Verschweigen und NPD aufbauen: Handverlesenes aus der „Süddeutschen“

„Hartz IV ist ein Wunder“

Von Elmar Getto

Hier erneut ein Artikel von Elmar Getto, in dem er einerseits den Sozialabbau anprangert und gleichzeitig die Medien angreift, die ihn vertuschen. Er erschien in RBI-Aktuell am 3. Februar 2005.

Handverlesen sind die Hartz-IV-Empfänger, die die „Süddeutsche Zeitung“ in ihrem Artikel „Was ein Leben wert ist“ vom 2.2.2005 vorstellt. Man bringt Aussagen einiger Betroffener, die noch nicht gemerkt haben, daß sie schlechter gestellt sind und stellt sie als Tatsachen hin:

„Hartz IV ist ein Wunder“ habe eine Betroffene gesagt, weil man jetzt die Zinsen für die Eigentumswohnung vom Amt bezahlt bekommt. Statt sie (und die Leser) aufzuklären, daß ihr ja die Tilgung nicht bezahlt wird und sie daher in Kürze die Wohnung nicht wird halten können, läßt man dies so im Raum stehen, als ob es Hartz-IV-Betroffene gäbe, denen es nun besser ginge. Das sind die Methoden der Süddeutschen. Doch damit nicht genug.

Zunächst verkündet der Artikel zum x-ten Male die Story von der ‚Aufregung’ der Kritiker von Hartz IV:

„Groß war die Aufregung: Massenverarmung drohe, Arbeitslose würden unter unerträglichen Druck gesetzt, so die schrille Klage der Gegner.“

Dann werden die angeblich positiven Beispiele (wie das obige) aus der Tasche gezaubert: Die Rudzinskis aus Polen bekamen seit ihrer Übersiedlung nach Deutschland zunächst Sozialhilfe, jetzt Arbeitslosengeld II (ALG II). Sie waren überrascht, daß „es sogar ein wenig mehr war“. Auch das läßt man so im Raum stehen. Daß die früheren Sozialhilfeempfänger in Wirklichkeit deutlich weniger bekommen, weil die Möglichkeit gestrichen wurde, einmalige Ausgaben, wie Reparaturen, Schulbücher, notwendige Kleidung, Ersatz defekter Haushaltsgeräte oder ähnliches ersetzt zu bekommen, verschweigt die „Süddeutsche“ in diesem Zusammenhang ihren Lesern.

Man höre nur Originalton Süddeutsche:

„Die Familie zählt zu den Gewinnern der Reform, die es genauso wie die Verlierer gibt. Damit der Sozialstaat erhalten bleiben kann, begrenzt der Staat seine Leistungen, das ist die kühle Logik hinter den Einschnitten.“

Zwischendrin wird noch schnell das Märchen wieder aufgewärmt, die Arbeitslosen bekämen € 345 plus Miete. In Wirklichkeit bekommen sie bloß eine „angemessene“ Miete bezahlt und was angemessen ist, bestimmen die leeren städtischen Kassen. Deshalb wurden bereits Tausende aufgefordert umzuziehen – und dabei hatte man eigentlich empfohlen, im ersten halben Jahr auch noch höhere Mieten zu zahlen – massenhaft hart wird es also erst im Juli.

Lassen Sie sich das folgende auf der Zunge zergehen:

„Grundsätzlich gilt das Prinzip: Wer bislang sehr wenig bekam, der stellt sich eher besser – vor allem bei den Sozialhilfeempfängern ist das so. Die Wohlfahrts-Verbände hatten sich ereifert, diese würden schlechter gestellt mit Alg II: Zwar seien die monatlichen Sätze höher, aber die Einmalzahlungen zum Beispiel für Möbel fielen weg. Die Rudzinskis merkten davon im Januar nichts, weil ihnen auch im vergangenen Jahr gar nicht in den Sinn kam, extra Geld zu beantragen. Das wild gemusterte Achtzigerjahre-Sofa und die anderen Sachen haben sie sich von Verwandten zusammengeborgt.“

Weil die Rudzinskis nichts gemerkt haben, sind die ‚ereiferten’ Wohlfahrts-Verbände natürlich im Unrecht.

Wer so mit der Wahrheit umgeht, hat finstere Absichten.

Doch was dann kommt, ist noch weit finsterer: Die Süddeutsche preist lauthals die NPD als angebliche Protestpartei gegen Hartz IV an. Eine Betroffene (", die schon auf einer Montagsdemo war,") wird zitiert:

"Die Politiker haben doch keinen Draht mehr zu den Leuten. Vielleicht würde ich auch NPD wählen, um die wegzukriegen."

(Wurde da vielleicht die Frage gestellt: „Würden Sie NPD wählen, wenn Sie dadurch die jetzigen Politiker wegkriegen könnten“ und sie antwortete: „Vielleicht?“ So bekommt man die Aussagen, die man will.)

In scheinbar neutralem Ton geht es weiter: „Die Gewinne von DVU und NPD bei den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg im September führten Wahlforscher auch auf die Angst der Menschen vor sozialen Einschnitten zurück.“

Nur um dann festzustellen: „Die Gewerkschaften stellten ihren öffentlichen Protest gegen Hartz IV ein, als sie merkten, daß davon nur die extremen Parteien profitierten.“

Was haben wir nun gelernt von der Süddeutschen:

- Mit Hartz IV fallen nicht etwa die letzten Illusionen über einen angeblichen Sozialstaat, nein, er wird damit erhalten!

- Hartz IV bringt gar keine Verschlechterungen, sondern für den einen Verschlechterungen und für den anderen Verbesserungen. Die Milliarden, die mit Hartz IV eingespart werden sollen, gibt es gar nicht!

- Wenn du gegen Hartz IV protestieren willst, mußt du NPD wählen (die Wahlforscher müssen es schließlich wissen)!

- Die Proteste gegen Hartz IV wurden nicht aus Wut über diesen Angriff auf das Volk durchgeführt, sondern damit „extreme Parteien“ davon profitieren.

Dann wird uns klargemacht, daß die Deutschen sowieso heimliche Faschisten und Ausländerhasser sind:

„Ein bißchen mehr Nationalbewußtsein täte schon gut, meint Jil-Claudia Seegert. Wenn sie ihre stets doppelt verriegelte Wohnung verlasse und nach unten auf die Straße und an dem Spielplatz vorbeigehe, höre sie nur noch Russisch und Türkisch. Den Zuzug von Ausländern würde sie sofort begrenzen. „Hier leben Familien in dritter Generation in Sozialhilfe", sagt sie. (...) So sieht es auch Daniel Kretzschmar, auch er einer der Verlierer von Hartz IV. (...)“

Welche Fragen man hier wohl gestellt hat?

So kann man desinformieren statt zu informieren. Man muß nur die richtigen Fragen stellen und das einfach bei so vielen, bis man die richtigen Antworten hat. Die anderen Befragten läßt man dann einfach unter den Tisch fallen.

Statt aufzuklären, baut man die NPD auf. Statt zu sagen, daß die Faschisten keineswegs gegen Maßnahmen wie Hartz IV sind, sondern dies nur vorgeben, daß überall, wo der Faschismus an die Macht kam, das Streichen von Rechten der Arbeiter und Sozialabbau betrieben wurde, desinformiert man.

Die Montagsdemos stellt man gleich in die Ecke der NPD, obwohl auf allen Montagsdemos energisch protestiert wurde gegen Versuche von Faschisten teilzunehmen. Jene Politiker, die Hartz IV zu verantworten haben, sorgen aber dafür, daß, wie z.B. in Dresden und Stralsund, die Polizei die Montagsdemos mit Gewalt (einschließlich Knüppeleinsatz und Festnahmen) zwingt, die Anwesenheit von Faschisten zu dulden.

Die Politiker sind auch für die Entscheidung der Stadtverwaltung Eisenach verantwortlich, wo der Montagsdemo, die bereits für Wochen im voraus den Marktplatz Montags für die Demo angemeldet hatte, dieser Platz jede zweite Woche gestrichen wurde, damit eine faschistische Kameradschaft dort Montags ihre Hetze betreiben kann – und das unter Bruch des Erstanmelderprinzips, das überall gilt, außer wenn man Faschisten fördern will.

Damit wird das wahre Ziel dieser Politik und dieses „Süddeutsche“-Artikels klar: Man hat Angst vor einer möglicherweise anschwellenden Volksbewegung und will die Faschisten dagegen aufbauen. Da bleibt nur zu hoffen, daß die Angst berechtigt ist.
darkrond - 25. Sep, 02:46

wenn vor der sächsischen landtagswahl herr rogowski meinte, die demokratie würde die npd aushalten, während er einen halbsatz später vor der wahl der linkspartei warnte, dann wundert mich nicht mehr viel. :/

Karl Weiss - 25. Sep, 03:47

Blitz-Reaktion

Hallo darkrond,

Das war eine schnelle Reaktion. 2.30 habe ich den Artikel reingestellt, 2.46 steht schon dein Kommentar drin. Und halb drei Nachts ist nicht unbedingt die Zeit, wann viele Leute reaktionsschnell sind. Hier in Brasilien ist natürlich noch nicht halb Drei, sondern erst halb 10 abends. Ich muss ja morgen um sechs raus.

Was du geschrieben hast, das wusste ich noch nicht. Aber es belegt genau das, was Elmar da geschrieben hat. Sie haben Angst vor links und vor dem Volk, wenn es nach links geht und sie arbeiten indirekt zusammen mit den Faschisten und päppeln die als "Reservetruppen" auf.

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