Dienstag, 11. November 2008

Brasilianische Fussballmeisterschaft und Südamerika-Cup im Endspurt

Spannende Endphase

Von Karl Weiss

Sowohl die letzten Spieltage der brasilianischen Fussballmeisterschaft als auch die Halbfinale und Finale des Südamerika-Cups (Gegenstück zum UEFA-Cup) versprechen extrem spannend zu werden.


Alle Fotos in diesem Artikel sind aus dem Libertadores-Halbfinalspiel Fluminense Rio de Janeiro - Boca Juniors Buenos Aires aus der ersten Jahreshälfte.

In der brasilianischen Meisterschaft sind noch vier Spieltage zu absolvieren und es ist noch nichts entschieden, weder bei der Meisterschaft, noch im Abstieg noch bei den Plätzen für die „Libertadores“ (Gegenstück zur Champions-Leage). Fünf Vereine haben noch reelle Chancen auf den Titel: São Paulo F.C., der Meister aus den beiden vergangenen Jahren, mit 65 Punkten, Gremio Porto Alegre mit 63, Palmeiras São Paulo und Cruzeiro Belo Horizonte mit 61 und Flamengo Rio de Janeiro mit 60 Punkten. Die nächsten vier Vereine in der Tabelle können zwar rechnerisch auch noch Meister werden, aber angesichts der Stärke der ersten fünf ist das sehr unwahrscheinlich

Diese ersten fünf werden wohl auch die vier Plätze in der „Libertadores“ unter sich ausmachen, d.h. einer wird da herausfallen. Theoretisch können sich aber auch noch Internacional Porto Alegre, Coritiba aus der paranaensischen Hauptstadt, Botafogo Rio de Janeiro und Goiás Goiánia Hoffnung auf einen dieser Plätze machen.

Fluminense - Boca: Palácio und Palermo haben eine grosse Chance vergeben

Das Restprogramm der ersten fünf hat für jeden noch zwei Heimspiele und zwei Auswärtsspiele vorgesehen. Cruzeiro empfängt am 23. November Flamengo im Stadion Minerão in Belo Horizonte. Ansonsten spielen die ersten fünf nicht mehr gegeneinander.

Das Restprogramm von São Paulo sieht am leichtesten aus. Es ist in drei von vier Fällen gegen akut vom Abstieg bedrohte Vereine: Figuerense, Vasco und Fluminense. Zwar handelt es sich da um drei scheinbar leichtere Gegner, aber alle drei haben noch reale Chancen, dem Abstieg zu entgehen und werden kämpfen wie die Berserker. Zudem besteht immer die Gefahr, einen solchen Gegner zu unterschätzen. Dazu kommt ein extrem schweres Auswärtsspiel bei Goiás, das zu Hause eine Bank darstellt. Trotzdem hat São Paulos klare Chancen, zum dritten Mal hintereinander den Titel zu gewinnen.

Auch Gremio dürfte noch gute Chancen haben, einen eventuellen Ausrutscher von São Paulo zu seinem Vorteil zu nutzen. Es hat nur ein Spiel gegen einen Abstiegskandidaten, aber das ist Ipatinga, das zu diesem Zeitpunkt wohl schon rechnerisch abgestiegen sein wird. Die anderen drei sind Vereine aus dem Mittelfeld, also theoretisch ein leichtes Restprogramm.



Flamengo ist schon in der Punktzahl zurück und muss beim Mitbewerber Cruzeiro antreten. Das dürfte Flamengo eher zu einem Außenseiter machen.

Bleiben Palmeiras und Cruzeiro. Beide haben noch ein relativ schweres Programm zu absolvieren. Wenn São Paulo und Gremio nicht deutlich abbauen, werden sie wohl nicht mehr auf den Titel hoffen können.

Für den Abstieg kommen nach allen realen Abschätzungen noch sieben Vereine in Frage, also vier Absteiger und drei in letzter Minute gerettete. Praktisch schon abgestiegen ist Ipatinga aus der Stahlstadt in Minas Gerais mit nur 31 Punkten. Davor stehen auf den drei anderen Abstiegsplätzen Figuerense Florianopolis mit 35, Portuguesa São Paulo mit 36 sowie Náutico Recife mit 37 Punkten. Aber auch Fluminense Rio de Janeiro und Vasco Rio de Janeiro mit 37 Punkten und Atletico Paranaense aus Curitiba mit 38 Punkten sind noch lange nicht gerettet.

Es finden noch insgesamt vier „6-Punkte-Spiele“ statt, jeweils eines pro Spieltag, bei denen zwei der Abstiegskandidaten gegeneinander antreten. Fluminense hat dabei noch zweimal Heimvorteil, das dürfte dem Verein genügend Luft verschaffen. Für Atletico Paranaense dagegen ist ein besonders schweres Restprogramm vorgesehen, das könnte noch ins Auge gehen. Wenn wir also Fluminense als voraussichtlich gerettet ansehen und Atletico Paranaense als zum Abstieg verurteilt so wie Ipatinga, dann bleiben noch zwei Abstiegsplätze für Portuguesa, Náutico, Figuerense und Vasco. Da wird dann wohl die Bitternis des Abstiegs auf Náutico und Figuerense zukommen. Aber das sind natürlich Spekulationen.



Nun noch zum südamerikanischen UEFA-Cup, der ‚Copa Sulamericana‘. Ähnlich wie beim UEFA-Cup spielen dort die Vereine, die es nicht in die „Libertadores“ geschafft haben, aber auf den nächsten Plätzen endeten. Dazu lässt man in Südamerika noch alle Meister zu, weil die Copa Sulamericana nicht gleichzeitig mit der „Libertadores“ ausgespielt wird, sondern zeitversetzt. Dazu werden, wie auch in der „Libertadores“, mexikanische Vereine eingeladen, die hier oft eine sehr gute Figur machen.

Im Viertelfinale gab es in drei der vier Duelle ein brasilianisch-argentinisches Aufeinandertreffen, was allerdings nicht ganz so heiß gegessen wie gekocht wurde, weil in zwei der drei Fälle eine der Mannschaften in mindestens einer der Begegnungen mit vielen Ersatzspielern antrat, weil man noch Chancen auf den heimischen Meistertitel hat.

Mit den ersten Mannschaften in beiden Spielen traten Estudiantes aus La Plata und Botafogo Rio de Janeiro an. In La Plata musste Botafogo aber eine herbe 2:0-Niederlage einstecken und konnte dies im Rückspiel nicht aufholen.



Palmeiras, das noch Titelanwärter in Brasilien ist, trat zwei Mal mit einer von vielen Reservespieler durchsetzten Mannschaft gegen Argentinos Junior Buenos Aires an und verlor beide Spiele.

Ähnlich erging es Boca Juniors. Im ersten Spiel in Porto Alegre gegen Internacional trat man mit der ersten Mannschaft an, musste aber trotzdem eine 2:0 Niederlage hinnehmen. Daraufhin schonte Internacional seine erste Mannschaft im Auswärtsspiel gegen den São Paulo F.C. in der Meisterschaft und erlitt dann auch erwartungsgemäss eine 3:0-Schlappe, um mit seiner „ersten Wahl“ im Stadion Bonboneira in Buenos Aires gegen die berühmte Boca antreten zu können. Boca dagegen stellte eine Reihe von Ersatzspielern auf. Allerdings wurde dann doch Riquelme eingewechselt, als das Spiel zu Hause verloren zu gehen schien. Dem gelang auch ein Tor, das aber nicht die Niederlage mit 1:2 verhinderte.

Damit gewann Argentinien gegen Brasilien mit 2:1.



Auch im vierten der Duelle war ein argentinischer Verein vertreten. River Plate Buenos Aires spielte gegen den verbliebenen mexikanischen Vertreter Chivas Guadalajara. Zu Hause musste „River“ allerdings eine 1:2-Niederlage einstecken. Am 6. November beim Rückspiel in Guadalajara konnte man das nicht wett machen, sondern erreichte nur ein 2:2-Unentschieden, was den mexikanischen Verein ins Halbfinale brachte und die Phalanx der vier argentinischen Vereine auf zwei zusammenschmelzen ließ.

Die Halbfinalbegegnungen sind nun Argentinos Junior gegen Estudiantes in der einen Auseinandersetzung , womit bereits eine argentinische Mannschaft im Finale gesichert ist, und dementsprechend Internacional Porto Alegre gegen Chivas Guadalajara. Die Hinspiele finden jeweils am 12. November in Guadalajara und Buenos Aires statt, die Rückspiele am 19.11. in Porto Alegre und La Plata.



Es sei noch erwähnt, dass in drei vorangegangenen Jahren jeweils die „Underdogs“, die als schwächer eingeschätzten Mannschaften, das Endspiel gewonnen haben. Würde dies wieder eintreten, müsste der argentinische Verein, der ins Endspiel kommt, diesmal gewinnen.


Veröffentlicht am 10. November 2008 in der Berliner Umschau

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