deutschland Wesentliches zur Bekämpfung von Militärputschen beizutragen: Als nach dem 1. Weltkrieg eine demokratische Republik eingeführt worden war, versuchten die reaktionären Kräfte, die sich später Hitler anschlossen, im Jahr 1920 den sogenannten Kapp-Putsch, benannt nach seinem oberreaktionären Anführer. Die Antwort der deutschen Arbeiterschaft war eindeutig: Sofortiger unbefristeter Generalstreik. Praktisch alle Fabriken standen still. Kapp und seine Anhänger mussten innerhalb kürzester Zeit aufgeben.
Veröffentlicht am 26. Juli 2010 in der Berliner Umschau
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