Wir sind wieder soweit
Von Karl Weiss
Hitler wurde am 30. Januar 1933 vom deutschen Großkapital an die Macht gehievt. Anlass dafür war der Knick in der Karriere der National“sozialistischen" Partei des Rattenfängers bei den kurz zuvor stattgefundenen Wahlen. Ihre Stimmenzahl war deutlich zurückgegangen, während die Kommunistische Partei Deutschlands klare Stimmenzuwächse hatte. Dies wurde dann als Zeichen zum Handeln angesehen.
In den ersten Monaten der Hitlerherrschaft wurde noch ein wenig so getan, als ob das Parlament normal weiterarbeiten könnte. In Wirklichkeit wurden schon über die Hälfte der kommunistischen Abgeordneten nicht mehr gesehen, zum einen, weil man bereits das erste Konzentrationslager Börgermoor aufgemacht und viele Kommunisten dorthin verfrachtet hatte, zum anderen, weil einige der kommunistischen Abgeordneten sich diesen Verhaftungen dadurch entzogen hatten, dass sie in die Sowjetunion geflüchtet waren.
Die anderen Fraktionen, allen voran die SPD und das Zentrum, taten so, als würden sie das nicht bemerken. Es waren ja nur die Kommunisten betroffen. Als es dann konkret um das Durchpeitschen des Hitlerschen Ermächtigungsgesetzes ging, wurde den Abgeordneten dieser Parteien vom Hitler-Mob schlicht und einfach „nahegelegt“, sich nicht dagegen zu stellen, sonst „könne man für ihre persönliche Sicherheit nicht garantieren“.
Kurz danach fanden sich auch schon Sozialdemokraten in den Konzentrationslagern wieder. Die Unterordnung unter den Druck der Faschisten hatte nichts erbracht.
Diese Geschichte haben die heutigen deutschen Parlamentarier „vergessen“. Eigentlich müsste sie jedem auf den Nägeln brennen, der heute Abgeordneter ist, aber bei Konservativen und „Sozen“ hat sich bereits die gleiche Nichtbeachtung der deutlichen Anzeichen breit gemacht, die ihre Vorgänger damals anden Tag gelegt hatten.
Denn nun gibt es auch im Deutschen Bundestag schon die erste Regelung, die sich speziell gegen die Linksfraktion richtet, die „Lex Linksfraktion“. Grüne, FDP, Union und SPD sind überein gekommen, künftig Ordnungsstrafen im Bundestag auszusprechen, wenn Abgeordnete protestieren. Dies wurde in einem Ausschuss beschlossen, in dem keine Links-Abgeordneten sitzen. Es geht um künftige Ordnungsgelder von 500 bis 3000 Euros für „Ordnungsverstösse“.
Diese hängen natürlich von der politischen Sicht ab und so kann man munter Strafen an Abgeordnete der Linkspartei verteilen. Wenn man zum Beispiel an 150 Parlamentstagen jeweils eine 3000–Euro-Strafe verhängt, sind das nach einem Jahr schon fast eine halbe Million Euro.
Selbstverständlich wurde die Linkspartei nicht eingeladen, darüber mit zu sprechen – das belegt bereits eindeutig die Absicht. Für alle, die es noch nicht wussten, sagte der SPD-Abgeordnete Christian Lange, es sei klar, das richte sich gegen die Linksfraktion, denn die seien der Grund für diesen Beschluss des Ausschusses und dort seien „nicht resozialisierbare Wiederholungstäter“.
Es wird davon ausgegangen, dass sowohl im zuständigen Geschäftsordnungsausschuss als auch im Plenum diese Regelung ohne großes Zögern durchgepeitscht werden wird. Damit wird nach langer Zeit zum ersten Mal erneut eine Regelung eingeführt, die sich ausschließlich gegen eine Fraktion richtet und von allen anderen Fraktionen durchgedrückt wurde.
Besonders interessant: Die Grünen haben da mitgemacht. Sie waren nämlich am gleichen Tag, dem 28. Oktober, Tag der Debatte um die Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke, im Bundestag zur Ordnung gerufen worden (allerdings nicht offiziell vom Bundestagspräsidenten), weil sie alle in schwarzer Kleidung mit dem gelben Kreuz, dem Symbol des Widerstandes gegen die Endlagerung in Gorleben, erschienen waren. Ein Abgeordneter nannte das ein „Kostümfest“ und van Essen von der FDP glaubte es sich sogar leisten zu können, die Grünen an das Auftreten von Abgeordneten der Hitler-Partei in Uniform im Parlament zu erinnern.
Das ist immerhin ziemlich dreist von dem Abgeordneten einer Partei, die vielen strammen Faschisten nach dem 2. Weltkrieg eine Heimat geboten hat und bereits 1948, 3 Jahre nach Kriegsende (!) mit den Parolen zum Wählen der FDP aufgefordert hat, die Vergangenheit müsse nun zu den Akten gelegt werden und die „Verfolgung“ von Nazi-Verbrechern müsse aufhören.
Interessant auch, das „Kostümfest“ der Grünen hatte keinen Ordnungsruf zur Folge, obwohl es ja immerhin mit dem Hitler-Faschismus verglichen wurde (auch dafür gab es keinen Ordnungsruf!). Das war auch logisch, denn man wusste ja schon, man würde noch am gleichen Tag die ‘Lex Linksfraktion‘ beschließen.
Wehret den Anfängen!
Originalveröffentlichung
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