Montag, 28. September 2009

Eine belagerte Botschaft

Die Honduranischen Putschisten zeigen jetzt ihre faschistische Fratze

Von Karl Weiss

Die brasilianische Botschaft in Honduras, in die sich der gewaltsam aus dem Land geschaffte gewählte Präsident Zelaya geflüchtet hat, nachdem er heimlich in sein Land zurückgekehrt war, wird vom Putsch-Regime belagert. Niemand und nichts kommt hinein oder heraus. Strom, Telefon und Wasser waren gekappt. Der Faschismus Lateinamerikas zeigt seine Fratze.

Honduras Strassenschlacht nach Putsch

Zusammen mit Zelaya sind etwa 60 seiner Anhänger mit in die Brasilianische Botschaft in Tegucigalpa, der Hauptstadt von Honduras gekommen. Anfang vergangener Woche wurde der gewählte Präsident Zelaya in einer abenteuerlichen Reise heimlich wieder in sein Land eingeschleust und bat um Asyl in der brasilianischen Botschaft, das ihm ohne Zögern gewährt wurde. Er war am 28. Juni 2009 von Militärs gefangen genommen und außer Landes gebracht worden.

Nach Angaben von Anhängern Zelayas wurden seit dem Putsch bereits mindestens 15 Menschen getötet und zig verletzt, fast immer im Zusammenhang mit Demonstrationen gegen die Putschisten. Aber auch die "Exterminations-Kommandos", eine gut bekannte Spezialität der Faschisten in Lateinamerika, sind bereits wieder aktiv geworden. So wurde u.a. am Samstag, den 26. September, ein Parlaments-Kandidat für die im November anstehenden Wahlen ermordet. Es tauchte ein Motorrad mit zwei Vermummten auf und der Beifahrer erschoss den Kandidaten der "Sozialdemokratischen Partei" mit einer Maschinenpistole, wie sie von der Honduranischen Polizei verwendet werden. Das ist das typische Vorgehen der "Exterminations-Kommandos" in Lateinamerika.

Am 26.9. wurde auch der Sonderbotschafter Brasiliens, Catunda, der den Rang eines Vize-Ministers hat und nach dem Putsch in die Botschaft geschickt wurde, abgelöst. Nach tagelangen Verhandlungen ließen die Putschisten ihn schließlich aus der Botschaft und ließen den neuen Amtsträger hinein. Es handelt sich um den Beauftragten Brasiliens bei der OAS (Organisation Amerikanischer Staaten) in Washington, De Paula.

Zentral Amerika

Catunda gab Brasilianischen Journalisten Auskunft, die am Sperr-Ring um die Botschaft auf ihn gewartet hatten, weil sie nicht in die Botschaft gelassen werden. Er bestätigte, dass am Tag nach der Ankunft Zelayas und seiner Anhänger Granaten mit "einer Art von Tränengas" von den Militärs, welche die Botschaft belagern, in das Gebäude geschossen worden waren. Eine Anzahl von Personen, darunter auch einer der brasilianischen Angestellten, hätten ärztlich behandelt werden müssen. Offensichtlich handelt es sich um das unter dem Verbot chemischer Waffen stehende Gas CS, welches das US-Militär allen seinen Verbündeten zur Verfügung gestellt hat. Der Bürgerjournalist hat schon persönlich mit diesem heimtückischen Gas Bekanntschaft gemacht.

An jenem Tag waren auch Telefon, Strom und Wasser der Botschaft gekappt worden. Daraufhin hatte der Brasilianische Präsident Lula eine Sondersitzung des Sicherheitsrats der UN beantragt (es waren ja sowieso alle gerade in New York). Die Honduranischen Putschisten wurden dort der Verletzung der diplomatischen Rechte der Botschaft angeklagt, die im sogenannten Wiener Abkommen festgehalten sind. Der Sicherheitsrat nahm eine Resolution an, die das Putschregime ultimativ aufforderte, die Versorgung der Botschaft wieder herzustellen. Allerdings wurden keine Folgerungen angedroht, wenn man dem nicht nachkäme, wie es bei Diplomaten beim ersten Ultimatum üblich ist. Die Putschisten wollten dann offenbar doch nicht das zweite Ultimatum abwarten, das mit der Androhung von Sanktionen beschwert gewesen wäre und stellten die Versorgung der Botschaft wieder her.

Die Botschaft ist aber weiterhin umstellt und niemand kann hinein oder heraus. Die häufigen Demonstrationen vor der Botschaft werden mit Tränengas und Knüppeln zerstreut. Am 26. 9. gab es wieder größere Demonstrationen im ganzen Land aus Anlass des 90. Tages seit dem Putsch. Tausende waren auf den Straßen.

Die Antwort der Militärs war eine erneute Ausgangssperre. Seit Samstagabend 18 Uhr gilt eine totale Ausgangssperre bis morgens um 6, jeden Tag.

Das Mittel eines Sperr-Rings um Botschaften ist ebenfalls eine bekannte faschistische Methode. Das Hitlerregime zum Beispiel verwendete dieses Mittel im 2. Weltkrieg, um zu verhindern, dass sich Juden und andere Verfolgte in Botschaften flüchten konnten.

Die Putschisten in Honduras hatten sich ihre Machtübernahme wohl etwas anders vorgestellt. Es ist Tradition in Lateinamerika seit über 100 Jahren, dass Militärputsche mehr oder weniger achselzuckend hingenommen werden, sowohl von den anderen Ländern Lateinamerikas als auch von den anderen Ländern auf der Welt. Doch diesmal ist es anders. Sowohl die OAS als auch die USA und die EU haben den Putsch nicht nur in Worten verurteilt, sondern erkennen auch die diplomatischen Vertreter der Putschisten nicht an. Auch einen Sicherheitsratsbeschluss gegen einen Putsch in Lateinamerika hat es vorher noch nie gegeben. Obwohl nun über drei Monate vergangen sind, ist bisher noch niemand zur Tagesordnung übergegangen.

Im Gegenteil, nach intensivem Druck der lateinamerikanischen Regierungen hat der IWF die Auszahlung einer Unterstützung von mehren hundert Millionen Dollar an Honduras gestoppt und selbst die USA haben eine Militärhilfe vorerst eingefroren.

Kein einziger anderer Staat hat direkten Kontakt mit den Putschisten. Leider ist die deutsche FDP da eine beklagenswerte Ausnahme. Sie hat über ihre Friedrich-Naumann-Stiftung direkt an der Vorbereitung und Durchführung des Putsches teilgenommen und trommelt bis heute für die Putschisten. Eine Mahnung für alle, die noch an die Demokratietreue der kapitalistischen System-Parteien geglaubt hatten.

Bemerkenswert, dass auch die rechten lateinamerikanischen Regierungen, also vor allem Mexiko, Kolumbien und Peru, es nicht wagen konnten, die Militärjunta anzuerkennen. Hätten sie dies getan, wären sie als kleine Minderheit einer großen Mehrheit der lateinamerikanischen Regierungen gegenübergestanden, eine Spaltung, die sie nicht riskieren wollten.

Siehe zur politischen Situation in Lateinamerika auch diesen Artikel: "Fünf neue Stützpunkte für die USA in Kolumbien"

Unterdessen hat das Gipfeltreffen Lateinamerika-Afrika, das am Wochenende auf der Venezuelanischen Insel Margarita, einem der wichtigsten Zentren des Tourismus in Südamerika, stattfand, eine Resolution angenommen, die den Putsch verurteilt und die Wiedereinsetzung Zelayas fordert.

Der brasilianische Präsident Lula las die Resolution und sie wurde einstimmig angenommen. Lula sagte u.a. : “Wir haben zu sehr gekämpft, um die Militärdiktaturen in den Mülleimer der Geschichte zu befördern, als dass wir jetzt ihre Rückkehr auf diesem Kontinent zulassen könnten.“

Lula selbst war Gewerkschaftsführer zu Zeiten der Brasilianischen Militärdiktatur, führte Streiks an und wurde auch eingesperrt. Man wagte allerdings nicht, ihn zu foltern, wie fast alle anderen Gefangenen, weil Lula bereits damals eine bekannte Persönlichkeit war und Verbindungen ins Ausland hatte.

Auch bei den Hunderten von Anhängern Zelayas, die bereits in Honduranischen Gefängnissen sitzen, muss Folter befürchtet werden.


Veröffentlicht am 28. September 2009 in der Berliner Umschau

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