Schuldenkrise nun auf Staaten-Ebene
Von Karl Weiss
Die Bewertung von US-Staatspapieren wird (inoffiziell) durch die Rating-Agenturen vorgenommen, faktisch aber durch den Markt. Die USA waren der Inbegriff der Stabilität, sie galten als DER ‚sichere Hafen‘. Wer auf keinen Fall Geld verlieren wollte, ging in US-Staatsanleihen. Das alles scheint nun zu einem Ende zu kommen.
Zum ersten Mal in der Geschichte der Rating-Agenturen hat nun die Agentur ‚Standard & Poor‘s‘ die Bonität der Vereinigten Staaten mit einem – (negativ) versehen. Das heisst im Moment noch nichts, deutet aber an, die Staatspapiere der USA könnten bei der nächsten Überprüfung (wahrscheinlich Juli) nicht mehr mit der Bestnote ‚AAA‘ versehen werden.
Dann allerdings würden wohl wirklich die Geier niedrig fliegen.
Zweifelsfrei würden die USA dann ihre Staatsanleihen nicht mehr mit so geringen Zinsen wie jetzt versehen können und das „Rollen“ der Schulden würde teurer.
Staaten zahlen ihre Schulden nicht zurück, sie ‚Rollen‘ sie: Jedesmal, wenn ein Paket Staatsanleihen, das vor Jahren ausgegeben wurde, fällig wird, gibt man neue Staatsanleihen heraus, um die alten bezahlen zu können. Wenn das aber deutlich teuerer wird, sprich wenn man für die neuen weit höhere Zinsen geben muss als für die alten, dann wird die Zinsenlast der Staatsschulden immer drückender und die Schulden treten, so wie jetzt bei Griechenland, dann irgendwann in einen Teufelskreis:
Die höheren Zinsen erhöhen die Staatsschulden und die höheren Staatsschulden verringern die Wahrscheinlichkeit, das zurückzahlen zu können und deshalb werden Gläubiger weit höhere Zinsen verlangen. Im Extremfall wird es überhaupt keine Gläubiger mehr geben, wenn man bereits weiss, dies Geld würde man nie wiedersehen.
Ein solcher Prozess kann sich über Monate und Jahre hinziehen, aber ein Ausweg lässt sich kaum finden, wenn er einmal eingeleitet ist.
Man kann also konstatieren: Das Bail-Out der Banken hat nicht aus der Krise geführt, im Gegenteil, denn nun ist das Schuldenproblem bei den Staaten angekommen und die haben immer auch eine Bevölkerung, die dann leiden muss.
Am Beispiel Griechenlands kann man das jetzt sehr gut sehen: Es wird schon überhaupt nicht mehr darüber gesprochen, ob Griechenland einen „Schuldenschnitt“ (Eine Erklärung, ein Teil der Schulden würden nicht mehr zurückgezahlt) machen wird, das steht bereits fest, es wird nur noch darüber geredet, ob man die privaten Gläubiger einbezieht ins Geld verlieren oder ob dies alles bei den europäischen Steuerzahlern hängen bleibt.
Warum S&P gerade jetzt das ‚Negativ‘ an das US-Staaatsanleihen gehängt hat, ist offensichtlich: Die USA haben eine Schuldenobergrenze in der Verfassung (so wie seit letztem Jahr auch Deutschland). Da die Schulden jetzt bereits die Grenze überschritten haben, muss die schnellstens erhöht werden. Das kann Obama aber nicht einfach dekretieren, sondern er braucht dazu einen Parlamentsbeschluss und im „House“ haben die oppositionellen Republikaner die Mehrheit und versuchen, damit Obama ein Bein zu stellen.
Sie weigern sich beständig, für ein Anheben der Obergrenze zu stimmen, ausser Obama würde ein Sparprogramm nach republikanischer Manier abzeichnen, was dieser aber so nicht will.
Dieses „Fingerhakeln“ zieht sich nun schon Monate hin und ein Ende ist nicht abzusehen. Es gibt da einen Endtermin, der wohl im Juli liegt. Wennn man sich bis dahin nicht geeinigt hat und die Obergrenze erhöht, ist die USA offiziell pleite.
Allerdings ist völlig offen, was das in der Praxis bedeuten würde, da dieser Zustand bis jetzt noch nicht einmal angedacht ist. Es ist nicht völlig auszuschliessen, man würde einfach eine formale Erklärung abgeben und dann so tun, als sei nichts passiert und weitermachen wie bisher.
Das letzte Wort hat aber im Kapitalismus der Markt, der von den Super-Kapitalisten bestimmt wird, nicht ein Präsident oder eine Partei. Würden die Anleger auch dann weiter US-Staatsanleihen mit Niedrig-Zinsen kaufen, so könnte sich ein solcher Schwebezustand eine ganze Zeit halten.
Das einzige, was unausweichlich bereits feststeht: Die USA sind bereits pleite, es ist nur eine Frage der Zeit, wann das Ganze mit einem grossen Knall zusammenbricht.
Wer dann, zu diesem Zeitpunkt, sein Vermögen oder einen wesentlichen Teil davon in US-Staatsanleihen oder Dollar angelegt hat (wie zum Beispiel Brasilien), dem sei der Himmel gnädig.