Jetzt geht die Post ab
Von Karl Weiss
Politiker leben von Umfrage zu Umfrage. Jetzt haben sich die aktuellen und nun bereits vier, fünf Mal wiederholten Umfrageergebnisse bei der Union und der FDP ‚gesetzt‘. Sie können nicht mehr ignorieren, sie sind klar in der Minderheit und der Trend hat sich auch schon verfestigt: Die Union schwankt um die 30%, die FDP um die 5 %. Und dies nicht nur in Baden-Württemberg, sondern bundesweit.
Man sehe sich dagegen noch die Umfragen vom Juli an. Das ist nur drei Monate her! Da lag die CDU bei 34% und die FDP bei 10. Die Grünen hatten es damals immerhin schon auf 18% gebracht.
Bei den Prozentzahlen muss man ja auch noch sehen, dass fast nur noch die Hälfte der Wahlberechtigten zu den Wahlen gehen. 30% stellen also nur etwas mehr als 15% der Erwachsenen dar, 24% nur etwas mehr als 12% und 5% nur etwas mehr als 2,5%.
Die FDP muss nun sogar um das Wiedereinziehen in den Bundestag fürchten – ganz zu schweigen von den Landtagswahlen, die bis dahin noch anstehen. Unter diesen Voraussetzungen ist auch in Frage gestellt, ob es die Koalition bis zum Ende der Legislaturperiode schafft. In der Zeit bis zu den Landtagswahlen in Baden-Württemberg – weniger als ein halbes Jahr - ist kaum zu erwarten, dass sich ein so tiefgreifender Trend völlig umkehrt – es sei denn, Unerwartetes tritt ein.
Aber sowohl für die FDP, die früher in Baden-Württemberg schon den Ministerpräsidenten stellte, als auch für die CDU ist Baden-Württemberg DAS Stammland (bei der Union gibt es natürlich auch noch das Stammland Bayern, aber das ist ja von der Schwesterpartei besetzt).
Andere bevölkerungsreiche Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen, Hessen und Niedersachsen waren ja früher einmal SPD-Stammländer. Alle drei hatte die SPD an die CDU (jeweils zusammen mit der FDP) verloren. Doch nun muss auch die dortige Herrschaft schon als nur noch zeitweilig angesehen werden – Nordrhein-Westfalen ist ja bereits gekippt.
Das alles geht den armen Politikern der Rechten nun ans Gemüt (Schluchz! Schluchz!). Man verliert zusehends die Contenance.
Ein deutliches Signal gab bereits der baden-württembergische Ministerpäsident Mappus, als er mit Wasserwerfern, Pfefferspray und einer speziell auf „Behandlung“ von gewaltbereiten Demonstranten eingeschossenen Polizei-Prügeltruppe auf die friedlichen Demonstranten gegen ‚Stuttgart21‘ losgehen liess, was zu vielen Verletzungen führte, woraufhin der oben genannte Trend in den Umfragen sich verfestigte.
Das war nicht unbedingt taktisch geschickt, aber taktisches Geschick ist ja nicht gerade die Stärke von Reaktionären.
Bereits vorher hatte Frau Merkel – völlig ohne Notwendigkeit hierfür – die ganze bundesweite CDU auf das Projekt ‚Stuttgart21‘ festgelegt, hatte die Landtagswahlen in Baden- Württemberg im März zur Volksabstimmung über das Projekt erklärt und hatte durchschimmern lassen, ihr eigenes Schicksal sei mit ihm verbunden.
Das war nicht unbedingt taktisch geschickt, aber taktisches Geschick ... usw. usw.
Als nun im Landtag von Baden-Württemberg der Antrag der SPD auf Ermöglichung einer Volksabstimmung über das Prokjekt behandelt wurde, liess man den Antrag kühl abblitzen, liess sich auf keine lange Debatte ein, sondern stimmte ihn mit der Mehrheit nieder.
Das war nicht unbedingt taktisch geschickt, aber ... usw. usw.
Am darauffolgenden Tag wurde im Umwelt-Ausschuss des Bundestags der Ablauf der Debatte über die Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke diskutiert und bestimmt. Geschäftordnungsanträge der Grünen wurden da einfach für unzulässig erklärt und gar nicht behandelt. Das ist eine undemokratische Methode, die auch Hitler schon im Reichstag angewandt hat, als er sein Ermächtigungsgesetz durchboxte. Das bietet den Grünen nun reichlich Stoff, den man ihnen doch eigentlich nicht bieten wollte.
Das war nicht undingt ... usw.usw.
Als dann die eigentliche Debatte über die Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke kam, erschienen die Grünen einheitlich in schwarzer Kleidung mit einem gelben Andreas-Kreuz, dem Anti-Atom-Symbol von Gorleben. Das verleitete den FDP-Politiker van Essen zu der Aussage, in der Geschichte sei es nicht gut gewesen, wenn eine Fraktion einheitlich gekleidet im Parlament erschienen sei, damit eindeutig auf die Uniformierung der Hitler-Abgeordneten bei eben genau jener Verabschiedung der Ermächtigungsgesetze anspielend, die man tags zuvor schon in Erinnerung gerufen hatte.
Nun, das hätte er sich vielleicht überlegen sollen. Wenn ausgerechnet die rechten Parteien FDP und CDU, die nach dem Krieg zur neuen Heimat der alten Hitler-Faschisten geworden waren, nun Andere mit den Hitleristen vergleichen, dann schlagen solche Aussagen leicht auf die Urheber zurück.
Das war nicht undedingt ... usw. usw.
Schliesslich der CSU-Parteitag. Man glaubt immer noch in seichten trüben rechten Gewässern fischen zu müssen und beschliesst verschärfte Massnahmen gegen „Integrationsverweigerer“. Dass es die so gut wie gar nicht gibt, aber keine Sprachkurse angeboten werden, spricht sich inzwischen schon herum. So macht eine ganze Partei sich selbst zum Gespött!
Zum Ausgleich wurde eine Frauenquote eingeführt. Ja, ja, man höre: Frauenquote in der CSU! Seehofer hatte gelesen, dass das Absacken der Union gerade und auch auf den Verlust vieler Frauen-Stimmen zurückzuführen sei. Was hilft dagegen? Atomkraftwerke abschalten? Nein! Frauenquote!
Allerdings werden alle Berichte darüber mit der Tatsache geschmückt, dass in Mitgliedschaft und Funktionärstum der CSU die Zahl der Frauen verschwindend gering ist, noch stärker als bei anderen Parteien. Der Schuss geht also genau nach hinten los.
Das war nicht unbedingt ... usw. usw.
Kurz: Man schlägt nur noch wild und blindwütig um sich!
Dem deutschen Volk tut das gut, denn nun zeigt sich ein wenig deutlicher die Fratze der Reaktion und der Brandstifter hinter den Biedermann-Gesichtern der Herren Politiker.
Nur mache man sich nichts vor:
Die jetzt davon hauptsächlich profitieren nach den Regeln der Bürgerlich-Diktatorischen „Demokratie“, die SPD, die sich in den Umfragen auf 24% festgesetzt hat und die Grünen, die zwischen 20 und 25% schwanken, werden um keinen Deut besser sein.
Oder muss man daran erinnern, wer für Hartz IV hauptverantwortlich war und für die Freigabe der US-Kriegsmachinerie gegen Serbien, um es in die Steinzeit zurückzubomben mit Tausenden von Zivil-Toten?
Veröffentlicht am 2. November 2010 in der Berliner Umschau
Zusatz zum Artikel(3.11.10)
Nun sind beim nächsten Unions-Politiker alle Sicherungen durchgebrannt und er hat sogar seine im Grunde faschistische Haltung deutlich gemacht:
Der baden-württembergische CDU-Generalsekretär Thomas Strobl hat den Bahnhofs-Gegner Walter Sittler in die Nähe eines Nazi-Propagandisten gerückt. Die SPD forderte gestern die Abberufung Strobls aus dem Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat. Der CDU-Politiker sei als Vorsitzender dieses Gremiums „völlig ungeeignet und nicht länger tragbar“, schrieb SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann an seinen Unions-Kollegen Peter Altmaier.
Auslöser des Konflikts war eine Veröffentlichung Strobls in seinem Newsletter „Berlin Aktuell“. Dort hatte er ein Foto Sittlers mit der Unterschrift versehen: „Sein Vater war Nazi-Funktionär und arbeitete für Reichspropagandaminister Joseph Goebbels: Walter Sittler, Propagandist der S21-Bewegung“.
Damit hat Strobl deutlich gemacht, dass er weiterhin in faschistischem Gedankengut befangen ist. Es waren die Faschisten, die "Sippenhaft" gelten und Söhne wegen Sünden ihrer Väter büssen liessen.
Im übrigen war es neben der FDP vor allem die Union, die damals Nazis in ihre Reihen aufnahm und vor weiterer "Verfolgung" schützte.
Es ist also nicht so unheimlich klug von CDUlern, an die Figuren der Hitler-Zeit zu erinnern.
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- Stuttgart21 – Wiederwahl in Gefahr
- Verzweiflungsakt von Frau Merkel
- Bombe – Merkel ist in Wirklichkeit Grüne!
- Stuttgart21 – Der GAU
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