Verzweiflungsakt von Frau Merkel
Von Karl Weiss
Das ist bemerkenswert: In der Generaldebatte im Bundestag hat Frau Merkel sich ohne Not voll hinter das umstrittene Projekt ‚Stuttgart 21‘ gestellt und hat die kommenden Landtagswahlen in Baden-Württemberg zur Abstimmung über dies Objekt ernannt. Ja, sie hat indirekt ihr eigenes Verbleiben im Kanzleramt an die Durchsetzung dieses Projekts gebunden.
Das nennt die „Süddeutsche“ ‚mutig‘ in ihrem Kommentar „Volles Risiko – ohne Begründung“. Kann man so nennen, aber das ist jener Mut, der aus der Verzweiflung wächst.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Landtagswahlen im nächsten Jahr einen so tiefgreifenden Erdrutsch ergeben, dass sie sowieso zurücktreten müsste, um CDU/CSU und FDP eine Chance zum Wiedererstarken zu geben. Würde sie die Legislaturperiode in einer solchen Situation mit Gewalt durchziehen, könnte sie zur Totengräberin der Partei werden und die FDP gleich mitreissen.
In Wirklichkeit ist ihre Situation auch jetzt schon verzweifelt, da ist es kein zusätzliches Risiko, ihre Kanzlerschaft an das gewaltsame Durchsetzen des Projekts ‚Stuttgart21‘ zu ketten.
Sie rechnet natürlich damit, viele Menschen in Baden-Württemberg und darüber hinaus würden ihre ablehnende Haltung zum Projekt überprüfen, wenn sie mit dem Gewicht der Kanzlerschaft auf der Seite der Befürworter auftritt.
Auf diese Art und Weise hofft sie, die verlorene Mehrheit in Baden-Württemberg und im Bund zurückzuerlangen.
Wenn das Projekt mit Polizeigewalt gegen Menschenmassen durchgezogen wird, erhoffen sich die „Macher“ natürlich auch immer einen Effekt der Resignation, der jene Stimmen für die ‚Grünen‘, die heute in den Umfragen auftauchen, halbieren könnte.
Ob sie damit gut beraten war, wird sich herausstellen. Man kann vermuten, dass sie über die Situation in Stuttgart hauptsächlich aus CDU-Quellen informiert wurde, die sicherlich den wahren Umfang nicht realistisch geschildert haben.
Ist sie sich wirklich klar, dass es die breiten Massen in Baden-Württemberg und speziell in Stuttgart sind, die nun schon wochenlang mit nicht abreissenden täglichen und wöchentlichen Manifestationen gegen das Projekt angehen, dass dies bis weit in wirklich stock-bürgerliche Kreise hinein geht?
Statt des erhoffneten Resignations-Effekts könnte es auch dazu kommen, dass sich die Baden-Württemberger sagen: Wenn ihr mit Gewalt das Projekt durchzieht, dann werden wir euch mit Gewalt nicht mehr wählen.
Bis jetzt geht es ‚nur‘ um den Abriss des alten Bahnhofsgebäudes, das eigentlich gar nicht den Kern der Sache darstellt. Demnächst aber wird man anfangen müssen, über 270 Bäume im Stuttgarter Schlossgarten zu fällen, einer grünen Lunge in der Stuttgarter Stadtmitte. Der Aufschrei der Proteste dürfte dann noch weniger zu überhören sein.
Man höre nur, was über die Montagsdemo am 13.9. mit 17 000 Teilnehmern vor den Abrissarbeiten des Bahnhofs berichtet wurde: „ ...sah sich die Polizei genötigt, den provokativ weiter geführten Abriss vorübergehend einstellen zu lassen - ein wichtiger Erfolg der Demonstranten.“
Und was weiter geschah: „Als im Anschluss der Demo bekannt wurde, dass OB Wolfgang Schuster (CDU) ... nicht weit entfernten Staatsgalerie ... eine Rede halten wollte, nahmen sich ... Demonstranten das Recht, ihn dort zu besuchen und ihn entsprechend lautstark zu begrüßen.“
Der Bürgermeister musste über den Hinterausgang fliehen. Das tadelte die „Stuttgarter Zeitung“ als „Grenzen überschritten“.
Dazu schreibt rf-news.de: „Dadurch verlieren die bürgerlichen Medien aber auch mehr und mehr ihren Nimbus von "Unabhängigkeit" und "Objektivität". Ihre manipulative Berichterstattung wird von den "S21"-Gegnern ebenfalls verstärkt ins Visier genommen.“ (alle Zitate aus: http://www.rf-news.de/2010/kw37/17.000-bei-montagsdemo-gegen-stuttgart-21-unumkehrbar-sollte-unwort-des-jahres-werden )
Die Breite der Bewegung in Stuttgart (von der dort sehr aktiven MLPD bis weit in die Stammwählerschaft der CDU hinein) wird besonders abends um sieben Uhr täglich deutlich:
Dann machen Tausende von Stuttgartern Lärm, mit Vuvuzelas, mit Kochtöpfen, Autohupen und anderen Instrumente. Die Innenstadt Stuttgarts, die in einem Talkessel liegt, dröhnt dann wider vom „Schwabenstreich“, wie das genannt wird. Vielleicht hätte sich Frau Merkel das zuerst anhören sollen, bevor sie ihr Schicksal an jenes Projekt band.
Inzwischen gibt es bereits in fast jeder mittleren und grösseren Stadt Baden-Württembergs den „Schwabenstreich“ um Sieben und zum Teil auch Demonstrationen gegen den Grössenwahnsinn (der wahrscheinlich 12 Milliarden Euro kosten soll – und das bezieht sich auf heutige Preise). Selbst die einst peinlich gehütete Andersartigkeit der Badenser ist bereits überwunden, auch in Mannheim heisst es jetzt „Schwabenstreich“.
Zusatz zum Artikel
Hier wird der wesentliche Teil des Ergebnisses einer Infratest-Umfrage vom August in Stuttgart zu "Stuttgart 21" in Form eines Bildes wiedergegeben. Es wird klar, wie weit hinein bis in die Anhängerschaft von FDP und CDU die Ablehnung des Projekts geht. Bei der Aufstellung nach Altersgruppen gibt nur eine einzige mit einer Mehrheit für das Projekt.
Hier eine Anzahl Links zu anderen Artikeln im Blog zu Stuttgart21:
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- Bombe – Merkel ist in Wirklichkeit Grüne!
- Stuttgart21 – Der GAU
- Stuttgart21 – Die Rambos heissen Merkel und Mappus
- Aktuelle Ergänzung zu Stuttgart21
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