Von Märchen und Wundern
Von Karl Weiss
Der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Schmieding, räumte mit dem Märchen auf, in Deutschland gäbe es ein "Jobwunder", die Industrie blühe auf und stelle ein. In Wirklichkeit ist die Bruttowertschöpfung der Industrie in Deutschland 15% unter Vorkrisenniveau. Zusätzliche Arbeitsplätze wurden dort fast nirgends geschaffen. Weise, Chef der ‚Bundesanstalt‘ sagt sogar, das verarbeitende Gewerbe in Deutschland werde den Beschäftigungsstand von vor der Krise nie mehr erreichen.
Was an Stellen geschaffen wurde, ist praktisch ausschließlich im Dienstleistungsbereich und dort vor allem in der Zeitarbeitsbranche. Will sagen: Auf der einem Seite werden Festangestellte gefeuert, auf der anderen stellt man Zeitarbeiter ein. Dazu kommen Teilzeitarbeit, Ein-Euro-Jobs, Fremdfirmenbeschäftigung, Niedrigstlohnarbeitsstellen bis hinunter zu 3 Euro pro Stunde, Scheinarbeitsplätze ohne Bezahlung getarnt als "Praktikum" und die bekannten "Warteschleifen" der Bundesanstalt, kurz: Es werden Löhne gekürzt, dass es eine Art hat. Die laufend sinkenden Real-Umsätze des Einzelhandels sprechen Bände.
Oberstes Ziel der deutschen Politik ist die Verarmung der Bevölkerung!
All dies holt Leute aus der Arbeitslosenstatistik, gibt ihnen aber keine wirklichen Arbeitsplätze.
Zeugnis davon legen die Millionen von "Beschäftigten" ab, die auf Bezug von Hartz IV bzw. Aufstocken zum Hartz IV-Betrag angewiesen sind. Es sind 6 Millionen in Hartz IV mit der Tendenz zu 7 Millionen. Da liegt die wirkliche Höhe der Arbeitslosigkeit.
Im Maschinenbau liegt man sogar um 17% unter Vorkrisenniveau. Im verarbeitenden Gewerbe als Ganzem ist weiterhin Kurzarbeit an der Tagesordnung. Vor allem betreffe das einige Regionen in Bayern und Baden-Württemberg, so Weise. Der allseits wegen der geringen Arbeitslosigkeit so hochgejubelte Süden des Landes ist also auch nicht mehr das, was er mal war.
Seit Anfang 2009 wurden in der deutschen Industrie 366 000 Jobs vernichtet.
Die Financial Times Deutschland titelt dazu am 4. 1. 2011: "Industriejobwunder entpuppt sich als Märchen"
Wenn man Ihnen also wieder und wieder weismachen will, Deutschland stehe im Aufschwung, habe die höchsten Beschäftigungsraten seit Bestehen, schaffe haufenweise Arbeitsplätze, sei der Konjunkturmotor Europas und andere "Informationen", die durch falsche Relationen, einseitiges Zählen nur der positiven Seiten, durch schlichtes Erfinden und geschickte Änderungen der Statistik-Zählweise zustande kommen, erinnern Sie sich: "...entpuppt sich als Märchen".
Veröffentlicht am 10. Januar 2011 in der Berliner Umschau, hier geringfügig aktualisiert.