Donnerstag, 9. April 2009

US-Arbeitslose jetzt offiziell bei 13,2 Millionen

Wie man Arbeitslosenzahlen manipuliert: US-Vorbild, Deutsche Nachahmer

Von Karl Weiss

In den USA sind die Arbeitslosenzahlen für März jetzt veröffentlicht worden. Die offizielle Arbeitslosenqote lautet jetzt 8,5%, das sind 13,2 Millionen Arbeitslose, 6,4 Mio mehr als vor Ausbruch der Krise. Das ist das höchste Niveau seit 26 Jahren – jedenfalls nach offizieller Zählung. In den letzten drei Monaten stieg die Arbeitslosigkeit mit auf das Jahr gerechnet unglaublichen 74 % steil an.

Dort, in den USA, wurde auch zuerst entdeckt, wie positiv es für eine Regierung sein kann, die Arbeitslosenzahlen in einem Land ein wenig nach unten „anzupassen“. Allerdings haben einige Nachahnmer, wie speziell die deutsche Bundesregierung, ihre Vorbilder inzwischen bereits um Längen übertroffen. Das interessiert, wenn aus den USA jetzt 8,5 % Arbeitslose gemeldet werden – während dort gleichzeitig etwa 20% der Bevölkerung in absoluter Armut leben - und wenn mal wieder die monatliche Märchenstunde von Nürnberg eröffnet wird.

Die Nachricht wurde als Horrorbotschaft gekennzeichnet: In den USA ist die Arbeitslosigkeit sprunghaft gestiegen. Jetzt seinen bereits 8,5% arbeitslos. Tatsache ist, die vorherige angebliche Arbeitslosigkeit von 5% war sowieso völlig unglaubwürdig. Nach neutralen Untersuchungen – vor der Krise – sind etwa 20% der US-Bürger im Bereich der absoluten Armut (die ist mit maximal 1 Dollar pro Tag und Person definiert). Es kann davon ausgegangen werden, diese 8,5%-Zahl bedeutet einen wesentlichen Anstieg jener 20%.

Die folgende „Kurze Geschichte der Manipulationen der Arbeitslosenzahlen“ in den USA wurde aus diesem Artikel übernommen und übersetzt:

http://www.harpers.org/archive/2008/05/0082023

„Einige Jahre nach dem Amtsantritt von Präsident Kennedy (1961) wurden Arbeiter, die nicht mehr auf Arbeitssuche waren (auch wenn der Grund war, dass es einfach keine Arbeit gab), aus der Zahl der Arbeitslosen herausgerechnet. Sie wurden als „discouraged workers“ bezeichnet, was man als ‚inaktive Arbeitslose‘ übersetzen kann. Allerdings tauchten sie damals noch in den Gesamtzahlen auf und man konnte daher leicht die wirkliche Artbeitslosenzahl errechnen.

Unter Richard Nixon wurde eine andere Neuerung eingeführt, um die Arbeitslosenzahlen zu minimisieren: Da es jeweils zwei Versionen gibt, die Zahlen ohne saisonale Anpassung und jene mit saisonaler Anpassung, wurde einfach dekretiert, dass man jeweils jene der beiden Zahlen veröffentlicht, die niedriger ist.

Die Reagan-Regierung fand eine weitere Quelle, wie man die Arbeitslosenzahlen manipulieren kann: Die ins Militär eingezogenen wurden nun als „Beschäftigte“ gezählt, nicht mehr als „Nicht Beschäftigte“.

Unter Clinton wurde dann die nächste „Korrektur“ angebracht: Man reduzierte nun einfach die Gesamtzahl der Arbeitskräfte, auf die sich die Prozentzahlen beziehen, indem die „discouraged workers“ ganz aus den Zahlen herausgenommen wurden, wenn sie nicht für mindestens ein Jahr Arbeit gesucht hatten. Das betraf etwa 4 Millionen Amerikaner, die vorher noch bei den „Nichtbeschäftigten“ aufgetaucht waren und nun ganz aus der Liste verschwanden, wodurch die Zahl der Beschäftigten im Vergleich zu denen nicht Beschäftigen deutlich anstieg."

Wenn also die letzte Meldung aus den USA lautet, die Arbeitslosigkeit habe 8,5% überschritten, so kann man ohne Übertreibung davon ausgehen, dass sie bereits deutlich die 12% passiert hat.

Ähnlich hat auch die deutsche Bundesregierung eine scheinbare Verringerung der Arbeitslosigkeit geschafft:

Zuerst wurden alle herausgenommen, die irgendwelche Mini-Jobs hatten mit einem Einkommen, das ihnen das Recht gibt, noch auf „Hartz IV“ aufgestockt zu werden. Dann bereinigte man die Arbeitslosenzahlen um die „Ein-Euro-Jobber“, obwohl dies laut Gesetzestext keine bezahlte Arbeit ist, sondern eine öffentliche Dienstleistung, zu der Hartz-IV-Empfänger verpflichtet werden können. Schon vorher hatte man die Leiharbeiter aus der Statistik für Arbeitslose herausgenommen. Dann wurden fast alle über 58 aus der Statistik genommen.

Als nächster Schritt wurden alle herausgenommen, die in irgendwelchen „Massnahmen“ untergebracht worden waren, auch wenn solche Massnahmen nicht mehr als überwachtes „Zeit-tot-schlagen“ wie etwa jene bei der Kolping in Würzburg und natürlich auch nicht bezahlt sind. Das, obwohl diese Personen weiterhin auf Hartz IV sitzen und völlig eindeutig Arbeitslose sind.

Schliesslich aber – und das war der „geniale“ Coup der Grossen Koalition unter Frau Merkel – hat man alle aus der Statistik herausgenommen, die an sogenannte Arbeitsvermittlungen ausgelagert worden waren. Diese Arbeitsvermittlungen vermitteln in Wirklichkeit keine Arbeit – es ist ja auch keine da -, sondern erfassen die Arbeitslosen, laden sie zu Vorträgen, geben ihnen einen Kurs, wie man Bewerbungen und Lebensläufe schreibt und halten sie einfach ausserhalb der Arbeitslosenzahlen – so als ob die Zahl der Arvbeitsplätze sich vermehren würde, wenn die Lebensläufe und Bewerbungen besser geschrieben werden.

Als letzte Massnahme, die noch dazu beiträgt, dass die Zahlen der Arbeitslosen in Deutschland zwar auch steigen , aber nicht so steil, wurden die arbeitslos Gemeldeten einer generellen Überprüfung unterzogen, was wohl bei einer nicht genannten Zahl unter irgendeinem Vorwand dazu geführt hat, dass sie nicht mehr gezählt werden zu brauchen. Die Nürnberger Anstalt hat sich geweigert, die Kriterien und Zahlen hierzu der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Nun, die Zahlen der OECD, die niemals zu übertriebenem Pessimismus geneigt hat, zur deutschen Arbeitslosigkeit sind da eindeutig: Im weiteren Verlauf der Krise soll die offizielle deutsche Zahl nach deren Einschätzung auf etwa 4,8 Millionen steigen, obwohl ja schon fast alle herausgerechnet wurden. Wir müssen also hier mit einer wirklichen Arbeitslosigkeit im Bereich von 10 Millionen rechnen.


Veröffentlicht am 8. April 2009 in der Berliner Umschau

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