EU-Produktion kollabiert

Beispiellose Einbrüche aller Industriesektoren

Von Karl Weiss

Als „Kollaps aller Industriesektoren“ bezeichnet die EU-Kommission in einer internen Analyse den wirtschaftlichen Abschwung. Während deutsche Minister noch von einem „Problem hauptsächlich der Automobilindustrie“ schwafeln, wird EU-weit bereits festgestellt: Beispiellose Einbrüche in allen Industriezweigen.

EU: Industrieproduktion 2007 bis 12.2008

Kommissar Verheugen wird zitiert: „Völlig neu sind Ausmaß und Geschwindigkeit der Krise.“ Sowohl das verarbeitende als auch das Baugewerbe erleiden „bisher nicht gekannte Produktions- und Absatzrückgänge“. Es ist Tatsache, dass die Automobilindustrie am stärksten betroffen ist, weil bei ihr die verschlechterten Kreditbedingungen eine besondere Rolle spielen und zur eigentlichen Wirtschaftskrise hinzukommen. 60 bis 80 % der Privatwagen werden über Kredit gekauft, weiss die Studie.

Dazu kommt, die Monopolkonzerne können wegen der Finanzkrise nicht das Mittel des Auflegens von Anleihen benutzen, das ihnen typischerweise als billige Geldquelle zur Verfügung steht. Die beiden französischen Autobauer PSA (Peugeot und Citroen) und Renault haben vergeblich versucht, solche Anleihen zu verkaufen. Die Anleger sind in Panik und kaufen praktisch nur Staatsanleihen.

Besonders dramatisch ist laut der Studie die Lage bei den Lastwagen. Die monatlichen Lkw-Bestellungen in der EU seien von 38.000 im Januar 2008 auf 600 im November zusammengebrochen. "Es muss betont werden, dass die tägliche Produktionskapazität eines europäischen Herstellers allein schon bei rund 900 Fahrzeugen liegt", heißt es in dem Papier.

In der Stahlindustrie liegen die Absatzeinbrüche bei 43 bis 57%. China, Indien, Russland und möglicherweise die USA schotten ihre Märkte immer weiter gegen EU-Stahl ab. Zugleich warnt Verheugen vor allzuviel „Unternehmensrettungen“: „Die finanziellen Möglichkeiten der EU und der Mitgliedsstaaten stoßen an ihre Grenzen.“

Auf einem EU-Sondergipfel zur Krise am 1. März sollen die Probleme besprochen werden.


Veröffentlicht am 18. Februar 2009 in der Berliner Umschau

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