Dienstag, 8. April 2008

Dossier Totale Kreislaufwirtschaft, Teil 5: Kryo-Recycling statt Müllverbrennung

Kreislaufwirtschaft und Kryo-Recycling statt Müllverbrennung

Von Karl Weiss

Die Müllverbrennung ist heute Deutschland- und Europaweit die Methode der Wahl, um die Mengen an Abfall zu verringern und um hohe Profite für Betreibergesellschaften solcher Anlagen zu erzielen. Dagegen steht das moderne Kryo-Recycling-Verfahren, das die Zukunftslösung in der Trennung von Abfallstoffen und damit zur Vorbereitung ihrer stofflichen Wiederverwendung darstellen dürfte.

Kraftwerk

Die Gefahren der Müllverbrenung liegen nicht nur in der völlig ungerechtfertigten Vernichtung hochwertiger Stoffe, die mit relativ geringem Aufwand zu neuen Wertstoffen umgewandelt werden könnten, sondern auch in den gefährlichen Stoffen, die an die Luft, in die Umwelt und in Restabfall-Deponien abgegeben werden.

Die Behauptung, die Verbrennung mit Energiegewinnung von z.B. wertvollen Kunststoffen sei eine „energetische Wiederverwendung“, ist eine lächerliche Schönrednerei. Es ist die Vernichtung eines hochwertigen Stoffes, in den die Gesellschaft eine Menge Arbeit und Energie gesteckt hat, um was zu gewinnen? Energie!

Nur kann diese Energie kinderleicht durch ein System von Sonnen-Paneelen in den Wüsten der Welt gewonnen werden, ohne deshalb andere Stoffe vernichten zu müssen. Siehe den ersten Teil des Dossiers Totale Kreislaufwirtschaft.

Synthesis Hochspannungsleitungen-Verbund

Die Kunststoffe werden nicht recycelt!

Allein die deutsche Müllverbrennung wird auf etwa 25 bis 50 Milliarden Euro pro Jahr an vernichteten Werten geschätzt. Kann sich die Gesellschaft das leisten? Dazu kommt auch noch das unverschämte Täuschen der Menschen, die fein säuberlich ihre Kunststoffabfälle von anderem Müll trennen und die Plastikverpackungen in den Geschäften abgeben und dann erleben müssen: Ein wesentlicher Teil dieser Kunststoffe wird zusammen mit Restmüll in Müllverbrennungsanlagen verbrannt. Ein anderer Teil dient als teilweiser Kohleersatz in Hochöfen (wird also ebenfalls verbrannt), ein weiterer wird in Zement-Drehrohröfen verbrannt.

Der Anteil der wirklich wiederverwendeten Abfälle von Kunststoffen dagegen ist nach Expertenangaben, die nicht der Verbrennungslobby angehören, gering. Hierzu schreibt die Bürgerbewegung Total Recycling: „... beziffern namhafte Kunststoffchemiker die werkstoffliche Recyclingquote von Thermoplasten auf 10 - 12 % der Produktionsmenge (SCHWARZL, 1990; JOCHEN, 1998; PFAENDNER, 1998; Huckestein, 2000). Dabei macht die direkte Rückführung von Produktionsabfällen (Verschnitt- und Ausschussware), also das sog. In-House-Recycling innerhalb der Hersteller- oder Verarbeiterfirmen, den größten Teil aus.“

Das bedeutet nichts anderes, als dass über 90% der gebrauchten Kunststoffe, die in deutschen Haushalten in vorbildlicher Weise getrennt und zu den Sammelstellen gebracht werden und die gebrauchten Kunststoff-Verpackungen, die in die Tonnen des „Grünen Punkts“ wandern, anschliessend nicht recycelt, sondern verbrannt werden!

Dies ist ein Skandal absurden Ausmasses!

Globale Erwärmung

Müllverbrennung

Dazu kommt, wie man an verschiedenen Beispielen, wie Köln und Mühlheim gesehen hat: Müllverbrennungsanlagen sind Korruptionsmühlen! Kaum eine, bei der nicht ein Korruptionsfall aufgedeckt wurde oder vermutet, aber nicht untersucht wird.

Doch die Müllverbrennungsanlagen haben noch viele andere „Nebenwirkungen“.

Eine wichtige ist verursacht durch das Mischen von Kunststoffabfällen mit Restmüll: Das Kochsalz aus dem Restmüll verursacht zusammen mit den Kunststoffen bei den hohen Verbrennungstemperaturen das Entstehen von chlorierten Ringverbindungen wie chlorierte Benzole und Phenole und sogar chlorierte Biphenyle wie das berühmte Supergift Dioxin. Auch wenn nicht Dioxin entsteht, sind alle diese Verbindungen Atemgifte, wenn sie aus den Schornsteinen der Müllverbrennungsanlagen in der Form von an Feinstaub gebundenen Tröfchen in die Luft hinaus gelassen werden, oft auch krebserregend und speziell Allergien-Verursacher.

Auch entstehen Halon und FCKW-Verbindungen, die aus den Fabriken durch die Arbeitsschutzverordnung längst verbannt sind, aber der Allgemeinheit in der Nähe von Müllverbrennungsanlagen zugemutet werden (und nicht nur in der Nähe!).

Dazu kommen die Schwermetalle, die aus den Kunststoffen stammen können oder auch aus dem Restmüll. Während sie im Müll typischerweise als wasserunlösliche und nicht magenlösliche Salze vorliegen, werden sie durch die hohem Verbrennungstemperaturen aktiviert. Sie entweichen zum Teil aus den Schornsteinen in Form organischer Schwermetallverbindungen oder als flüchtige Salze.

Ein eigener Grund, alle Müllverbrennungsanlagen stillzulegen ist natürlich auch der Ausstoss von zusätzlichem CO2 – und dies, obwohl inzwischen alle wissen, dies ist der Grund für die globale Erwärmung, die inzwischen schon in eine Klimakatastrophe überzugehen beginnt.

Grönland-Erwärmung-Stand-1985

Grönland Erwärmung Stand 2002

Grönland Erwärmung Überblick - Kartenausschnitt

Doch damit nicht genug, die Halone und FCKWs schaffen auch eine neues Problem mit der Ozonschicht, die sich gerade zu erholen begann.

Aber es geht noch weiter: Eines der schwersten Probleme jeder Müllverbrennungsanlage sind die in den Elektrofiltern abgetrennten hochgiftigen Stäube und die anfallenden Schlacken. Aus einer Tonne Müll, der aus völlig harmlosem Hausmüll und aus ebenso inoffensiven Kunststoffabfällen besteht, entstehen in einer Müllverbrennungsanlage etwa 5 Tonnen verunreinigte Abluft und eine halbe Tonne giftiger Stäube und Schlacken.

Versucht man dann die Schlacken noch irgendeiner Verwertung zuzuführen, z.B. Tennisplatz-Kieselrot, so können beim Zerbrechen der Körnchen hochgiftige eingeschlossene Gase freigesetzt werden, die dann zu unerklärlichen Erkrankungen der Sportler führen.

Alle genannten Schwermetallverbindungen und chlorierten Kohlenwasserstoffe sind typische fettlösliche Giftstoffe, die – einmal in den Körper gelangt, z.B. durch Schlachtvieh, sich in den Fettzellen des Körpers anreichern und – selbst in kleinen Monatsmengen aufgenommen,nach Jahren eine ernste Gefährdung darstellen und zu scheinbar unerklärlichen Vergiftungen, z.B. bei Krankheiten, führen können.

Noch gefährlicher ist es, wenn solche Stoffe in Nervenzellen oder ins Immunsystem kommen. Sie können schwere Störungen auslösen, von AIDS-ähnlichen Symptomen bis hin zu Persönlichkeitsveränderungen. Sie können auch die Blut-Hirnschranke schädigen, so dass öllösliche Stoffe ins Gehirn gelangen können und das Verhalten von scheinbar Geisteskranken auslösen.

Für alle diese Effekte gibt es keine Mindestmengen, denn die Stoffe können sich über Jahre anreichern und dann gefährliche Konzentrationen erreichen. Die Beteuerungen der Betreiber, die Müllverbrennungsanlagen würden keine Giftstoffe oberhalb der erlaubten Grenzwerte ausstossen, sind daher Schall und Rauch (im wahrsten Sinne des Wortes).

Mit den abgeschiedenen Stäuben und den Schlacken schaffen die Müllverbrennungsanlagen ausserdem ein neues Sondermüllproblem, das es vorher gar nicht gab. Wertvolle abgedichtetet Lagerräume für Sondermüll müssen so mit völlig unnötigem und überflüssigem Sondermüll belegt werden und stehen nicht mehr für solche Sondermüllmengen zur Verfügung, die tatsächlich nicht zu vermeiden sind.

Schliesslich ist noch zu erwähnen: Die Müllverbrennngsanlagen erzeugen Salz-, Fluss- und Schwefelsäure, die – vom Regen aus der Luft geholt – als „Saurer Regen“ zum Waldsterben beitragen.

Kohlendioxid-Anstieg: Dies ist eine so überzeugende Kurve über das, was im Moment geschieht, dass sich jeder Kommentar erübrigt.

Der Feinstaub und Fein-Russ aus den Müllverbrennungsanlagen trägt generell zur Feinstaubproblematik bei, die speziell in deutschen Grosstädten bereits alarmierende Grössenordnung erreicht hat. Lungengängige Feinstäube und Feinrusse verursachen Lungenkrebs!

Generell bedenklich sind die aus fluorhaltige Kunststoffabfällen stammenden Fluor-Gehalte in den Abgasen (Flusssäure-Gas), Feinstäuben (verschieden Fluoride und organische Fluorsubstanzen) und wasserlöslichen Fluorsalzen (zusammen mit Regen).
Fluor kommt in der Natur praktisch nur als inoffensiver Flussspat vor. Alle anderen Fluorverbindungen sind potentiell der Gesundheit und den Lebewesen abträglich. Im Laufe von Jahren tonnenweise solche Stoffe in die Luft zu blasen ist unverantwortlich.

Eine Reihe von Schwermetallen, die in den Abgasen von Müllverbrennungsanlagen nachzuweisen sind, wie z.B. Kobalt, sind krebserregend. Auch bei solchen krebserregenden Substanzen, die sich im Körper anreichern können, gibt es generell keine verträglichen Höchstmengen.

Schmelzendes Eis

Nach Ansicht der „Bürgerbewegung Total Recycling“ sind Müllverbrennungsanlagen „absolut zweifelsfrei chaotische Großsyntheseanlagen von Giftstoffen mit Langzeitwirkung“.

Treffende Karikatur

Kryo-Recycling

Kreislaufwirtschaft

Das Kryo-Recycling ist die heute wohl am meisten fortgeschrittene Methode der Trennung von Abfällen zur Wiederverwertung, speziell der Kunststoff-Abfälle und Elektronik-Abfälle, aber auch in Mischung mit anderen Abfällen. Sie wurde von Prof. Dr. med Harry Rosin zusammen mit anderen Experten entwickelt. Prof Rosin ist jener Erfinder, der als erster auf die Gefahren der damals verwendeten Kühlgase für die Ozonschicht hingewiesen hat und den Öko-Kühlschrank entwickelte, der heute die Voraussetzung dafür ist, dass sich die Ozonschicht schon zu erholen beginnt.

Das Kryo-Recycling beruht auf der Methode des Abkühlens der „Abfälle“, was sie versprödet (ein seit vielen Jahrzehnten bekannter Effekt) und einer Feinvermahlung zugänglich macht (thermoplastische Kunststoffe sind bei Raumtemperatur nicht zu vermahlen, weil sie die Mahlwalzen zusetzen).

Das Mahlgut kann anschliessend durch verschiedene bereits bekannte Methoden in reine Aussgangsstoffe getrennt werden, was Voraussetzung für eine fast vollständige Wiederverwertung der vorher für Abfälle gehaltenen Stoffe ist.

Unter den Trennverfahren für das sich ergebende feine Pulver sind die nach der Dichte mit längst ausgereiften Verfahren die am meisten angewandten. Dazu kommt für Stoffe mit fast gleicher Dichte spektroskopische Trennverfahren. Man kann so praktisch alle Abfallstoffe und speziell die problematischen Kunststoff-Fraktion und Elektronic-Teil-Fraktion der Abfallstoffe in fast völlig reine Pulver der einzelnen Inhaltsstoffe trennen, was eine Wiederverwendung von fast allen von ihnen in bekannten Verfahren ermöglicht.

Für Kunststoffe gilt dabei: Man braucht für ihre Gewinnung aus Abfällen nur etwa 10% der Energie im Vergleich zu jener, die Kunststoffe neu herzustellen.

Beim Kryo-Recycling wird im Gegensatz zum bereits früher bekannten Cryo-Verfahren (mit C) nicht flüssiger Stickstoff zum Abkühlen verwendet, sondern ein Gasgemisch aus Propan, Ethan und Methan, das bei -160 Grad eine vorzügliche Aufbereitung zum Vermahlen garantiert. Dadurch wird der extrem hohe Energiebedarf zur Herstellung verflüssigten Stickstoffs vermieden und mit gemässigten Kosten eine vollständige Trennung der Komponenten von z.B. Kunststoffen, aber auch von Handys, Computern und anderen elektronischen Geräten ermöglicht, was die praktisch vollständige stoffliche Wiederverwertung garantiert. Im Vergleich zum Stickstoff-Verfahren belaufen sich die Kosten nur auf etwa ein Zehntel, weil das kalte Gas nicht verloren geht, wie beim Abkühlen mit flüssigen Stickstoff, sondern im geschlossenen Kreislauf geführt wird.

Prof . Rosin schreibt zu den Grundsätzen des Verfahrens:

„Wenn "Müll" nicht mehr Müll hieße, wer käme auf die Idee, teure Ware in Deponien zu vergraben oder schadstoffbildend zu verbrennen? Die Gefahren der Schadstoffbildung durch "Müll"-Verbrennung spitzten sich extrem zu, als sich ab etwa 1990 die ersten großen Abfallberge aus alten Computern anhäuften. Wohin damit ? Elektronikschrott - zusammen mit Alt-Kunststoffen und "Restmüll" - zu verbrennen, erzeugt eine der schlimmsten Giftküchen: Die Gehäuse waren/sind oft aus PVC und die Leiterplatinen mit Flammschutzmitteln imprägniert (bis zu 8 Gew.% Fluor oder Brom). Die Metalle, besonders Kupfer, wirken bei hohen Temperaturen als chemische Katalysatoren für Tausende neu entstehende Gifte, wie z.B. Vinylchlorid, Phosgen usw. - bis hin zu den Dioxinen vom Typ des "Seveso-Giftes" und den noch viel giftigeren Fluor- und Brom-Dioxinen!“

(siehe hier.)

Statt die wertvollen Plastikstoffe wirklich wiederzuverwerten, werden sie unter anderem auch (wiederum mit hohem Energieaufwand) zu flüssigen chemischen Rohstoffen gecrackt, aus denen dann (erneut mit hohem Aufwand) wieder Kunsststoffe hergestellt werden können – ein absurdes Verfahren.

Das Kryo-Recycling nutzt dagegen die hochwertige Struktur des Kunststoffes maximal aus. Oberflächen der Kunststoffteile, die durch Oxidation ein verändertes Verhalten aufweisen, können zudem praktisch vollständig von den inneren Teilen der Kunststoffe (60 – 80%) getrennt werden, die unmittelbar wie der eben neu hergestellte Kunststoff einsatzfähig sind, während die anoxidierten Oberflächen für weniger hochwertige Anwendungen zu Verfügung stehen.

Es wurde bereits nachgewiesen: Das Verfahren kann sowohl für thermoplastische Kunststoffe wie Polyethylen und Polypropylen angewandt werden, die aufgeschmolzen und so in neue Formen gespritzt werden können, als auch für elastomere und duroplaste Kunststoffe, wie Polyamide, Polyetylenterephthalat (PET), Kunstgummi usw. Oft kann man Duroplaste auch bei Raumtemperatur vermahlen. Sie können nach dem Mahlen mit speziellen Verfahren oberflächlich aktiviert werden, so dass sie erneut zum Formen des ursprünglichen Kunststoffes eingesetzt werden können.

Das Kryo-Recycling-Verfahren ist bis heute noch nicht grosstechnisch erprobt, weil heftigste politische Widerstände die Investitionen für eine solche Erprobung verhindert haben. Unsere heissgeliebten Politiker sehen ihre Möglichkeiten schwinden, mit „kleinen Nebeneinnahmen“ aus den Müllverbrennungsanlagen zu rechnen. Zudem sind sie in der Ideologie verhaftet, die Behandlung von Abfallstoffen müsse Profite für eine Firma erbringen.

In dieser Hinsicht aber ist die umwelt- und zukunftsfreundliche Wiederverwendung und Aufbereitung zur Wiederverwendung der Müllverbrennung klar unterlegen. Den (umsonst angelieferten) Müll zu verbrennen und den gewonnenen Strom (oder eventuell Fernwärme) in das Netz einzuspeisen ist für die Betreibergesellschaft ein gutes Geschäft, aber für die Menschen eine Katastrophe.

Hier zeigt sich ein weiteres Mal, wie der Kapitalismus nicht in der Lage ist, die Probleme der Menschheit zu lösen, weil seine Mechanismen die Interessen der Gemeinschaft nicht kennen, nur die Profitinteressen.


Veröffentlicht am 8. April 2008 in der Berliner Umschau

Originalartikel

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