'Copa America' in Venezuela hat begonnen
Von Karl Weiss
Am Dienstag begann die „Copa America“ in Venezuela, die Meisterschaft der Nationalmannschaften aus Amerika, das Gegenstück zur ‚Eurocopa’. Genau gesagt ist es die Südamerika-Meisterschaft, den sie wird vom südamerikanischen Verband ausgetragen. Man lud allerdings die letzten Male, so wie auch jetzt wieder, jeweils die Nationalmannschaften der USA und Mexikos dazu ein, so dass so etwas wie eine Amerika-Meisterschaft entsteht, ohne dass man 64 Kleinstaaten Mittelamerikas und der Karibik berücksichtigen muss.
Diese Meisterschaft ist allerdings noch nicht in den internationalen Kalender der Fifa eingegangen, denn aus unbekannten Gründen lässt man sie nicht parallel zur Eurocopa stattfinden. So haben ein grosser Teil der in Europa beschäftigten Spieler für die ‚Copa America’ abgesagt, denn sie geben an, sie bräuchten eine Zeit der Erholung vor der neuen langen Saison in Europa.
Das trifft vor allem auf die brasilianischen Stars Ronaldinho und Kaká zu, wie auch auf einige argentinische Spieler. Die Abwesenheit von Ronaldo und Roberto Carlos, wie auch von Cafú und Emerson, ist aber nicht darauf zurückzuführen. Sie wurden vielmehr seit dem desaströsen Auftritt gegen Frankreich bei der Weltmeisterschaft überhaupt nicht mehr zu Spielen der brasilianischen Auswahlelf berufen.
So hat sich nun die grosse Chance für Diego von Werder ergeben, von Anfang an das Trickot mit der Nummer 10 der brasilianischen Auswahl tragen zu können.
Für einen weniger mit dem südamerikanischen Fussball vertrauten werden auch noch andere unbekannte Namen in der Aufstellung von Brasilien auftauchen, die aber in Wirklichkeit bereits neue Stammspieler sind. Da ist vor allem im Sturm zusammen mit Robinho von Real Madrid Vagner Love (das ist natürlich ein Spitzname), der bei ZSKA Mosakau spielt, ein echt Schwarzer mit gutem Torinstinkt. Ein anderer, der noch wenig bekannt ist in Europa ist Elano, Spieler von Schachtjor Donezk in der Ukraine, der voraussichtlich zusammen mit Diego das offensive Mittelfeld stellen wird.
Damit werden mit Diego, Robinho und Elano drei der vier offensiven Spieler der brasilianischen Stammelf bei diesem Wettbewerb Spieler von Santos aus der brasilianischen Meistermannschaft 2002 sein. Damals waren die drei 17, 18 und 19 Jahre alt (in der Reihenfolge der Nennung).
Übrigens ist Gilberto von Hertha jetzt Stammspieler als linker Aussenverteidiger in der brasilianischen Mannschaft. Gilberto Silva von Arsenal wird als defensiver Mittelfeldspieler Kapitän der Mannschaft sein.
Allerdings hat Brasilien diese Copa America noch keineswegs gewonnen. Wie man hört, wird Riquelme wieder für Argentinien spielen, obwohl er schon einmal seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft erklärt hatte. Damit ist Argentinien heisser Favorit.
Der Modus ist etwas kompliziert, aus Gründen, die wohl nur der südamerikanische Verband kennt.
Es sind insgesamt zwölf Mannschaften, davon 10 die Fussball-Länder Süddamerikas (Guyana und Surinam haben keine Nationalmannschaften, die für einen solchen Wettbewerb kandidieren und Französisch Guyana ist Teil Frankreichs).
In Gruppe A spielen Uruguay, Peru, Venezuela als Gastgeber und Bolivien (das ist offensichtlich eine viel zu leichte Gruppe angesichts der Schwergewichte in den anderen Gruppen. Wahrscheinlich der Versuch, Uruguay mit Gewalt ins Viertel- und Halbfinale zu bringen angesichts der weiterhin bestehenden Vorherrschaft von Uruguay im Verband).
Gruppe B bilden Brasilien, Mexiko, Equador und Chile. Das dürfte eindeutig werden für Brasilien und Mexiko.
Die Gruppe C schliesslich besteht aus Argentinien, den USA, Paraguay und Kolumbien. Das ist eine Ansammlung von Schwergewichten in einer Gruppe, die anscheinend absichtlich herbeigeführt wurde. Wollte man Argentinien mit schweren Spielen eindecken? Hier dürfte nur Argentinien als einer der ersten beiden feststehen. Die drei anderen haben alle das Zeug, der andere zu sein.
Es kommen dann nicht etwa nur die beiden Ersten jeder Gruppe weiter, sondern zusätzlich die beiden besten Dritten. Dabei haben der Sieger von Gruppe A und der Zweite von Gruppe B den grossen Vorteil, gegen eine Mannschaft antreten zu können, die nur dritter ihrer Gruppe wurde. Wiederum eine deutliche Bevorteiligung des vermutlichen Gruppenersten A (Uruguay).
Dagegen müssen sowohl die beiden ersten der C-Gruppe als auch der Erste der B-Gruppe gegen Gruppenzweite antreten (Speziell muss der Gruppensieger B (nach normalem Verlauf der Dinge Brasilien) gegen den zweiten der „Todesgruppe“ C antreten, das könnte im Extremfall bereits im Vietelfinale Argentinien sein.
Dann im Halbfinale spielen nicht etwa jeweils die Sieger von Paarungen des Ersten und Zweiten gegen solche, bei denen auch dritte in der Paarung waren, sondern es spielen exakt jene beiden gegeneinander, die aus Paarungen von Ersten und Zweiten hervorgegangen sind und im anderen Spiel jene beiden, bei deren Paarungen auch Dritte dabei waren. Damit wird mit aller Macht versucht, Argentinien und Brasilien, die vermutlich Gruppensieger werden, spätestens im Halbfinale gegeneinander kommen zu lassen, so dass Uruguay (als Vermutlicher Gruppenerster Gruppe A) die Chance bekommen könnte, bis ins Endspiel zu gelangen und dort vielleicht Glück zu haben.
Man möchte fast Brasilien den Rat geben, nur Gruppenzweiter zu werden, denn der muss sich im Viertelfinale nur dem Besten Dritten stellen, aber das sind immer zweifelhafte Ratschläge.
Wenn es irgendeine Möglichkeit gibt, dass Uruguay noch eine solche ‚Copa America’ gewinnen könnte, dann wäre es diesmal.
Das Endspiel wird am 15 Juli ausgetragen werden.
Veröffentlicht am 27. Juni 2007 in der "Berliner Umschau"
Originalartikel
Zusatz vom 27.6.2007:
In den ersten beiden Spielen der Gruppe A gab es folgende Ergebnisse: Uruguay - Peru 0:3, Venezuela - Bolivien 2:2
Damit könnte der Traum Uruguays vom Sieg bereits ausgeträumt sein, während Peru die Vorteile für den Ersten der Gruppe A ausnutzen könnte.
Die in Deutschland gut bekannten Pizarro und Guerrero von Peru waren ausschlaggebend für den Sieg. Pizarro dirigierte das peruanische Team, Guerrero trug ein Tor zum Sieg bei.
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