Stolpert die Supermacht über Häuserpreise?
Von Karl Weiss
Die USA stehen vor schwerwiegenden finanzpolitischen Entscheidungen. Eine davon ist 5.000 Milliarden US-Dollar (5 trillions of Dollar) wert: Soll die faktische Totalgarantie für alle Hypotheken der beiden halbstaatlichen Hypotheken-Finanzierungskonzerne Fannie Mae und Freddie Mac aufrecht erhalten werden?
Angesichts eines weiterhin schwachen Häusermarktes mit weiterhin sinkenden Häuserpreisen ist dies die Menge Geld, die in die Hand genommen werden muss, will man die beiden Hypotheken-Finanzierungs-Gruppen am Leben halten. Das wäre der Anstieg der Verschuldung von heute etwa 39 Tausend Milliarden auf 44 Tausend Milliarden (trillions of Dollar) Dollar.
Noch nie gab es in den USA einen so steilen Abstieg und einen so lang anhaltenden Baisse bei Häuserpreisen und im Wohnungsbau. Die Blase begann im Jahre 2007 zu platzen und der Abstieg ist bis heute nicht gestoppt.
Die völlig ungebremsten Massenentlassungen in den USA haben dazu geführt, dass viele der jungen Familien, die sich jetzt gerne ein Haus auf Pump gekauft oder gebaut hätten, dazu nicht mehr in der Lage sind.
Dazu kommen jene, die bereits eines gekauft oder gebaut hatten, aber noch am Abzahlen waren. Viele von ihnen können die Raten nicht mehr zahlen und verlieren nicht nur die Unterkunft, sondern damit auch alle ihre Ersparnisse.
Dazu kommen andere, die in der Boom-Phase vor der Hauspreis-Blase eine Hypothek auf ihr bereits abgezahltes Haus aufgenommen haben, um sich andere Dinge zu gönnen, z.B. ein SUV (Sport Utility Vehikel).
Auch diese Hypotheken sind angesichts der Finanzkrise wesentlich teurer geworden und so mancher kann das nicht mehr bedienen. In so einem Fall verliert er nicht nur sein SUV, sondern auch sein Haus.
Insgesamt sind dies viele zig Millionen von Hypotheken, die geplatzt sind! Gleichzeitig führte das zu einem Überangebot von zwangszuversteigernden Häusern, was den Markt von Hauskäufern leerfegte, denn man kann in vielen Regionen der USA heute Häuser zu absurd niedrigen Preisen kaufen.
Die Banken führen meistens gar keine Zwangsversteigerung durch, um nicht zuviel des eingesetzten Kapitals zu verlieren. Insgesamt sind bereits 110 Banken in den USA den Bach hinunter gegangen, was hauptsächlich mit diesen Problemen zusammenhängt.
Andererseits sind heute in einigen Bundestaaten (z.B. Ohio) bereits an die 30% aller Häuser im Besitz der Banken. Kurz: Eines der Hauptprobleme der USA sind die geplatzten Hypotheken und die geringe Bautätigkeit.
Anmerkung für jene, die sich in den USA nicht so auskennen:
Traditionell baut oder kauft jedes Paar, das heiratet, ein Haus – nur ein unbedeutender Teil der US-Amerikaner lebt in Miete. Das wird erleichtert durch die Häuserpreise: Ein typisches US-Haus ist aus Holz gebaut und hat keinen Keller. Aufwendige Dämm- und Dichtmaßnahmen: Null. So kostet dort ein Haus vielleicht 30% oder 40 % eines Deutschen Stein-auf Stein-Hauses.
Das war ein großer Vorteil der US-Gesellschaft, solange es gut ging. Nun aber ist die industrielle Basis der USA so geschwächt, der ganze Apparat des Landes so extrem auf Finanz-Dienstleistungen ausgerichtet, dass einfach nicht mehr genug Arbeit und Lohn für viele der jungen Leute zur Verfügung steht, die einen Job brauchen und dann ein Haus kaufen oder bauen wollen.
Das führte zur aktuellen Situation: Die Zahl der geplatzten Hypotheken ist so groß, dass das ganze System des Staates davon betroffen ist. Im Prinzip kann der Staat nun einfach seine Garantie für Fannie Mae und Freddy Mac erneuern und somit als Staat für alle diese Gelder aufkommen. Nur erhöht das die Staats-Verschuldung über alle Massen, ohne die Situation der bankrotten Privatpersonen zu verbessern.
Die Alternative ist, die beiden Hypotheken-Finanzierer bankrott gehen zu lassen und so das gesamte Finanz-System des Staates zu detonieren, was aber nicht wirklich ernsthaft ins Auge gefasst werden kann.
Es wird also darauf hinauslaufen, eine (wenn auch formal beschränkte) Garantie für Fannie Mae und Freddy Mac zu erneuern, auch wenn damit das Ausufern der Schulden in Kauf genommen werden muss.
Dann heißt es nur noch beten, die Anleger mögen nicht merken, diese Verschuldung liegt bereits weit über der tatsächlichen Wirtschaftsleistung, die all dies eigentlich garantieren müsste.
Wenn man das merkt, wird der Run gegen den Dollar bzw. die US-Staatsanleihen beginnen und damit das Ende der USA als Supermacht.
Veröffentlicht am 18. September 2010 in der Berliner Umschau
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