Mittwoch, 30. September 2009

Die Wirtschaftskrise in der Bundesrepublik beginnt JETZT!

Kampf ist angesagt!

Von Karl Weiss

Die Bundestagswahlen brauchen eigentlich keine Auswertung, denn es gab ja nichts zu wählen. Was entscheidend ist: Die deutsche Wirtschaft hat, um die Widersprüche vor der Wahl zu dämpfen, mit Kurzarbeit und anderen Methoden die große Zahl von Massenentlassungen auf JETZT verschoben, weil sie sich ein Wahlergebnis erhoffte, das ihr genehm ist.

Deutschland - Brutto-Inlands-Produkt gegen Vorjahr - quartalsweise

Die Große Koalition hat mit allen Mitteln die Widersprüche zu dämpfen gesucht, wobei für die Abwrackprämie gewaltig Geld ausgegeben wurde, obwohl die ja nur die Nachfrage vorzieht. Jetzt, wo sie ausläuft, wird das Heulen und Zähneklappern speziell in der Autoindustrie und der Zuliefererindustrie beginnen.

Das Kapital hat aber nicht das Wahlergebnis bekommen, das es erhofft hatte. Nanu, mögen Sie vielleicht sagen, ist nicht Schwarz-Gelb genau die Traumregierung des Kapitals? Mag schon sein, aber nicht um den Preis der Marginalisierung der SPD. Wenn die SPD in einem Maße Einfluss verliert, wie es ihr Ergebnis von 16,6% der Stimmen der Wahlberechtigten ausdrückt, so hat das Kapital zum großen Teil jene Partei verloren, die dazu dient, die Arbeiter vom Kämpfen für ihre Belange abzuhalten.

Als Schröder 1998 zum ersten Mal gewählt wurde, bekam seine SPD um die 20 Millionen Stimmen. Jetzt ist die SPD ziemlich genau bei 10 Millionen Stimmen angekommen. Ein solcher Einbruch in nur 11 Jahren ist ein Desaster, nicht einfach nur für die SPD, sondern auch für das Kapital.

Bundesregierung 3

CDU oder FDP haben fast keinen Einfluss auf die Arbeiter. Indem das Kapital die Schröder-Regierung zwang, Hartz IV und die anderen „Wohltaten“ gegen das Volk zu verabschieden, hat es sich tendenziell selbst eines der wichtigsten Helfer beraubt.

Hat denn aber nun die CDU zusammen mit der FDP einen großen Sieg heimgefahren, wie uns die Medien weismachen wollen? Haben sie beweisen, das Volk steht hinter ihnen und wird ihre „Einschnitte“ mit Jubel begrüßen? In Wirklichkeit kann davon keine Rede sein. Die Union und die Liberalen könne eine Regierung bilden, weil sie weniger verloren haben als die anderen. Beide zusammen komme gerade einmal auf 35,1% der Stimmen der Wahlberechtigten. Wenn das ein Sieg ist, was wären dann Verlierer? Im Vergleich zu Kohls Zeiten ist das Schwarz-Gelbe Gespann gewaltig eingebrochen, wenn man die Summe der absoluten Zahlen der Stimmen als Maß nimmt.

Die Wahlbeteiligung bei dieser Bundestagswahl war die niedrigste, seit es Bundestagswahlen gibt und die CDU-CSU hat in % das zweitschlechteste Ergebnis aller Bundestagswahlen eingefahren. Nur bei der ersten Wahl 1949 hatte sie noch weniger Stimmen. Strahlende Sieger sehen anders aus, auch wenn uns eine Komödie von Strahlemännern und Strahlefrauen vorgespielt wird. Diese belegt nur, wie weit die Schauspieler-Politiker bereits von der Wirklichkeit entfernt sind.

Auch die FDP, die angeblich DER Gewinner der Wahlen sei, hat gerade einmal 10,6% der Stimmen der Wahlberechtigten erhalten. Entschuldigung, mit 10% ist man Sieger? Seit wann?

Was aber entscheidend ist, JETZT beginnt die Wirtschaftskrise in der Bundesrepublik. Die Kurzarbeit wird bald fast überall durch Massenentlassungen abgelöst. Das wird den Konsum der Massen in Deutschland weiter einschränken, was wiederum die Krise vertieft.

D: Exportvolumen in % gegen Vorjahresmonat

Auch wenn die Entlassenen am Anfang noch in „Beschäftigungsgesellschaften“ untergebracht werden und anschließend noch ein Jahr Anrecht auf Arbeitslosen-Geld 1 haben, das noch kein völliges Desaster ist, so finden sie sich doch bald in Hartz IV wieder, der zu einer Zwangsarbeit nach dem Vorbild des Reichsarbeitsdienstes umgebaut werden soll.

Westerwelle

Das wird den Konsum in Deutschland so weit in den Keller treiben, dass nicht nur auf der Seite der Arbeiter, sondern auch beim Kapital das Heulen und Zähnkirschen beginnt. Die Hoffnung des Kapitals, der Export würde nun bald wieder anziehen und bis 2010 könnten schon wieder Exportzahlen in der Nähe der Rekordzahlen vom ersten Halbjahr 2008 erwartet werden, sind völlig ohne sachliche Grundlage. Alle wesentlichen Abnehmerstaaten der deutschen Güter haben bereits deutlich erklärt, sie werden dieses Ungleichgewicht nicht länger hinnehmen, sondern die eigene Industrie stärken. Auch wenn der Export geringfügig gegen den Tiefststand ansteigen sollte: Der Export als Ausweg, wenn der Massenkonsum immer weiter sinkt, ist ein für alle Mal verstopft.

Pfau

Damit kann man jetzt schon für 2011 und 2012 eine Tiefe der Wirtschaftskrise in Deutschland voraussehen, die keinerlei Vergleich zu scheuen braucht. Wahrscheinlich wird der Rückgang des Brutto-Inlandsprodukts in diesen Jahren in Deutschland am höchsten sein (nicht im Vergleich zum Vorjahr, sondern im Vergleich zum Vor-Krisen-Stand 1. Halbjahr 2008).

Erst recht wird dies der Fall sein, wenn mit Mehrwertsteuererhöhungen (25%?) und weiteren Rentensenkungen (Rente mit 69?) noch mehr Kaufkraft abgeschöpft wird. Das bereits angekündigte Mittel, man werde Unternehmenssteuern und Steuern für Reiche senken, wird auch nichts zum Konsum beitragen. Kein Reicher wird nun mehr konsumieren, nur weil er nun statt 1 Milliarde pro Monat 1,1 Milliarden pro Monat einnimmt. Kein Industriebetrieb oder Handwerksbetrieb wird mehr konsumieren, seien es Gebrauchsgüter oder Investitionsgüter, wenn die damit hergestellten Produkte keinen Absatz finden.

Kurz: Die Idioten in der Regierung und in den Wirtschafts-Leitständen haben kein einziges Mittel in der Hand, wie sie die Krise, die JETZT beginnt, aufhalten oder verringen könnten.

Denn eine generelle Hebung der Kaufkraft, kräftige Lohnerhöhungen, ein Mindestlohn, eine vernünftige Arbeitslosengeldlösung, Verringerung der Konsumsteuern und der Steuern des „kleinen Mannes“, kurz, das Anregen des Massenkonsums, widerspricht ja ihrem Evangelium und nicht einmal tot würden sie so etwas tun.

D - Grosshandelspreise - Vergleich Grosse Depression

Der Arbeiter dagegen, der jetzt schon aufmerksam geworden ist, wenn er sich auch noch hat beschwichtigen lassen, wird unweigerlich aufwachen. Er muss zu kämpfen beginnen. Die Zahl der Streiktage wird ansteigen und die Schärfe der Kämpfe zunehmen. Regierung und Kapital werden zweifellos mit Repression antworten, aber das wird die Widersprüche nur anheizen. Bewegte Zeiten!

Die Vorstellung, das Volk in Deutschland könnte sich das Alles widerstandslos gefallen lassen, könnte sich gesenkten Hauptes zur Schlachtbank führen lassen, will dagegen nicht in den Kopf des Bürger-Journalisten. Haben nicht die Ossies damals bereits gezeigt: Man ist hier in Deutschland keineswegs bereit, das Schlacht-Lamm zu spielen. Was zuviel ist, ist zuviel!


Veröffentlicht am 30. September 2009 in der Berliner Umschau

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