Biogas - Teil der Problemlösung
Von Karl Weiss
Ein weiterer wichtiger Artikel aus der "Berliner Umschau", veröffentlicht am 13. Februar 2006
Forscher an der TU Wien haben jetzt ein Verfahren entwickelt, mit dem Biogas so gereinigt werden kann, daß es unbedenklich in öffentliche Gasversorgungsnetze eingespeist werden kann. Damit ist ein wesentliches Hindernis beseitigt, um die Verwendung von Biogas auf ein breiteres Fundament zu stellen, da bisher immer nur die Alternative ‚entweder Erdgas oder Biogas’ möglich war.
Die Verwendung von Erdgas zur Stromerzeugung, als Kraftstoff in adaptierten Benzinmotoren sowie zum Kochen und Heizen ist im Steigen begriffen. Eine neue Erdgasleitung aus Rußland nach Deutschland, am Grund der Ostsee verlegt, soll diesen Trend noch weiter verstärken. Die Verbrennung von Erdgas erzeugt nicht soviel luftverunreinigende Stoffe wie die der schwefelhaltigen Brenn- und Kraftstoffe, wie Steinkohle, Braunkohle, Heizöl, Schweröl, Benzin und Diesel.
Allerdings löst Erdgas nicht das im Moment schreiendste Umweltproblem, den Ausstoß von Kohlendioxid und den damit einhergehenden Treibhauseffekt, der bereits sichtlich zu Klimaveränderungen führt. Jede Großinvestition, die jetzt für Erdgas gemacht wird, verhindert gleichzeitig eine entsprechende Investition in Energiequellen, die kein zusätzliches Kohlendioxid erzeugen.
Erdgas löst auch nicht das Problem der Versorgungssicherheit, denn es wird genauso zu Ende gehen wie Erdöl und ist genauso als Erpressungsinstrument zu nutzen, wie Rußland gerade eben bewiesen hat mit seinem Boykott gegen die Ukraine. Auch löst es nicht die Probleme der steigenden Preise, denn sein Preis steigt simultan zu dem des Öls. Die deutschen Verbraucher hatten sogar die bei weitem höchsten Steigerungen beim Erdgas.
Speziell die Alternativ-Energie Biogas, die - trotz des Vorbildes des Biogas-Dorfes Jühnde in Niedersachsen (siehe auch den Artikel darüber ) - bisher so gut wie nicht genutzt ist, bietet sich ganz speziell in Ländern an, in denen auch eine Heizung über große Teile des Jahres nötig ist wie bei uns. Demgegenüber ist die bereits relativ verbreitete alternative Windenergie in großen Teilen Mitteleuropas nicht unbedingt die Energiequelle der Wahl, weil keine ständigen und starken Winde wehen.
Gerade in der EU, wo im Prinzip Landwirtschaft nicht mehr auf der Basis kleiner Produktionseinheiten (kleine und mittlere Höfe) einträglich betrieben werden kann, ist die Erzeugung von Biogas aus landwirtschaftlichen Produkten die Alternative, die sich aufdrängt, sei es Gülle aus Viehhaltung, seien es Weizen, Mais, Raps oder schlicht und einfach Gras oder seien es Holzschnitzel aus Abfallholz, ebenso wie die Erzeugung von Alkohol als Benzinersatz und von Biodiesel. Auch organische Abfälle sind eine ideale Quelle für Biogas.
Wenn heute in der EG noch kleine und mittlere Höfe überleben, dann nur wegen der massiven Subventionen landwirtschaftlicher Produkte, in die wesentliche Teile unserer Steuergelder fließen. Wenn die Politiker andauernd von leeren Kassen reden, so müßten sie erst einmal diese absolut unsinnige Bezahlung von Produkten zu überhöhten Preisen einstellen, die sowieso im Überschuß vorhanden sind und die dann später unter größten Verlusten für die Staatskassen mit Dumpingpreisen auf den Weltmarkt geworfen werden und die Entwicklungsländer aus dem Wettbewerb werfen.
In Deutschland z.B. könnten 10.000 neue Gratis-Kindergärten und - Tagestätten gebaut und unterhalten werden von dem Geld, das man dort einsparen würde. Andererseits könnten die Bauern wieder zu produktiven und angesehenen Teilen der Volkswirtschaft werden, statt am Brüsseler Tropf zu hängen, wenn sie Produkte zur Erzeugung von Biogas, Biodiesel und Alkohol als Grundlage der europäischen Energieversorgung herstellen.
An dieser Stelle werfen die Apologeten der Energie- und Ölkonzerne üblicherweise ein, daß selbst die Nutzung aller Anbauflächen der EU nicht genügend alternative Energieträger erzeugen könnte, um den gesamten EU-Energieverbrauch zu decken. Ja und? Verwirklichen wir doch erst einmal die 50 oder 60%, die möglich sind. Für den Rest gibt es ja noch Hunderte von anderen alternativen Energien, wie die Solarenergie, die Windenergie, die Wasserkraft, die Wellenenergie, die Gezeitenenergie, die Erdwärme, die Verwendung von Wärmepumpen und und und - nicht zu vergessen die wichtigste Energiequelle, die Sparsamkeit im Energieverbrauch.
Natürlich sind bedeutende Investitionen nötig, um auf alternative Energien umzustellen, allerdings kann man bei Biogas, Alkohol und Biodiesel jetzt schon sagen, daß diese sich im Laufe EINES Jahrzehnts oder schneller amortisieren werden, wie das Biogas-Dorf Jühnde bereits jetzt beweist. Die entgegenstehenden Berechnungen aus den Ölkonzernen und der Energiewirtschaft sind alle auf völlig veralteten Ölpreisen und Gaspreisen basiert. Es wird, darüber sind sich alle Fachleute klar, kein zurück geben zu Ölpreisen von 30 oder 40 Dollar pro Barrel und den damit parallel laufenden Gas-und Kohlepreisen.
Energie ist unwiderruflich teurer geworden und damit sind die früher immer gebrauchten Argumente der Unwirtschaftlichkeit gegenüber alternativen Energiequellen nicht mehr aktuell.
Dazu kommt, daß nun auch bei Biogas die Vermischung für die Übergangsperiode möglich ist, so wie das bereits vorher durch moderne Dieselmotoren beim Biodiesel erreicht werden konnte und durch die Entwicklung der Flex-Fuel-Technik (siehe auch die Rbi-aktuell-Artikel zur Flex-Fuel-Technik) für Benzin-Alkohol-Mischungen bei Benzinmotoren. Es gibt also keinen vernünftigen Grund mehr, nicht sofort großangelegte Programme zur Förderung von Biogas, Alkohol als Benzinersatz und Biodiesel aufzulegen - außer dem Grund, daß man, durch intime Beziehungen gefördert, den Öl- und Energiekonzernen Höchstprofite garantieren will.
Der österreichische Forschungsstaatssekretär Mainoni hat eben auf einer Tagung zu diesem Thema in Wien betont: „Biogas kann erstmals so gereinigt werden, dass es keine Nachteile für die Endverbraucher gibt. Wir haben endlich Chancengleichheit zwischen Bio- und Erdgas geschaffen" und: „Österreichs Gasbedarf könnte durch eigene Biogasproduktion vollständig abgedeckt werden." und: „Jetzt liegt es an der Politik, auch die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, um diesen Energiebereich wirklich wettbewerbsfähig zu machen. Österreich wäre von den ausländischen Lieferungen unabhängig und damit ein weltweiter Vorreiter in Sachen Energiegewinnung aus erneuerbaren Energieträgern."
In Österreich gibt es bereits ein Pilotprojekt für die Einspeisung von Biogas in ein Gasnetz und zwar in Pucking in Oberösterreich. Ein größeres Projekt soll nun in Salzburg in Angriff genommen werden. Es wird abzuwarten sein, ob es sich hier - wie bei vergleichbaren Ansätzen in Deutschland - wieder nur um halbherzige Teilprojekte handelt, die am Ende eher zu dem Zweck lanziert worden zu sein schienen, um zu beweisen, daß es nicht funktioniert, oder ob Österreich in diesem Fall wirklich die politische Kraft aufbringt, Projekte durchzuziehen, die nicht auf das Wohlwollen der Öl- und Energiekonzerne treffen.
Link zum Originalartikel hier