Mittwoch, 3. November 2010

Räuber! Haltet die Diebe!

“Die räuberische Wasser-Privatisierung”

Von Karl Weiss

Jetzt ist es heraus! Was die meisten schon vermutet hatten, ist nun Gewissheit: Die Privatisierung der Berliner Wasserwerke vor 10 Jahren war ein krimineller Akt! Den Käufern wurden automatische Gewinne in der Höhe von Hunderten von Millionen von Euro pro Jahr garantiert! Die Geheimverträge, die dies beinhalten, wurden nun der TAZ zugespielt und von ihr veröffentlicht.


Die kriminelle Energie der Täter war sogar so groß, dass man die Gewinn-Garantie, als sie vom Landesverfassungsgericht gekippt wurde, einfach aus dem öffentlich zugänglichen Teil der Verträge in die Geheimverträge übernahm.

Was die Berliner davon merkten, waren hohe und ständige Erhöhungen des Wasserpreises. Man konnte aber diese Preiserhöhungen nur einfach schlucken, weil die vertragliche Grundlage nicht klar war und daher keine Klage gegen die privaten Betreiber der Wasserwerke, die RWE und der französische Konzern Veolia anstrengen konnte.

Dazu kam, der Senat hatte nur 49,9% der Wasserwerke an sie verkauft, blieb also formal der Hauptanteilseigner. Diese Position wurde aber in Wirklichkeit durch den Inhalt der Geheimverträge aufgehoben, denn die Gewinngarantie entzog dem Senat das Recht auf Festlegung des Wasserpreises und übergab es den beiden privaten Eignern. Das ist aber eindeutig eine kriminelle Machenschaft.

Damals war die Teil-Privatisierung sogar als Vorteil angepriesen worden, denn es würden mehr Arbeitslätze für Berlin entstehen. Tatsache ist, von den 6265 Beschäftigten der Berliner Wasserwerke vor dem Teilverkauf sind heute nur noch 5283 übrig.

Diese ganze Situation hatte auch bereits zu einem Volksbegehren geführt mit dem Ziel, diese Verträge offenzulegen. Mehr als 280 000 Berliner haben in den letzten Wochen für dieses Volksbegehren unterschrieben, das damit die erforderliche Zahl an Unterschriften weit überschritten hat. Doch nun sind die Verträge nicht mehr geheim und der „Berliner Wassertisch“ als Träger des Volksbegehrens kann sich dem zweiten Teil seines Planes widmen, nämlich die Privatisierung rückgängig zu machen.

Hier seien auch die beiden hauptverantwortlichen Politiker beim Namen genannt: Es waren der damalige Regierende Bürgermeister von Berlin, Diepgen und der zuständige Senator Pieroth, beide CDU. Es sei hier aber auch nicht verschwiegen: Die SPD war damals mit in der Koalition. Der damalige SPD-Fraktionsvorsitzende Böger hat die kriminellen Verträge ausdrücklich verteidigt. Die SPD wird zu erklären haben, ob sie Kenntnis von den Geheimverträgen hatte.

Dies ist natürlich so kurz vor den Berliner Bürgerschaftswahlen von großer Bedeutung. Sollte die SPD keine ausreichenden Antworten auf die offensichtlichen Fragen geben können, dürften ihre Aussichten, auch weiterhin den regierenden Bürgermeister zu stellen, gewaltig sinken.

Warum aber sind Gewinn-Garantien für private Eigner von Monopolbetrieben kriminell? Aus einem einfachen Grund: Die Abnehmer eines Monopolbetriebes (die ja nicht einfach auf einen Konkurrenten übergehen können) werden in diesem Fall enteignet. Jede Preiserhöhung enteignet von ihnen einen bestimmten Anteil des zu zahlenden Preises. Das gleiche gilt für jene, die ihren Arbeitsplatz verloren, auch dies ist in diesem Fall Enteignung.

Die Verfassung sagt aber ausdrücklich, dass das Privateigentum geschützt ist. Enteignungen sind nur in ganz speziellen Fällen erlaubt und möglich, die sich hier nicht anwenden lassen.

Da es sich um eine Regel des Grundgesetzes handelt, kann hier auch nicht argumentiert werden, der Verkauf auf der Grundlage der Verträge sei ja von der gesetzgebenden Körperschaft abgesegnet worden, denn grundgesetzwidrige Beschlüsse des Gesetzgebers sind selbstverständlich vom ersten Tag an ungültig und nichtig.

Rein theoretisch müssten also die verantwortlichen Politiker zur Rechenschaft gezogen werden und auch mit ihrem eigenen Vermögen zur Wiedergutmachung beitragen. Rein theoretisch müssten die Verträge mit der RWE und der Veolia von Anfang an für nichtig erklärt werden und beide Konzerne zu Schadenersatz verurteilt werden. Rein theoretisch müssten die Berliner für das zuviel gezahlte Geld entschädigt werden und die Entlassenen das Geld für die Zeit seit ihrer Entlassung erhalten.

Nur: Zu all dem wird es nicht kommen.

Deutschland ist ein Unrechtstaat. Politiker und Wirtschaftsführer werden hier nicht verurteilt. Die Fälle Graf Lambsdorff, Kohl, Ackermann und Zumwinkel, um nur wenige zu nennen, sprechen Bände. Auch Unternehmen, die sich unterlautere Zusatzgewinne verschaffen, werden in diesem Land nicht verurteilt.

Wollen wir wetten?

Falls jemand den Wortlaut des Vertrags nachlesen will, hier: http://www.taz.de/wasservertrag


Veröffentlicht am 1. November 2010 in der Berliner Umschau

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