Folter, Folter ohne Ende
Von Elmar Getto
Wieder neue Folterfotos, diesmal britische Soldaten.... Waren da nicht schon welche von britischen Truppen?... Ach, die waren alle gefälscht.... Diesmal hat es nicht mehr geklappt zu sagen, sie sind gefälscht. Britische Truppen foltern... US-Truppen foltern.... Auch von einem anderen Ort als Abu Ghraib im Irak sind neue Folterfotos von Folter durch US-Soldaten aufgetaucht.
Britische Truppen haben schon gefoltert, als sie noch Kolonialmacht in Indien, Pakistan und vielen anderen Ländern waren. Fragen Sie dort nach! US-Soldaten haben bereits in den sechziger Jahren südamerikanische Folterer ausgebildet. Fragen Sie dort nach! Das Foltern von vermutlichen Vietcong im Vietnamkrieg war Routine. Fragen Sie dort nach! Nun, wenn uns das neue Jahrtausend, wie Bush Vater sagte, eine „Neue Weltordnung“ beschert, die US-Weltordnung, so wird dies nicht zuletzt eine Folter-Weltordnung sein.
Starke Schmerzen, ohne dass er gleich stirbt
Die ‚Weiterentwicklung’ der Folter in den Fünfziger und Sechziger Jahren durch die US-Spezialisten war vor allem darauf ausgerichtet, die Gefolterten nicht so schnell sterben zu lassen. Die Affenschaukel wurde erfunden, die Elektroschocks und weitere Dinge, die stark schmerzen, aber über Wochen und Monate angewendet werden können, ohne dass der Gequälte stirbt.
Ein katholischer Mönch, der in brasilianischen Gefängnissen von Schergen der Miltärdiktatur mit Ausbildung in den USA über vier Jahre hin fast täglich gefoltert wurde, beging kurz nach seiner Entlassung Selbstmord! (Die Basis der katholischen Kirche in Brasilien stand im Widerspruch zum Militärregime. Der Papst „mußte“ sich mehrere Male von Aussagen des Bischofs Dom Helder Câmara distanzieren. So unglaublich es aus deutscher Sicht anmuten will, die katholische Kirche ist nicht überall faschistisch angehaucht). Die von US-Spezialisten ausgebildeten Folterer schafften es mit ihrer Folter, jeden beliebigen Menschen so weit zu bringen, daß er nur noch einen einzigen Wunsch hatte: So schnell wie möglich zu sterben.
Inzwischen haben die Spezialisten der USA anscheinend weitere ‚Fortschritte’ gemacht. Sie konzentrieren sich jetzt mehr auf fast subtile Dinge. Schmerzen erzeugen sie einfach, indem sie die ‚Delinquenten’ in bestimmten Positionen festbinden, die auf die Dauer unerträgliche Schmerzen verursachen.
Man braucht gar keine Elektroschocks mehr! (Die konnten immerhin meistens wegen der örtlichen Verbrennungen durch Elektroden nachgewiesen werden.)
Sie beschallen Tag und Nacht mit überlauter Musik. Das läßt anscheinend den Gefestigsten durchdrehen. Sie heizen die Zellen auf oder kühlen sie herunter. Auch das funktioniert offenbar gut. Auch die gute alte Kriminalpolizei-Methode mit überhellem Licht direkt in die Augen, um Schlaf zu verhindern, kommt wieder zu Ehren. In Guantanamo hat man sich noch perfideres ausgedacht: Es wird nicht nur Tag und Nacht das Licht nicht abgeschaltet, die Gefangenen werden auch Tag und Nacht beobachtet. Auch das scheint guten Erfolg zu haben – jedenfalls wendet man es seit Jahren ununterbrochen an.
Und das ist natürlich keine Folter – das sind "harte Verhör-Methoden"!
Sehr beliebt ist auch das mit den Hunden. Wenn man herausgefunden hat, wer Angst vor Hunden hat (und nicht nur jene), auf den hetzt man Hunde und sagt, sie seinen auf den Penis dressiert, um sie im letzten Moment zurückzureißen
(die Abu Ghraib-Fotos haben bewiesen, sie werden keineswegs jedes Mal zurückgerissen, beissen dann allerdings `nur`ins Bein).
Ängste sind überhaupt sehr ‚in Mode’. Wer Angst vor dem Ertrinken hat (und nicht nur jene), dem hält man den Kopf unter Wasser, so daß er glaubt, ertrinken zu müssen. Die alte, immer wieder beliebte Methode der Schein-Exekutionen feiert auch fröhliche Urständ.
Und jetzt – die Phantasie der US-Spezialisten ist wirklich unerschöflich – die Sex-Folter. Man hat anscheinend herausgefunden, daß man Menschen mit einem ausgeprägten Schamgefühl am besten erniedrigen kann, wenn man sie zwingt sich auszuziehen und sie in ihrer Nacktheit schamlosen Dingen aussetzt, sie zum beispiel masturbiert oder sie zwingt sich zu masturbieren.
Es geht um das Brechen von Menschen
Offenbar kann man auch so Menschen brechen – und um das Brechen von Menschen geht es am Ende bei jeder Folter. Die nackten Leiber werden zu Pyramiden gestapelt („auch Cheerleader formen Pyramiden“ sagte der Verteidiger).
Man läßt eine Frau sich über den eingeschrumpelten „Peeney-Weeney“ lustig machen. Man begeht sexuelles an ihnen. Und alles wird immer photographiert.
Und jetzt kommen die Briten: Was, die Amis sind Weltmeister im Foltern, nein, wir haben etwas noch Schweinischeres: Wir zwingen sie, einen Analverkehr vorzutäuschen und fotografieren sie!
Ja, sehen Sie sich dies Foto gut an! Bald werden sie versuchen dies mit uns zu machen..... Oder wollen Sie etwa auf deren Seite stehen??
Die Reaktionen in der bürgerlichen Medienlandschaft von Mainstream sprechen für sich:
Nur um das Ansehen besorgt, Folter ist ganz selbstverständlich
In der „Süddeutschen“ schreibt der Kommentator:
„Charles Garner, ist zu zehn Jahren Haft verurteilt worden, und diese ... mögen etwas Genugtuung in der arabischen Welt verbreitet haben.“
Neues US-Folterfoto: Auf einem der Photos sieht man einen Gefangenen mit der bekannten schwarzen Kapuze über dem Kopf, sonst nur mit einer Unterhose bekleidet, die Arme hinter dem Rücken gefesselt. Unter der Kapuze heraus läuft ihm vom Hals bis zum Bauch eine Blutspur. Der Körper zeigt auch sonst Blutspritzer. Zwei der US-Soldaten stehen vor ihm und leuchten mit einer Taschenlampe ein Tuch an, daß dem Gefangenen über einer Schulter hängt und ebenfalls Blutflecken aufweist.
Es wird klar, warum Garner als Sündenbock herhalten mußte, während die Verantwortlichen straflos ausgehen.
“... diese Werbefotos für eine funktionierende Justiz in einer Demokratie überlagert werden von Folterbildern britischer Soldaten ...“
„Funktionierende Justiz“ für Sündenböcke?
Neues US-Folterfoto: Auf einem anderen Photo sieht man einen US-Soldaten auf (!) einem Gefangenen (tot oder lebendig?) sitzend (!) und in die Kamera lächelnd. Auch diesem Gefangenen wurde eine Kapuze übergestülpt und seine Hände sind hinter den Körper gefesselt.
„Die Bilder von ,Camp Brotkorb’ werden Verheerung an zwei Fronten anrichten. Zu einen im Irak selbst, wenn wieder gewählt wird. Dieses Material ist wie gemacht für Radikale und Terroristen, die kein Interesse haben an einer Stabilisierung des Landes. Mit diesen Fotos können Leute aufgestachelt und weitere Gewalt und weitere Anarchie ins Land gebracht werden.“
Die Folter selbst ist nicht zu verurteilen, aber die Bilder hätten nicht an die Öffentlichkeit kommen dürfen, den nun können „Radikale und Terroristen“ dies ausnützen.
Neues US-Folterfoto: Ein drittes Photo zeigt einen liegenden halbnackten Gefangenen, dem ein US-Soldat seinen Stiefel auf die Brust gesetzt hat.
Nichts beschreibt die Menschenverachtung unseres Mainstream-Journalismus besser als diese Worte. Nicht der völkerrechtswidrige Angriffskrieg der US-Regierung hat Gewalt und Anarchie in den Irak gebracht, nein, das sind die „Radikalen und Terroristen“.
Es gibt nur noch zwei Alternativen: Entweder wir stehen auf der Seite dieses Packs von Folterern und Menschenverächtern oder wir werden „Radikale“. Daß sie uns dann Terroristen nennen werden, ist unvermeidlich.
Neues US-Folterfoto: Auf einem vierten Photo taucht ein US-Soldat auf, der den Kopf eines Gefangenen, der offenbar ebenfalls mit den Händen hinter dem Rücken gefesselt ist und der deutliche rote Marken am Hals aufweist, offenbar mit Gewalt in die Kamera dreht, während die behandschuhte Hand des offenbar photographierenden Soldaten dessen Hals zudrückt.
„Katastrophal sind die Folterfotos aber auch für den britischen Premierminister zu Hause, wo der Krieg ohnehin sehr unpopulär ist. Und nicht bloß im Irak wird gewählt, auch in Großbritannien. Derartige Bilder und ihre suggestive Kraft sind ... mit Worten nicht so leicht aus der Welt ... zu schaffen.“
Ist es nicht tragisch, welchem unverschuldeten Schicksal der arme Premier ausgesetzt ist? Schnüff! Trauerminute ein ...Trauerminute aus.
Die „Süddeutsche“ ist aber keineswegs allein, der ganze Chor der Menschenverächter stimmt ein. Hier ein Auszug aus der englischen Ausgabe der Nachrichtenagentur Reuter:
“... newspapers and opposition politicians warned of long-term damage to the image of Britain's military … The Times said the pictures would "provoke outrage in the Arab world and sully the reputation of the British Army." … "These pictures will inevitably open all wounds and be part of drawing parallels with Abu Ghraib." … Some newspapers said the case could put Britain's 9,000 troops in southern Iraq at risk by fueling anger…. “
„Zeitungen und Oppositionspolitiker warnten vor einem Schaden auf lange Sicht für das Ansehen des britischen Militärs ... Die ‚Times’ schrieb, diese Bilder werden einen Aufschrei in der arabischen Welt verursachen und das Ansehen der britischen Armee schädigen ... Diese Bilder werden unvermeidlich alle Wunden öffnen und man wird Parallelen ziehen zu Abu Ghraib ... Einige Zeitungen schreiben, dieser Fall kann die 9 000 Mann britischer Truppen im Südirak in Gefahr bringen, indem er Wut entflammt...“
Die Folter selbst ist nicht Teil der Befürchtungen. Es geht um das Ansehen des britischen Militärs, daß man den Unmenschlichkeiten der US-Truppen in Abu Ghraib gleichgesetzt werden könnte und daß Wut entfacht werden könnte auf die britischen Truppen im Irak. Niemand ist über Folter besorgt!
Interessant auch, daß diese Leute glauben, das britische Militär hätte ein Ansehen. Glaubt man wirklich, das Gedächtnis der Welt ist so schlecht, daß man vergessen hätte, was diese Soldateska über Jahrhunderte in kolonial unterdrückten Ländern getan hat?
Besonders die Bilder, in denen die Soldaten sich wie Jäger mit einer erlegten Beute ablichten lassen, lassen die Erinnerung auf eine Reihe von Bildern der bekannten „Wehrmachts-Ausstellung“ hochkommen, die in vielen deutschen Städten gezeigt wurde. Auch dort tauchten Soldaten auf, die sich mit Gefangenen oder Toten in diesen Positionen fotografieren ließen. Das heißt nicht, daß die heutige US-Administration mit dem Hitler-Regime vergleichbar ist, aber daß beide vergleichbare Methoden verwenden. Der Gegner wird als ‚Untermensch’ oder ‚entmenschter Terrorist’ in den Köpfen der Soldaten verankert. Dann kann man sicher sein, daß sich Soldaten finden, die gegnerische Gefangene oder Leichen entsprechend behandeln.
Einen eigenen Skandal stellen die Äusserungen von Gary Solis dar, der zu diesen Photos befragt wurde. Er ist ein ehemaliger Militär-Staatsanwalt und –Richter der US-Marine und lehrt zur Zeit an der US-Militär-Akademie. Er sagt, die Photos zeigen „dummes und kindisches, aber nicht notwendigerweise kriminelles Verhalten“.
Wenn Leute an der US-Militärakademie lehren, die solch eindeutig als Folter zu kennzeichnendes Vorgehen als ‚dumm und kindisch’ verharmlosen, braucht man sich nicht zu wundern, daß die Offiziere, die aus diesen Akademien hervorgehen, später Truppen befehligen, in denen „dumme und kindische“ Folter an der Tagesordnung ist.
Was glaubt Herr Solis, was dem Gefangenen rotes aus der Kapuze läuft? Ketch-up?
Hier noch ein älterer Artikel von Elmar, zusammengestellt aus zwei Artikeln, redigiert vom Autor. Er ist so aktuell wie am ersten Tag!
Hier eine Anzahl Links zu anderen Artikeln im Blog zur Folter:
- Bush und Rumsfeld foltern!
- Die USA am Scheideweg – Innerhalb oder ausserhalb der zivilisierten Welt?
- Profimässig foltern – wie ist das?
- Kann man durch Folter Wahrheit erfahren?
- Folter – CIA-Folterflüge und europäische Regierungen
- Wenn bürgerliche Rechte abgeschafft werden... - USA-Land der Freiheit?
- Interviews mit Guantánamo-Insassen
- Beine zu Brei geschlagen – Folter in Afghanistan
- Warum wird gefoltert?
- US-Generalmajor Taguba zwangspensioniert
- Fürchterlich schrille Schreie von gefolterten Jungen