Kein Aufschwung!
Von Karl Weiss
Vom “Aufschwung” war die Rede in Deutschland, die „Bild“ feiert ihn schon seit Monaten. Der Wirtschaftsminister ließ sich sogar zur Behauptung „Aufschwung XXL“ hinreißen. Frau Merkel schwafelt ohne Grundlage von „Vollbeschäftigung“. Nichts dergleichen geschieht! Zwar gab es im ersten Halbjahr Zuwächse zum Vorjahr, aber man ist noch entfernt von den Zahlen von vor der Krise. Zudem ist die kleine Zwischenerholung auch schon wieder zu Ende.
Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, gingen die Auftragseingänge in der deutschen Industrie im September um etwa 4% gegenüber dem Vormonat zurück – und das, obwohl die Exporte (nur die Exporte!) von Autos weiterhin boomen.
Dabei ist interessant, woher der Hauptteil dieses Rückgangs kommt: Originalton Statistisches Bundesamt: „Das Auftragsminus insgesamt ergab sich vor allem aus den Bestellungen aus der Eurozone, die um 13,3 % einbüßten.“
Mehrere Länder des Euro-Raumes sinken zur Zeit zunehmend schneller in eine Wirtschaftskrise. Die Ursachen: Brutale Sparmaßnahmen der Regierungen, begründet mit der über alle Massen erhöhten Verschuldung wegen der Bankenhilfen.
Natürlich wird damit überhaupt nichts an der Verschuldung geändert, denn in einer Wirtschaftskrise kommen massiv weniger Steuereinnahmen herein und damit kann man die Verschuldung nicht verringern.
Aber die herrschende kapitalistische Wirtschaftstheorie hat mit der Wirklichkeit sowieso nichts zu tun. Man stellt Thesen auf und verlangt, alle hätten sich daran zu halten, wie z.B. „Bei zu hoher Verschuldung muss der Staat sparen.“ Wenn es dann nicht so läuft wie vorhergesagt, erfindet man eben neue Ausreden.
Rationalen Argumenten sind diese „Wirtschaftswissenschaftler“ nie zugänglich. Was da als „Wirtschaftswissenschaften“ bezeichnet wird, ist nichts als das Verdecken der kapitalistischen Wirklichkeit, dass alle Gelder und Werte an die großen Konzerne und Banken zu gehen haben und die Bevölkerung einem so wurscht ist, wie wenn auf dem Mond eine Tür zufällt.
Betroffen von beginnenden oder auch schon massiv deutlich werdenden Wirtschaftskrisen in der EU sind Großbritannien, Irland, Spanien, Portugal, Griechenland und Belgien, ausser GB alles Euro-Länder. Auch in anderen Ländern der Euro-Zone gibt es Sparmaßnahmen, die aber nichts so exzessiv sind wie in diesen. Trotzdem können auch sie zu wirtschaftlicher Stagnation führen.
Da ist es kein Wunder, wenn Deutschland in solche Länder weniger exportiert und damit genau das Gegenteil passiert von dem, was die Schlauberger vorhergesagt hatten. Statt der behaupteten Konjunkturlokomotive Deutschland werden wir von diesen Ländern mit in den Strudel der Abwärtsbewegung gerissen.
Und das alles, weil man die Banken gerettet hat und weiterhin retten wird. Denn die Banken sind die Quintessenz des Kapitalismus und mit ihnen würde der Kapitalismus zu Grunde gehen.
So führt die Bankenrettung mit unaufhaltsamer Logik zur nächsten großen weltweiten Wirtschaftskrise – oder sollte man besser sagen: Zum zweiten großen Absturz in der begonnen kapitalistischen Endzeitkrise.
Siehe hierzu auch diesen Artikel: „Endzeitkrise des Kapitalismus“ ( http://karlweiss.twoday.net/stories/5535953/ )
Veröffentlicht am 12. November 2010 in der Berliner Umschau