Mittwoch, 16. Dezember 2009

Sterben die Deutschen aus?

Demographie - Hysterie und Realität

Von Karl Weiss

10. Artikel der Serie: Ältere Artikel im Blog, die weiterhin Bedeutung haben

Wir haben begonnen, hier im Blog 'Karl Weiss - Journalismus' Artikel aus früheren Jahren in unregelmässigen Abständen erneut einzustellen, wenn sie weiterhin von Bedeutung sind. Wir wollen uns als Bürgerjournalisten ja vom Medien-Mainstream unterscheiden, der eine Sau nach der anderen durchs Dorf treibt und dann nie wieder erwähnt. Heute wiederholen wir diesen Artikel vom 29. März 2006 [mit ein paar Zusätzen], der weiterhin aktuell ist, denn weiterhin wird die angebliche demographische Katastrophe in Deutschland beschworen, weil die Deutschen sich nicht wie die Karnickel vermehren. Angeblich seien Rentenkürzungen und Heraufsetzung des Rentenalters aus demographischen Gründen nötig.

Wie der Statistiker Prof. Bosbach von der FH Koblenz in den VDI-Nachrichten erklärt, sind die verbreiteten Theorien über eine Demographie-Desaster in Deutschland völlig unbegründet. Weder sinken die Geburtenraten über das hinaus, was schon in der Vergangenheit erreicht war, noch ist die deutsche die niedrigste auf der Welt. Irgendwelche Vorhersagen, die Deutschen würden aussterben, sind lächerlich angesichts der Zahlen. Bosbach spricht ausdrücklich von Horrorszenarien und Panikmache, um Deutsche für „Reformen" empfänglich zu machen.

Hier sind die nackten Fakten:Tatsächlich hat das statistische Bundesamt bekanntgegeben, daß in einer ersten Vorausschätzung (die genauen Zahlen werden erst nächstes Jahr zur Verfügung stehen) die Geburtenrate pro Frau in Deutschland 2005 bei 1,34 lag. Das ist in keinster Weise beunruhigend. Laut einer Vorausschau des Statistischen Bundesamtes (bei der überhaupt noch keinerlei Veränderungen einbezogen sind) würde eine solche Geburtenrate zu 75 Millionen Deutschen im Jahr 2050 führen, keineswegs eine schreckliche Vorstellung.

Man muß schließlich auch berücksichtigen, daß Deutschland eines der am dichtesten bevölkerten Länder der Welt ist. In Europa sind nur die Niederlande, Belgien und England dichter besiedelt. International gibt es da noch Bangladesh und einige wenige kleine Länder mit noch höheren Dichten.

Um nur einen Eindruck zu geben: Deutschland hat 231 Einwohner je Quadratkilometer, in den USA leben 31 Einwohner auf diese Fläche, in China 135.

Wenn ein wenig mehr Platz in Deutschland wird, kann dies also nur gut sein. Auch angesichts der Wohnsituation kann dies vorteilhaft sein, denn der Sozialwohnungsbau und Bau von bezahlbaren Wohnungen ist praktisch eingestellt. Würde die Bevölkerung noch steigen, hätten wir Mieten aufzubringen, die kaum noch zahlbar wären. Ganz zu schweigen davon, daß ja nicht einmal jetzt Arbeitsplätze für alle zur Verfügung stehen. Man denke, wie hoch die Arbeitslosigkeit würde, wenn die Deutschen begännen sich zu vermehren wie die Karnickel. [Wäre die Geburtenrate auf der Höhe von 1963 geblieben, hätten wir heute 20 Millionen Arbeitslose statt 10 Millionen.]

Auch hat Deutschland mit 1,34 pro Frau keineswegs die niedrigsten Geburtenraten aller Länder, allein in Europa sind es 11 Länder, die niedrigere haben: Slowakei mit 1,17, Tschechien mit 1,18, Slowenien mit 1,22, Polen mit 1,24, Litauen mit 1,25, Spanien mit 1,26, Griechenland mit 1,27, Rußland mit 1,28, Lettland mit 1,29, Italien mit 1,29 und Ungarn mit 1,30. Auch Japan hat mit 1,33 noch eine niedrigere Rate.

Dazu kommt, daß die Rate im endgültigen Ergebnis wahrscheinlich einen höheren Wert ergibt. Die vorläufige Rate wird nämlich lediglich mit einer Umfrage ermittelt, in der nach der Zahl der Kinder im Haushalt gefragt wird. Kinder, die nicht im Haushalt leben, werden gar nicht erfaßt. Im Verlauf der beiden davor liegenden Jahre war die Geburtenrate in Deutschland sogar angestiegen, von 1,36 im Jahre 2003 auf 1,37 im Jahre 2004.

Auch sind diese Zahlen nicht die niedrigsten seit dem 2.Weltkrieg. 1983 und 1986 lagen die Zahlen noch darunter in der damaligen Bundesreublik.

Auch der Anteil der kinderlosen Frauen in der Bundesrepublik wird üblicherweise überschätzt. So geistert im Blätterwald z.B. die Zahl von 40% der Akademikerinnen herum, die angeblich kinderlos seinen. Die wirkliche Zahl ist 21%.

Prof. Bosbach hebt hervor, daß es auch keinerlei Grund gibt anzunehmen, daß das Verhältnis von Jungen und Alten sich so verschieben würde, daß die Rentner nicht mehr versorgt werden könnten. Die Erwerbsfähigen (Menschen zwischen 20 und 60 Jahren[- nach der Zählung des Statistischen Bundesamtes]) werden im Jahr 2050 nach der Vorausschau des statistischen Bundesamtes im Verhältnis 100 zu 112 zu versorgenden Jungen und Alten stehen. Aber auch im Jahr 1970 war das Verhältnis schon 100 zu 100.

Die momentane Zahl (letzte Statistik 2001: 100 zu 82) scheint da deutlich niedriger, aber man muß berücksichtigen, daß man ja eigentlich noch alle Arbeitslosen und „Sonstigen" mit zu den zu Versorgenden zählen müßte, so daß bereits beweisen ist, daß diese Anzahl ‚nicht Erwerbstätiger’ tatsächlich versorgt werden kann.

Vom Autor sei noch angemerkt, daß es auch etwas unlogisch ist, wenn man alle mit mehr als 60 Jahren unter ‚nicht erwerbsfähig’ einreiht, während gleichzeitig das Rentenalter auf 67 erhöht wird. Es gibt also keinerlei Gründe, das Rentenalter zu erhöhen - außer dem, daß die Politiker Gelder aus den Rentenkassen zweckentfremded verwendet haben und die deshalb jetzt leer sind.

Bosbach weist allerdings darauf hin, daß der Produktivitätsanstieg natürlich unbedingt an die Beschäftigten weitergegeben werden muß, damit sich da keine Versorgungslücke auftut, d.h. also, die jährlichen Lohnerhöhungen müssen mindestens in der Höhe Inflation + Produktivitätsanstieg liegen. Wie Bosbach das wohl den Konzernen und Großbanken beibringen will?

Auch auf einen anderen Punkt weist Prof. Bosbach noch hin: Die Geburtenraten sind keineswegs ein unentrinnbares Schicksal. Man kann durch eine aktive Umverteilung zugunsten der wenig verdienenden Familien da einen deutlichen Effekt erreichen. Er nennt als Beispiel Frankreich, ein Land mit traditionell hohen Raten, wo die Geburtenrate bis 1993 auf 1,65 gesunken waren, als man eine solche Förderung begann. Heute liegt die Rate in Frankreich bei 1,90 (letzte bekannte Zahl von 2004).[Allerdings sollte man sich wirklich fragen, ob man sich nicht lieber über die niedrigen Geburtenraten freuen sollte.]

Schließlich und endlich, so Prof. Bosbach, kann man eben nicht nur von einer Seite herangehen und mehr zu Versorgende sehen, sondern muß auch berücksichtigen, daß die Werte der Volkswirtschaft ständig ansteigen. Mit der Vorhersage der Herzog-Kommission von durchschnittlich 1,25% jährlich hätten wir im Jahre 2050 eine um 84% höhere Gesamtleistung der Volkswirtschaft, rechnet man mit den 1,8 % der Rürüp-Kommission, kommt man sogar auf eine 140% höhere - und das ist bereits inflationsbereinigt. [Auch wenn diese Zahlen Wunschträume sind, muss man doch klar sehen: Die Wirtschaftsleistung wid dann so viel höher sein als heute, dass irgendeine Notsituation demographischer Ursache absolut nicht in Sicht ist.]

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