Dienstag, 14. Juli 2009

Heiligsprechung von Ahmedinedschad steht bevor

Seit wann gilt für die Sozialisten: Meines Feindes Feind ist mein Freund??

Von Karl Weiss

Nachdem sich die Proteste des Volkes im Iran gegen ihre reaktionäre Regierung inzwischen gelegt haben, kann man in Deutschland sachlich an die Analyse des Vorgefallenen gehen. Einige, die sich „links“ nennen, erklärten die Proteste für einen von den USA gesteuerten Versuch einer „Obst“-Revolution nach dem Vorbild der Ukraine und anderen. Sie machen sich ein Bild der Welt nach dem Motto: „Meines Feindes Feind ist mein Freund“ und werden demnächst Ahmedinedschad heilig sprechen, nur weil er sich mit dem Weltenherrscher USA anlegt.

Ahmedinedschad

Die Regel mit dem Feind des Feindes ist eine von Imperialisten! So machen die USA Politik. Für Linke taugt sie nicht. Für Sozialisten gilt: Sie stehen immer auf der Seite des Volkes (der Begriff Volk wird hier wie bei Marx für „alle Unterdrückten in einem Land“ verwendet) und gegen die Unterdrücker.

Ganz sicherlich kann man die Analyse einer Situation nicht auf einem Zuruf eines Demonstranten an einen Gegen-Demonstranten basieren. Man muss an die konkrete Analyse der konkreten Situation gehen. Ist der Iran ein kapitalistisches Unterdrückungsregime? Ja! Ist das Regime besonders reaktionär und gewährt nicht einmal die einfachen bürgerlichen Rechte? Ja! Ist eine Rebellion gegen dies Regime berechtigt? Ja! Ist es eine Rebellion von wesentlichen Teilen des Volkes? Sind wesentliche Teile der städtischen Arbeiterschaft auf der Strasse? Ja! Wird vom reaktionären Staat mit allen Mitteln (Verbote, Militär, Verhaftungen, gewaltsame Unterdrückung, Morde) dagegen vorgegangen? Ja! Wie also könnte ein Linker eine solche Rebellion verurteilen und sich auf die Seite des unterdrückenden Staates stellen?

Natürlich, da kommen einige besonders schlaue Köpfe, die sich als „links“ bezeichnen und sagen, da gibt es imperialistische Interessen der Vereinigten Staaten, die versuchen, diese Rebellion auf ihre Mühlen zu lenken. Da gibt es Agenten der USA und bezahlte Verräter im Iran, die diese Rebellion versuchen zu okkupieren und als „Obst“-Revolution hinzudrehen, die Handys verteilen und mit Twitter und anderen Mitteln bestimmte Intellektuelle und Studenten dafür einzusetzen, diese Rebellion in eine zugunsten der USA umzuwandeln. Das ist zweifellos so. Der Iran als kapitalistisches brutales Unterdrückungsregime unterwirft sich nicht den Anweisungen des Weltenherrschers USA und ist als eine der großen Mächte im Mittleren Osten ein ständiger Störfaktor gegen die Unterwerfung der ganzen Region unter die Interessen der USA, die strategisch auf diese Region angewiesen sind wegen des Ölreichtums.

Nur, meine Herren Linken, ist das ein Grund, diese Rebellion weniger zu unterstützen? Jedes Mal, wenn sich Agenten einer verfeindeten imperialistischen Macht in einen Volksaufstand einmischen und versuchen ihr Süppchen zu kochen, dann haben wir uns als Linke zurückzuziehen und das Volk alleine seine Rebellion machen zu lassen? Seid ihr noch bei Sinnen?

Der Imperialismus ist als Ganzes der Feind der Völker der Welt, nicht eine einzelne imperialistische Macht. Nur weil die USA momentan der Weltenherrscher sind, werden andere imperialistische Mächte deshalb nicht weniger verurteilenswert – und wenn eine regionale Macht versucht, eine kleine Oberherrschaft in einer Weltregion zu errichten und sich deshalb mit der dominierenden imperialistischen Macht anlegt, ist sie nicht ein kleines bisschen unterstützenswerter.

Darum ist es auch nichts „Linkes“, wenn die „Volksinitiative“ versucht, die deutschen Imperialisten zu bewegen, sich mit Russland und China zu verbünden gegen den Weltenherrscher USA. Zum einen werden die deutschen Imperialisten sich nicht von einer Volksinitiative beeinflussen lassen und zum anderen sind alle Imperialisten gleichermaßen verdammenswert, seinen sie im Moment die dominierenden oder (noch) nicht.

Es war ja gerade der Kern des Verrats der Sozialdemokratie zu Beginn des ersten Weltkrieges, nicht auf der Seite des Volkes geblieben zu sein, sondern sich an die Seite des deutschen Imperialismus gestellt zu haben. Die revolutionäre Haltung war eben die, beide imperialistischen Seiten des Krieges zu verurteilen und dagegen die Rebellion des Volkes zu fördern, wie es Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg taten.

Deshalb muss man eben sowohl das reaktionäre Unterdrückungsregime im Iran mit der Galionsfigur Ahmedinedschad verurteilen (und die Rebellion dagegen begrüßen und unterstützen), als auch die Machenschaften der Agenten des US-Imperialismus, diese Rebellion auf dessen Mühlen zu leiten und die der internationalen imperialistischen Medien, die Rebellion als pro-westlich darzustellen (was interessanterweise mit der Ansicht jener gewissen „Linken“ übereinstimmt).

Karl Marx

Natürlich hatte die Rebellion im Iran von vornherein wenig Erfolgsaussichten, weder im Sinne einer Befreiung (oder wirklichen Erleichterung der Bürde) des Volkes, noch im Sinne der US-Imperialisten, denn sie machte sich an der Person des „Oppositionskandidaten“ Mussavi fest, der bestenfalls für eine geringfügige Verminderung des reaktionären Druckes auf das Volk stand und an der Frage einer Wahlfälschung, anstatt der Tatsache, dass wirklich oppositionelle Kandidaten von vornherein nicht zugelassen wurden.

Aber auch für diesen Fall haben wir das Beispiel des Meisters selbst. Marx wusste, die Pariser Kommune hatte schwerlich eine Chance zu gewinnen angesichts der militärischen Situation zu jener Zeit (1871). Er versuchte die Kommunarden auch zu warnen. Hat er deshalb auch nur im mindesten diese Revolution und die wenigen Tage des ersten sozialistischen Staates der Menschheit verurteilt oder nicht unterstützt? Nein! Er hat sie gepriesen, ihre Dekrete studiert und als Beispiel genannt und ihre Märtyrer als Helden allen Menschen bekannt gemacht.

So handeln Sozialisten.


Veröffentlicht am 14. Juli 2009 in der Berliner Umschau

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