Donnerstag, 20. Januar 2011

Behandelt wie Schwerverbrecher

Hartz-IV-Realität in Deutschland

Von Karl Weiss

In drei voneinander unabhängigen Fällen wurden jetzt von den Hartz-IV-Behörden jungen schwangeren Frauen das Unterhaltsgeld gestrichen, weil sie unzumutbare Arbeitsplätze nicht angetreten hatten. Eine von ihnen sagte, sie fühle sich „wie eine Verbrecherin“ behandelt. Auch Tausende anderer Hartz-IV-Empfänger hatten bereits diesen Eindruck.

Hartz-Protest 02

Der erste Fall war in Braunschweig, wo eine 22jährige im vierten Monat schwanger war. Da sie aber – unabhängig von der Schwangerschaft – gesundheitliche Probleme hat, trat sie einen Job nicht an, den man ihr als Ein-Euro-Job in einer Schulkantine zugewiesen hatte. Sie war krankgeschrieben, aber das interessiert einen deutschen Beamten nicht. Deutsche Beamte reiben sich heimlich die Hände vor Vergnügen, wenn sie eine Schwangere in den natürlichen Abort treiben können.

Na gut, nicht ALLE deutschen Beamten, aber gewisse tun dies! Das Gefühl, Macht über arme schwangere Mädchen zu haben, ist unvergleichlich. Da kann man nicht anders, als das auszunutzen!

Hartz ueber Hartz IV. Dass die Arbeitslosen nur ein Jahr Arbeitslosengeld bekommen, 'ist ein grosser Fehler, ein Betrug ... an denen, die jahrelang eingezahlt haben.'

Nun, in diesem Fall hat es noch mehr Möglichkeiten gegeben, die Schwangere zu drangsalieren. Ihr wurde nämlich auch der Mehrbedarf während der Schwangerschaft gestrichen und dazu wurde sie auf Lebensmittelgutscheine verwiesen, die sie beim Amt abzuholen hätte. Die Fahrtkosten wurden aber nicht ersetzt. Ausserdem verweigerte man die Zahlung der Praxisgebühr und den Kostenersatz für die Medikamente, die sie nehmen musste. Kurz, hätte sich da nicht eine arme Seele dieser jungen Frau angenommen, sie hätte mit Sicherheit einen natürliche Abort erlebt – und der deutsche Beamte hätte gegrinst: „Ich habe es geschafft!“

Zum Glück wandte sich die junge Frau an eine Stelle, die Hartz-IV-Geschädigte unterstützt und es konnte eine Klage beim Sozialgericht eingereicht werden. Dort hatte man Erfolg und die Leistungen werden nun wieder ausgezahlt.

Weg mit Hartz IV

Der zweite Fall war in Passau (ein besonders berüchtigter Ort, weil dort die CSU immer noch 60% bekommt). Eine 21-jährige war schwanger. Ihr wurde ein Ein-Euro-Job in einer Grossküche zugewiesen, obwohl sie sechs Wochen vor dem Geburtstermin stand. Die Richtlinien, wie zum Besipiel jene des Universitätsklinikums Heidelberg, schliessen ausdrücklich die Beschäftigung von Schwangeren in Grossküchen aus, aber was kümmert das den deutschen Beamten?

Die junge Frau war krankgeschrieben und brauchte daher den Job nicht antreten, aber dann vergass sie ein Mal, rechtzeitig die Folge-Krankschreibung vorzulegen. Sofort schnappte die Sanktionsfalle zu. Ihr wurden die Leistungen gestrichen und auch sie wurde auf die Lebensmittelgutscheine verwiesen. Der Einspruch wurde nicht bearbeitet. Nun muss man auch in diesem Fall vor Gericht gehen.

Der dritte Fall ist der einer ebenfalls jungen Schwangeren in Berlin. In diesem Fall handelte es sich um eine psychisch kranke Frau, die in Behandlung in einer psychiatrischen Klinik musste. Da sie aus diesem Grunde nicht mehr beim Amt erschien, wurde ihr ebenfalls Hartz IV (und natürlich auch der Zusatz mit dem erhöhten Bedarf der Schwangeren) gestrichen.

Zwar konnte sie ihre Einweisung nachweisen und der Bescheid der Aufhebung der Leistungen wurde zurückgezogen, aber sie hatte inzwischen ihre Wohnung verloren, weil die ARGE sie nicht mehr bezahlt hatte. Ausserdem war sie von Oktober bis Dezember nicht krankenversichert (weil ihre Leistungen ja gestrichen waren).

Sie braucht jetzt rückwirkend diese Leistungen, aber man hat ihr keine Hoffnung gemacht. Es blieb ihr nichts anders übrig, als wieder zu ihrer Mutter zu ziehen, denn wegen der psychischen Erkrankung muss sich jemand um sie kümmern.

FDP: Armut kotzt uns an

Das „Erwerbslosen-Forum“ hat angesichts solcher Fälle gefordert, die Möglichkeit der Sanktionierung für Schwangere sofort auszusetzen.

Aber es geht auch generell um die Sanktionen. Es weist darauf hin, dass in 90% der Fälle, in denen die Betroffenen mit Hilfe des Forums gegen solche Sanktionen klagen, die Gerichte ihnen Recht geben.

Es ist offensichtlich: Diese Sanktionen werden nicht als normale Reaktionen auf Fehlverhalten ausgesprochen, sondern zur Schikanierung genutzt. Daher wird gefordert, alle Sanktionen bis auf weiteres auszusetzen.

Hartz Leyen herzlich

Nun, wenn man sich unsere Politiker so ansieht, so wird diese Forderung wohl auf keine Resonanz stossen. Man hat ja Hartz IV gerade geschaffen, um unmenschlich mit den Menschen umgehen zu können. Und dabei ist Hartz IV teurer als die vorherige Regelung!

Es ging also nie um Einsparungen, es ging um Erniedrigung und Angst. Wie wollte man sonst die Menschen dazu bringen, jedweden Job anzunehmen, auch wenn es Zeitarbeit für 3 Euro pro Stunde ist?


Andere Artikel zur Hartz IV im Blog:

"Dossier Hartz IV – Hindernisrennen ins Elend"

"5 Millionen Arbeitslose einstellen"

"Hartz IV – Berliner Zeitung schert aus dem Chor der Missbrauchsankläger aus"

"Hartz IV – Absurd, absurder, am absurdesten – Das Chaos war geplant!"

"Grundversorgung von 1600 Euro käme billiger als heute."

"Die neuesten Hartz-Sauereien – Das Mass ist voll!"

"Nicht genug zu essen – Hartz IV – Realität in Deutschland 2007"

"19 Fälle – Die Realität von Hartz IV"

"Arbeitslosigkeit ist zum Delikt geworden"

"Hartz IV führt in Obdachlosigkeit"

"Hartz IV–Empfänger müssen kalt duschen, im Dunkeln sitzen und Wasser trinken"

"Hartz IV: Vertreibung von Mietern"

"Hartz IV–Betroffene: Daumenschrauben anziehen!"

"Hartz-IV: Jetzt auch noch Sippenhaft"

"Hartz IV: Nieder auf die Knie!"

"Kein Anspruch auf fabrikneue Kleidung"

"Hartz IV: Unter den Brücken schlafen?"

"Hartz IV: Der angeleinte Mensch"

"Hartz IV: Der Fall Brigitte Vallenthin"

"Zwangsprostitution durch Hartz IV"

"Das Verfassungsgericht und Hartz IV"

"Hartz IV 2009: Persönliche Notlagen? Die ARGE sch.... drauf"

"Hartz und Hunger – Vier Episoden"

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