Montag, 25. April 2011

Der Streit ums ‚kostenlose‘ Internet

“Inhalt muss etwas kosten!”

Von Karl Weiss

Was das Internet so attraktiv macht: Ausser den Gebühren für den Anschluss, die sich meist in Grenzen halten, ist Internet (fast) kostenlos. Text- und Bildersuchdienste, Nachrichten und Fussballergebnisse, vollständige Enzyklopädien, viele spezielle Interessen in einer Unzahl von Seiten und Blogs, im Internet gibt es Alles für jeden Geschmack und in in passender Grösse.

Doch dies hat den Zeitungen und Zeitschriften eine Konkurrenz eingebracht. Der Bürgerjournalist zum Beispiel war zeitlebens Zeitungsleser, hat nun aber schon Jahre kein Zeitungsabonnement mehr. Warum sich auf eine Zeitung beschränken, wenn man sich leicht die Internetauftritte vom 5 oder 10 Zeitungen ansehen kann?

Einen umfassenden Überblick über die grossen, die meistgelesenen Veröffentlichungen (Mainstream) konnte man sich früher gar nicht machen, ohne einen riesigen Aufwand zu betreiben. Heute kann der Bürgerjournalist aufspiessen, wie der Mainstream bestimmte Themen einfach weglässt, wie er wie auf Befehl fast gleichlautende Veröffentlichungen produziert und wie er im Chor Sachverhalte verfälscht.

Auch das Fernsehen bekam die Konkurrenz zu spüren: Die Zahl der Fernsehzuschauer, vor allem aus der jungen Generation, bröckelt ab. Soweit noch fern gesehen wird, wird das immer spezifischer auf bestimmte Sendungen fukussiert.

Das bedeutete für die Zeitungen den Ausfall von Abonnements- und Einzelverkaufs-Einnahmen, aber noch wichtiger: Weniger Werbeeinnahmen.

Auch das Fernsehen klagt bereits über (wenn auch bisher wenig) zurückgehende Werbeeinnahmen.

Damit wird aber der Beruf des Journalisten in rasch steigendem Masse abgewertet: Ein grosser Teil der Journalisten heute hat keine feste Anstellung mehr, sondern wird nach Zeilenzahl bezahlt. Die aktuellen Massenentlassungen in der Redaktion der „Frankfurter Rundschau“ machen dies besonders deutlich: Eine ganze Zeitung wird nun zur Regionalausgabe der Haupt-Zeitung der Gruppe, der Berliner Zeitung.

Allerdings muss man sagen: Bereits vor dem Internet war der Beruf des Journalisten zu einer Karikatur seiner selbst geworden. Die grossen Verlagshäuser nahmen die Journalisten an die Kandare und veröffentlichten keine kritischen Artikel, die das System in Frage stellten. Die ureigenste Arbeit eines wirklichen Journalisten, das Enthüllen von Skandalen der Reichen, der Mächtigen und deren Politiker und Parteien, wurde von jedem Journalisten vermieden, der seinen Job behalten wollte.

Die Zahl von Enthüllungsjournalisten auf der Welt kann man heute an den Fingern abzählen. Kein einziger von ihnen hat eine feste Anstellung als Journalist. Die Redaktionen von Zeitungen und Zeitschriften wurden zum Teil des Täuschungs-, Unterdrückungs- und Gewaltapparates des Kapitalismus.

Ultra-Reaktionäre wie Springer, Trump und Murdock haben inzwischen den wesentlichen Teil der gedruckten Medien in der Hand.

So war das Internet das Beste, was allen demokratisch und human denkenden Menschen passieren konnte: Es ist ein demokratisches Medium, soweit eines nur eins sein kann.

Natürlich gibt es da Spinner, natürlich werden da manchmal Gerüchte verbreitet, natürlich muss man sein Gehirn verwenden, um die dort vorhandenen Informationen zu verwerten, natürlich tummeln sich da Trolle und finstere Gestalten und Unternehmen, die es nur darauf abgesehen haben, persönliche Daten über andere Menschen zu sammeln, aber niemals zuvor hat es die Chance gegeben, so schnell und ohne Zwischenschaltung von Medien-Tycoons an Informationen zu kommen wie heute über das Internet.

Einen Teil der wirklichen Aufgaben von Journalisten haben Leute, wie ich, Bürger-Journalisten, übernommen.

Nun haben aber die Medien-Zaren und in ihrem Auftrag die verbliebenen Berufs-Journalisten eine Gegen-Kampagne gestartet: Im Internet gäbe es nur Lug und Trug, die einzigen wirklichen Qualitäts-Informationen seien nur im Mainstream zu finden usw. Aber der Effekt dieser Kampagne hielt sich in Grenzen.

So hat man jetzt eine neue Kampagne begonnen und auch bereits die ersten Versuche, die Idee konkret umzusetzen. Sie lautet: „Inhalt muss etwas kosten!“ und so ist dann auch einer der Artikel dieser Kampagne überschrieben, den ein gewisser Caspar Busse in der „Süddeutschen“ geschrieben hat, hier:

http://www.sueddeutsche.de/medien/2.220/wie-journalismus-finanziert-werden-kann-inhalt-muss-etwas-kosten-1.1057269

Vor allem der weltgrösste Medien-Tycoon, Murdock, versucht mit aller Macht, auch das Internet auf Abonnements-Basis umzustellen. Er hat bereits als Bahnbrecher eine Internetzeitung kreieren lassen, ‚The Daily‘, speziell für das in den USA sehr beliebte ipad, das man nur anklicken kann, wenn man gezahlt hat.

Auch sein 'Wall Street Journal', das bis zu einem gewissen Grad eine Sonderstellung hat, ist nur noch per Abonnement im Internet zu erreichen.
Auch das Newsweek-Magazin versucht es auf diesem Weg und hat sich mit dem erfolgreichen Internet-Auftritt ‚The daily beast‘ zusammengetan und eine gebührenpflichtige Internet-Site geschaffen.

Auch die New York Times, die bereits vor zwei Jahren angefangen hat, die vollständigen Artikel nur noch für drei Tage zugänglich zu halten, geht nun mit ihrem Internet-Auftritt in mehreren Schritten ebenfalls auf vollständig unzugängliche Sites zu, die nur durch Bezahlung geöffnet werden.

Zweifelsfrei können sich solche Versuche, besonders von sehr traditionsreichen und teilweise alleinstehenden Veröffentlichungen, eine relvante Zahl von zahlenden Lesern erringen. Aber es werden eben nicht annähernd so viel sein, wie früher von den gedruckten Exemplaren erreicht wurden. Wer seine Werbebotschaft millionenfach verbreiten will, wird schwerlich auf solche Umfelder zurückkommen.

Die These „Inhalt muss etwas kosten“ ist auch nicht wirklich so überzeugend. Gemeint ist ja damit, im Mainstream würde eben wirklich objektiv informiert, es werde nichts absichtlich weggelassen, es werde nichts dazugetan, was nicht dazu gehört, es werde der Hintergrund genau in dem Masse mit veröffentlicht, wie dies zum besseren Verständnis möglich ist, es werden offene Fragen genannt usw. usw. kurz: Es wird auf höchsten Qiualitätsniveau und vollständig informiert. Das sei dann eben auch Wert, dass man dafür bezahlen muss.

Doch die Menschen haben eben andere Erfahrungen mit den Mainstrem-Medien gemacht und das ist ihnen oft erst aufgefallen, als es da plötzlich Internet-Auftritte wie diesen hier und viele, viele andere gab.

Murdock und Co. glauben, mit dem Namen von bekannten Zeitungen das Internet aushebeln zu können, aber eine Mehrheit von Usern wird sich nicht erneut an der Nase herumführen lassen.

Das Internet ist nicht umsonst. Man muss einen Computer kaufen, den Internetzugang und monatlich für ihn zahlen, man muss die Programme für den Computer kaufen und auch jene, die im Internet auftreten wollen, bekommen dies nur mit Einmal-Zahlungen und zusätzlich monatlichen Zahlungen garantiert. Da gibt es keinerlei Grund, nun auch noch für die gebotenen Inhalte, eine nach der anderen, zu zahlen.

Beim Fussballspiel zahle ich nur einmal, für den Zugang, den Eintritt. Aber ich muss nicht zusätzlich für jede unvergleichliche Torwartparade und für jedes Fallrückziehertor bezahlen.

Nein, Inhalt muss nichts kosten!

Karl Weiss - Journalismus

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