Die Tinner-Connection, Teil 2: Der größte Skandal in der Geschichte der USA?
Von Karl Weiss
Nach allen vorliegenden Beweisen scheint nun festzustehen: Die US-Regierung hat mit voller Absicht über seinen Geheimdienst CIA und unter Mitwirkung der Bundespolizei FBI die Anleitungen zum Bau von Atombomben ins Ausland schaffen lassen und dort Agenten anderer Länder zugänglich gemacht. Die „Atom-Geheimnisse“, die dann keine mehr waren, wurden auf verschiedenen Wegen an Israel, an die Türkei, an Pakistan und in der Folge auch an den Iran, Libyen und Nord-Korea weitergegeben.
Die drei Tinners aus der Schweiz, Vater Friedrich Tinner und seine beiden Söhne Urs und Marco waren CIA-Mitarbeiter und haben einen wesentlichen Teil dieser schweren Verbrechen durchgeführt. Die Schweiz hat die entsprechenden Akten bewusst vernichtet, um eine Anklage gegen die Tinners zu erschweren.
Dies alles geht aus Artikeln der New York Times und der Londoner Times hervor. Auch andere haben Teile dieses Komplotts aufgedeckt, darunter die ehemalige FBI-Mitarbeiterin Sibel Edmonds und die deutsche Website world-content-news. Weitere Quellen sind der Schweizer Tagesanzeiger und die Schweizer Nachrichtenagentur 20min.
Wer alle Quellen nachlesen will, findet die Links zusammengefasst in diesem Artikel.
Bereits im ersten Teil von “Die Tinner-Connection“ wurde berichtet: Die Regierung der Schweiz hat offiziell über 300 000 Akten vernichtet, vor allem als Computerdokumente, die sowohl die Inhalte der Atomgeheimnisse als auch die Tätigkeiten der Tinners diesbezüglich enthielten.
Es verdichten sich die Anzeichen seitdem, dass dies auf intensiven Druck aus den USA geschehen ist. Offenbar wollte die US-Regierung damit verhindern, dass bekannt wurde, die drei Tinners waren Mitarbeiter des CIA. Denn die Unterlagen belegen andererseits die Weitergabe von Atomgeheimnissen an Nord-Korea, an Libyen (damals noch „Schurkenstaat“ Nr.1) und an den Iran. An den Iran??? Ja, an den Iran!
Dieser Hauptgrund für die Vernichtung der Akten (damit die Verbindung der Tinners zum CIA nicht auffliegt), hat sich allerdings bereits erübrigt, denn nun, Ende August (Artikel vom 24. August), nur wenige Monate nach der Bekanntgabe der Vernichtung im Mai, stand bereits in der New York Times, sie waren Mitarbeiter des CIA.
Woher die NYT das weiss? Sie sagt, sie hat Aussagen von insgesamt vier Geheimdienstmitarbeitern darüber, die allerdings in der Anonymität verblieben. Es gab aber auch die Aussage von Gary Samore, dem ehemaligen Zuständigen für Nichtweiterverbreitung des US-National Security Council: Die Zusammenarbeit mit den Tinners sei extrem wichtig gewesen. Es wurde auch gleich noch berichtet, die Tinners erhielten 10 Millionen Dollar für ihre Dienste, zum Teil in den berühmten schwarzen Geldkoffern, die auch das deutsche Publikum seit Kohl zur Genüge kennt.
Die Lüge der Schweizer Regierung, man habe die Unterlagen vernichtet, um ihren Diebstahl zu verhindern, damit diese Atombombenbaupläne nicht in die Hände von Terroristen gelangen, war schon damals durchschaubar. Wenn ausgerechnet die Schweiz, die das Geld und die Geldgeheimnisse der Hälfte aller Reichen dieser Welt gut gesichert beherbergt, sich für ausserstande erklärt, ein paar Computerfiles sicher aufzubewahren, so ist das eine Lachplatte.
Man hat aber immer noch eine Ausrede: Der Kontakt mit den Tinners und das Abschöpfen von dem, was sie wussten, habe dazu gedient, herauszufinden, wohin Abdul Khan, der „Vater der pakistanischen Atombombe“, seine Kenntnisse verkauft hatte. Die Tinners seien enge Mitarbeiter von Khan gewesen und daher konnten sie wissen, was und wohin Khan verkauft hat.
Auf den ersten Blick ergibt das einen Sinn, wenn man die offizelle Khan-Story glaubt. Aber da gibt es ernsthafteste Zweifel.
Abdul Khan hat 2004 im Fernsehen auf Englisch eine Geständnis abgelegt, er habe seine Kenntnisse über die Urananreicherung und den Bau von Atombomben an Nord-Korea, Libyen und den Iran weiterverkauft, aber es gibt nicht die geringsten handfesten Beweise hierfür. Zwar behauptet dies auch die CIA, aber was die sagt, kann man ja wohl nicht als glaubwürdig ansehen.
Er wurde nämlich nie wirklich vor ein Gericht gestellt, wo Beweise hätten aufgefahren werden müssen. Er wurde vielmehr nach seinem öffentlichen Geständnis vom kürzlich zurückgetretenen pakistanischen Diktator Musharraf begnadigt (der nie über die Rolle eines Vasallen der US-Regierung hinauskam), und lebt seitdem unter Hausarrest, aber unter recht freundlichen Bedingungen, in Islamabad.
Kürzlich wurde er von einem Journalisten interviewt und widerrief sein Geständnis. Er sei damals mit der Androhung schwerster Bestrafungen zu diesem Schauspiel gezwungen worden. Er sei es nicht gewesen, der die Atom-Unterlagen an diese Länder weitergegeben habe.
Diese Einlassung ist glaubhafter als das Geständnis.
Warum? Weil es die Aussagen der früheren FBI-Übersetzerin Sibel Edmonds gibt, eine jener heroischen Frauen, die selbst einem Präsidenten Bush junior die Stirn zeigen. Was sie sagte (nachdem ihr Sprechverbot Ende 2007 abgelaufen war), steht nämlich in drei Artikeln der Londoner Times vom Anfang des Jahres.
Die ganze Geschichte ist zuammengefasst in den zwei Artikeln „Die Türkei-Connection, Teil 1“ und „Die Türkei-Connection, Teil 2“ und soll hier nur kurz dargestellt werden:
„Die Londoner Times hat veröffentlicht, wie US-Offizielle, beginnend im Jahr 2000, über eine private türkische Gesellschaft hoch geheime Atom-Unterlagen an Israel und an Pakistan (und damit später an den Iran, an Nord-Korea und an Libyen, wahrscheinlich auch an die Türkei und Saudi-Arabien) verkauft haben.“
„Dieser Deal wird jetzt von Präsident Bush mit einer geheimen Gesetzesvorlage versucht nachträglich zu legalisieren. Es handelt sich um eine nach dem Atomwaffensperrvertrag international geächtete Tat – und um eine mit Todesstrafe bedrohte in den USA.“
„... kam aus Kreisen von US-Offiziellen (sprich also aus höchsten Kreisen der Bush-Administration) ein Hinweis an Vertreter der Türkei-Connection, die sich in den USA aufhielten, jeden Kontakt mit Brewster Jennings zu vermeiden. So kam die CIA nie dazu, den Komplott aufzudecken und auch im FBI wurde dafür gesorgt, dass keinerlei Informationen, die 'Türkei-Connection' betreffend, ausgeplaudert wurden (Wir haben schon gehört: Sibel Edmonds wurde entlassen und mit einem strafbewehrten Sprechverbot belegt).“
Zuammen mit den jetzt veröffentlichten Verbindungen über die Tinners und das offizielle USA ergibt sich also ein zusammenhängendes, klares Bild: Die offizielle USA hat gewollt Atomgeheimnisse weitergegeben. Niemand ist bis heute in den USA wegen dieser Spionage angeklagt worden. Im Gegenteil, Präsident Bush versucht, diese Weitergabe als (nachträglich) erlaubt durch einen Gesetz abzusegnen.
Darunter war auch der Empfänger Iran. Wenn man also dem Iran Geheimnisse geliefert hat, so kann man sich jetzt nicht darüber aufregen, dass der Iran sie verwendet – so er sie denn verwendet, wie die US-Regierung und Israel behaupten.
Es gibt also für die angebliche iranische Atombombe zwei Möglichkeiten:
Entweder die US-Regierung (unter Einbeziehen von israelischen Agenten) hat die Technologie selbst geliefert – dann kann man deshalb den Iran nicht angreifen –
Oder der Iran hat die Entwicklung einer Atombombe längst eingestellt – wie es US-Dienste leztes Jahr selbst veröffentlicht haben – dann kann man deshalb den Iran nicht angreifen –
So oder so, ein Angriff auf den Iran würde auf einem FAKE beruhen, mindestens so gross wie jenes der Massenvernichtungswaffen im Irak.
Veröffentlicht am 8. September 2008 in der Berliner Umschau
Originalveröffentlichung