US-Generalmajor Taguba zwangspensioniert
Von Karl Weiss
Der Generalmajor der US-Army, der damals in den Jahren 2003/2004 die Untersuchungen über die Folter an irakischen Gefangenen im Lager Abu Ghraib durchgeführt hatte, ist gezwungen worden, sich vorzeitig pensionieren zu lassen.
Generalmajor Taguba, damals zuständig für die Abu Ghraib-Untersuchungen, hat dem „New Yorker“ ein Interview gegeben, in dem er sich beklagte, man habe ihn zuerst aufgefordert, die Vorgänge zu untersuchen, aber später, als er dies wirklich tat, ihm vorgeworfen, er sei „übergenau“ vorgegangen.
Illoyal zu Bush? Loyal zum Recht: Der General muss packen
Er sei brüsk vom damaligen Verteidigungsminister Rumsfeld behandelt worden, nachdem die Untersuchungen im Jahr 2004 beendet worden waren, ebenso wie von anderen führenden militärischen und zivilen Amtsträgern.
Abu-Ghraib-Foto: Nackter Gefolterter mit schweren Verletzungen
Er liess durchblicken, dass man offensichtlich keine objektive Untersuchung von ihm erwartet hatte, sondern ein „Unter-den Teppich-kehren“ des Falles. Man habe ihn als illoyal bezeichnet.
Die besten der Armee müssen gehen
Er nannte den Namen des Vize-Verteidigungs-Staatssekretärs Hall, der ihm im Januar 2006 eröffnet habe, „er sei nicht mehr Teil des Teams“. Er habe sich noch innerhalb dieses Jahres in die Pension zu verabschieden, wurde ihm im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang damit bedeutet.
Abu Ghraib: Bild von zu Tode Gefoltertem
Im März 2004 hatte Taguba, seit Januar 2007 pensioniert, einen Bericht geschrieben, in dem er betonte, es sei in Abu Ghraib „zu zahlreichen Fällen von sadistischen, blutigen und grausamen Behandlungen von Gefangenen“ durch Soldaten der 372. Kompanie der Militär-Polizei gekommen. Später waren einige der Soldaten zu geringfügigen Strafen verurteilt und z.T. aus der Armee entlassen worden.
General Taguba hatte bereits in einem frühen Stadium der Untersuchung Teilberichte und die später bekannt gewordenen Bilder (so wie auch andere Bilder) an seine Vorgesetzten im Pentagon geschickt. Trotzdem behauptete Rumsfeld noch im Mai 2004, man habe ihm weder ein Exemplar des Berichts noch die Bilder zu sehen gegeben.
Abu Ghraib: Demütigungen und Folter: Nackt ausziehen, die eigene Unterhose über den Kopf ziehen und die nach hinten gefesselten Hände nach oben ziehen. In dieser Haltung wurden Gefangene Tage belassen.
Dazu erklärte auf Anfrage der „New York Times“ Rumsfelds frühere Top-Assistentin Di Rita, der Minister sei von seinen Anwälten gewarnt worden, sich den Bericht und die Bilder anzusehen. Sie verneinte, dass Rumsfeld die Frühpensionierung von Taguba angeordnet hätte, machte aber im Wortlaut deutlich, was sie und Rumsfeld von Taguba hielten: Sie sagte, Rumsfeld und sie seien überzeugt gewesen, der General habe bei der Untersuchung „getan, was seine Fähigkeiten ermöglichten“.
Die Ehre der Armee gehört dem General, nicht Bush
Taguba wies noch ausdrücklich darauf hin, er habe wesentliche Bilder und Videos nicht veröffentlichen lassen, weil sie zu grausam gewesen seinen, darunter ein Video, das einen US-Soldaten in Uniform beim „Sodomisieren“ (sodomizing) einer weiblichen Gefangenen zeigte. Unter „Sodomisieren“ versteht man im US-Sprachgebrauch den Analverkehr.
Abu Ghraib Sexfolter: Ein Mann muss sich zwischen die geöffneten Beine eines anderen legen. Ein dritter muss die Gruppe umarmen, so als ob Gruppensex unter Gays gemacht würde. Die Gefangenen sind aneinander gefesselt.
Der General hatte damals keine Erlaubnis erhalten, die Untersuchungen auf die Frage auszudehnen, ob und von wem die Soldaten zu der Folter angehalten worden waren. Er eröffnete nun im Interview seine Ansicht, die verhörenden Beamten des Militärgeheimdienstes (der direkt Rumsfeld unterstand) hätten Anordnungen dieser Art gegeben.
Abu Ghraib: Eine andere "Stresshaltung". Der Gefangene wird, die Hände zwischen den Beinen gefesselt, so lange auf einem Hocker oder ähnlichem mit Kapuze über dem Kopf stehen gelassen, bis er erschöpft herunterfällt und sich verletzt.
Damit ist nun nachträglich deutlich geworden, was man damals schon vermutete. Die Folter in Abu Ghraib war weder ein Einzelfall noch waren es einzelne Soldaten, die „über die Stränge schlugen“. Es handelte sich um systematische Folter, die angeordnet wurde und weiterhin wird.
Das einzige, was an Abu Ghraib von Bush und seiner Truppe für falsch angesehen wird, ist die Veröffentlichung und die Untersuchung darüber. Das macht deutlich, was man von diesem Typ von Politikern zu erwarten hat.
Veröffentlicht am 26.6.2007 in "Journalismus - Nachrichten von heute"
Originalartikel
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