Dienstag, 1. September 2009

Deutsche Steuergelder für Militärdiktatur

Ist die FDP eine demokratische Partei?

Von Karl Weiss

Die Situation in Honduras ist weiterhin ein Stachel im Fleisch Lateinamerikas. Seit dem 28. Juni herrscht eine Militärclique in dem mittelamerikanischen Staat. Der gewählte Präsident Zelaya wurde gewaltsam außer Landes gebracht.

Die Demonstrationen und Kundgebungen der Demokraten gegen die Diktatur in Honduras werden gewaltsam und mehr und mehr unterdrückt. Doch der europäische Skandal an dieser Sache ist: Eine Deutsche aus Steuergeldern unterstützte Partei-Stiftung macht Stimmung für die Diktatur und gegen die Demokratie: Die Naumann-Stiftung der FDP.

Hier in Lateinamerika sind die Menschen extrem sensibilisiert, wenn es um Militärdiktaturen geht, denn praktisch alle halbwegs bedeutenden Länder hier sind bereits durch Perioden der Militärdiktatur gegangen, manche mehrmals. Man weiß hier, welche Leiden für die Bevölkerung das bedeutet, Folter, Morde und Willkür, denn alle diese Diktaturen wurden gegen die einfachen Menschen im Lande errichtet und haben in ausnahmslos allen Fällen die Armut im Lande erhöht. Die Oligarchie des Landes dagegen, die meist direkt in die Militärputsche verwickelt war, wurde dadurch immer schneller reicher.

In allen Fällen waren es Stellen der USA, die jene Militärputsche in Auftrag gegeben hatten. So gibt es die klare Aussage des damaligen Botschafters der USA in Brasilien, dass er im Auftrag von Präsident Kennedy in einer Besprechung in den USA 1963 aufgefordert wurde, die Notwendigkeit eines "militärischen Eingreifens" an die brasilianischen Militärs weiterzugeben, was dann zum Militärputsch führte. Nach der Ermordung Kennedys wurde der Militärputsch in Brasilien im Jahr 1964 durchgeführt, der die gesamte brasilianische Gesellschaft umgekrempelt hat - zum Negativen.

Noch heute kann man verschiedene der negativen Auswirkungen des brasilianischen Militärputsches hier "bewundern", vor allem die Einführung der extremen Korruption, die auch nach dem Ende der Militärdiktatur im Jahr 1988 - 24 Jahre danach - nicht geändert wurde.

So empfindet es eine große Mehrheit der Bevölkerung in Lateinamerika als persönlichen Angriff, wenn mal wieder ein Militärputsch versucht wird oder erfolgreich durchgeführt wird - so wie der versuchte Putsch gegen den gewählten Präsidenten Hugo Chávez in Venezuela im Jahre 2002 (der erwiesenermaßen ebenfalls US-Ursachen hatte) und wie nun der - zunächst - erfolgreichen Putsch gegen Zelaya in Honduras.

Allerdings sind die Zeiten für Putschisten heute nicht mehr so einfach wie in den Sechziger und Siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Alle internationalen Organisationen, die UN, die EU, die OAS (Organisation amerikanischer Staaten) haben den Putsch verurteilt und die Rückkehr zum demokratischen Regime gefordert, aber auch alle lateinamerikanischen Staaten ohne Ausnahme haben sich gegen diesen Putsch ausgesprochen.

Selbst Präsident Obama und Außenministerin Clinton haben scheinheilig versichert, der Putsch sei zu verurteilen. Sie hätten ihn leicht verhindern können, wenn sie ihren Militärs klare anderweitige Anweisungen gegeben hätten, aber sie haben in voller Gewissheit, dass die Anweisung des Putsches aus US-Militärkreisen kam, den Putsch formal verurteilt, aber gleichzeitig alle Versuche des abgesetzten Präsidenten Zelaya, an die Macht zurückzukehren, als "Abenteurertum" verurteilt.

So weit - so schlecht.

Nun kommt aber der europäische Teil des Skandals: Die Naumann-Stiftung der FDP hat den Putsch direkt vor Ort mit Beauftragten der Stiftung unterstützt und trommelt seit dem Putsch für die Militärdiktatoren. Obwohl die FDP schon mehrfach von besonnenen Personen, sogar Parteigängern der FDP, aufgefordert wurde, ihrer Stiftung Grenzen aufzuzeigen, agitiert diese Stiftung seit dem Putsch extrem offensiv für die Putschisten.

Man bringt scheindemokratische Argumente vor: Der abgesetzte Präsident Zelaya habe versucht, eine Verfassungsänderung zu inszenieren, die ihm eine weitere Amtszeit möglich gemacht hätte. Dies sind offenbar vorgeschobene Argumente. Nirgendwo auf der Welt steht vorgeschrieben, Demokratie ende immer mit zwei Amtszeiten. Adenauer und Kohl in Deutschland herrschten für mehr als zwei Amtszeiten von vier Jahren und niemand behauptete, dies sei ein Putsch gegen die Demokratie.

Nun haben sich eine Anzahl von Organisationen der deutschen Öffentlichkeit und ebenfalls eine Anzahl von Bundestagsabgeordneten an die zuständigen Minister gewandt, um eine Überprüfung der Aktivitäten der Naumann-Stiftung einzuleiten.

Unter den Organisationen sind attac, das Ökonomische Büro für Frieden und Gerechtigkeit, die Zeitschrift ila, das Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika, der AK Internationalismus der IG Metall, die Christliche Initiative Romero und die Alexander-von-Humboldt-Gesellschaft, unter den Bundestagsabgeordneten Thilo Hoppe von den Grünen, Dr. Gregor Gysi, Bundestagsfraktions-Vorsitzender der Linken, Heike Hänsel, Bundestagsabgeordnete der Linken, Sven Gigold, Europaabgeordneter der Grünen, Monika Knoche, Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion der Linken, Hans-Christian Ströbele, Bundestagsabgeordneter und Stellvertretender Vorsitzender der Bundestagsfraktion der Grünen, sowie weitere Personen des politischen und öffentlichen Lebens.

Westerwelle
Warum nur kann ich dieses Lächeln nicht als freundlich empfinden?

Die Unterzeichner weisen u.a. darauf hin, dass die Organisation "Humans Rights Watch" die Anwendung exzessiver Gewalt gegen Demonstranten festgestellt hat und dass Demonstranten und Mitglieder der Opposition ermordet wurden. Speziell wird darauf aufmerksam gemacht, das die von der Naumann-Stiftung geförderte Jugendorganisation "Generation für den Wandel" an gewalttätigen Übergriffen gegen Mitglieder der Demokratiebewegung teilnimmt.

Auch wenn diese Eingabe in unverständlicher Weise völlig ohne konkrete Ankündigung weiterer Schritte bleibt und keine wirklich ernsthafte Folgerung verlangt, muss die Stossrichtung doch als richtig angesehen werden. Allerdings haben die Unterzeichner vergessen, sich an die zu wenden, für die das gerade jetzt vor den Bundestagswahlen von Bedeutung sein könnte: Die Bundesbürger.

Pfau

Die meisten halten die FDP für eine demokratische Partei, aber angesichts der Aktivitäten dieser Parteistiftung muss dies deutlich relativiert werden. Es besteht vielmehr der starke Eindruck, die FDP hält Demokratie nur so lange für wichtig, wie sie ihren Intentionen zuträglich ist. Sobald sie nicht mehr genehm ist, wird auf Diktatur umgeschaltet. Die FDP hatte Wochen Zeit, diesen Eindruck zu vermeiden.

Doch Westerwelle hat es nicht ein einziges Mal für nötig gehalten, hierzu Stellung zu nehmen. Das lässt den Schluss zu, man befürwortet in Worten die Demokratie in der Bundesrepublik, hält sie aber nur so lange für gut, wie man sie ausnutzen kann.

Die FDP hat viel zu erklären. Jeder, der sich überlegt, sie zu wählen, beachte aufmerksam diesen Teil ihrer Aktivität.


Veröffentlicht am 1. September 2009 in der Berliner Umschau

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