Ein Schuss ins Knie

Abwrackprämie als Entwicklungshilfe

Von Karl Weiss

Die Bundesregierung und eine Anzahl von ihr wohl gesonnenen Ökonomen und sonstige Nachbeter feiern die Abwrackprämie als „extrem effektiv“. Das stimmt, nur nicht in dem Sinne, wie sie eigentlich „verkauft“ worden war, als Stimulans für die deutsche Ökonomie. Die Abwrackprämie geht fast vollständig in ausländische Taschen.

VW Brasilien Autohalde

Tatsächlich lag die Zahl der PKW-Zulassungen im Februar weit höher als vorher, ja sogar 21% höher als im Februar des Vorjahres. Ein wesentlicher Teil der Abwrackprämie ist bereits genutzt bzw. gebucht. Nur verteilt sich dieser bemerkenswerte Anstieg von Zulassungen nur mit einem Plus von 9% auf deutsche Automarken, während ausländische Marken um 48% zulegen konnten.

Nimmt man den Januar und den Februar zusammen, haben deutsche Automarken weiterhin ein Minus zu verzeichnen, wenn auch nur von 2%, während ausländische Marken ein Plus von 17% gegen den Vorjahreszeitraum aufweisen.

Soweit überhaupt Autos deutscher Marken über die Abwrackprämie gekauft wurden, handelt es sich fast ausschließlich um die kleinen Modelle von Volkswagen, den Fox und den Polo und die kleinen Modelle von Opel. Da kommt aber noch ein Pferdefuss zum Vorschein, denn der Fox und der Polo werden gar nicht in Deutschland gebaut.

Ford Trucks in Detroit auf Halde

Warum das Ganze? Nun, das ist einfach logisch. Wer ein 9 Jahre altes Auto hat (oder sogar noch älter), ist nur in Ausnahmefällen ein Käufer von BMWs, Mercedes, Audis, Porsches oder auch eines der großen Autos von VW, Ford oder Opel, der ist vielmehr ein typischer Käufer von kleinen und/oder billigen Wagen, wie die Dacias, wie die kleinen Fiats, Renaults oder eben auch der kleineren Autos von VW, Ford oder Opel. Dazu kommt der Effekt: Wenn jemand ein Auto für 60 000 Euro kaufen will, macht ein Betrag von 2500 Euros fast nichts aus, bei einem Dacia Logan dagegen ist das ein wesentlicher Teil des Kaufpreises.

Ja, 2 und 2 ist 4, nicht wahr? Nur schade, dass die Bundesregierung nicht einmal das kleine Einmaleins beherrscht.

Nun haben wir natürlich absolut nichts dagegen, dass unsere Kumpel in Rumänien nun ein ausgelastetes Werk haben und – jedenfalls für den Moment – gesicherte Arbeitsplätze. Genausowenig beschweren wir uns, dass unsere alten Bekannten in den Fiat-Werken in Italien und den Renault-Werken in Frankreich eine Zeit lang ihre Arbeitsplätze behalten können.

Toyota Autohalde auf dem Kalifornien Terminal

Nur hatte die Bundesregierung vergessen zu erwähnen, dass sie die Abwrackprämie als Hilfe für unterentwickelte EU-Länder konzipiert hat. Nun, die Bundesregierung hat uns ja schon mit ihrer Flexibilisierung einen Schuss ins Knie verpasst, da wundert man sich kaum über diesen erneuten.

Dazu kommt, die Zahlen der KFZ-Zulassungsstatistik täuschen nicht nur bezüglich des Ursprungs der Autos. Sie täuschen auch über den wirklichen Einbruch der KFZ-Produktion hinweg. Die deutsche Autoindustrie lebt nämlich zu drei Vierteln vom Export. Der aber ist um 51% katastrophal eingebrochen im Februar gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Daher ist auch die deutsche Autoproduktion um 47% gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen.

Während der Februar also einen deutlichen Anstieg der Fahrzeugzulassungen verzeichnet in Deutschland, ist die Produktion in katastrophaler Weise zurückgegangen. Fast alle Fabriken sind in Kurzarbeit. Und nun sagen Sie nicht, die Wahnsinnigen in den Vorstandsetagen der deutschen Auto-Konzerne und die deutschen allseits geliebten Politiker könnten nichts dafür.


Veröffentlicht am 9. März 2009 in der Berliner Umschau


Zusatz zum Artikel

Ein Bekannter von mir kritisiert diesen Artikel folgendermassen: "Der Artikel "Ein Schuss ins Knie" hat nicht das sonst bei dir übliche Niveau. Du kritisierst zwar die Abwrackprämie zu Recht, aber nur unter einem Nebenaspekt: Weil im wesentlichen Arbeitsplätze im Ausland (zeitweilig) gerettet werden. Das zielt viel zu kurz. Die Abwrackprämie schafft ja überhaupt kein zusätzliche Kaufkraft, kann also nichts gegen die Krise ausrichten Vor allem aber: Wenn sie ausläuf, wird die Autoindustrie in ein tiefes Loch allen, weil ja im grunde nur eine Anschaffung vorgezogen wurde.

Im Kern macht die Abwrackprämie alle ärmer. Les mal den Artikel dazu in der FTD:"

http://www.ftd.de/meinung/kommentare/:Gastkommentar-Abwracken-macht-arm/493091.html?p=1

Er hat recht. Ich hätte die Sache besser durchdenken müssen. Wer Lust hat, kann ja mal beim Link nachlesen.
a.tetzlaf - 14. Mär, 17:03

Also ich glaube, so ein Fehlschuss ist die Abwrackprämie gar nicht.

Die industriellen Impulse bleiben aus, keine Frage. Und auch eine Milliardenbürgschaft für Opel oder sonst wen der Herren unserer „Volksvertreter“. Denn nach wie vor werden sich Autos schwer tun, Autos zu kaufen. Also volkswirtschaftlich genau so ein Flachschuss, wie alles Übrige, was die Dilettanten derzeit und überhaupt so verzapfen.

Aber vielleicht ist es ja ein Stück Schadensbegrenzungspolitik, die wir erleben.

Es werden größtenteils Kleinwagen subventioniert. Zu ähnlich großen Teilen, für Menschen, die auch und sicher überwiegend aus finanziellen Gründen, bisher neue Autos nur in der Reklame sahen.

Hier wurden also potentiell eher unzufriedene Mitbürger zufrieden, oder ruhig gestellt.

Dass heißt, natürlich sind die jetzt nicht zufrieden, sondern nur befriedigt, ergo dieser kleine feine Unterschied, den so viele Befürworter des Schmarotzersystems nicht verstehen wollen oder können, dennoch sind sie eben gerade nicht mehr die größte Gefahr für die Herrscher und ihre Diener. Denn sie können ja jetzt mit glänzenden Augen...

Vorübergehend verblendet.

Dennoch befinden wir uns auf einem guten Weg, denn die Ursache, der Grund, warum sich diese Menschen bisher kein neues Auto leisten konnten/wollten besteht unvermindert vor.

Dennoch gelang es den Kapitaldienern wieder einmal, so zu tun, als läge ihnen etwas an den Menschen, und das unvermeintliche wurde sicher ein paar Monate aufgeschoben.

Schauen wir mal.

Grüße, herzliche.

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