Exxon Valdez-Fall mit Taschengeldzahlung beendet

Strafe auf 500 Millionen Dollar reduziert – Exxon verbucht Gewinn im Fall

Von Karl Weiss

Die Exxon, heute Exxon Mobil, war im Jahre 1989 für das verheerendste Tankerunglück der Geschichte verantwortlich, bei dem in Alaska der Supertanker Exxon Valdez auf einen Felsen fuhr und seine gesamte Ladung von 100 000 Tonnen Rohöl (nach anderen Angaben 50 000 Tonnen) ins Meer nahe der Küste laufen ließ. 1900 km (!) der Küste von Alaska, die extrem fischreich war, wurde mit Öl und Schlamm bedeckt.

Exxon Valdez Spill

An der Katastrophe verdient

Bis heute hat sich die Meeresfauna und –flora dort nicht vollständig erholt. Doch die Exxon hat an dieser Katastrophe verdient - so unglaublich es erscheinen mag. Soeben wurde vom Obersten US-Bundes-Gerichte die Strafe auf ein Taschengeld zusammengekürzt

Die Verantwortung des Konzerns für das Unglück ergab sich aus zwei Fakten: Erstens hatte er als Kapitän auf dem Schiff einen für seine Trunksucht bekannten Mann eingesetzt. Zweitens war der Tanker (wie auch fast alle anderen Öltanker bis heute) nicht mit einer doppelten Wandung ausgestattet.

Die Exxon Valdez fuhr in jener Nacht im gut ausgeschilderten Prince William Sound, als der Kapitän seinen Posten verließ. Der als Alkoholiker bekannte Mann hatte nach einer Zeugenaussage im Prozess auch an diesem Tag zumindest vier Wodka getrunken. Obwohl das Fahren in einer landnahen Wasserstrasse (das Unglück geschah nur wenige hundert Meter vom Land entfernt) höchste Aufmerksamkeit verlangt, ging der Kapitän von der Brücke. Tatsächlich kam die Exxon Valdez dann von der Fahrrinne ab und krachte in einen Felsen.

Hätten die Supertanker wenigstens eine Unterteilung in verschiedene Tanks, sodass bei einem Loch in der Aussenhaut nur einer der Tanks ausläuft und nicht gleich die ganze Ladung, so wäre der Umfang der Schäden durch Unglücke geringer. Aber die großen Ölkonzerne sind die Besitzer der Welt und kümmern sich einen feuchten Kehricht m Umweltschäden. Zum Verhältnis der Ölkonzerne zur Umwelt siehe auch diesen Artikel: http://karlweiss.twoday.net/stories/3049483/

Jeder kleine Besitzer einer Tankstelle ist gezwungen, Tanks mit doppelter Wandung zu benutzen und zusätzlich eine automatische Warnung einzubauen, um Lecks sofort zu melden. Die Ölkonzerne dagegen dürfen Riesenmengen des extrem umweltschädlichen Rohöls durch die Weltmeere schippern ohne die geringsten Sicherheitsvorkehrungen – und sogar noch Alkoholiker als Kapitäne einstellen.

Der Exxon-Valdez-Fall war darum so desaströs, weil der Unfall in Landnähe geschah und die schmierige schwarze Pampe sich auf 1900 km der Küste von Alaska legte. Dort sind die Laichplätze der wichtigsten internationalen Fisch-Populationen. Vor allem wurden Milliarden von Heringseiern vernichtet. Aber auch die Lachse laichen in den dortigen Gewässer, in diesem Fall weiter die Flüsse hoch, in den Süsswasserbereichen, die aber ebenso von der Ölpest betroffen waren.

Exxon Valdez Spill 1

Es waren 32 000 Menschen bzw. Familien unmittelbar von den Auswirkungen betroffen, vor allem Ureinwohner (Eskimos), die vollständig von der Fischerei für ihre Ernährung abhängen, aber auch andere Fischer, die ihren Broterwerb verloren, ebenso wie Besitzer von Küstenstreifen, die nun zu nichts mehr benutzt werden konnten.

Jeder dieser 32 000 Familien (das betrifft nur jene, die sich gemeldet haben; die Schätzungen gehen auf weitere Zehntausende, die nie Gelegenheit hatten, sich zu melden) hat die Exxon einen Betrag von etwa 15 000 Dollar als Entschädigung bezahlt. Es ist offensichtlich, dass dieser Betrag, den ein normaler Unterabteilungs- oder Gruppenleiter bei der Exxon im Monat verdient, bestenfalls symbolisch genannt werden kann.

Insgesamt hatte die Exxon damals etwa 500 Millionen Dollar an Entschädigungen gezahlt und für Reinigungsmaßnahmen ausgegeben, das ist für die Exxon Mobil ein Taschengeld, denn die Gruppe macht heute einen jährlichen Reingewinn von 43 Milliarden Dollar (Milliarden, nicht Millionen! Reingewinn, nicht Umsatz!) – und das, bevor der Ölpreis begann zu explodieren! Die gesamten Entschädigungen machten also gerade 1 % eines einzigen Jahresgewinns aus, während die Fisch-Populationen sich heute, 19 Jahre später, immer noch nicht erholt haben.

Exxon behauptet, alle Küstenbereiche gesäubert zu haben, aber die Wahrheit ist weit trauriger. Nur an Küstenstrichen und Stränden, die leicht für Menschen zugänglich sind, wurde gereinigt. Alle unzugänglichen Stellen sind bis heute verschmiert.´


Tausende von Familien von Ureinwohnern mussten in die nächsten Städte ziehen und dort um Almosen betteln, wie auch die Familien von Fischern.
Es waren in jenen Gewässern auch industrielle Fischfänger unterwegs, vor allem sieben Firmen, die in Seattle ihren Sitz haben, die sogenannten „Seattle Seven“. Exxon brachte es fertig, sie mit jeweils etwa 7 Millionen Dollar abzufinden, was bestenfalls für einen Monatsfang reichte. Man schaffte dies mit der Drohung, die Firmen würden sonst überhaupt keine Geld sehen, bis das oberste US-Bundesgericht entschieden hätte.

Wie lange das dauert, konnte man nun sehen. Die New York Times berichtete am 26. Juni 2008 über das abschließende Urteil des Obersten US-Gerichtshofs zur „Bestrafung“ des Konzerns, also etwa 19 Jahre nach der Katastrophe. Die ursprünglich als Strafe für das Fehlverhalten der Firma festgesetzte Summe von 5 Milliarden Dollar wurde auf ein Zehntel gekürzt, auf 500 Millionen Dollar, das ist, wie oben schon gesagt, ein Taschengeld für die Exxon Mobil.

Das Argument der Obersten Bundesrichter für diese Kürzung war, die Bestrafung und die Entschädigungszahlen müssten in etwa im Verhältnis 1:1 stehen. Die Tatsache also, dass völlig unzureichende Entschädigungen gezahlt wurden, wird nun als Argument genommen, um auch die Bestrafungssumme zu kürzen.

Nun mag jemand sagen, zwei Mal 500 Millionen Dollar, also insgesamt 1 Milliarde Dollar, das tut doch selbst einer Exxon Mobil weh. Nun, das sind etwa 2% eines heutigen Reingewinns in einen Jahr.

Aber es fragt sich: Hatte die Exxon Mobil dies wirklich zu zahlen? Die Antwort ist nein.

Die damalige Exxon konnte gleich nach den Desaster den ursprünglich vorgesehen Bestrafungsbetrag von 5 Milliarden Dollar als erlaubte und nicht zu versteuernde Sonderrücklage anlegen. Was man damit an Steuern gespart hat und an Zinsen und Zinseszinsen eingenommen hat, übersteigt heute, nach 19 Jahren, bereits bei weitem die 1 Milliarde Dollar, die zu zahlen waren bzw. sind. Mit anderen Worten: Die Exxon Mobil hat an der von ihr verursachten Katastrophe noch verdient!

Nicht einmal den Supertanker hat die Exxon verloren: Die Exxon-Valdez wurde repariert und fährt heute unter dem von der Konzernbezeichnung bereinigten Namen „SeaRiver Mediterannean“ auf den von Unterwasser-Felsen bedrohten Gewässern. Findet sie wieder einen solchen Felsen, werden wiederum 100 000 (oder 50 000) Tonnen Rohöl auslaufen. Weder Konzerne noch Regierungen haben also auch nur versucht, aus dem Desaster zu lernen.

So ist das im staatsmonopolistischen Kapitalismus: Die Monopolkonzerne haben sich Staat und Gesellschaft vollständig untergeordnet und müssen keinerlei andere Autorität fürchten, ausser natürlich der Revolution!


Veröffentlicht am 7. Juli 2008 in der Berliner Umschau


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