Die Wirtschaftskrise - Hellseherei?

Interview mit Karl Weiss

Von Elmar Getto

Hier soll noch einmal ein Interview gebracht werden, das bereits am 22. April 2008 veröffentlicht wurde, also vor mehr als einem Jahr. Die aktuellen Diskussionen gehen meist davon aus, die Wirtschaftskrise sei überraschend gekommen, sie sei nicht vorherzusehen gewesen und man habe auch deshalb nicht rechtzeitig gegensteuern können. Das ist aber nicht der Fall, wie dieses Interview beweist.

E.G.:
Danke Karl, dass Du uns einige Fragen beantwortest. Die Wirtschaftskrise, die sich im Moment sichtbar entwickelt mit Anzeichen wie einem Minus des Dax von 6% an einem einzigen Tag, hast du seit 2006 vorhergesagt. Eine Anzahl von Reaktionen auf deine Artikel belegen, du hast sogar Einigen geholfen, kein Geld zu verlieren. Wie hast du das gemacht? Woher weisst du im Voraus, wann sich eine Wirtschaftskrise entwickelt?

K.W.:
Nun, das ist kein Hexenwerk. Man darf sich nur nicht durch des Gesabbere der bürgerlichen Ökonomen beeinflussen lassen. Die sehen nach jedem relativen Aufschwung nach einer Krise immer die krisenfreie Entwicklung auf Dauer mit ständig steigenden Wachstumsraten und fallen daher gesetzmässig immer aufs Maul. Die Gesetze des Kapitalismus sind nun mal unumstösslich und sie beinhalten die gesetzmässig auftretenden Überproduktionskrisen.

E.G.:
Aber gab es nicht nach dem zweiten Weltkrieg bis in die 80er-Jahre hinein eine Epoche ohne wirkliche Wirtschaftskrisen?

K.W.:
Das ist richtig. Der zweite Weltkrieg hatte eine Ausnahmesituation geschaffen. Es war soviel Kapital und Produktionskräfte vernichtet worden, dass der Nachholbedarf immens war. So entwickelte sich eine Hochkonjunktur bis in die 70er-Jahre hinein. Anschliessend kam nicht der übliche Fall in eine Wirtschaftskrise, sondern eine neue Erscheinung: Die schwankende Stagnation. Ohne wesentliches Wirtschaftwachtum, aber auch ohne tiefe Einbrücke der ganzen Wirtschaft. Stattdessen branchchenspezifische und national unterschiedliche Einbrüche. Doch diese Sonderphase der schwankenden Stagnation wurde mit der ersten Wirtschaftskrise nach dem zweiten Weltkrieg Ende der 80er-Jahre bereits wieder beendet. Seitdem treten wieder mit einer relativen Häufigkeit Wirtschaftskrisen auf, die weltweit sind und den Kriterien genügen, d.h. Verringerung des Nationaleinkommens der grossen OECD-Länder in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen gegenüber dem Vorjahr.

E.G.:
Aber woher weisst du, wenn wieder eine Krise im Anzug ist?

K.W.:
Nun, die jetzt in den ersten Anfängen stehende Krise war nicht so schwer vorherzusehen. Die vorherige Krise hatte die ersten Vorläufer im Jahr 1998, begann im Jahr 2000, genügte dem eben genannten Kriterium im Jahr 2001 und dauerte bis ins Jahr 2003 hinein. Als nun im Januar 2006 ein deutlicher Einbruch der Börsen in Indien, China, und Brasilien statfand, bestand die Möglichkeit, dies wären bereits die ersten Vorläufer der nächsten Wirtschaftskrise. Auch die vorherige Krise hatte nämliche diese Art von Vorläufern. Das habe ich dann auch in einem Artikel (https://karlweiss.twoday.net/stories/2707731/) – meinem ersten Artikel in der Berliner Umschau – deutlich gemacht.
Dann, im Mai 2006, gab es erneut einen Börseneinbruch. Die Gründe dafür waren nicht einsichtig. Es musste mehr dahinter stecken, was nicht veröffentlicht wurde. Auch dieses Ereignis habe ich in einem Artikel gewürdigt (https://karlweiss.twoday.net/stories/2765783/ ) und bereits die Voraussage gewagt, dies seien Vorwarnungen einer kommenden Wirtschaftskrise.

E.G.:
Da hast du allerdings vorhergesagt, die würde in weniger als einem Jahr ausbrechen, oder?

K.W.:
Stimmt. Ich nahm an, mit den weit gestiegenen Umsätzen und angehäuften Kapital der Monopolkonzerne (der 500 grössten Konzerne der Welt) würde sich die Entwicklung beschleunigen und es könne nicht mehr genauso lange dauern bis zum Ausbruch wie beim letzten Mal. Ich hatte die Möglichkeiten unterschätzt, die speziell die USA hatten, um die Krise hinauszuzögern.

E.G.:
Hinauszögern, aber nicht vermeiden?

K.W.:
Ja, es gibt keine Möglichkeit für die Kapitalisten, Wirtschaftskrisen zu vermeiden. Die sind gesetzmässig im Kapitalismus, wie bereits Karl Marx im 19. Jahrhundert analysiert hat. Wenn irgendetwas Marxs Lehren bestätigt, dann eben genau die jetzige wirtschaftliche Situation.

E.G.:
Wie haben sie die Krise hinauszögern können?

K.W.:
Nun, speziell die USA haben ja diese einmalige Möglichkeit der wunderbaren Geldvermehrung, indem sie einfach Dollar-Bonds, also Regierungs-Schuldverschreibungen, ausgeben und dafür gutes Geld erhalten, ohne damit ihre Inflation anzuheizen, weil ihre Währung die Weltleitwährung ist. Allerdings haben sie so ihren Verschuldungsgrad so weit gesteigert, dass sich dieser nun, da die Krise nicht mehr aufzuhalten ist, als Bumerang erweist. Der Dollarverfall könnte galoppierend weden und das wäre das Ende der Supermacht USA und der Weltleitwährung Dollar.

E.G.:
Wie ging das dann mit den Krisenanzeichen weiter?

K.W.:
Ja, im Juni 2006 kam dann ein eindeutiges Anzeichen: der Einbruch des US-Automobil-Verkäufe von über 2 %, was vorher auch schon mit Krisen im Zusammenhang gestanden hatte. Der Artikel dazu hiess: „Anzeichen einer Wirtschaftskrise?“ (https://karlweiss.twoday.net/stories/2612373/ )

E.G.:
War das nicht so , dass die US-Immobilienkrise das wesentliche Anzeichen war?

K.W.:
Ja, das kam danach. Heute tun Alle so, als ob die Entwicklung der Immobilienkrise in den USA erst kürzlich eingesetzt hätte. In Wirklichkeit begann die bereits Mitte 2006 und ich habe bereits im September 2006 die Unterlagen für einen entsprechenden Artikel zusammengestellt gehabt, der dann unter dem Namen: „Full Crash – Zweites Anzeichen einer Wirtschaftkrise“ erschien (https://karlweiss.twoday.net/stories/2632567/ ).

E.G.:
Das war gewissermassen der Schlüsselartikel. Ab diesem Moment hast du nicht mehr über das „ob“ einer Wirtschaftskrise geschrieben, sondern über das „wann“ und „warum“ und über die einzelnen Auswirkungen und Umstände.

K.W.:
Ja, zu diesem Zeitpunkt häuften sich die Hinweise und verdichteten sich bald zur Gewissheit, was ich dann auch in den beiden Artikeln „Drittes Anzeichen einer Wirtschaftskrise“ (https://karlweiss.twoday.net/stories/2801331/ ) und „Viertes Anzeichen einer Wirtschaftskrise“ (http://karlweiss.twoday.net/stories/2878260/ ), beide noch im Jahr 2006, deutlich gemacht habe. Dabei handelt es sich um die Erscheinung der Zinsinversion, dass also Langzeitzinsen niedriger liegen als Kurzzeitzinsen und um ein Phänomen, das bereits mehrfach beobachtet wurde: Vor der Krise, wenn die Insider bereits wissen, was vor sich geht, lässt man die Aktienmärke boomen wie noch nie, um die unbedarften Kleinanleger in die Aktien zu locken, während man selbst bereits aussteigt.

Zu diesem Zeitpunkt war es bereits so klar, wie der Hase läuft, dass man sich wirklich fragen muss, warum nicht Massnahmen ergriffen wurden, wie sie jetzt angewandt werden, denn all dies wäre zu jenem Zeitpunkt ja weit billiger gekommen. Die Banken hätten wissen können, dass die Verwicklung in US-Immobiliengeschäfte ein Desaster werden würde. Trotzdem haben die meisten offenbar nichts unternommen, da herauszugehen. Da gib es nur eine Erklärung: Die glauben selbst an ihre eigenen Lügen von der Krisenfreiheit des Kapitalismus.
Zu jene Zeitpunkt hatte ich auch schon einen anderen Artikel veröffentlicht, in dem ich anhand des Phänomens „Conundrum“ analysierte, was vor sich geht. Dort habe ich auch bereits (Juni 2006) darauf hingewiesen, die Krise könnte zum Verlust des alleinigen Supermachtstatus der USA führen und andere Mächte könnten Anspruch auf gleiche Rechte erheben (https://karlweiss.twoday.net/stories/2818564/).

E.G.:
Ich habe mir einmal einen Artikel vogenommen, den du bereits im Mai 2006, also vor fast zwei Jahren, veröffentlicht hast, unter dem Namen: „25% Fall des Dollars?“. Dort habe ich eine Reihe von Zitaten gefunden, die heute fast als hellseherisch gelten können. Ich habe mir das hier angestrichen.

Man höre nur:
„Wie auch immer, die früher schon geäußerte Ansicht, der Ausbruch der Weltwirtschaftskrise stünde im Zusammenhang mit einem US-Überfall auf den Iran, kann man jetzt getrost zur Seite legen. Es wird sie geben, mit oder ohne Iran-Krieg, mit oder ohne einen weiteren Anstieg des Rohölpreises.“

„Man hat gerade den Leitzins auf 5% erhöht, einen Wert, der seit langem nicht erreicht worden war. Solange man Monat für Monat in kleinen Schritten diesen Zins erhöht, verhindert man eine zu hohe Dollarabwertung und wird immer attraktiver für das internationale Kapital, das dann Gelder aus anderen Ländern abziehen würde - was wiederum für eine Anzahl von Entwicklungsländern äußerst schädlich sein könnte. Alles gut und schön, aber damit würgt man das wirtschaftliche Wachstum im Land ab, denn die Investitionen werden dann immer teurer zu finanzieren. Das aber genau ist der Beginn der US-Wirtschaftskrise, die dann die ganze Weltwirtschaft in den Strudel zieht.“

„ ... kann es nicht unerwähnt bleiben, daß der Dollar seit einem Monat fällt, langsam, aber sicher und der chinesische Vize-Finanzminister sagte, er habe gehört, der Dollar werde 25% an Wert verlieren (das wäre ein Euro von 1,50).“

Man stelle sich vor, damals (das ist nun fast genau zwei Jahre her, der Dollar stand bei 1,25 Euro) war ein Euro von 1,50 gegenüber dem Dollar ein Horrorgemälde! Heute stehen wir fast bei 1,60!

K.W.:
Ja, die aktuelle Situation ist, das kann man an den Reaktionen bemerken, ein Albtraum für die bürgerlichen Ökonomen, für die Zentralbanken, die Banken, die Regierungen und die Publizisten des Kapitalismus. Sie haben offensichtlich die ganze Zeit gehofft, es werde nicht dazu kommen und stehen nun vor dem Scherbenhaufen ihres eigenen Glaubens. Die Reaktionen sind hektisch, alle eigenen Regeln werden über den Haufen geworfen nach dem Motto: „Was kümmert mich mein dummes Geschwätz von gestern.“ Und doch, es ist nun bereits offiziell anerkannt und zugegeben, u.a. von Fed-Chef Bernanke: Man sinkt in die Weltwirtschaftskrise und das ganze wird Ausmasse wie im Jahr 1929 und den darauffolgenden Jahren annehmen oder sogar schlimmer und man kann schon nichts mehr wirklich ändern.

Was den Dollar betrifft, so beginnt man jetzt erst langsam klar zu sehen, was ein Dollar bedeutet, der nur noch 0,60 Euro Wert ist. Wenn heute von einem generelle Preisanstieg von Nahrungsmitteln die Rede ist, dann wird einfach übersehen, dass Nahrungsmittel international in Dollar gehandelt werden und damit Alle, die sich noch nicht von Dollar abgekoppelt haben, entsprechende Preiserhöhungen hinnehmen müssen. Aber es ist eben nicht so einfach, sich vom Dollar abzukoppeln, denn dazu müsste man ja alle Dollarreserven und Dollar-Bonds im Staatsschatz abstossen. Wenn das viel ist, wie im Fall von Japan, von China, von Grossbritannien und von Deutschland, so würde man den Dollar noch weiter in den Keller schicken und auch die eigenen Staatsreserven entwerten. Ausserdem muss ein generelles Abkoppeln vom Dollar auch politisch gewertet werden. Es stellt so etwas wie eine kleine Kriegserklärung gegen die Vereinigten Staaten dar. Es gilt daher als undenkbar, aber es ist genau das, was man früher oder später tun muss. Und je später, desto grösser der Verlust für das jeweilige Land. Ich kann nicht sehen, wie nach einer solchen Krise die USA noch als alleinige Supermacht dastehen könnten.

E.G.:
In einem Artikel hast du ja sogar die Frage gestellt, ob die USA bankrott gehen könnten? (https://karlweiss.twoday.net/stories/2884803/ )

K.W.:
Ja, das bezog sich auf die Aussage eines der Mitglieder der US-Zentralbank. Nach Allem, was man heute sehen kann, ist das dort beschriebene Szenario genau das, welches nun eintritt. Natürlich kann ein Staat nicht im eigentlichen Sinne bankrott gehen, aber die Auswirkungen sind umso tiefgreifender.

E.G.:
Wann hat denn nun die Wirtschaftskrise wirklich begonnen?

K.W.:
Ja, das war wohl, als die die US-Fed in einem Anfall von Panik den Zinssatz mit einem Mal um 0,5% senkte, also Mitte September 2007 (https://karlweiss.twoday.net/stories/4273176/ ). Offiziell ist die Wirtschaftskrise natürlich erst eingeläutet, wenn in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen das „Gross National Product“ sinkt, was wohl erst in der zweiten Jahreshälfte 2008 konstatiert werden wird, jedenfalls für die USA, für die ganze Welt wohl noch später. Aber das sind nur Details. Inzwischen steht bereits fest: Die Krise hat begonnen, sie geht von den USA aus, greift langsam auch auf andere Volkswirtschaften über und wird vorraussichtlich Jahre dauern, vielleicht ein ganzes Jahrzehnt oder mehr.

Wie danach die Welt aussehen wird, darüber lässt sich spekulieren, aber mir scheint, es wird keine alleinige Supermacht USA mehr geben.

Was ich für wichtig halte: Mit dieser Krise tritt die Menschheit auf der Erde auch in die kapitalistische Barbarei ein und das ist schrecklich. (https://karlweiss.twoday.net/stories/4015992/ )
Dies bereits nach Verwesung stinkende System muss schnellstens abgelöst werden – und zwar durch den echten Sozialismus.
FremdwortII - 29. Jun, 09:56

Das ökonomische Problem

Hallo Karl

"Dies bereits nach Verwesung stinkende System muss schnellstens abgelöst werden – und zwar durch den echten Sozialismus."

Gut gebrüllt....
Und was ist das nun genau?
Kennt irgendjemand einen Ökonomen auf dieser Welt, der auch nur annähernd realistische Schlüsse aus Marx seiner Kapitalismuskritik zieht? Über "heisse Luft abgeben" ist die gesamte Linke bislang nicht hinausgekommen.
Marx meinte im Manifest, man müsse nur das Privateigentum aufheben. das ist auch richtig, nur wer begreift das und kann es interpretieren, um daraus ein krisenfreies ökonomissches System, ein natürliches, zu entwickeln.

Das Grundproblem ist, dass hier und heute Geld ohne Deckung für Konsum z.B. durch die Banken erzeugt wird. Kredite für Hauskauf sind das bsplw., die von neuem Geld stammen (nicht Kredit aus Spareinlagen!) Auch Lieferantenkredite sind soetwas, es gibt viele solche Spielereien.

Wenn wir mal eine Linke hätten, die eine geistige Avantgarde darstellt, statt an sich selbst herumzuspielen, wären wir sicher auch in der Lage, die derzeitige Situation zu überwinden.
wenn man den bürgerliche täglich zigfach vorhält, wie sie Beschiss zulassen und hier jeder sein Geld selber drucken darf, werden sie sich der Masse auch beugen müssen.

Aber im Moment ruft ja keiner das aus. Kein einziger!...

Gruß

Karl Weiss - 29. Jun, 15:23

Wollen Sie es wirklich wissen?

Hmmm, Fremwort II, was haben Sie denn Von Marx und Engels gelesen? Mir scheint, nicht viel. Sonst würden Sie nicht behaupten, Marx hätte lediglich erklärt, das Privateigentum (fehlt: an Produktionsmitteln) müsse aufgehoben werden.

In seinen Kommentaren zur Pariser Kommune hebt Marx die ersten Dekrete der ersten sozialistischen Regirerung auf der Welt hervor und da kann man genau das Konzept sehen, das dahintersteckt.

Man kann, wenn man das vertiefen will, ein wenig bei Lenin: „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“ weiterlesen. Diese Schrift kann man übrigens bei „Randzone“ frei herunterladen (Link unter „Links“).

Allerdings macht mir Ihre Argumentation eher den Eindruck als wollten Sie es gar nicht besser wissen. Aber das kann täuschen. Tatsächlich sind die Erfahrungen der Menschheit mit dem Sozialismus bisher gering und letztendlich wurden alle sozialistischen Staaten wieder zum Kapitalismus zurückgedreht. Aber heisst das, der Sozialismus funktioniert nicht?

Bevor sich als erster Santos Dumont in die Lüfte erhob mit einem Flugzeug schwerer als Luft waren alle seine Vorläufer letztendlich abgestürtzt.
Alle wirklich bedeutenden Neuerungen funktionieren erst nach einigen Versuchen.

Und schlimmer als hier im Kapitalismus, wo Millionen Kinder jährlich sterben, damit eine kleine Kaste in Luxus leben kann, kann es ja nun wirklich nicht sein.
FremdwortII - 30. Jun, 18:53

Ich denke, ich weiß es

Mir dünkt, ich hab da doch einiges gelesen. Ich habe Philosophie autodidaktisch studiert, gerade Kant, Hegel, Marx.

Was Marx da an Dekreten verfasste, funktioniert für eine zukünftige Gesellschaft nicht. Es waren Übergangsforderungen, um den Kapitalismus etwas erträglicher zu machen, ähnlich das auch im Ostblock gedacht war. Langfristig gestaltet sich aber jegliche Nation/Volk/Gesellschaft mit zu sehendem Ende der derzeitigen Wirtschaftsordnung immer liberaler, weil sie sich den objektiven Bedingungen anpassen muss, um nicht unterzugehen.

Es ist ausgeschlossen, dass sich ein wissenschaftlicher Sozialismus, wie Lenin dachte, in einem Land oder einer Gruppe entwickeln kann. Es ist mindestens nötig, dass er sich gleichzeitig in allen entwickelten kapitalistischen Staaten gleichzeitig durchsetzt, der Rest muss sich anpassen oder geht den Bach runter.
Dass beide Wirtschafts- und (später auch) Gesellschaftsordnungen nebenher existieren, ist so unmöglich, wie bei Tempo 250 den Rückwärtsgang eingelegt zu bekommen. Beide verhalten sich wie Zustand und Prozess zueinander.

Die alte, bisherige Linke hat immer wieder den selben Fehler gemacht: sie hat versucht, an die Macht zu kommen, um dann ihre Vorstellungen von Sozialismus durchzusetzen.
Das ist z.B. deshalb ein Fehler, weil Marx als einzige Handlungsanweisung im Manifest schrieb, dass sich alle Proletarier vereinigen sollten. Nochmal: vereinigen, nicht vereinen! Was damit gemeint ist, ist etwas verklausuliert, findet sich aber schnell erst bei Hegel und dann auch bei Marx selbst in den Pariser Manuskripten. Die Menschen sollen keinen Volkserfreuungsverein gründen sondern sich mit ihrem entäusserten Bewusstsein vereinigen. Dieses Bewusstsein ist deshalb entäussert, weil sich bislang ALLE einen wie auch immer gearteten Gott in ihrer hierarchischen Denkweise gönnten. Was bei den Juden Jehova und den Christen der heilige Bimbam oder Petrus oder wer war, war bei den Rechten der materialistische Herscher als Führer wie bei den Linken die Stilikonen von Marx/Engels/Lenin/Stalin/Honecker, ....
Bei den aufgeklärteren Liberalen finden wir den Urknall, der ökonomisch im Debitismus mündet.
Mein Äquivalent zum Gottesbegriff ist der dialektische Determinismus. Das Konzept von Hegels transzendentalem Sein wird dadurch aufgehoben. Ich brauche faktisch keinen mir aussenstehenden Gott mehr, da ich ihr das Röckchen gelupft habe. Das ist kein Atheismus sondern die wissenschaftliche Herangehensweise. Ich bin alsa bereits "vereinigt".

Daraus ergibt sich folgendes Problem: ich sehe keinen Sinn, mich von irgendjemandem führen lassen zu müssen, noch weniger aber jemanden führen zu wollen (das Machtproblem: Macht macht ne Menge Arbeit). Ich erwarte, dass das jeder für sich können sollte, wenn er wirklich frei sein möchte (nicht jeder möchte frei sein! Abhängig lebt es sich "behüteter")

Wenn also langfristig eine politische Bewegung erfolgreich gegen das derzeitige System sein möchte, gibt es nur einen Weg: jeden entmachten, alle.
Macht ist immer an eine Idee gekoppelt (Gott, Ideologie, ...)(V. Hugo: " Nichts ist so mächtig...). Im Fall einer kommenden Gesellschaft an dem Wissen, wie ein krisenfreies Wirtschaften funktioniert. Das funktioniert, indem das Privateigentum aufgehoben wird! Das ist nicht durch ein eimnfaches Dekret zu erreichen sondern berührt die Gesellschaft in den Grundfesten. Die komplette Wertbetrachtung wird auf den Kopf gestellt, Kredite dürfen nicht mehr nach vorhandenen Wereten erstellt werden sondern was zukünftig an Gebrauchswerten produziert wird. Es muss einen Rechtsanspruch darauf geben, aber nach strengen Regeln. Das stellt das gesamte Justizwesen auf den Kopf...

Aber damit habe ich in diesem System keine Probleme, in dem der Betrug legalisiert ist.

Ich bin mit meiner Betrachtung nicht weit von Marx entfernt. Aber ich musste auch begreifen, dass dessen Betrachtungen nicht das Ende der Weisheit sind. Ich habe selbst noch einiges entdeckt, was sich zu dessen Denkweise nahtlos anfügt und ergänzt gehört. Bei Lenin vermisse ich allerdings die in sich konsistente Logik, die sich bei Marx oder Engels finden lässt, und das liegt nicht an der Übersetzung.

Falls da jemand interessiert wäre, könnte ich auch mal einige Artikel zur objektiven wissenschaftlichen Betrachtung und Herangehensweise zu den Problemen der Ökonomie verfassen. Aber dafür ist etwas Philosophie (Logik) und Physik (Relatheorie, korrigiert) Voraussetzung.

beste Grüsse

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