Drei EU-Länder sind bereits in der Wirtschaftskrise
Von Karl Weiss
Ein Dossier der Financial Times Deutschland (FTD) enthüllt: Im Prozess des fortschreitenden Eintauchens in eine Weltwirtschaftskrise haben drei europäische Länder bereits die USA überholt. Sie haben bereits zwei aufeinanderfolgende Quartale mit fallender Wirtschaftsleistung und damit das offizielle Kriterium der Wirtschaftskrise erfüllt (von den bürgerlichen Ökonomen schamhaft „Rezession“ genannt).
Es handelt sich um Spanien, Irland und Dänemark. Im internationalen Vergleich der GDP (Gross Domestic Products) für 2007 mittels der PPP-Vergleiche, nach der Liste des Internationalen Währungsfonds (IWF), ist Spanien Nummer 11 der Länder, also keineswegs ein unwesentliches Land.
Das trifft eher auf die beiden anderen europäischen Staaten zu: Dänemark ist Nummer 49 der Liste und Irland Nummer 51.
Wesentlicher als die genaue Bedeutung dieser Länder ist aber, ob es Ausnahmeerscheinungen sind oder Vorboten. Was genau geht in den drei Ländern vor?
Alle drei haben – ähnlich wie die USA – eine Immobilienblase aufgebaut in den vergangenen Jahren, also eine starke Überbewertung von Immobilienwerten, die dann, im Verlauf des letzten und diesen Jahres, in sich zusammenfiel und dabei viele kleine Immobilienbesitzer mit sich zog. Wie in den USA, haben in diesen Ländern Viele ihr Häuschen oder ihre Eigentumswohnung verloren, weil plötzlich die Monatsraten explodierten und/oder der Restwert der Immobilie geringer wurde als der noch geschuldete Betrag.
Dadurch platzten viele Hypotheken und die darauf spezialisierten Banken mussten riesige Abschreibungen vornehmen oder gingen sogar Pleite.
Das entscheidende: Hierdurch wurde in gewaltigem Masse Kaufkraft aus der Bevölkerung genommen, was die Inlandsabsätze in den Keller gehen ließ. Alle drei Länder haben nur begrenzte Exporte – und so rutsche das Inlandsprodukt ins Negative, für zwei aufeinanderfolgende Quartale im Vergleich zum vorherigen. In allen drei Ländern macht zudem die Bautätigkeit etwa 10 % der Wirtschaftsleistung aus, weit mehr als etwa in den USA oder Deutschland.
Ist nun die Sache mit der Immobilienblase immer Vorläufer der Wirtschaftskrise? Keineswegs. In den letzten Jahren allerdings war von den Grossinvestoren in gewaltigem Masse auf steigende Immobilienpreise in vielen Ländern gewettet worden. Dadurch wird in einer Anzahl von Ländern der Beginn der Wirtschaftskrise mit einem Platzen der Immobilienblase einhergehen.
Es gibt eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die drei Länder nur Vorboten sind. Es sind auch schon die nächsten beiden Kandidaten bekannt: Laut einem Ökonomen der Commerzbank, so berichtet die ‚Finanzial Times Deutschland’, sind dies das Vereinigte Königreich und Frankreich. In England ist schon die erste Hypothekenbank (Northern Rock) Pleite gegangen und die Immobilienpreise sinken. In Frankreich gibt es auch bereits erste Anzeichen einer beginnenden Immobilienkrise.
Kleinere Länder ohne riesige Rücklagen in den Zentralbanken haben nicht die Möglichkeit, wie etwa die USA, einfach riesige Staatsausgaben, wie etwa die für den Irak-Krieg, zu inszenieren, was natürlich den formalen Beginn der Wirtschaftskrise hinauszögern kann.
Doch auch die US-Regierung wird ihre Schulden nicht weiterhin bis ins Unendliche erhöhen können. Wenn sie eine gewise Höhe erreicht haben werden, gibt es für die Gläubigerstaaten, allen voran China, Japan, Süd-Korea, Grossbritannien und Deutschland, keinen anderen Ausweg mehr, als grosse Mengen von US-Staatsanleihen auf den Markt zu werfen, was zweifellos der Beginn des Falls eines Weltreiches sein wird.
Veröffentlicht am 24. Juli 2008 in der Berliner Umschau
Originalveröffentlichung
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