Weiter wie gehabt? Habt ihr sie noch alle?
Von Karl Weiss
Es ist fast wie in einem Horrorfilm: Die entsetzlichsten Dinge passieren und alle tun so, als sei nichts geschehen. Die Weltwirtschaft erlebt den größten Crash, seit sie jene riesigen Ausmaße angenommen hat und man will absolut nichts ändern – bestenfalls ein paar Schönheitskorrekturen. Die Umwelt beginnt verrückt zu spielen und wir wissen alle, warum innerhalb von 20 Tagen aus 15 Ländern Nachrichten eintrafen von verheerenden Überschwemmungen und die Nachricht von Tornados, wo es sie nie gegeben hat, – doch alle spielen „business as usual“.
Diese Vorschau von Umwelt- und Wirtschaftsministerium bis 2030 belegt: Es ist überhaupt keine Abkehr von fosssilen Brenn- und Kraftstoffen vorgesehen.
Speziell in Deutschland, wo nun Bundestagswahlen anstehen, sollte man meinen, die Kandidaten-Parteien stritten heftig um Lösungen für die Zukunftsprobleme, doch Fehlanzeige: Nicht eine einzige Partei (ausser der MLPD)setzt auf schnellen Ersatz des Verbrennens fossiler Rohstoffe zur Erzeugung von Energie und zum Transport durch erneuerbare Quelle, auf konsequentes und totales Recycling aller Rohstoffe nach dem Gebrauch und auf Übergangslösungen, bis das alles verwirklicht ist. Nicht einmal die Grünen thematisieren in ihren Verlautbarungen zur Wahl diese Fragen. Sie sind wohl zu sehr damit beschäftigt, für die CDU koalitionsfähig zu werden. Es geht ja auch nur um das Überlebens der Menschheit auf dem heute bekannten Niveau.
Alle tun einfach so, als sei alles in Ordnung.
Doch nehmen wir nur einen einzigen Fakt zur Kenntnis: Wenn alle Chinesen in absehbarer (oder auch weniger absehbarer) Zeit auf dem Niveau des durchschnittlichen US-Bürgers leben wollen (und genau das strebt die chinesische Regierung an), und wenn nicht rasch drastische Veränderungen der Energiequellen durchgeführt werden, dann wird die Menschheit in etwa das 20-fache der heutigen Förderung von Erdöl brauchen.
Ja, lassen Sie sich das auf der Zunge zergehen: Das 20-fache!
Es braucht nicht erwähnt zu werden, dass das natürlich objektiv unmöglich ist. Selbst wenn wir davon ausgingen, dass Erdöl in unendlichen Mengen vorkäme, selbst wenn wir davon ausgehen, es würden überraschend viele und neue Felder von Erdöl entdeckt, erschlossen und zur Förderung gebracht, ist selbst eine Verdoppelung der Erdölförderung völlig außerhalb des Machbaren.
Und alle wissen dies.
Und was bitte, tun nun alle diese schlauen Politiker und Lenker von Konzernen? Sie spielen „business as usual“ – weiter wie bisher.
Und die Frage des Ersatzes von Erdöl ist nur eine von vielen Fragen. Um nur einige weitere Probleme zu nennen:
- Einige Metalle, die für Handys und Computer gebraucht werden, sind in naher Zukunft aufgebraucht.
- Die Meere versauern zusehends und es sind dringend Maßnahmen dagegen auf weltweitem Niveau nötig.
- Die riesigen Regenwälder in Brasilien und Indonesien werden mit wachsender Geschwindigkeit vernichtet, was das Ende der Menschheit, wie wir sie kennen, einleiten kann.
- Die Pole und Grönland verlieren ihre Eiskappen und selbst, wenn der weitere Anstieg der Gehalte an CO2 in der Atmosphäre sofort gestoppt würde (was überhaupt nicht abzusehen ist), würde ein Anstieg des Meeresspiegels um mehrere Meter im Verlauf der nächsten 100 Jahre nicht mehr zu verhindern sein. Wann will man anfangen, sich mit diesem Problem zu beschäftigen? Wenn Big Ben bereits mitten im Meer steht?
Die Weltwirtschaftskrise ist nicht zu Ende, sie wird mit einem zweitem gewaltigen Abwärts-Drive alles übertreffen, was bisher an Krise auch nur gedacht wurde. Und dies in der Situation, in der alle wesentlichen Industrieländer ihre Verschuldung bereits ins Riesenhafte geschraubt haben und keine effektiven Gegenmaßnahmen mehr ergreifen können. Was bitte gedenken diese Protagonisten des Kapitalismus zu tun?
Einfach sagen: Tut uns leid?
Der Kapitalismus versucht nicht einmal, über seine Politiker, seine Konzernlenker oder seine Schleim-Journalisten, diese Themen aufzugreifen und Lösungen innerhalb des Kapitalismus anzubieten. Warum? Weil es kaum Lösungen innerhalb des kapitalistischen Systems gibt!
Es wurde einfach gesagt: Augen zu und und durch. Sorgen wir dafür, dass es keinen Kapitalismus mehr gibt, wenn sie ihre Augen wieder öffnen!
Was nötig ist, steht in diesen Artikeln:
„Dossier Totale Kreislaufwirtschaft, Teil 1: Synthesis – Es ist längst möglich“ http://karlweiss.twoday.net/stories/4600002/
„Dossier Totale Kreislaufwirtschaft, Teil 2: Dieses Irrenhaus könnte ein Paradies sein – Den Widerstand gegen den Kapitalismus organisieren“ http://karlweiss.twoday.net/stories/4613415/
„Dossier Totale Kreislaufwirtschaft, Teil 3: Plastik-Holz – eine Zukunftslösung“ http://karlweiss.twoday.net/stories/4633368/
„Dossier Totale Kreislaufwirtschaft, Teil 4: Widerlegen von Gegenargumenten“ http://karlweiss.twoday.net/stories/4660866/
„Dossier Totale Kreislaufwirtschaft, Teil 5: Kryo-Recycling statt Müllverbrennung“ http://karlweiss.twoday.net/stories/4848547/
Veröffentlicht am 21. September 2009 in der Berliner Umschau