US-Produktion weiter auf Talfahrt
Von Karl Weiss
In den Medien wird viel davon hergemacht, dass die kapitalistischen Auguren - speziell in den USA - schon einen neuen Aufschwung und das Ende der Krise sehen. Die Aktienmärkte verbuchen sogar ein kleines Zwischenhoch. Was die wirklichen Zahlen betrifft, ist aber nichts dergleichen angesagt.
In den USA werden nach Angaben des Nobelpreisträgers Roubini jeden Monat etwa 700 000 arbeitslos. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: 700 000 jeden Monat, Monat für Monat! Dazu kommt, dass in den USA die Sparrate von -3% auf +7% hochgeschnellt ist. Die Sparrate repräsentiert das Verhältnis zwischen auf die Bank gelegten Geldern und von den Banken vergebenen Krediten. Wenn sie +/-0 beträgt, werden für gleich hohe Summen Kredite vergeben wie gespart wird. Bei +7% wird weit mehr gespart als Kredite in Anspruch genommen werden. Beides wird zu einer weiteren Verringerung des Konsums in den USA führen, was die Produktion von Gütern für den Konsum weiter sinken lassen wird. Indirekt werden davon aber auch die Investitionsgüter betroffen, die in der Folge ebenfalls weniger nachgefragt werden.
Dazu kommt die bereits begonnene Deflation, die auch auf diesem mangelnden Konsum beruht und sich selbst verstärkt.
So wundert es nicht: Die US-Industrieproduktion ist nach den neuesten Zahlen aus den USA dort im Juni 2009 weiter gefallen. Sie liegt jetzt bei 95, wenn man das Jahr 2002 als 100 nimmt. Im Jahresvergleich Juni/Juni gab es sogar den höchsten Einbruch seit Beginn der Krise und insgesamt seit 1946.
Will man mit der Großen Depression (1929 bis 1937) vergleichen, so sind die absoluten Zahlen des Rückgangs bei der gegenwärtigen Krise sogar schon weit höher als damals, nur in Prozentzahlen ist der damalige Einbruch noch nicht erreicht, was aber bei einer Produktion in freiem Fall auch nicht mehr lange dauern kann.
Die damalige Krise erreichte ihren Tiefpunkt aber erst nach 5 Jahren, während wir im Moment erst im Jahr 2 nach dem Beginn des Falls der Produktion mit dem Januar 2008 in den USA sind. Der Dezember 2007 wird - nun wohl für lange Zeit - als Höchstpunkt der US-Industrieproduktion Referenz sein. Man kann also ohne Übertreibung vom tiefsten Produktionseinbruch in der Geschichte in den USA sprechen.
Die Auslastung der Industrie in den USA ist inzwischen auf 68% gefallen. Das ist der niedrigste Stand, seit diese Zahl erhoben wird.
Da die USA weiterhin die Leit-Wirtschaftsmacht sind, wirkt sich diese Entwicklung auch auf Deutschland aus, speziell, da die USA nach der EU der zweitwichtigste Exportmarkt der Bundesrepublik als Exportweltmeister waren.
Inzwischen hat wohl auch der Letzte schon begriffen, dass Exportweltmeister nicht eine Errungenschaft, sondern ein Fluch war.
Veröffentlicht am 27. Juli 2009 in der Berliner Umschau