Dafür ist kein Geld da!
Von Karl Weiss
Landauf, landab erklären Politiker, Medien und auch ein Teil der irregeleiteten Bundesbürger, es müsse eben gespart werden. Es sei eben nicht mehr so viel zu verteilen da und da müsse jeder sein Scherflein beitragen. Kein Kindergarten, öffentliche Bäder geschlossen, öffentlicher Nahverkehr unbezahlbar, mehr als 30 Kinder in einer Klasse: Tut uns ja so leid, aber man muß sparen. Es fehlt einfach Geld an allen Ecken und Enden!
Die allgemeine Sparorgie ist nichts als eine Legende, das ganze Spargetue ist nicht mehr als „bullshit", wie sich unsere amerikanischen Freunde auszudrücken pflegen.
Leider haben sich auch bereits weite Teile der 'Linken' auf diese Sprachregelung eingelassen. In Berlin, wo sie mitregieren, erklären die „Genossen", es sei eben kein Geld da.
Wenn man sich den Bundeshaushalt ansieht, so müßte der also geschrumpft sein - 30, 40%. Das ist aber wundersamerweise nicht der Fall. Er ist im wesentlichen gleichgeblieben. Nur kleine Veränderungen von Jahr zu Jahr, mal etwas nach unten, mal etwas nach oben. Moment mal, wie kann das sein, wenn doch überall das Geld hinten und vorne fehlt?
Warum glauben die Politiker eigentlich, wir seien so dumm, daß wir nicht einmal die Zahlen des Bundeshaushalts der letzten Jahre und dieses Jahres vergleichen können?
Das Ganze begann unter der Regierung Kohl. Die Monopolkonzerne hatten ageordnet, daß nun Schluß mit lustig sein mußte, soziale Leistungen sollten rigoros abgebaut werden. Gehorsam startete Kohl die erste Sondierung, den ersten Versuch, massiv Soziales abzubauen und zu sehen, was geschieht. Doch die Regierung Kohl und die Herren der Konzerne fielen voll aufs Maul. Man hatte dort angefangen, wo die größte Kampfkraft der Arbeiter lag: Man versuchte als erstes, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu kappen und bereitete bereits das Ende der Steuerbefreiung der Nacht- und Schichtzuschläge vor.
Daraufhin begannen Streiks in mehreren großen Betreiben, hauptsächlich bei Mercedes, zunächst befristet. Praktisch alle Arbeiter machten mit. Die SPD-gelenkten Gewerkschaftsführungen sahen die große Gelegenheit, der scheinbar unschlagbaren Kohl-Regierung eins auszuwischen und ihre Partei als Alternative anzupreisen. Sie organisierten die Streiks und Kohl mußte schnellstens zurückrudern, um nicht in die Situation zu geraten, die ein Villepaine in Frankreich vor zwei Jahren kennengelernt hat.
Der Mythos der Kohl-Regierung war vorbei, der Weg war frei für Schröders und Fischers Sieg 1998 in den Bundestagswahlen. Das war genau, was die Monopole nun brauchten. Sie wußten, das die Arbeiter ohne die SPD-Führer nur schwerlich streiken konnten, also brauchte man die SPD an der Regierung. Und so geschah es. Die meisten, die damals SPD und Grüne wählten, glaubten, ein kleineres Übel gegenüber der CDU-FDP-Regierung gewählt zu haben. In Wirklichkeit hatte man genau das gewählt, was die Monopole nun wollten.
Bereits kurz nach der Regierungsübernahme beschloß Rot-Grün die größte Unternehmenssteuer-Entlastung, die Deutschland je gesehen hat. Es wurden alle Arten von Abschreibungsmöglichkeiten eingeführt, speziell für all jene Dinge, die große Konzerne abschreiben wollen. So kam man zum Ergebnis, daß die Monopolkonzerne in vielen Fällen praktisch keine Steuern mehr zahlen brauchten, z.T. sogar Geld aus anderen Jahren wieder herausbekamen.
Du verlagerst deine Fertigung nach Polen? Klar, daß du alle Kosten dafür abschreiben kannst! Dein Gewinn ist in Irland angefallen? Brauchst du in Deutschland keine Steuern mehr bezahlen, auch wenn lediglich der Verkauf über Irland abgewickelt wurde! Deine Aktien sind gefallen? Kannst du von den Steuern absetzen! Kosten für Entlassungs- und Frühpensionierungsaktionen? Kannst du von den Steuern absetzen! Die Krise hat dir Verluste beschert? Dafür bekommst du Steuern vom letzten Jahr wieder raus! Usw. Usf. Insgesamt fehlen seitdem etwa 100 bis 150 Milliarden Euros jedes Jahr im Staatssäckel, während in den Vorstandsetagen ohne Unterlaß die Sektkorken knallen.
Wie sich bald zeigen sollte, wurden diese verluste aber fats vollst6andig in die Gemeinden verlagert, w6ahrend der Bundeshaushalt fast gleich blieb. In den gemeinden, wo die Bürger wohnen, fehlt es vorne und hinten, oben im Bund, wo die Politiker hausen, ist weiterhin Überfluss angesagt.
Diese ganze „Reform" wurde zunächst in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, weil die Folgen nicht unmittelbar zu sehen waren. Noch schien ja alles seinen gewohnten Gang zu gehen.
Charakteristisch war auch, daß diese Unternehmenssteuer-Abschaffung praktisch nicht auf kleinere Betriebe anzuwenden war. Für sie blieben die Steuern vielmehr im wesentlichen gleich hoch. Da wurde klar wie kaum je zuvor, daß wir nicht mehr im normalen Kapitalismus, sondern im Monopolkapitalismus leben, in dem nur die großen, die Monopol-Konzerne das Sagen haben.
Als dann, bereits während der ersten rot-grünen Legislaturperiode, nach und nach die öffentlichen Leistungen in den Kommunen (und auch Ländern) abgebaut zu werden begannen, merkten zunächst nur wenige, daß es das Geld der Konzerne war, das nicht mehr in den Kommunen und Ländern ankam, die daraufhin Grundlegendes zu streichen begannen.
Es begann die Zeit der Privatisierungen, der „Public-Private"-Konzepte, das Herunterfahren der Lehrerstellen, das Schließen von Schulen, die Krankenhäuser ließ man einschnurzeln usw. usf.
Aber auch auf Bundesebene würden Leistungen für den Bürger abgebaut. Die Bahn wurde aufs Abstellgleis gefahren, die Post zum Tode verurteilt, der öffentliche Nahverkehr mehr und mehr ausgedünnt.
Man stelle sich nur vor, wenn die Unternehmensbesteuerung noch so wäre wie zu Kohls Zeiten. Es stünden zwischen 100 und 150 Milliarden Euros mehr zur Verfügung. Man könnte eine wirkliche Familienförderung durchführen, Kindergärten für alle anbieten, die Schulklassen verkleinern, den öffentlichen Nahverkehr ausbauen und billigere Tickets anbieten, die Bahn zu einem wirklichen Verkehrsmittel für Alle und alle Güter ausbauen - zu angemessenen Preisen -, die öffentlichen Bäder wieder öffnen, die preiswerten Wohnungen in der öffentlichen Hand lassen, die Krankenhäuser zu wirklichen Gesundheitszentren machen - und hätte immer noch Geld übrig für weitere wichtige Aufgaben.
Stattdessen wurde all dies Geld den Großkonzernen in den Rachen geworfen, die sich dafür mit mehr und mehr Entlassungen und Stellenabbau bedankten.
Als es dann 2002 wieder ans Wählen ging, hattten schon eine Reihe von Rot-Grün-Wählern gemerkt, daß von „kleinerem Übel" keine Rede sein konnte. Doch mit dem Trick vorzugeben, man werde sich nicht am Irak-Krieg der US-Regierung beteiligen, konnte Rot-Grün noch ein zweites Mal triumphieren, wenn auch knapp und nicht für eine ganze Legislaturperiode. In Wirklichkeit war der Beitrag der Bundesrepublik als „Etappe" für den völkerrechtswidrigen Krieg weit größer als zum Beispiel der von Spanien oder Italien und ist es bis heute, während deren Truppen längst zu Hause sind.
Nun wurde das zweite große „Reform"-Projekt der Monopole in Auftrag gegeben. Diesmal sollte der massive Abbau von Löhnen, die Einführung von Niedrigstlöhnen und das Durchlöchern des gesamten Netzes von Tarifverträgen erreicht werden. Man war sich klar, dies war nicht dadurch möglich, daß man einfach in den Tarifrunden minus 10% forderte. Es wurde das Projekt Hartz IV geboren, erstellt in einer Komission durch die Monopolverbände und Schröder zum Umsetzen vorgelegt, der dann auch keine Zeit verlor.
Man mußte die Arbeitslosen in Armut stürzen, sie demütigen bis aufs Unterhemd, so daß der Fall in die Arbeitslosigkeit für die Arbeiter (und Angestellten) zum absoluten Alptraum würde. Dann brauchte man nur noch Entlassungen ankündigen und konnte jegliche Verschlechterung durchsetzen, denn damit würden ja angeblich jene Entlassungen verhindert. In Wirklichkeit wird zuerst verschlechtert und dann doch entlassen. Ebenso würde man so einen Niedrigstlohnbereich einführen können, denn der wäre ja immer noch besser als Hartz IV.
So wurde dann - wieder unter dem Vorwand von angeblichem Sparen - Hartz IV durchgezogen. In Wirklichkeit war jedem klar, der rechnen konnte, daß Hartz IV selbstverständlich keinen Cent Einsparung bringen, sondern eher mehr kosten würde, so wie es dann ja auch kam. Auch daß Hartz IV natürlich nicht einen mehr in Arbeit bringen würde, die ihren Mann ernährt, war völlig klar. Es ging ja auch nicht um Einsparungen und nicht um Arbeitsplätze, sondern um mehr Profite für die großen Monopolkonzerne.
Man braucht sich nur die Unternehmensberichte durchsehen, die für die Jahre 2005, 2006 und jetzt auch schon 2007 veröffentlicht wurden: Es hat geklappt, die Profite haben Höhen erreicht, die selbst hartgesottenen Spitzen-Managern die Freudentränen in die Augen treiben.
Insoweit hört es sich auch immer wieder rührend an, wenn bemängelt wird, daß Hartz IV doch eine so riesige Bürokratie geschaffen habe, daß es so schlecht gemacht sei. Es ist genauso gemacht, wie es sein sollte.
Aber selbst wenn wir dies alles nicht berücksichtigen. Wenn wir einfach sagen: Nun, mehr als da ist, ist eben nicht in der Steuerkasse, wäre denn dann wenigstens die Sparhysterie gerechtfertigt?
Nicht die Bohne.
Sieht man sich nämlich genau an, für was alles Geld da ist, Millionen und Milliarden von Euros da sind, wird klar, daß mans wirklich hat, aber eben nur für das, was man will.
Schweigen wir hier von Militärausgaben und Auslandseinsätzen, für die immer genug Geld da ist, nehmen wir andere Beispiele.
Reden wir hier auch nicht von den gewaltigen Kosten für die Betreuung, den Transport und die Aufbewahrung der Atommüllabfälle, für die jene Energie-Konzerne keinen Cent bezahlen müssen.
Fangen wir mal mit den ca. 100 Milliarden Euro an, die Deutschland jedes Jahr in die Europäische Union zahlt. Jeder Cent davon ist rausgeworfenens Geld. Diese unglaubliche Summe von Geld wird nämlich fast ausschließlich für zwei Dinge ausgegeben: Für die Brüsseler Bürokratie und für Subventionen, die fast ausschließlich an Reiche und Konzerne gehen.
Daß die Brüsseler Bürokratie so überflüssig ist wie ein Kropf, bracht nicht mehr eigens erläutert zu werden. Um Verordnungen darüber zu schaffen, um wieviel cm die Verpackung größer sein darf als das Produkt, dafür braucht man keinen Apparat von 21 000 Bürokraten, das könnte im Einvernehmen der Länderministerien geregelt werden - wenn so etwas denn regelwürdig ist.
Aber auch die Subventionen Europas, laufen sie unter dem Namen Agrarsubventionen oder Regionalfonds oder anderen, haben keinerlei Daseinsberechtigung. Weder die kleinen Bauern werden davor gerettet, ihre Höfe aufgeben zu müssen noch werden unterentwickelte Regionen Europas gestützt. In Wirklichkeit sind das alles Gelder, die am Ende in den Taschen von Superreichen, Politikern und Großkonzerne landen.
Was man mit 100 Milliarden jährlich alles Sinnvolles anfangen könnte!
Um sich nur einmal ein Bild zu machen, was da für eine Schlange am Busen der Steuerzahlen genährt wurde, hier einige Zahlen vom unabhängigen österreichischen Europa-Abgeordneten Hans-Peter Martin zum Beamten-Futtertrog Brüssel:
Die durchschnittliche Pension eines Europa-Beamten beträgt 5.509 Euro, das ist der Durchschnitt, also vom Pförtner bis zum Generaldirektor. Die Ausgaben allein für Pensionen dieser Beamten sind seit 1999 um 75% angestiegen. Heute stehen bereits Pensionszusagen fest, die den europäischen Steuerzahler mit 22,8 Milliarden Euro belasten werden - bei wohlgemerkt, wie gesagt, nur 21.000 Beamten!
Bereits jetzt gibt es 7.500 ehemalige Euro-Beamte, wie z.B. Skandalnudel Bangemann. Die durchschnittliche Pension der Spitzenbeamten beträgt 10.500 Euro! Allein die Pensionsleistungen kommen heute auf 491,5 Millionen Euro jährlich. 2004 gab es eine Sonderregelung, daß die Beamten bereits mit 50 in Pension gehen konnten, während unsereiner bis 67 warten muss, bis er seine Mini-rente bekommt. Gehen sie in Pension, bekommen sie zunächst einmal 6 Monate ihr Gehalt weiter, dann für 5 Jahre 70%. Das alles sind keine Renten, sondern Pensionen, für die also bestenfalls symbolische Eigenleistungen eingezahlt werden. Na, man hats ja!
Aber nicht nur für den allseits unbeliebten Brüsseler Wasserkopf und seine Subventionen wird Geld zum Fenster hinaus geworfen.
Ein besonders interessantes Kapitel ist das Übergeben von Hunderten von Millionen von Euros an Firmen, die dies absolut nicht brauchen. Zum Beispiel trifft das zu auf die FIFA. Es handelt sich um eine der reichsten Handels-Firmen im ganzen Sportgeschäft. Was sie verkauft? Sportrechte! Die Rechte, die sie für die WM in Deutschland verkauft hat, darunter Fernsehrechte, Werberechte, Eintrittskarten usw. werden auf größenordnungsmäßig 3 Milliarden Schweizer Franken geschätzt, allein die Fernsehrechte kosteten 1,8 Milliarden Euro.
Nun, verehrter Leser, wenn Sie eine Firma aufmachen, die in Deutschland etwas verkauft, dann müssen Sie natürlich dafür Steuern zahlen. Nicht so die FIFA. Ihr wurde im Rahmen der deutschen Bewerbung für die WM 2006 im Jahre 1998 zugesagt, daß sie völlig steuerbefreit sein würde. Damit hat man nach „Wikipedia" auf etwa 250 Millionen Euro verzichtet.
In diesen 250 Millionen Euro aber noch keineswegs eingeschlossen die ganzen Polizeiaufgebote und sonstigen staatlichen Maßnahmen, um die WM zu organisieren und abzusichern. Auch das alles, was von jeder anderen Firma natürlich bezahlt werden müßte, wird der FIFA umsonst gegeben. Aber man hats ja, warum soll man dann nicht ein bißchen der FIFA abgeben, nicht wahr?
So könnte man noch seitenweise weitermachen. Von Milliarden, die monatlich an die christlichen Kirchen fliessen, von weiteren Milliarden, für die unbedingt riesige Truppentransporter gekauft werden mussten, von weiteren Milliarden, die in den Leipziger Flughafen flossen, um schnell überallhin auf der Welt Truppen fliegen zu können usw. usw. Es wird Geld verpulvert, daß es eine Art hat, während man uns gleichzeitig weismachen will, es würde gespart und es sei kein Geld vorhanden.
Dieser Artikel war in seiner ursprünglichen Form bereits im Jahr 2006 erschienen. Es ist wirklich auffallend, wie aktuell er ist, obwohl nur leicht aktualisiert, gerade jetzt, als allüberall Milliardenbeträge zur Rettung von Banken und Landesbanken übrig sind und mit vollen Händen ausgegeben werden.