Sonntag, 10. April 2011

Straffreiheit für Guttenberg!

Alles zum Guten wenden!

Von Karl Weiss

Es kann nicht angehen, den zukünftigen Kanzler Guttenberg strafrechtlich zu verfolgen, nur weil er geistiges Eigentum gestohlen hat, um eine „Doktorarbeit“ zu fabrizieren. Es ist offensichtlich nicht im „öffentlichen Interesse“, private Rechte auf Urheberschaft oder, wie es im Gesetz heisst, „geistigem Eigentum“ durch Strafverfolgung zu einer „Staatsaffäre“ zu machen. Daher: Straffreiheit für Guttenberg!

Guttenberg

Das würde auch die Kontinuität der deutschen Rechtssprechung sicherstellen, die ja eindeutig ein höheres Allgemeingut ist als private Ansprüche auf „geistiges Eigentum“. Hatte man im Fall Kohl bereits ganz konsequent diese Linie verfolgt und ein „öffentliches Interesse“ an einer Strafverfolgung verneint, weil Kohl alle Regeln des Gesetzes über die Parteienfinanzierung gebrochen hatte und auch noch im Irrtum verharrte und die Spender über die Hintertür bis heute verheimlicht.

Wenn jenes nicht im „öffentlichen Interesse“ lag, um wie viel mehr dann die Verwendung von Texten anderer Autoren, ohne sie als Zitat kenntlich zu machen und ohne die Urheber zu nennen.

Hier sind ja lediglich persönliche Eitelkeiten betroffen, als kein Gut, das vom Staat her schützenswert wäre.

Und ist Guttenbergs Strafverfolgung erst einmal eingestellt, dann geht es ans Eingemachte.

Dann brechen herrliche Zeiten an! Wenn erst einmal durch die Einstellung des Verfahrens deutlich gemacht wurde, selbst die Verwendung von über 100 Texten von anderen Autoren schafft kein „öffentliches Interesse“ an eine Strafverfolgung, auch wenn dies dazu geführt hatte, dass ein Doktortitel verliehen wurde – was ja nur durch Zufall aufkam und dann zur Aberkennung des Titels führte.

Um wieviel mehr kann dann eine weit geringere Verwendung von „geistigem Eigentum“ anderer zu einer Strafverfolgung führen, wie es zum Beispiel gegeben ist, wenn jemand weniger als 100 Titel von Musikstücken aus öffentlich zugänglichen Quellen (Internet) herunterlädt oder ein ganzes kopiertes Computerprogramm billig ersteht – oder wenn ein Kindergarten Melodien verwendet, die als „gestiges Eigentum“ von jemandem gelten. Oder wenn ein Video, das ebenfalls zur allgemeinen Nutzung zugänglich ist, für private Zwecke aus dem Internet heruntergeladen wird – oder (noch geringer Wert) Bilder, die im Internet zur Verfügung stehen.

Ist das Verfahren gegen Guttenberg erst einmal eingestellt, kann der Wert von „geistigem Eigentum“ nicht mehr mit der Staatsmacht verteidigt werden, es sei denn, es seien im Einzelfall mehr als 100 einzelne Musiken, Bilder, Programme oder Videos oder was auch immer von Anderen verwendet worden.

Damit wird die ganze Frage der Verwendung des „geistigen Eigentums“ Anderer eine rein zivilrechtliche Angelegenheit, in der sich der Besitzer und der Benutzer ohne Gerichtshilfe einigen müssen. Damit wäre auch ein wesentlicher Schritt zur Entlastung des Justizsystems gemacht.

Es wäre wahrscheinlich angebracht, pauschale Gebühren anzurechnen, also z.B. 50 Cent für ein Musikstück, 5 Euro für einen ganzen Film auf Video oder ein umfangreiches Computerprogramm oder 1 Euro für fünf Bilder.

In Wirklichkeit ist dann nicht einmal mehr das nötig, man kann wieder dazu übergehen, eine kleine Gebühr auf alle Abspielgeräte und Computer aufzuschlagen, mit denen die „Urheberrechte“ abgegolten werden, wie dies früher bereits der Fall war.

So kann ein einzelner Fall, auch wenn er viel Aufsehen erzeugt hat, am Ende noch zu etwas Gutem werden.

Ein Problem werden allerdings all die Rechtsanwaltskanzleien sein, die ihr Geld durch Abmahnungen von Personen verdienen, die nicht ein zehntausendstel von dem getan haben, was Guttenberg tat.

Angesichts des Wegfalls dieser lukrativen Einnahhmequelle wird wohl eine Hungersnot unter den Rechtsanwälten ausbrechen. Es wird wahrscheinlich nötig sein, einen Fond (Aasgeier-Fond) zu eröffnen und um Spenden zu werben, um diese armen Anwälte nicht zu Opfern Guttenbergs werden zu lassen.

Schliesslich wird das Ganze noch eine andere Nebenwirkung haben:
Die Piratenpartei, bei der es nur eine Frage der Zeit zu sein schien, bis sie mit dem älter werden ihrer Klientel in den Bundestag einzieht, wird wohl mangels Hauptangriffspunkt wieder in der Versenkung verschwinden. Jeder mag selbst beurteilen, ob das positiv oder negativ einzuschätzen ist.

Und so wird die schlechte Tat Guttenbergs, die Ausgangspunkt von all dem war, viel neues Gutes erzeugen – quod erat demonstrandum!

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