Mittwoch, 20. September 2006

Afghanistan - Die Drogen - 'Connection', Teil 1

US-Regierung und CIA offenbar tief in afghanischen Drogenhandel verstrickt

Von Elmar Getto

Jetzt steht es also fest: Die afghanische Wahl-Farce hat das Ergebnis, das man nicht direkt als überraschend bezeichnen kann: Der von den USA eingesetzte Übergangspräsident Karsai, der „eng mit dem CIA zusammengearbeitet hat“, ist nun “gewählter Präsident”. Welch Zufall! Die von neutralen Beobachtern klar gekennzeichneten Wahlfälschungen werden nicht beachtet, nicht die Personen, die viele Male wählen konnten, nicht die Wahllokale, die einfach schlossen, als die “richtigen Leute” gewählt hatten. Das offizielle US-Amerika wird ab sofort in die Welt posaunen: “Afghanistan hat einen demokratische gewählten Präsidenten! Wir haben die Demokratie nach Afghanistan gebracht!”

Nun, was wollte man auch erwarten unter Oberaufsicht eines Landes, das selbst intensive Schwierigkeiten hat, eine glaubhafte demokratische Wahl zustande zu bringen.

Aber die jetzt ans Licht kommenden Informationen provozieren Fragen, die weit über eine „Wahl nach DDR-Vorbild“ hinausgehen.

Bereits seit einiger Zeit wissen wir, daß der Afghanistan-Krieg schon vor den Anschlägen vom 11. September 2001 geplant wurde. Damit war klar: Es ging niemals um ein paar Terroristen, nicht um Al-Quaida und nicht um Osama bin Laden (einige Beobachter meinen sogar, das Nicht-Auffinden des wildgewordenen Saudi-Arabischen Millionärssöhnchens nach nun bald 3 Jahren könne nur Ausdruck einer unbeschreiblichen Inkompetenz oder schlicht und einfach Absicht sein).

Die bisher am meisten diskutierte These war, daß es um die Öl-Pipeline von den Feldern des Kaspischen Meeres zum indischen Ozean ging, die man durch Afghanistan führen wollte, was die Taliban nicht zulassen wollten.

Jetzt wird aber mehr und mehr klar, daß dies bestenfalls, wenn überhaupt, ein Teil-Grund dieses Krieges war. Näher kamen sicherlich schon jene, die auf die welt-strategische Lage Afghanistans hinwiesen, nicht weit von zwei der wichtigsten Ölzonen der Erde, der arabischen und der am Kaspischen Meer, hinter dem Iran, so daß man dem Iran einen Zwei-Fronten-Krieg aufzwingen kann, wenn man auch im Irak steht und den Iran angreifen will, zwischen Rußland und dem Indischen Ozean, am einzigen Paß-Übergang vom Nahen Osten (Middle East) zum asiatischen Kernland und an Jahrtausende alten Handelswegen.

Hatte nicht die damalige Sowjetunion 1980 dieses Land aus ganz ähnlichen Gründen überfallen und besetzt, was allerdings nur ihren Untergang beschleunigte?

Aber all diese Theorien haben einen wichtigen Grund vergessen: Die Drogen-‚Connection’.

Hier einige Zitate aus nun verifizierten Quellen hierzu:

"Before 1980, Afghanistan produced 0% of the world's opium. But then the CIA moved in, and by 1986 they were producing 40% of the world's heroin supply. By 1999, they were churning out 3,200 Tons of heroin a year nearly 80% of the total market supply. But then something unexpected happened. The Taliban rose to power, and by 2000 they had destroyed nearly all of the opium fields. Production dropped from 3,000+ tons to only 185 tons, a 94% reduction! This enormous drop in revenue subsequently hurt not only the CIA's Black Budget projects, but also the free-flow of laundered money in and out of the Controller's banks"

Quelle: Portland Independent Media, basierend auf Veröffentlichungen des Aufklärungs-Journalisten Mike Ruppert, zitiert in “Counterpunch”

(siehe hier)

“Vor 1980 [dem Jahr der russischen Invasion in Afghanistan] hat Afghanistan kein Opium[/Heroin] produziert. Dann begann der CIA dort seine Arbeit und 1986 lieferte das Land bereits 40% des weltweiten Heroins. 1999 wurden 3 200 Tonnen von Heroin aus dem Land geschmuggelt, fast 80% der gesamten Welt-Heroin-Menge. Aber dann geschah etwas unerwartetes. Die Taliban ergriffen die Macht und bis zum Jahr 2000 [muß offenbar heißen: 2001] hatten sie fast alle Opium-Felder vernichtet. Die Produktion fiel von über 3000 Tonnen auf etwa 185 Tonnen, ein Rückgang von 94%. Diese gewaltige Verminderung der Einnahmen traf nicht nur die “schwarzen Kassen” des CIA, sondern auch den freien Fluß der Geldwäsche in die kontrollierenden Banken und aus ihnen heraus.”

Eine so weitgehende und tiefgreifende Anklage muß allerdings mit aller Vorsicht behandelt werden, zumal der Aufklärungs-Journalist Mike Ruppert nicht unumstritten ist.

Wir brauchen hier nicht auf die Anklagen einzugehen, überprüfen aber nun die Glaubwürdigkeit von Mike Ruppert in dieser Frage.

Die Zitierung und Verwendung dieses Materials im Artikel von Mike Whitney in „Counterpunch“ gibt ihm allerdings schon eine gute Basis, denn „Counterpunch“ ist zwar für radikale Meinungen, aber auch für korrekte Behandlung der Fakten bekannt. So blieb aber doch immer noch ein Zweifel.

Jetzt aber wurde auf einer ganz anderen Site die Entwicklung der Mohn-Anbau-Flächen in Afghanistan über die letzten Jahre veröffentlicht. Das war verlinkt über die Site „Break-for-News“ und ist basiert auf Zahlen der UNO.

Mohn-Ernte

http://www.breakfornews.com

Diese Statistik zeigt exakt die Entwicklung, die auch Mike Ruppert angab. Hier ist die Graphik:

poppy-plantation-area

Diese Graphik zeigt genau, was auch Mike Ruppert angibt: Nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan sinkt die Anbaufläche von Mohn (poppy) 2001 auf einen minimalen Rest. Mit der Machtübernahme der US-Amerikaner und ihrer Verbündeten 2002 kommt sie wieder auf die früheren Werte.

Hören wir, was Mike Ruppert weiter dazu zu sagen hat, nachdem wir und nun überzeugt haben, er redet nicht aus dem hohlen Bauch:

(dies sind Auszüge aus seiner site „fromthewilderness“)

http://www.fromthewilderness.com/

"Until February, Afghanistan had been the world's largest producer of opium/heroin, claiming close to 70% of the world's total production. That opium, consumed largely in Western Europe and smuggled through the Balkans, was a direct source of cash deposits in Western financial institutions and markets.

The Taliban's actions this year (destroying the opium crop) severed the ruling military junta in Pakistan from its primary source of foreign revenues and made bin Laden and the Taliban completely expendable in the eyes of the Pakistani government. It also cut off billions of dollars in revenues that had been previously laundered through western banks and Russian financial institutions connected to them....

Prior to the WTC attacks, credible sources, including the U.S. government, the IMF, Le Monde and the U.S. Senate placed the amount of drug cash flowing into Wall Street and U.S. banks at around $250-$300 billion a year.

In that context, the real history of Osama bin Laden, as America's useful terrorist-du-jour reveals a long and continuous history, interwoven with the drug trade and the Bush family, of supporting conflicts that have benefited U.S. military and economic interests."

"THE TALIBANS DESTRUCTION OF THAT (OPIUM) CROP WAS APPARENTLY THE SINGLE MOST IMPORTANT ACT OF ECONOMIC WARFARE AGAINST US ECONOMIC INTERESTS THAT THE TALIBAN HAD EVER COMMITTED".

„Bis Februar [gemeint ist wohl 2001] war Afghanistan der weltgrößte Opium/Heroin-Produzent, verantwortlich für annähernd 70% der Weltproduktion. Das Opium [muß wohl heißen Heroin], weithin konsumiert in West-Europa und durch den Balkan geschmuggelt, war eine direkte Quelle von Geldeinlagen in westlichen Finanzinstituten und –märkten.

opium

Was die Taliban in jenem Jahr taten (die Opium-Felder zerstören), nahm der herrschenden Militärjunta in Pakistan ihr hauptsächliche Quelle für ausländisches Geld und machte den Tabilan und Osama bin Laden völlig unnütz in den Augen der Pakistanischen Regierung. Es ließ Milliarden von Dollar an Einnahmen nicht mehr an westliche Banken und russische Finanzinstitute, die mit diesen zusammenarbeiteten, zur Geldwäsche fließen,...

Bereits vor den Anschlägen des 11. September haben glaubhafte Quellen, wie die US-Regierung, der IMF, ‚Le Monde’ und der US-Senat die Gesamtmenge der Drogengelder, die pro Jahr an die Wall Street [New Yorker Börse] und US-Banken fließen, mit 250 bis 300 Milliarden US-Dollar veranschlagt.

In diesem Zusammenhang steht die wirkliche, lange und andauernde Geschichte von Osama Bin Laden, „Terrorist der Stunde“ der USA, verwoben mit Drogenhandel und der Familie Bush, der wiederholt Konflikte unterstützt hat, die ökonomischen und militärischen Interessen der USA genützt haben.“

„Die Vernichtung dieser [Mohn-] Ernte war offensichtlich der große wesentliche und einzige ökonomische Kriegsakt, den die Taliban gegen die US-Interessen begangen haben.“

Daraus schließt der Artikelschreiber Mike Whitney (link zu „counterpunch“ oben) folgerichtig:

"It seems unlikely that this level of "economic activity" would continue to flourish without US participation. Also, the parasitic relationship of the major banking institutions to the drug trade is hardly anecdotal. We shouldn't be surprised that America's "new friend" Pakistan is deeply involved as well. Before the Taliban's rise to power, a "whopping" 60% of Pakistan's GDP is estimated to have come from the illicit trafficking of drugs; making it a factor that penetrated every area of Pakistan society. (The ISI, the equivalent of the CIA, was a particularly large beneficiary of drug receipts)

What is striking about these charges of US involvement in narco trafficking is that suggests a compelling interest on the part of the banking establishment to prosecute the war in Afghanistan. Up to this point, many critics had alleged that the Energy giants were driving the bus. Now, it appears that there was a confluence of interests (Big Energy, Banks, Wall Street and arms dealers) who elected to steer the country towards war. With the giants of industry on board, there's no need to wonder why the Forth Estate followed suit and "whipped up pre-war hysteria" on front pages and TVs across the nation. This should give us all some idea of the (almost) insurmountable task in front of us; to extricate America from its new imperial wars. Virtually, every major institution in American life (including the Congress) is committed to this new crusade. This illustrates the gravity and the magnitude of the "Iraq-Afghanistan" campaign.

„Es ist unwahrscheinlich, daß diese Art von „wirtschaftlicher Aktivität“ so blühen könnte, ohne daß die USA beteiligt sind. Ebenso ist die parasitäre Abhängigkeit der großen Bank-Institutionen vom Drogenhandel kaum nur eine persönliche Meinung.

Wir würden auch nicht überrascht sein, wenn der „neue Freund“ der USA, Pakistan, tief hierin verwickelt ist. Bevor die Taliban (in Aghanistan) an die Macht kamen, wurden unglaublich hohe 60% des Brutto-National-Produktes von Pakistan als aus dem illegalen Drogenhandel stammend geschätzt, was ihn zu einem Faktor macht, der mit allen Bereichen der pakistanischen Gesellschaft verbunden ist. (Der ISI, das dortige Gegenstück zum CIA, war einer, der speziell in hohem Masse Vorteil aus Drogenverkäufen zog.)

Das besonders Auffallende an dieser Verwicklung der US-Regierung in Drogenhandel ist, daß dies überzeugende Interessen des Bank-Establishments am Afghanistan-Krieg nahelegt. Bisher hatten viele Kritiker die Energie-Giganten als Haupt-Antreiber des Krieges gesehen. Nun scheint es so, daß da die Interessen der großen Energie-Konzerne, der Banken, von Wall Street und der Waffenhändler zusammenflossen, als beschlossen wurde, das Land in einen Krieg zu steuern.

Mit den Industrie-Giganten an Bord, braucht man sich nicht zu wundern, warum die „Vierte Gewalt“ [die Medien] die gleiche Richtung einschlug und eine hysterische Kriegshetze auf den Titelseiten und im Fernsehen überall im Land begann. Dies sollte uns allen klarmachen, welche fast unüberwindliche Hürde da vor uns liegt: Die USA aus ihren neuen Imperial-Kriegen herauszuholen. Tatsächlich sind eben auch die größeren Institutionen des amerikanischen Lebens (einschließlich des Kongresses) in diesen neuen Kreuzzug verwickelt. Das verdeutlicht das Gewicht und die Größe der Irak-Afghanistan-Kampagne.“

Langsam beginnt sich ein klareres Bild abzuzeichnen, was unter dem lügnerischen Label „Krieg gegen den Terror“ tatsächlich abläuft. Weitere Überraschungen sind nicht unwahrscheinlich.


Dies ist ein wichtiger Artikel von Elmar Getto, einer der ersten von ihm in "RBI-Aktuell", der auf das heute wieder höchst aktuelle Thema des Zusammenhangs der Drogenproduktion mit dem Überfall auf Afghanistan eingeht. Er erschien ursprünglich am 28. Oktober 2004, hier leicht redigiert.

Link zum Teil 2.

Nichts bleibt wie es ist

Am 1.Oktober sind allgemeine Wahlen in Brasilien

Von Karl Weiss, Rio de Janeiro

Artikel der "Berliner Umschau" von heute

Am Sonntag, den 1. Oktober sind allgemeine Wahlen in Brasilien. Es werden der Präsident, der gesamte Bundestag, alle Länderparlamente, alle Gouverneure (Ministerpräsidenten der Länder) und die Hälfte der Senatoren gewählt. Wenn kein politisches Erdbeben mehr geschieht, wird Präsident Lula wiedergewählt werden, wahrscheinlich im ersten Wahlgang, eventuell auch erst im zweiten.

Jetzt, kurz vor der Wahl, braucht man nur die Nachrichten des Fast-Monopolsenders Globo im Fernsehen zu verfolgen und man kann beinahe sicher voraussagen, wer gewählt wird. Wird ein bestimmter Politiker oder eine Partei dort mit allen ihren Korruptionen und Sauereien gezeigt (Fakten sind ja bei allen im Überfluss vorhanden), so wird derjenige oder die Partei wahrscheinlich nicht gewinnen.

Im Moment verfolgt Globo eine doppelte Doppelstrategie: Lula ja, PT nein und PSDB ja, Alckmin nein.

Einerseits wird Lulas Partei PT mit all den Skandalen gezeigt, in die sie verwickelt ist (“Mensalão”, “Sangessugas”), andererseits wird der Präsident selbst ausgespart. Manchmal wird sogar ausdrücklich ein Politiker gezeigt, der sagt, Lula habe davon nichts gewußt.

Was wird damit erreicht? Einereits wird Lula wiedergewählt, was offenbar dem Wunsch der brasilianischen Oligarchie entspricht. Andererseits wird seine Partei immer weiter geschwächt. Sie wird auf Oppositionspolitiker angewiesen sein, um Gesetze durchzubringen. Außerdem wird jeder andere PT-Kandidat nach Lula ohne Aussicht sein. In Brasilien ist die Präsidentschaft, wie in den USA, auf zwei Perioden von vier Jahren beschränkt.

Andererseits wird die wichtigste konservative Partei PSDB (die sich lustigerweise sozialdemokratisch nennt) gezielt hochgejubelt, mit häufigem Erscheinen ihrer Politiker und langem Aussagen von ihnen, während gleichzeitig deren Kandidat Alckmin der Lächerlichkeit preisgegeben wird. Es wird immer wieder und ausführlich berichtet, daß er kaum Unterstützung von der eigenen Partei hat im Präsidentschaftswahlkampf, ebensowenig von den mit ihm Alliierten. Dann wird minutiös dargelegt, wie diese Nicht-Unterstützung aussieht. Da fehlt dann auch nicht die Aussage eines mit ihm verbundenen Politkers, daß es absurd sei, was man mit dem eigenen Kandidaten mache.

Damit ereicht man einerseits wiederum, daß Lula gewählt wird, weil Alckmin, der einzige Gegenkandidat mit Aussichten, zur Schießbudenfigur wird, andererseits werden die anderen wichtigen Politiker der PSDB gefördert, was mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Wahl eines von ihnen in vier Jahren führen wird.

Das dürfte dann wohl zwischen dem voraussichtlichen neuen Gouverneur von São Paulo, Serra, und dem voraussichtlichen alten und neuen Gouverneur von Minas Gerais, Aécio Neves, ausgefochten werden. Die Staaten São Paulo und Minas Gerais sind die beiden bevölkerungsreichsten Staaten Brasiliens.

Man kann sich vorstellen, wie die Vertreter der Oligarchie mit Serra und Neves vor der Wahlkampagne gesprochen haben, ihnen klar gemacht haben, warum Lula weitere vier Jahre „regieren” soll und ebenso, wie man sicherstellt, daß einer von beiden 2010 dran sein wird.

So haben die beiden und ihr ganzer Anhang in der PSDB und außerhalb dann Alckmin zur Kandidatur drängen lassen, dann das Handtuch als Gegenkandidat geworfen und lachen sich jetzt ins Fäustchen, wie Alckmin zum Clown wird, für den Rest seiner Karriere stigmatisiert.

Das Ganze funktioniert natürlich nur in dem Maße, wie die Masse der Menschen in Brasilien, ähnlich wie die Deutschen, zwar nur noch wenige Illusionen über ihre Politikerkaste haben, aber noch keine gangbare Alternative sehen.

Sobald sie dann letztendlich aufwachen, werden sie diese Brut vom Tisch wischen, denn es gibt schon heute kaum einen Brasilianer, der noch irgendeine Art von Vertrauen in sie setzt.

Eigentlich hätte mit der Rundfunk- und Fernsehpropaganda der Parteien, die nun täglich auf die gequälten Brasilianer einprasselt, der Kandidat Alckmin, der zusammen mit seinen Verbündeten etwa die Hälfte der Zeit in Anspruch nehmen kann (über das Doppelte der Zeit der Lula-Koalition), deutlich aufholen müssen in der Wählergunst. Das ist aber aus den genannten Gründen nicht geschehen. So blieb Lula bei fast 50 % der Umfrageergebnisse, während Alckmin nie aus dem 30%-Ghetto herauskam (wenn alle unentschiedenen, Nichtwähler und Ungültigwähler herausgerechnet wurden).

In Brasilien herrscht Wahlpflicht. Wer nicht wählt, begeht eine Ordnungswidrigkeit und wird bestraft, kann z.B. keinen Paß mehr beantragen. Man kann dem aber relativ einfach ausweichen. Es gibt nämlich die Möglichkeit, sich in jedem beliebigen Wahllokal (außer in der eigenen Stadt) als abwesend zu entschuldigen, denn man kann nur in dem Wahllokal wählen, in dem man angemeldet ist. Ist man am Wahltag an einem anderen Ort, geht man einfach mit seiner Wahlkarte in ein Wahllokal außerhalb des Wohnorts und gibt „Abwesenheit“ an.

Die Senatorin Heloisa Helena, die so eine Art von Lafontaine Brasiliens darstellt, blieb während der Zeit der Propaganda bei Umfragezahlen um die zehn Prozent (wenn nur die entschiedenen Wähler gezählt wurden). Das ist auch überraschend, denn sie ist weiten Bevölkerungsschichten in Brasilien unbekannt gewesen. Man kann jetzt erwarten, daß sie tatsächlich um die zehn Prozent der Stimmen bekommt, das ist für eine Frau und für eine Linke sensationell in Brasilien und zeigt: Es rumort in den Köpfen der Brasilianer, nichts bleibt so, wie es ist, auch in Brasilien nicht.


Link zum Originalartikel hier

Gibt es einen Atomfilz?

Schon wieder eine "wilde Verschwörungs-Theorie"?

Von Karl Weiss

Hier ein Artikel zur Diskussion über Atomkraftwerke und die fahrlässige Genehmigung derselben, erschienen zuerst in der "Berliner Umschau" vom 16. Februar 2006.

Man könnte es fast für Routine halten, denn es ist ja nicht das erste Mal, daß Personen im Atomfilz zwischen den Atomkraftwerks-Betreiberfirmen und Staats-, Regierungs- und Parlamentsapparat hin und her wechseln. Ein Subjekt mit Namen Thomauske war 20 Jahre im Bundesamt für Strahlenschutz tätig und genehmigte dort Zwischenlager für die radioaktiven Abfälle der Atomkraftwerksbetreiber. Im Jahr 2003 wechselte der Physiker vom Strahlenschutzamt zum Atomkraftwerksbetreiber Vattenfall. Die Aufsichtsbehörde findet selbstverständlich daran nichts Ungewöhnliches.

Inzwischen ist Thomauske beim Atomkonzern Vattenfall bereits in die Geschäftsführung aufgestiegen. Er ist jetzt technischer Geschäftführer jenes Teils von Vattenfall, der zusammen mit E.ON die Atomkraftwerke Brokdorf, Brunsbüttel und Krümmel betreibt und den stillgelegten Meiler Stade zurückbaut.

„Die wirklich großen Verbrecher haben niemals ein Unrechtsbewußtsein." hat einmal ein weiser Mann gesagt. An diesen Spruch mag man sich erinnert fühlen, wenn man liest, daß Thomauske ganz unverbrämt in der Öffentlichkeit auftritt, wie kürzlich, und frechdreist die weitere Erkundung des Salzstockes Gorleben fordert sowie den Abschluß des Genehmigungsverfahrens.Thomauske leitete beim Strahlenschutzamt die Erkundung des Gorlebener Stockes und war verantwortlich für die Endlagerprojekte Morsleben und Schacht Konrad. Zuletzt war er der Verantwortliche für die Genehmigung der Castor-Transporte und der Zwischen- und Interimslager an den Standorten der Atomkraftwerke.

Er war es, der von Anhörung zu Anhörung reiste, anhörte - und dann genehmigte. Die Einwände wurden fast immer ohne weiteres vom Tisch gewischt. Die Anti-Atom-Bewegung klagte ihn damals schon an, mit den Atomkraftwerksbetreibern verbändelt zu sein - aber es ließ sich nicht beweisen.

Der grüne Umweltminister Trittin benutzte ihn als Panzerbrecher zum Durchboxen jeglicher Genehmigung - und versteckte sich dann hinter dem angeblichen Sachverstand Thomauskes. Die Umweltinitiativen sprechen schon seit Jahren vom Atomfilz und klagen die Regierung und das Parlament an, hinter verschlossenen Türen mit den Atomkraftwerksbetreibern gemeinsame Sache zu machen, anstatt sie zu kontrollieren.

Es gab schon andere Fälle von Überläufern zwischen zu Kontrollierenden und Kontrolleuren. Der spektakulärste Fall war jener zu Beginn der rot-grünen Koalition, als die neue Koalition in langen Verhandlungen mit den Betreibern den scheinbaren Atomausstieg verhandelte. Das Verhandlungsergebnis war, wie jeder weiß, stattdessen die Garantie der langjährigen Weiterbenutzung der Atomkraftwerke ohne die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen. Die Beauftragte der Grünen bei diesen Verhandlungen wurde kurz nach dem „Kompromiß" von einem der Atomkraftbetreiber zu speziellen Bedingungen eingestellt. Sie beendete ihre politische Karriere.

Nun, wenn man wirklich reich ist, braucht man keine Politik mehr zu betreiben - nicht wahr, Herr Fischer? Die Grünen haben es bis heute nicht für nötig befunden, diesen wunderbaren Seitenwechsel auch nur näher zu untersuchen oder irgendwelche Konsequenzen daraus zu ziehen.

Spricht man Politiker, sei es von den Grünen oder den anderen staatstragenden Parteien, auf den Atomfilz an und bezweifelt, daß die Maschinerie für Genehmigungen im Strahlenschutzamt und im Umweltministerium wirklich die Argumente prüft, dann werden die schon mal pampig und geben Ungereimtes von sich über „Aus der linksextremen Ecke", „Unbewiesene Behauptungen", „Wilde Verschwörungstheorien" und ähnliches. Sachliche Antworten sind da eher nicht zu haben.

Den Wechsel von Politikern und Aufsichtsbeamten zu den Betreibern und von Managern aus der Betreiber-Branche in Bundestagsausschüsse der Politik finden sie völlig normal und weisen jeden Gedanken an Filz zurück.

Der geneigte Leser mag sich nun selbst ein Bild machen.


Link zum Originalartikel hier

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