Internacional Porto Alegre ist Fussball-Vereinsweltmeister 2006

... durch ein 1 : 0 gegen den F.C. Barcelona

Von Karl Weiss

Der diesjährige Sieger der „Copa Libertadores“, dem südamerikanischen Gegenstück zur europäischen „Champions Leage“, der südbrasilianische Club Internacional Porto Alegre, hat am 17.12. 2006 durch einen 1: 0-Erfolg gegen den europäischen Titelträger F.C. Barcelona die FIFA-Vereinsweltmeisterschaft gewonnen. Damit sind alle drei bisher von der FIFA ausgetragenen Vereinsweltmeisterschaften an brasilianische Vereine gegangen.

Im Jahr 1999 hatte die FIFA versuchsweise eine erste Vereinsweltmeisterschaft in Brasilien ausgetragen. Die hatte damals Corinthians São Paulo im Endspiel gegen Vasco da Gama Rio de Janeiro gewonnen, das vorher den damaligen europäischen Champion Manchester United eliminiert hatte. Mit geändertem Qualifikations- und Wettbewerbs-Schema wurde dann zum zweiten Mal eine FIFA-Vereinsweltmeisterschaft letztes Jahr (2005) veranstaltet, die wie diesmal den europäischen Champions-Leage-Sieger, damals den F.C. Liverpool, gegen eine brasilianische Mannschaft führte, die aktueller Sieger der „Libertadores“ war, damals der São Paulo F.C., der in diesem Jahr die brasilianische Meisterschaft gewonnen hat. Auch letztes Jahr gewann die brasilianische Mannschaft.

Der São Paulo F.C. aus der grössten Stadt der südlichen Hemisphäre war auch in diesem Jahr bis ins Finale der „Copa Libertadores“vorgestoßen und war Favorit, aber in zwei Spielen musste São Paulo Niederlagen hinnehmen gegen eine zeitweise unwiderstehlich aufspielende Mannschaft von Internacional. Allerdings gingen nach dieser großen Entscheidung insgesamt drei wichtige Spieler von Internacional weg (Tinga, Sobis und Bolivar), darunter der wichtigste Stürmer, Sobis, heute Stammspieler in der brasilianischen Auswahlelf, der jetzt bei Betis in Spanien spielt.

Der Berichterstatter hatte schon Bedenken, ob Internacional wirklich mit dem Super-Team aus Barcelona mithalten könnte, aber wieder einmal zeigte der Fußball, dass er unvorhersehbar ist. Immerhin hatte Barcelona „standesgemäß“ das starke Team von America aus Mexiko im Spiel um den Einzug ins Finale mit 4 : 0 abgefertigt. „Inter“, wie die Mannschaft in Brasilien kurz genannt wird, kann nur als etwa gleichwertig mit America angesehen werden.

Aber vielleicht hat irgendjemand genau dies auch den Spielern von Barcelona gesagt. Die Mannschaft ließ viel von ihrem üblichen Können im Endspiel vermissen, speziell in der zweiten Halbzeit. Vielleicht hatte man Inter unterschätzt und fast nicht ist tödlicher im Fußball als den Gegner zu unterschätzen (lediglich Angst vor ihm zu haben) – die Ungarn von 1954 im Weltmeisterschaftsendspiel können ein Lied davon singen.

Da gibt es natürlich auch noch ein kleines pikantes Detail, wie das so üblich ist bei großen Entscheidungen. Ronaldinho Gaúcho, der Superstar von Barcelona, war, solange er noch in Brasilien spielte, bei Inters Lokalrivale Gremio beschäftigt und man kennt ihn und seine Spielweise sehr gut in Porto Alegre. Er wurde in „liebevolle“ Spezialüberwachung genommen von Inters rechtem Außenverteidiger Ceará und konnte nicht zu seinem gewohnten Spiel finden, wenn er natürlich auch nie völlig auszuschalten ist. Das war denn auch Ronaldinhos Kommentar nach Spielende: „Ich wurde sehr stark bewacht. Internacional hat die Räume dicht gemacht und spielte taktisch perfekt.“

Barcelona will sich jetzt darauf konzentrieren, das „Doppel“ zu machen und die Champions Leage zweimal hintereinander zu gewinnen – was bisher noch niemanden gelungen ist (seit sie „Champions Leage“ heißt). Allerdings hat Chelsea, das ja in der gleichen Gruppe wie Barcelona war (mit dem unglücklichen deutschen Club Werder), bereits gezeigt, dass mit dieser Mannschaft zu rechnen ist.

Inter, das bereits 3 nationale brasilianische Titel und einen Pokalsieg vorzuweisen hat, hatte vor 2006 im internationalen Geschäft noch nichts Zählbares zustande gebracht. Damit ist jetzt endgültig Schluss. Nun hat man mit dem Lokalrivalen Gremio gleichgezogen, der ebenfalls in einem Jahr den „Libertadores“-Titel und danach die Vereinsweltmeisterschaft nach Porto Alegre bringen konnte – das war 1983.

Zwei andere brasilianische Mannschaften haben diese Errungenschaft bereits (außer Gremio Porto Alegre) geschafft, nämlich Flamengo Rio de Janeiro und Corinthians São Paulo – die beiden Clubs mit der grössten Anhängerschaft in Brasilien. Allerdings gibt es auch bereits einen Club, der zwei Libertadores und anschließende Welt-Titel verbuchen konnte, der Santos F.C. (das war zu Zeiten Pelés). Allen voran aber ist der eben gekürte brasilianische Meister São Paulo F.C., der bereits drei dieser Kunststücke fertig gebracht hat, 1991 gegen den A.C. Mailand, 1992 gegen Barcelona und eben, wie schon erwähnt, 2005 gegen Liverpool.

Damit ist die Metropole des äußersten Südens, Porto Alegre, nach São Paulo die zweite Stadt in Brasilien, die zwei Vereine beherbergt, die solches zu verbuchen haben. In Europa können wohl nur Mailand und London solches von sich sagen. Bemerkenswert, dass der Lokalrivale, gerade erst wieder aufgestiegen, auch sonst mit Inter mithalten kann: Man hat den dritten Platz in der Meisterschaft belegt, hinter Inter, das Zweiter wurde, mit nur zwei Punkten Rückstand (das ist fast nichts nach einer langen Saison).

Nachdem nun alle drei FIFA-Vereinsweltmeisterschaften von brasilianischen Vereinen geholt wurden, könnte natürlich jemand die Theorie der Überlegenheit der brasilianischen Liga erfinden. Aber dem ist nicht so. Zum einen gibt die Statistik klare Hinweise, dass die argentinische erste Division immer gleichwertig mit der brasilianischen war und ist, zum anderen kann die überragende Stärke der italienischen und spanischen Liga nicht geleugnet werden.

Auf jeden Fall können diese Ergebnisse aber die penetrante europäische Arroganz widerlegen, die den europäischen Teams eine absolute Überlegenheit zugestehen will. Dem ist nicht so. Sowohl die argentinische Spitzenliga wie auch die brasilianische kann mit den besten europäischen Ligen mithalten – und das, obwohl die besten argentinischen und brasilianischen Spieler bei europäischen Clubs spielen. In beiden Ländern gibt es ein Potential von ständig nachwachsenden Talenten, das ein Deutschland gelb vor Neid werden lassen könnte.

Man sehe sich nur die zwei 17- bzw. 18-jährigen an, die bei Inter im Endspiel zum Einsatz kamen. Sowohl Alexandre Pato als auch Luis Adriano, den dieser ersetzte, sind aufkommende Talente, die allerdings keine sichtbare Marke im Endspiel hinterließen.

Im Spiel um den Einzug ins Finale allerdings, gegen die ägyptische Mannschaft von Al Ahly, den afrikanischen Meister, haben beide gezeigt, was sie können und für die beiden Tore gesorgt, die Inter ins Endspiel brachten. In jenem Spiel zeigte Inter seine eher schwache Seite und musste auf Einzelleistungen hoffen, um am Ende mit 2 : 1 die Nase vorn zu haben. Im Spiel um den dritten Platz bewies Al Alhy mit einem Sieg gegen America Mexico Stadt, dass es sich wirklich um ein starkes Team handelt.

Held der Eroberung war Adriano, ein Spieler, der mehrfach harsch kritisiert worden war und sich in letzter Zeit in Heimspielen mehrfach Pfeifkonzerte (Buh-Konzerte) anhören musste. Er erzielte das entscheidende Tor gegen Barcelona in der 36. Minute der zweiten Hälfte und ließ alle schwachen Vorstellungen vergessen. Besonnene Beobachter weisen allerdings darauf hin, dass es Iarley war, der mit einem überragenden Sturmlauf in eine aussichtsreiche Position kam, in der er nur den mitgelaufenen Adriano bedienen musste und der stand allein vor dem Torwart.

Der Trainer von Inter, Abel Braga, hat mit diesem Sieg zweifellos sein Meisterstück vollbracht. Er hatte auch zuvor schon eine erfolgreiche Karriere hinter sich, konnte sie aber nun krönen. Dabei wiegt besonders schwer, dass vor allem die taktische Meisterleistung in der zweiten Halbzeit den Ausschlag für Inter gab. Vielleicht sollte der eine oder andere deutsche Verein mal nach guten brasilianischen Trainern Ausschau halten. Hamburg z.B. könnte nur gewinnen mit einem gewieften Taktiker als Trainer anstatt mit Auslaufmodellen wie Airton als Stürmer.


Artikel veröffentlicht am 18.12.2006 in der "Berliner Umschau".

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