Freitag, 6. März 2009

Die Februarzahlen des Autoabsatzes in den USA

Monat für Monat halbiert

Von Karl Weiss

Gerade wurden die Februar-Auto-Absatzahlen in den USA bekannt. Vor allem der ungehemmte Einbruch bei GM ist gigantisch. Dort gab es erneut ein Minus von 53% gegenüber dem Vorjahr. Die GM –Verkäufe schwinden praktisch in jedem Monat auf die Hälfte des Vorjahres. Auch bei Ford wurde mit einem Minus von 48% fast eine Halbierung gemeldet. Chrysler verlor 44% gegen den Vorjahresmonat.

Chrysler Dodge Autohalde

Es ist offensichtlich: Die massiven Entlassungen in den USA, auch wenn sie (noch) nicht in den staatlich geschönten Zahlen der Arbeitslosigkeit auftauchen, führen für viele Familien zu extrem schwierigen und oft existenzverunsichernden Situationen. Wie will man von ihnen erwarten, Autos zu kaufen?

Auch ist ein Auto eines der teuersten Konsumgüter, das üblicherweise Jahre hält und bei dem man einen Neukauf hinausschieben kann, wenn man sich nicht verschulden will. So werden in der aktuellen Situation auch solche, die noch ihren Arbeitsplatz haben, oft ihren Kaufwunsch aufschieben.

Der wichtigste Rivale für die beiden Grossen in den USA, Toyota, musste ein Minus von 37,5% hinnehmen – auch keine Pappenstiel.

Toyota Autohalde auf dem Kalifornien Terminal

Während GM im Februar 2007 noch 312 000 Wagen abgesetzt hatte, wurde in diesem Februar nur noch 126 170 verkauft. Das ist – vorsichtig ausgedrückt – ein Desaster. Ford setzte 96 044 Autos ab, Toyota 109 583.

Auch deutsche Marken, die zu wichtigen Teilen von Exporten in die USA leben, mussten Einbussen hinnehmen, wenn auch nicht so tiefgreifende. Mercedes-Benz ereilte ein Rückgang von 20,6% im Jahresvergleich auf 15 614. Die Smart–Verkäufe aber legten zu, wenn sie auch insgesamt noch unbedeutend sind.

BMW erlebte einen Rückgang von 34,7% gegenüber dem Vorjahr mit 15 805 verkauften Einheiten. Der Mini federte den Abschwung etwas ab.

VW hatte einen deutlich niedrigeren Rückgang, allerdings bei etwas geringeren Vergleichszahlen. Man verlor 17,5 % auf 13 660 Fahrzeuge. Das wichtigste US-Modell für VW ist der Jetta mit etwa 6 000 abgesetzten Einheiten.

VW Brasilien Autohalde

Porsche hat in den USA gerade den neuen Boxster eingerführt und hat die geringsten Verluste der deutschen Marken, allerdings auch die geringsten Verkäufe. Man musste minus 12% auf 1622 Autos hinnehmen.

Insgesamt ist der US-Automarkt im Dezember, im Januar und im Februar auf etwa 60% der Zahlen des Vorjahres gefallen. 40% dauerhafter Einbruch, das wäre selbst für gesunde und technologoisch fortgeschrittene Marken eine tiefgreifende Herauforderung. Für dekadente Auto-Typen wie GM und Chrysler ist es ein Tsunami, dem man hilflos ausgeliefert ist – und eventuell das Ende.


Veröffentlicht am 6. März 2009 in der Berliner Umschau

Donnerstag, 5. März 2009

Ronaldo versucht Comeback bei Corinthians São Paulo

WM-Rekordtorschütze zurück in Brasilien

Von Karl Weiss

Ronaldo – ja, DER Ronaldo, nicht Ronaldinho, nicht Cristiano Ronaldo – ist seit einem Jahr verletzt und musste Operationen über sich ergehen lassen. Der AC Mailand hat ihm keine Vertragsverlängerung angeboten. Mit seinen 32 Jahren ist seine internationale Karriere beendet. Aber für Brasilien reicht es noch, dachte sich da jemand.


Ronaldo im Trikot von Corinthians

Zuerst versuchte er beim Club seines Herzens unterzukommen, Flamengo Rio de Janeiro – Ronaldo ist aus Rio – aber da war das Interesse wohl nicht gross genug.

Dann wurde er mit Corinthians São Paulo in Verbindung gebracht, dem Verein mit den zweitmeisten Anhängern in Brasilien – nach Flamengo - und glatten 70 % der Fussballfans in der 20-Millionenstadt São Paulo. Tatsächlich unterschrieb er im Dezember einen 1-Jahresvertrag bei Corinthians.

Corinthians brauchte dringend eine Identifikationsfigur, denn man war vor zwei Jahren in die zweite Liga abgestiegen und schaffte letztes Jahr den unmittelbaren Wiederaufstieg als Meister der zweiten Liga. Niemand kann vorhersehen, wo Corinthians in dieser Meisterschaftsrunde stehen wird.

Das Verhältnis der brasilianischen Fussball-Anhänger zu Ronaldo ist durchweg gemischt. Einerseits erkennt man seine Leistungen an. Immerhin war er es, der die zwei Tore in Japan im WM-Endspiel 2002 gegen Deutschland schoss, an was sich deutsche Fussball-Fans meist noch erinnern und speziell Torhüter Kahn, dem beim ersten Tor nach einem Gewaltschuss von Rivaldo der Ball aus den Händen sprang.

Ebenso ist zu erwähnen, dass Ronaldo mit 15 Toren die Torschützenliste in Weltmeisterschaften anführt. Allerdings hat Ronaldo dazu 4 WMs (1994, 1998, 2002 und 2006) gebraucht, während der wirkliche Rekord der von Gerd Müller ist, der in lediglich zwei Weltmeisterschaften 14 Tore schoss (1970, 1974).

Andererseits ist aber Ronaldo in Brasilien auch der als Hauptverantwortlich geltende für die beiden Niederlagen gegen Frankreich im Endspiel 1998 und bei der WM in Deutschland 2006. In Frankreich hatte er einen nervösen Krampfanfall vor dem Endspiel, wurde aber trotzdem aufgestellt und brachte auf dem Feld nichts zustande. In Deutschland waren er und Roberto Carlos die Symbolfiguren für ein schwaches Auftreten der ganzen Elf, die der Niederlage gegen Frankreich keinen ernsthaften Widerstand entgegenzusetzen schien.

Ronaldo war immerhin drei Mal zum Fussballer des Jahres gewählt worden und stellte für Jahre eine der Symbolfiguren Brasiliens dar. So nahmen und nehmen ihm viele Brasilianer seine Affären übel, die ihn zwar nicht als Fussballer, aber als Menschen disqualifizieren.

Zum einen ist Ronaldo einer der notorischsten Weiberhelden unter allen Prominenten. Als er sich nach mehreren Affären mit bekannten Frauen mit allem Pomp mit dem brasilianischen Topmodell Cicarelli verheiratet hatte, ging die Ehe innerhalb von 14 Tagen auseinander, weil sie ihn in einem anderen Bett erwischt hatte.

Der Begriff Weiberheld ist auch nicht ganz korrekt, denn da war auch ein Travesti unter den „Weibern“. Ende letzten Jahres , als er sich in Rio von der letzten Operation erholte, wurde er polizeinotorisch mit einem Travesti, der reklamierte, Ronaldo habe ihm nicht den vereinbarten „Liebeslohn“ bezahlt.

Das war besonders peinlich, denn zur gleichen Zeit war er mit Maria Antony liiert, die eine gemeinsame Tochter erwartete, welche am 24. Dezember geboren wurde. Kurze Zeit danach trennte sich das Paar. Danach wurde Ronaldo wiederholt mit verschiedenen unbekannten Frauen in diversen Diskotheken und Clubs fotografiert.

Aber auch die mangelnde Disziplin Ronaldos ist weithin bekannt. Als er in Deutschland 2006 vor der Weltmeisterschaft zum Team Brasiliens stiess, hatte er um die zehn Kilo Übergewicht. Er hatte sich nicht an die Trainingseinheiten gehalten, die er in den Wochen vorher hätte absolvieren müssen. Jeder andere wäre postwendend nach Hause geschickt worden, aber er war eben Ronaldo, das Phänomen, wie man ihn in Brasilien zur Unterscheidung von Ronaldinho nennt, der hier meist mit dem Zusatz „Gaúcho“ versehen wird, weil er aus dem südlichsten brasilianischen Bundesland Rio Grande do Sul stammt. Ein weiterer Grund, warum die Brasilianer Ronaldo als einen der Hauptverantwortlichen für das schwache Abschneiden in Deutschland ansehen.

Jetzt, im Hotel, in dem sich Corinthians auf die kommende Saison vorbereitet, verschwand er vergangene Freitag Nacht und wurde in einen Nachtlokal zusammen mit dem früheren brasilianischen Nationalspieler Antonio Carlos gesehen, der bei Corinthians Fussball-Direktor war. Erst im Morgengrauen kam er zurück und wurde mit den üblichen Geldstrafen versehen. Antonio Carlos musste von seinem Posten zurücktreten.

Wie man bei einem Probetraining am Wochenende sehen konnte, ist Ronaldo weiterhin übergewichtig. Nach Angaben seines Trainers steht er nicht mehr als eine Halbzeit durch. Nun soll er am Wochenende bei einen Pokalspiel gegen die unterklassige Mannschaft von Itumbiara auf die Bank gesetzt werden und darf wohl in der zweiten Halbzeit spielen. Das wäre sein erster Einsatz seit fast einem Jahr.


Veröffentlicht am 5. März 2009 in der Berliner Umschau

Mittwoch, 4. März 2009

CIA-Agent in Bolivien erwischt

Ein korrumpierender und ein korrumpierter in Haft

Von Karl Weiss

Im Grunde wusste man das natürlich, aber nun wurde es bewiesen: Die US-Imperialisten haben den südamerikanischen Kontinent nicht zuletzt deshalb in der Hand, weil sie mit Geheimdienstagenten die Verwaltungen und die wichtigsten Unternehmen unterwandern und die lokalen Reichen durch Korruption zu Vasallen machen.

Evo Morales

In Bolivien, wo solche Machenschaften seit dem Wahlsieg von Evo Morales nicht mehr unter den Teppich gekehrt werden, wurde eine verdeckte Operation des CIA entdeckt und ausgehoben, die den staatlichen bolivianischen Öl- und Gaskonzern YPFB unterwandert hatte. Ein Bolivianer, Rodrigo Carrasco, war in den USA und Großbritannien in geheimdienstlichen Methoden ausgebildet und dann beim YPFB eingeschleust worden. Er war dort schon nicht mehr angestellt, sondern war nun für Unternehmer im ost-bolivianischen Tiefland tätig, wo die Reichen versuchen, die Regierung Morales zu stürzen, aber immer wieder von überwältigenden Mehrheiten in Wahlen und Abstimmungen gestoppt werden.

Carrasco wurde ertappt, als er über noch bestehende Verbindungen innerhalb der YPFB einen dort offenbar von ihm benutzten Computer von den Spuren seiner Tätigkeit „reinigen“ wollte. Er ist in Haft und wird einer Anklage als Hochverräter entgegensehen. Es sei erwähnt, dass im Heimatland des CIA alle Hochverräter mit der Todesstrafe bedroht wurden und werden. Unter Hochverrat versteht man, wenn ein Bürger des eigenen Landes für eine fremde Macht spioniert.

Es werden wohl Entlassungen bei der YPFB folgen, denn dort gab es eine Gruppe, die Carrasco unterstützte und von ihm korrumpiert wurde. Die YPFB war auch im letzten Monat schon im Zentrum eines Skandals, in dem es um Korruption mit hohen Summen von Dollars ging. O’Connor, Chef einer Firma, die eben einen großen Auftrag in einem Umfang von 86,4 Millionen Dollar von der YPFB erhalten hatte, war im Haus von Verwandten des Präsidenten der YPFB, Santos Ramirez, mit 450.000 Dollar ermordet aufgefunden worden. Ramirez, Präsident des Konzerns, der die wichtigsten Ressourcen Boliviens verwaltet, ist bereits in Haft.

Im vergangenen Jahr musste bereits der US-Botschafter Goldberg aus Bolivien ausgewiesen werden, weil er seine diplomatische Immunität dazu benutzte, Wühlarbeit gegen die Regierung zu betreiben.

Botschafter Philip Goldberg

Präsident Morales klagte die USA offen an, über ihre Botschaft in La Paz Spionage zu unterstützen. „Die USA arbeiten mit verdeckten Aktionen gegen unsere Regierung, die nicht Teil des kapitalistischen, inhumanen Systems ist.“ sagte er.


Veröffentlicht am 4. März 2009 in der Berliner Umschau

Dienstag, 3. März 2009

BVG hebt Teile des Bayerischen Versammlungsgesetzes auf

Aberwitz

Von Karl Weiss

Eine Reihe von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVG) in letzter Zeit haben Zweifel an dessen Rolle als Schützer von Menschenrechten aufkommen lassen, so z.B. das Absegnen der Vorratsdatenspeicherung. Diesmal aber scheint das BVG seinen Pflichten nachgekommen zu sein und hat das bayerische Versammlungsgesetz in wesentlichen Teilen gekippt, das als letzte Entscheidung der damaligen CSU-Alleinregierung durch den Landtag gepeitscht worden war.

Beckstein

Dies wurde in einer Eilentscheidung verkündet, was extrem unüblich ist. Nur in Fällen von schwersten Verletzungen von Bürgerrechten werden Gesetze in Eilentscheidungen verändert. Im einzelnen wird noch zu prüfen sein, was wirklich gestrichen wurde und was weiterhin gültig ist. Aber es wird sowieso noch eine Verhandlung und Entscheidung inder Hauptsache geben.

Nachdem sogar die SPD sich der Klage gegen dieses Gesetz angeschlossen hat, neben den Grünen, der FDP und der Linken, Attac, dem Paritätischen Wohlfahrtsverband, dem Deutschen Gewerkschaftsbund, der Gewerkschaft Verdi, der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, dem Bund Naturschutz in Bayern, dem Bayerischen Journalistenverband, der Humanistischen Union und dem Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, war bereits abzusehen, das könne keinen Bestand haben.

Stasi 2.0

Doch der Skandal ist, dass dies Gesetz überhaupt eingebracht und beschlossen wurde. Dabei geht es hier nicht um einen speziell bayerischen oder CSU-Alleingang, denn in Baden-Württemberg wurde bereits ein fast gleichlautendes Gesetz vorbereitet. Dies Gesetz dokumentiert, was die ach wie so christlichen Unionsparteien vorhaben: den Obrigkeitsstaat.

Man sehe sich nur Details des in einem deutschen Landtag beschlossenen Gesetzes an:

Als „Versammlung“ wurde definiert jedes Zusammenkommen ab zwei (!) Personen, das nun einer schriftlichen Anmeldung bedurfte. Wenn ein junger Mann sich mit seiner Freundin trifft, kann das bereits als Versammlung definiert werden und zu hohen Geldbussen wegen der Nicht-Anmeldung führen. Man stelle sich dann erst einen Stammtisch vor, oder einen Fussballverein, ein Damen-Kränzchen oder einfach eine geschäftliche Besprechung. Um was geht es? Natürlich nicht darum, geschäftliche Besprechungen zu unterbinden. Es geht darum, dass man gegen jeden Missliebigen eine Waffe in die Hand bekommt, mit der er ganz legal kriminalisiert werden kann. Es geht um Handhaben gegen Dissidenten.

Verbeamtete Mafia - Polizisten misshandeln Demonstranten

So war das immer mit Obrigkeitsstaaten, wie zum Beispiel dem preussischen damals. Man hat auslegbare Gesetze, mit denen man jedem an den Kragen gehen konnte, der unerwünscht war.

Die in ganz Deutschland vorher geltende Bestimmung, dass es aus aktuellen Anlässen zu spontanen Versammlungen kommen kann, die keiner Anmeldung bedürfen, wurde aufgehoben. Jede Versammlung brauchte nun nicht nur eine Anmeldung, sondern auch eine Genehmigung.

Besonders exzessiv waren die Überwachungsrechte, die den „Sicherheitsbehörden“ bei Versammlungen zugestanden wurden: „ ... erlaubt dieses Gesetz der Polizei, von jeder Versammlung "Übersichtsaufnahmen" anzufertigen und die per Video oder sonstwie gewonnenen Daten von jeder Einzelperson auszuwerten und unter Umständen sogar unbegrenzt zu speichern.“ berichtet die „Süddeutsche“.

Speziell der gepfefferte Bussgeldkatalog wurde aufgehoben, denn für Bestrafungen müssen offensichtlich eindeutige Bestimmungen und Beschreibungen der „Straftaten“ vorliegen. Auch hier wieder: Die Absicht war, Handhaben gehen missliebige Personen zu haben.

Die Heizer von Rostock - Militärische Befehlsausgabe?

Auch wurde in Bayern eine Versammlung illegal und bussgeldpflichtig, wenn sie „ein einschüchterndes Erscheinungsbild“ habe. Das kann beliebig ausgelegt werden und genau darum geht es ja auch, wenn man einen Obrigkeitsstaat will.

Der Bürger, konstatiert das BVG, hat ein Kommunikationsgrundrecht, das nicht ohne klare Begründung und fest umrissenen Bedingungen eingeschränkt werden kann. Die gilt auch für die Kommunikation über Telefon und Internet. Die entsprechenden Entscheidungen des BVG hierzu stehen noch aus.

Regierungsbank

Wir sind also gewarnt: Die Union will ohne Rücksicht auf Verluste den Obrigkeitsstaat und wird alles, aber auch alles versuchen, um ihn unter allen möglichen Vorwänden einzuführen.

Auf die FDP, die sich früher einmal als Partei der Rechtsstaatlichkeit versuchte zu profilieren, kann man bei der Abwehr dieser Gefahren nicht setzen. Obwohl die CSU nach der verlorenen Landtagswahl auf den Partner angewiesen war, machte sie die Zusammenarbeit mit der Obrigkeitsstaatspartei nicht von einer Änderung dieses Gesetzes abhängig – obwohl selbst die „Süddeutsche“ dies Gesetz als „Aberwitz“ bezeichnet.


Veröffentlicht am 3. März 2009 in der Berliner Umschau

Montag, 2. März 2009

Brutaler Einbruch der US-Wirtschaft

Teufelskreis

Von Karl Weiss

Soeben wurden die Zahlen des GNP (Gross National Product, etwa: Brutto-Inlandsprodukt) der USA für das vierte Quartal 2008 revidiert. Auf das Jahr umgerechnet, beträgt der Rückgang der Wirtschaftsleistung 6,2%. Solche Rückgänge gab es nicht seit Beginn der Achtziger Jahre, aber damals waren sie auf einen relativ kurzen Zeitraum beschränkt. Dieses Mal sieht es mehr so aus, als ob dieser Rückgang nur der Beginn es noch weit tieferen Einbruches ist.

Ford Trucks in Detroit auf Halde

Die „Financial Times Deutschland“ sieht die US-Wirtschaft bereits in einem Teufelskreis: „Die Aufträge für Investitionsgüter brechen ein, die Unternehmen entlassen Mitarbeiter. Letztere konsumieren weniger, was wiederum die Nachfrage drückt - und zu Auftragseinbrüchen führt.

Im Vergleich haben nur die Volkswirtschaften von Japan und Deutschland im 4. Quartal einen noch höheren Einbruch erlebt. Deutschland erlebte ein Minus von 8,2% umgerechnet aufs Jahr, die letzte Schätzung für japan beträgt 9,3%, bezogen aufs Jahr. Damit hat die Weltwirtschaftskrise den drei grössten Volkswirtschaften der Erde (nach dem Dollar-Vergleich) auch die drei heftigsten Einbrüche beschert.

Honda Autohalde

Auch in den USA hat ein stark gefallener Export wesentlich zu diesem Desaster-Ergebnis beigetragen. Er ging im Quartal um 23,6% zurück. Sieht man einmal von China ab, sind damit die drei Wirtschaften mit dem höchsten Export am stärksten betroffen, denn eine der Haupt-Wurzeln des Wirtschaftseinbruchs ist der gewaltige Rückgang des internationalen Warenaustausches. Fast die Hälfte der internationalen Handelsflotte liegt vor Anker und wartet auf Beschäftigung.

Bei den USA ist allerdings im Gegensatz zu Deutschland und Japan der Export nur zu einem kleinen Teil am Brutto-Inlandsprodukt beteiligt. Dort macht der Inlandskonsum 70% der Wirtschaftsleistung aus. Aber eben genau dieser Konsum geht bereits ein ganz es Jahr beständig zurück. Das ist nicht nur die wesentliche Basis der US-Krise, sondern der ganzen Weltwirtschaftskrise. Insofern ist das Obama´sche Konjunkturprogramm nicht zielgerichtet genug. Anstatt vor allem den Konsum zu steigern, was vor allem über die Ärmeren und Sozialhilfeempfänger funktioniert hätte, setzt man zu viel auf Hilfe für Unternehmen.

Chrysler Dodge Autohalde

Das ist der typische Fehler von Harvard-Ökonomen: Sie negieren völlig die Wirkung des privaten Verbrauchs auf die Wirtschaft und sehen diese vor allem als die Summe der Unternehmen. Sie wollen nicht begreifen, was die Ursache der Krise ist: Die Menschen können nicht mehr alle produzierten Güter kaufen, weil sie nicht genügend Geld haben.

Die Verbraucher in den Vereinigten Staaten schränkten ihre Ausgaben zu Ende des Jahres 2008 (Viertes Quartal) um 4,3% gegenüber dem Vorquartal ein. Eine solche Abnahme innerhalb eines Quartals ist seit Jahrzehnten nicht mehr vorgekommen.

Toyota Autohalde auf dem Kalifornien Terminal

Die Auftragseingänge von Investitionsgütern der Industrie in den Vereinigten Staaten erlebten im Januar 2009 einen Rückgang von 5,2% gegen den Dezember (der ja schon ein Krisenmonat war).

Inzwischen leben bereits 5,1 Millionen US-Amerikaner von staatlicher Unterstützung. Die tatsächliche Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung ist aber weit höher. Viel realistischer dürften die Zahlen der Arbeitslosigkeit in Kalifornien sein. Dort hat die Quote eben die 10 % überschritten.

VW Brasilien Autohalde

Währenddessen ist das Schicksal der beiden am meisten betroffenen Autobauer GM und Chrysler ungewiss. Die Obama-Regierung hat bisher keine neuen Gelder locker gemacht. In der nächsten Woche soll die Entscheidung fallen, ob weiteres Geld in diese Autombilkonzerne gesteckt weden soll. Auf jeden Fall wird es weitere Massenentlassungen in der Automoblindustrie geben, was den Konsum in den USA weiter schrumpfen lassen wird.


Veröffentlicht am 2. März 2009 in der Berliner Umschau

Freitag, 27. Februar 2009

Lasst uns allle unsere Automobil-Industrien retten!

Tu, was ich sage, tu nicht , was ich tue!

Von Karl Weiss

Über Jahrzehnte haben die imperialistischen Staaten ihren „Untertanen“, den Staaten der Dritten Welt und den Schwellenländern, eingeschärft, was sie zu tun hätten: Staatsausgaben senken, den Staat zurückfahren bis fast zum Nullpunkt, alle Staatsunternehmen privatisieren, keinerlei Subventionen für die heimische Industrie und Landwirtschaft, in welcher Form auch immer, Einfuhrzölle kappen und keine Exporte subventionieren. Wer sich nicht daran hielt, wurde dem Orkus preisgegeben. Beispiel: Zimbabwe.

Kraftwerk

So, dozierte man, würden diese Länder sich instandsetzen, den Entwicklungsrückstand aufzuholen und einer prosperierenden Zukunft entgegensehen. Das Ergebnis davon war ein Desaster für die Entwicklungsländer. Sie gerieten in immer größere Abhängigkeit von den Imperialisten und deren Kredite, konnten aber nicht aus der Umklammerung heraus, weil sie von den Krediten von Weltbank und IWF abhingen, die nur den „Gehorsamen“ gewährt wurden. Soweit sich einige Länder der Dritten Welt (China, Indien, Brasilien) zu Schwellenländern entwickeln konnten, erreichten sie dies dort und in dem Masse, indem sie alle diese Regeln missachteten und das Gegenteil taten, sobald sie halbwegs unabhängig von neuen Weltbank- und IWF-Krediten waren.

Wirtschaftsmacht China

Man hätte dies leicht voraussehen können, denn die Entwicklung von einem unterentwickelten Land zu einem modernen Industriestaat wurde in allen Fällen im wesentlichen durch das Gegenteil erreicht.

England, Frankreich, die USA, Japan, Deutschland, sie alle hatten während der ganzen Zeit ihrer Entwicklung einen aufgeblähten Staatsapparat, der mit überdurchschnittlicher Bezahlung eine wachsende Binnennachfrage schaffte als Grundlage der Entwicklung. Alle diese Staaten hatten während ihrer Entwicklung eine Wand von Einfuhrzöllen rund um sich aufgebaut und stärkten so die einheimische Industrie und Landwirtschaft. Sie alle hatten während dieser Periode alle wesentlichen Dienstleistungen und Grossindustrien in der Hand des Staates (mit wenigen Ausnahmen), wie zum Beispiel die Stahlindustrie und die Minen, die Post- und Telefondienste, die Bahnen, das Erziehungswesen und die Gas-, Wasser- und Elektrizitätsversorgung, ebenso wie die Abwasserbehandlung und den Bau und Unterhalt von Straßen und in manchen Fällen auch die Banken.

Atomkraftwerk

Sie subventionierten alle ihre Exporte und Deutschland tut dies bis heute mit den berühmten Hermes-Krediten. Bis heute schützen sowohl die USA wie auch Japan und die EU ihre einheimische Landwirtschaft mit horrenden Subventionen. Auch die einheimische industrie erhält durch verschiedene Mechanismen hohe Subventionen. Es gibt in allen imperialistischen Ländern praktisch keine größere Industrieansiedlung, die nicht durch dutzende, hunderte oder tausende von Millionen Euro, Dollar oder Yen subventioniert wird. Von kostenloser Überlassung des Geländes über zinsfreie Kredite oder solche mit unüblich niedrigen Zinsen, über Steuerbefreiungen hin zu verlorenen Zuschüssen ist alles in der Palette.

Northern Rock Pleite

Demgegenüber wurden die Entwicklungsländer gezwungen, jeden Ansatz einer heimischen Industrie absterben zu lassen, die eigene Landwirtschaft nicht gegen die subventionierten Produkte aus den imperialistischen Ländern zu schützen und sich ausschließlich auf Erzeugung von Rohstoffen zu konzentrieren, deren Preise mehr und mehr verfielen.

Das Ergebnis ist die wachsende Verelendung der Bevölkerung in den Entwicklungsländern, Kriege um Rohstoffe, instabile und korrupte Regierungen, Rebellen-Organisationen, die durch Imperialisten gesponsert werden, keinerlei nennenswerte einheimische Industrie und keine ausreichende einheimische Nahrungsmittelerzeugung. Als Folge dieser Politik der Ausbeutung und Unterdrückung sterben heute Zig Millionen Menschen jährlich an Hunger und anderen Begleitumständen des Elends, davon einige Millionen Kinder.

Fisk Iraq 145858

All dies war bereits vor dem Beginn der Krise bekannt, doch nun nimmt die Farce immer groteskere Züge an.

Die Prediger der Regeln der Nicht-Entwicklung (allen voran Bundespräsident Köhler, über Jahre Chef des IWF) sind weiterhin am Ruder und tröten ihre Weisheiten weiterhin in die Landschaft, so als ob die Realität nicht bestünde. Einige „Marktwirtschafts“-Fanatiker der Union und die gesamte FDP machen sich dabei besonders lächerlich.

Regierungsbank

Das wird jetzt besonders absurd, weil in der Krise nun alle imperialistischen Staaten wiederum zu den Werkzeugen greifen, die sie so lange benutzt hatten: Verstaatlichung, Teilverstaatlichung, großzügige Kredite zu Winz-Zinsen, Subventionen für die heimische Industrie, speziell die Autoindustrie und gigantische Aufblähung der Staatsausgaben, um den Abschwung zu verlangsamen.

Hier eine kleine Zusammenstellung (wer weiss, vielleicht lernen ja die Entwicklungsländer, wie man es machen muss):

Frankreich gewährte seiner Automobilindustrie (Renault, Peugeot, Citroen und RenaultTrucks, das zu Volvo gehört) einen großzügigen Kredit von 6,5 Mrd. Euro über fünf Jahre bei einem Zinssatz von 6% - bei den Banken hätte es das Doppelte gekostet. Als Bedingung wurde gestellt, die Firmen dürften keinen ihrer Standorte in Frankreich schließen (will sagen: „Die in anderen Ländern dürft ihr zumachen, soviel ihr wollt“). Außerdem hat Frankreich mit 19 Mio. Euro einen Anteil am Autozulieferer Valeo erworben sowie eine Abwrackprämie von 1000 Euro eingeführt.

Nacktfoto der französischen Präsidentengattin

Schweden – ein Land mit geringer Bevölkerung – hat für die heimische Automobilindustrie ein Paket in der Höhe von umgerechnet 2,6 Mrd. Euro geschnürt, verteilt auf Notkredite, Bürgschaften und Fördermittel. Davon profitiert vor allem Volvo, eine Ford-Tochter. Dagegen sieht man lächelnd zu, wie Saab (GM-Tochter) gegen die Wand fährt.

Man beachte: Scheinbar unerklärliche Willkür ist Bestandteil aller Subventionen. In den USA ließ man Lehmann Brothers den Bach hinunter gehen, rettete aber deren Konkurrenten Goldmann Sachs und die Grossbanken Bank of Amerika und Citi Group.

In den USA erhielten General Motors bereits 13,4 Mrd. $ und Chrysler 4 Mrd. $. Beide fordern mittlerweile schon einen Nachschub von rund 13 Mrd. $.

Ford Trucks in Detroit auf Halde

Deutschland hat bereits 1,5 Mrd. Euro des 50-Mrd-Konjunkturprogramms speziell für die Abwrackprämie als Unterstützung der Automobilindustrie bereitgestellt – mit 2500 Euro die höchste von allen. Jetzt wird ernsthaft erwogen, ob auf irgendeine Weise Opel und /oder Schäffler unterstützt werden sollen, während man andere Autoteilehersteller kalt lächelnd Pleite gehen ließ.

Deutschland: Frankfurt

Italien hat 2 Mrd. Euro für eine Abwrackprämie von 1500 Euro bereitgestellt, die allerdings auch für Elektrogeräte gelten soll. Wie in Frankreich, wurde die Gewährung an die Automobilindustrie davon abhängig gemacht, dass Beschäftigungsgarantien für die italienischen Werke gegeben werden (auch hier: „Im Ausland dürft ihr alles zumachen“).

Südkorea hat Daewoo (GM-Tochter) bereits eine Unterstützung in noch unbekannter Höhe zugesagt. Neben der Automobilindustrie wird gezielt auch die Stahl- und Schiffsbau-Industrie unterstützt.

Kia Autohalde

Russland schützt die Autoindustrie des Landes durch die Erhöhung der Importzölle. Im fernen Osten des Landes gibt es deshalb schon Aufstände, weil die Bevölkerung eigentlich auf die billigen Autos aus Japan angewiesen ist. Außerdem will die Regierung Autokäufer mit Beihilfen zu Krediten unterstützen. Die Regierung will den Banken rund 2 Mrd. Rubel (rund 44 Mio. Euro) zahlen, damit diese die Zinsen für Kaufkredite für 30 ausgewählte Modelle senken.

Sehr interessant, dass für alle diese „Hilfen“ keinerlei Regeln gelten, sie willkürlich nach „Nasenprämie“ und ohne irgendwelche „Gerechtigkeitsanforderungen“ vergeben werden, obwohl es sich in allen Fällen um horrende Beträge handelt. Haben Sie in Deutschland z.B. einen Wagen, der acht Jahre alt ist und keine neun, gehen Sie leer aus, während ihr Nachbar mit seiner alten Gurke 2500 Euro einsteckt. Dazu kommt, dass Hartz-IV-Geschädigte von der Teilnahme ausgeschlossen wurden. Nun haben da natürlich die meisten sowieso längst kein Auto mehr, aber für eine kleine Zahl von ihnen hätte das eine wichtige Hilfe sein können, doch noch am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können, z.B. in die nächste grössere Stadt fahren zu können, wo es noch eine Montagsdemonstration gibt.

Elmar auf Stuttgarter Modemo Jan 06, Polizeifahrzeuge

Auch wurde bisher in keinem einzigen Fall eine Unterstützung davon abhängig gemacht, dass die Welt-Auto-Industrie ihren Boykott von alternativen Autos ohne oder jenen mit stark verringertem Kohlendioxid-Ausstoß aufgibt. Alle Elektro-, Wasserstoff-, Solar-, Brennstoffzellen-, Biokraftstoff- usw. Autos sind bisher erfolgreich von den Autobossen verhindert wurden, weil man sein Monopol behalten will.


In Brasilien baut Renault dieses und andere Flex-Autos, die Benzin und Alkohol in jeder Mischung verarbeiten können. In Europa: Fehlanzeige.

Diese Subventionen und Verstaatlichungen sind aber auch und gerade darum ein Skandal, weil man den armen Ländern das Gegenteil predigte und predigt. Es herrscht das Motto: Tu, was ich sage, tu nicht , was ich tue!

Nun sollten wir aber das Gegenteil tun und diese Politiker bei ihren Taten nehmen, nicht den Worten. Wir sollten in wochenlanges Hohnlachen ausbrechen, wenn sie uns das nächste Mal erklären, es sei kein Geld da für einen Kindergarten, eine Krippe oder einen Hort, für ein Schwimmbad, für kleinere Klassen in der Schule, für die Gebührenfreiheit der Universitäten, für ein Jugendzentrum, für die Rückführung von Ein-Euro-Jobs in bezahlte Arbeit und vieles, vieles mehr.

Meseberg-Tagung Bundesregierung

An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen!


Veröffentlicht am 27. Februar 2009 in der Berliner Umschau

Mittwoch, 25. Februar 2009

Karneval in Rio

Da dies inzwischen bereits Tradition ist, seien auch dieses Jahr zu Karneval wieder einige markante Fotos der Karnevalsumzüge in Rio ins Blog gestellt. Dieses Jahr mit Suchbild-Spiel für die Damenwelt: Wer das beträchtliche "Ding" entdeckt, darf es behalten.

Karl Weiss


Karneval in Rio 2009 - 1

Karneval in Rio 2009 - 2

Karneval In Rio 2009 - 3

Karneval in Rio 2009 - 4

Karneval in Rio 2009 - 5

Karneval in Rio 2009 - 6

Karneval in Rio 2009 - 7

Karneval in Rio 2009 - 8

Karneval in Rio 2009 - 9

Karneval in Rio 2009 - 11

Karneval in Rio 2009 - 11

Karneval in Rio 2009 - 12

Karneval in Rio 2009 - 13

Karneval in Rio 2009 - 14

Karneval in Rio 2009 - 15

Karneval in Rio 2009 -15

Carnaval Rio 2009 20

Carnaval Rio 2009 21

Karneval Rio 2009 24

Karneval Rio 2009 23

Karneval Rio 2009 22

Montag, 23. Februar 2009

Endzeitkrise des Kapitalismus

Götterdämmerung

Von Karl Weiss

Ganz, ganz, ganz langsam beginnen die Politiker, die Bankiers, die ‚unfehlbaren’ Manager der Grosskonzerne, die Mogule der Medien und deren Lakaien zu begreifen, diese Krise, die im „Schwarzen September 2008“ mit dem Paukenschlag des Bankrotts der Lehman Bothers begann, hat nichts mit solchen Krisen wie jene zu Ende der 80er-Jahre zu tun oder solchen wie zu Beginn des neuen Jahrtausends, diese Krise ist auch nicht mit jener Depression zu vergleichen, die 1929 mit einem Börsen-Crash begann und sich praktisch bis zum Beginn des 2.Weltkriegs 1939 hinzog, nein, diese Krise hat Ausmasse und wird sie zum Teil noch erreichen, die alles vorher gesehene in den Schatten stellen, sie wird die Endzeitkrise des Kapitalismus sein, sie ist die Götterdämmerung.

Deutschland Absatzentwicklung Markit Flash bis 1.09
Der hier gezeigte Index Markit Flash ist einer der schnellsten und zuverlässigsten Anzeiger der aktuellen Entwicklung des Absatzes der gewerblichen und Dienstleistungs-Firmen in Deutschland. Der Absturz da am Ende ist nicht nur beängstigend, weil das niedrigste Niveaus des Indexes erreicht wurde, der seit 14 Jahren besteht, sondern vor allem wegen der Steilheit des Absturzes. Hält dies weitere Monate an, werden Halbierungen von Absatzzahlen erreicht.

Gewagte Vorhersage? Wir werden sehen. Eine einigermassen realistische Abschätzung wird damit beginnen müssen, was noch an Schulden, an abzuschreibenden Werten auf die Banken und Zentralbanken der Welt zukommt. Wie bereits in früheren Artikeln gezeigt, ist da noch zumindest eine gleiche Grössenordnung angesagt wie das, was bereits bekannt ist und zu den grossen „Banken-Unterstützungspaketen“ geführt hat.

Der Rettungs-Plan

Doch damit sind die Banken und Zentralbanken noch keineswegs aus dem Schneider. Was im Moment anrollt ist nach der Finanzkrise und der Wirtschaftskrise (die mit vielen Firmen-Bankrotten ja noch viele Kredite platzen lassen wird) die Krise der Währungen und der Länder. Was ein Land mit winzig kleiner Bevölkerung, Island, vorgemacht hat, wird von einer bisher noch unbekannten Anzahl von Ländern nacherxerziert werden und das wird weit gigantischere Folgen haben als alles, was wir bisher in der Krise gesehen haben.

Nach allem, was man heute weiss, sind eine Anzahl von Ländern Kandidaten für solche Bankrott-Erklärungen, darunter die Ukraine, Ungarn, die baltischen Staaten, Griechenland, Irland und Portugal, mit Einschränkungen auch Spanien, sowie eine Unzahl von Staaten der dritten Welt, die angesichts der fallenden Rohstoff-Preise (und Rohstoffe sind fast immer die einzigen Werte, über die sie verfügen) in immer schwierigere wirtschaftliche Lagen geraten.

Verschuldung osteuropäischer Länder bei westlichen Banken - Stand Sept. 2008
Wenn einige dieser Osteuropa-Staaten zahlngsunfähig werden, wird dies westliche Baken im Dutzend hinwegfegen.


Als unmittelbar gefährdet gelten laut einer Studie, die von der „Financial Times Deutschland“ zitiert wird, Benin, Burundi, Gambia, Liberia, Mosambik, Niger sowie São Tomé und Príncipe. Ein hohes Risiko, zahlungsunfähig zu werden, laufen ausserdem Guinea, Mali, der Sudan, Burkina Faso, Ruanda und Äthiopien.

Wer diese Aufzählung aufmerksam verfolgt hat, wird unweigerlich gestutzt haben: Moment mal, Griechenland, Irland und Portugal, ebenso wie Spanien, sind Teil des Euro-Systems – und da beginnen bereits die wirklich grösseren Probleme. Wenn die stärkeren Staaten des Euro – und das heisst natürlich zunächst Deutschland, danach eventuell noch Frankreich – beginnen müssen, den Euro über eine Unterstützung von bankrott gehenden Staaten zu verteidigen, dann werden die Banken-Rettungsprogramme und Konjunkturprogramme lächerlich kleine „Peanuts“ sein im Vergleich zu den Summen, die dann fällig werden.

Europäische Union: Zinsdifferenz für Staatsanleihen gegen Deutschland, 15/02/09
Diese Übersicht zeigt, welche EU-Staaten um wieviel mehr an Zinsen für Staatsanleihen zahlen müssen als Deutschland. Grosse Unterschiede bedeuten: Die Anleger haben kein Vertrauen mehr in die Staatsfinanzen jenes Staates.

Wenn die Grosse Koalition plant, mit einer Grundgesetzänderung einer Obergrenze der Verschuldung festzulegen, „um die kommenden Generationen nicht über alle Massen zu belasten“, so belegt das nur: Sie haben nichts begriffen. Sie gehen entweder wirklich immer noch davon aus, dass es sich um eine Krise „wie gehabt“ handelt und bald wieder der Aufschwung kommt, was belegen würde, sie sind nicht einmal in der Lage, Statistiken zu lesen, oder sie betrügen wissentlich die Menschen.

Deutschland - Brutto-Inlandsprodukt - 2000 bis 2008 Quartale gegen Vorquartale
Die 2,1% pro Quartal an Einbruch im 4. Quartal 2008 bedeuten eine Jahresrate von 8,4%!

Die plötzliche Sorge um die „kommenden Generationen“ ist ausserdem nicht glaubwürdig, denn es waren ja genau diese Politiker, die den Raubbau von allen Werten der Menschheit zum Wohle der Konzerne getätigt haben, was den kommenden Generationen tatsächlich eine ungehäure Bürde auferlegt.

BÖrsenkurse Dow Dax und Nikkei von Juli 2007 bis 23/02/2009

Nur, wenn eine wesentliche Anzahl von Ländern bankrott geht, darunter Euro-Länder, so gibt es keine überlebenden Banken mehr, denn alle diese Länder sind verschuldet und ihr Bankrott bedeutet, alle diese Werte sind verloren. Die Banken müssen sie abschreiben und das übersteigt fast immer ihr Eigenkapital.

Am Anfang der Krise, gleich am ersten Tag, nachdem die Lehmann Brothers den Bach hinunter gegangen waren, wurden – alle erinnern sich noch – riesige Bankenrettungspakete geschnürt. In den USA war ein solches Riesenpaket von 740 Mrd. Dollar innerhalb von einer Woche anwendungsfertig.

Die gleiche USA hat aber kurz danach mit bedauerndem Achselzucken reagiert, als der grösste Staat der USA, Kalifornien, den Bankrott anmeldete. Keinerlei „bailout-plan“, es ging ja nur um staatliche Dienstleistungen am Bürger, um Schulen, Universitäten, Kindergärten, Behörden und vieles andere.

Was ist denn nun so heilig an Banken, dass man sie unbedingt retten muss, während die Belange der Bevölkerung unwichtig sind? In Deutschland zum Beispiel wurden bereits deutlich über 100 Milliarden Euro in die Hypo Real Estate gepumpt, während man für die Konjunkturspritze nur 50 Mrd. bereit stellte. Man sagt uns, sie würden das Welt-Finanzsystem repräsentieren. Das ist mit anderen Worten der Kapitalismus. Die Banken sind die Hohepriester der Religion Kapitalismus, die das Privateigentum anbetet.

Es wird aber keine Bank überleben, das ist unmöglich, wenn der grösste Teil aller Kredite auf der Welt platzt – wenn eine grosse Anzahl hochverschuldeter Staaten die Zahlungsunfähigkeit anmelden müssen. Das wird um das Zehnfache das Eigenkapital aller Banken zusammen überschreiten.

Natürlich kann man versuchen, einzelne Banken zu retten, indem man sie verstaatlicht. Aber dann muss der Staat alle diese Abschreibungen übernehmen. Und je mehr er davon übernimmt, wird er selbst und seine Währung zum nächsten Bankrott-Kandidaten.

Dollar Gasp

Angesichts der Billionen-Pakete der USA steht jetzt schon fest: Der Dollar wird fallen. Die USA werden pleite gehen und nie mehr sein, was sie waren. Jetzt wird angesichts der Spekulation gegen die „Südschiene“ der Euro-Staaten (Spanien, Italien, Portugal, Griechenland) bereits deutlich: Auch der Euro wird letztlich nicht überleben. Wenn man versuchen wird, ihn zu retten, wird damit nur gutes Geld dem schlechten nachgeworfen – was die Euro-Regierungen natürlich nicht hindern wird, es trotzdem zu versuchen.

Nur werden sie damit wertvolle weitere Zig Milliarden verlieren, die sie eigentlich noch gebraucht hätten, um selbst mit einer Währung zu überleben. Auf diese Art und Weise werden reihenweise weitere Staaten die Zahlungsunfähigkeit anmelden müssen, weil sie versucht haben, mit riesigen Milliardenprogrammen das System zu retten. Diese Staats-Bankrotte werden dann erneut riesige Abschreibungsbedürfnisse bei den überlebenden Staaten, Banken und Währungen hervorrufen.

Und das Ganze, während die Produktions- und Absatzzahlen der gewerblichen Wirtschaft ebenso wie die Umsatzahlen der Dienstleister sich praktisch in freiem Fall befinden – und das praktisch weltweit! Die pleite gehenden Firmen werden bald Legion sein und jede von ihnen hinterlässt geplatzte Kredite.

Die Länder, die dringend Steuereinnahmen brauchen werden, um alle diese Ausfälle bei Banken, Staaten und Währungen zu versuchen zu kompensieren, werden einer zweistelligen Prozentzahl der Verringerung an Steuereinnahmen gegenüberstehen und das Jahr für Jahr die nächsten Jahre. Was werden sie tun? Steuern erhöhen? Für die Vermögenden?

Nun, am Ende mögen sie wirklich dazu übergehen, aber dann wird es längst zu spät sein. Alle Kinder werden schon im Brunnen liegen und man wird sowieso ein völlig neue Basis brauchen, wenn man noch einmal versuchen sollte, die Grundlagen eines kapitalistischen Systems neu zu definieren.

Und was wird man mit den Ländern der dritten Welt tun, die reihenweise Bankrott gehen? Die Währungen all dieser Länder werden nichts mehr Wert sein. Sie werden kein Geld mehr haben, um Lebensmittel einzukaufen. Das Charakteristikum praktisch aller Entwicklungsländer ist, dass sie keine ausreichende interne Nahrungsmittelproduktion haben. Die reichen Länder haben dies mit allen Mitteln verhindert, um ihren eigenen Landwirtschaften die Absatzmärkte zu öffnen.

Wird man lächelnd zusehen, wenn Hunderte von Millionen oder sogar Milliarden Menschen verhungern? Wird man ihnen Lebensmittel schicken? Wie lange? Die nächsten hundert Jahre? Wer will das zahlen?

In zehn Jahren, wenn wir Anfang 2019 stehen, wird die Krise noch nicht ausgestanden sein, wenn es bis dahin noch einen Kapitalismus geben wird, was nach aller Wahrscheinlichkeit nicht der Fall sein wird. Nur werden alle jetzigen verzweifelten Bemühungen, da noch etwas zu retten, aus der Sicht jener Zeit als lächerlich erscheinen. Man wird darüber spotten, dass man fragte, ob Opel gerettet werden solle, statt zu fragen: Wollen wir eigentlich noch Autos? Statt einem Welt-Kapitalismus kann sich dann schlimmstenfalls die kapitalistische Barbarei herausbilden, wo die Superreichen ihre eigenen Privatarmeen haben und den Rest der Menschheit (soweit er überlebt hat) versklaven und terrorisieren.

Aber was ist denn nun eigentlich passiert, dass alles zusammenbricht, werden Sie fragen? Was passiert ist: Die Gesetze der Ökonomie sind ehern. Karl Marx hat sie genau dargelgt. Man kann sie nicht zu seinen Gunsten umbiegen. Aber genau das wurde versucht.

Karl Marx

In den Jahren nach dem Zusammenbruch des Imperiums der Sowjetunion wurden die Kapitalisten masslos. Sie merkten, sie können sich durch eine generelle Neuorientierung der weltweiten Wirtschaft noch weit mehr bereichern („Globalisierung“). Da aber diese Trillionen und Trillionen von Zusatzverdienste infolge der Umverteilung aller Werte zu den Grosskonzernen nicht für profitbringende Produktion oder Dienstleistungen eingesetzt werden konnten, denn die Weltbevölkerung konnte ja nicht mehr konsumieren, weil ihre Einkommen ja nicht in gleichem Masse stiegen, wurden sie zu Trillionen und Trillionen von Spekulationsgeldern.

Sie erinnern sich, wie Deutsche-Bank-Ackermann noch vor nicht allzu langer Zeit erklärte, seine Bank werde mindestens 25% auf eingeseztes Kapital an Profit pro Jahr machen und gleich eine Anzahl von Angestellten entliess, um dies zu unterstreichen? Wo waren da alle die Ökonomen, die Volkswirte, um zu fragen, wie dies möglich sei. Haben sie im Volkswirtschaftsstudium nicht aufgepasst? Wie kann in einer Realwirtschaft, in der selbst mächtige Grosskonzerne mit Produkten und Dienstleistungen Schwierigkeiten haben, 10% auf eingesetztes Kapital pro Jahr zu verdienen (ausgenommen von kurzzeitigen Ausnahmesituationen), wie kann dann eine Bank zu 25% pro Jahr kommen?

Nun, was die Banken und eine Menge anderer Institutionen taten: Sie schoben eine Trillionen-dicke Kreditblase an. Das führte zu höherem Konsum auf der Basis von Krediten und führte sogar für die Jahre von 2005 bis 2008 zu einem gewissen Wirtschaftswachstum in einer Anzahl von Ländern, aber alles auf Kredit. Damit konnte der Ausbruch der Überproduktionskrise hinausgeschoben werden aber nur um nun umso gewaltiger zuzuschlagen. Alle jene hohen Gewinne aber waren Luftbuchungen, sie waren Ausgeburt einer Blase. Nur – sie fielen wirklich an. Die Deutsche Bank hat ja ihre 25% aufs Jahr erreicht und entsprechend an ihre Aktionäre ausgezahlt.

Doch dann, ausgehend vom Jahr 2006, als die Immobilienpreise in den USA, aufgeblasen durch Kredite, zu purzeln begannen, platzten die Kredite, zuerst lokal und ohne grosse internationale Auswirkungen, dann immer mehr und nun in frenetischem Rhythmus und sie sind weiterhin am Platzen und werden noch Jahre platzen.

USA: Foreclosure Zwangsversteigerung

Alle die Trillionen von Dollars und Euros und Yen, die da an Privatpersonen gingen aufgrund der Kreditblase, sind nun da in den Händen von Reichen, Superreichen und Super-Superreichen. All dies Geld muss vernichtet werden, denn ihm stehen keine wirklichen Werte gegenüber, es waren nur Luftbuchungen. Aber wie bringt man die Kapitalisten dazu, ihr Geld zu vernichten? Klar, das geht nicht im Kapitalismus. Der betet ja das Privateigentum an. Man kann diese Leute nicht auffordern, sich auf einem öffentlichen Platz zu treffen und all ihr Geld dorthin in Banknoten zu bringen und zu verbrennen. Genau das fordern aber die ehernen Gesetze der Ökonomie. Die Ökonomie akzeptiert keine Scheinwerte, denen nichts Wirkliches gegenübersteht und sie wird die Krise weiter vertiefen, bis alle diese Werte vernichtet sind.

Die Besitzer dieser Werte könnten dies im Grunde wissen, denn sie sind ja meistens keine Vollidioten, aber sie wollen es natürlich nicht wahrhaben. Sie haben nichts dagegen, dass die Werte der anderen vernichtet werden, aber bitte nicht ihre eigenen. Viele von ihnen haben ja schon beträchliche Mengen an Geld verloren, weil sie Aktien hatten, die jetzt auf vorher unvorstellbare Tiefstände gefallen sind, weil sie Geld bei Lehmann Brothers oder in Island hatten, weil sie Anteile von Northern Rock hatten oder weil ihre Anteile an Unternehmen gewaltig im Wert verloren haben.

Northern Rock Pleite

Verfolgt man die grossen Kapitalflüsse seit dem September 2008, so ist klar: Die Besitzer all dieser Werte sind in panischer Flucht vor der Kapitalvernichtung, sie versuchen auf Teufel komm raus „sichere Häfen“ zu fnden, wo ihr Geld zumindest nicht wegschmilzt wie Butter an der Sonne. Sie haben ihre Gelder fast vollständig aus Entwicklungs- und Schwellenländern abgezogen, denn dort erwarten sie grössere Risiken als in den führenden Industrieländern. Sie akzeptieren heute Verzinsungen, die fast genau der Inflationsrate entsprechen, also keinerlei Zuwachs versprechen, nur um nicht noch mehr Geld zu verlieren. Es sei daran erinnert, vor kurzem sassen sie noch auf hohen Rossen und wollten 25% jährlich! Nun aber haben sie in unglaublich weitem Masse Dollar-Bonds gekauft, die praktisch keine reale Verzinsung bieten, also US-Staatsanleihen, denn die USA waren immer der Hort der Sicherheit für das Kapital.

Das hat den Dollarkurs in die Höhe getrieben. Nun, aber, seit etwa drei Wochen, scheinen einige von ihnen schon gemerkt zu haben, der Dollar ist kein „sicherer Hafen“, im Gegenteil. Die unglaublichen Trillionen-Programme der US-Regierung zur Bankenhilfe, zur Ankurbelung der Konjunktur und zur Hilfe für Häuschenbesitzer, die sich mit Krediten übernommen haben, haben bereits jedes Mass überschritten. Diese Bonds werden nie bezahlt werden. Der Dollar wird platzen wie eine reife Frucht.

So beginnt jetzt langsam der Goldpreis in Dollar zu steigen. Gold ist immer die letzte Zuflucht des Kapitals, wenn nichts mehr sonst hilft. Nur wird mit all diesen Manövern die Krise immer weiter verlängert, denn sie kann nicht auf dem Talboden ankommen, solange diese Kapitalmengen unterwegs und nicht vernichtet sind.

Gleichzeitig sind die Besitzer aber auch die Mächtigen in dieser Gesellschaft. Sie haben umfangreiche Möglichkeiten, den Verlust all dieser Werte zu verzögern. Und so vertieft sich die Krise, 2010, 2011, 2012 usw. usf.

Scheiss-Kapitalismus

Steht da oben, das seien nicht alle Vollidioten? Nun, das stimmt nur bedingt. Der Verband der Metallindustrie in Deutschland zum Beispiel spielt immer noch „business as usual“. Man verlangt von der Gewerkschaft, einen Teil der vereinbarten Lohnerhöhungen zu verschieben, was im Tarif-Vertrag für Firmen mit finanziellen Schwierigkeiten vorgesehen war. Sie haben bis heute nicht begriffen, was der Kern der Krise ist: Die Menschen auf der Welt haben nicht genug Geld, um all die produzierten Güter und angebotenen Dienstleistungen zu kaufen, deshalb muss ein Teil dieser Produktion und dieser Dienstleistungsangebote vernichtet werden. Wenn die Metall-Arbeitgeber also fordern, die Lohnerhöhungen zu verschieben, vertiefen sie so die Krise und gefährden ihre Betriebe noch mehr. Die Arbeiter dagegen, die auf den vereinbarten Erhöhungen bestehen, sind darauf aus, die Krise zu vermindern und den einen oder anderen Betrieb überleben zu lassen. Also Metall-Arbeitgeber hat offenbar nicht viel mit Intelligenz zu tun.

Nun fragt sich nur, werden die Völker der Welt sich wirklich gefallen lassen, für Jahre und Jahrzehnte durch die Krise und in Arbeitslosigkeit und Armut geschleppt zu werden, bis die Kapitalisten ihre faulen Gewinne losgworden sind? Oder wird sich nicht die Kenntnis darüber verbreiten, man muss sich nicht alles gefallen lassen. Es gibt den Sozialismus, in dem das Volk das sagen hat. Wer will da noch warten, bis der Kapitalismus sich ausgekrieselt hat?

Das sollte doch mit dem Teufel zugehen, wenn da nicht eine klare Mehrheit der Menschheit dem Kapitalismus den Todesstoss versetzt und die lichte Zukunft der Menschheit ohne Ausbeutung und Unterdrückung einleitete.


Veröffentlicht am 23. Februar 2009 in der Berliner Umschau


Zusatz zum Artikel (27.2.09)

Wie um die Aussagen dieses Artikels zu unterstreichen, kommt nun, kurz nach seiner Veröffentlichung, die Zusage eines ersten Hilfspaketes für osteuropäische Banken und andere Unternehmen dort: "Die schwer in Schlagseite geratenen osteuropäischen Länder und ihre Banken können auf eine erste Finanzspritze aus dem Westen bauen. Wie die drei großen Entwicklungsbanken Weltbank, die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung sowie die Europäische Investitionsbank ankündigten, wird eine Summe von rund 25 Mrd. Euro zur Unterstützung taumelnder Banken nach Osteuropa gepumpt."

Allerdings wird auch darauf hingewiesen, dies wird keineswegs ausreichen:

"Die bereitgestellte Summe erweist sich vorerst als Tropfen auf den heißen Stein.
Dass es mit den 25 Mrd. Euro jedoch noch nicht getan ist, geht aus Schätzungen des Finanzbedarfs zwischen 100 und 150 Mrd. Euro hervor. Auch Weltbank-Chef Robert Zoellick rechnet mit einer Summe von insgesamt rund 120 Mrd. Dollar, die zur Rekapitalisierung der Banken in der Region nötig sei."

Freitag, 20. Februar 2009

Tiefster Einbruch in ganz Europa

Neue Krisenzahlen Deutschland

Von Karl Weiss

Soeben sind die neusten statistischen Zahlen zur Wirtschaftskrise in Deutschland hereingekommen: Im vierten Quartal 2008 hat die deutsche Wirtschaft einen Einbruch von 2,1% erlebt, den höchsten von allen bedeutenden Ländern, was einer Jahresrate von 8,4% entspricht. Gleichzeitig spinnt Wirtschaftsminister Guttenberg von „einem baldigen Aufschwung“.

Deutschland - Brutto-Inlandsprodukt - 2000 bis 2008 Quartale gegen Vorquartale

Die drei wesentlichen Faktoren des Rekord-Abschwungs – eine Jahresrate des Falls von über 8% im BIP hat es selbst in der Depression der dreißiger Jahre nur in extremen Ausnahmefällen gegeben – sind die Anlageninvestitionen (da es keine zahlbaren Kredite gibt, werden keine neuen Anlagen gekauft), danach der Außenbeitrag (Exporte, die sind besonders stark eingebrochen, weil im Ausland in fast allen Ländern gleichzeitig der Abschwung einsetzte) und als drittes die Konsumausgaben.

Diese drei Haupt-Faktoren für den in Deutschland am schärfsten ausfallenden Niedergang sind äußerst interessant:

Dass keine Anlageninvestitionen gemacht werden, ist natürlich zum einen eine Folge der Wirtschaftskrise: Wenn der Absatz stockt, wird man nicht in neue Anlagen investieren. Allerdings könnten kostensparende Investitionen eine Lösung von Problemen sein. Doch auch das geht geht nicht, denn man hat kaum Cash und wird es auch nicht für Investitionen ausgeben, man braucht Kredit. Aber der ist unverschämt teuer: Die Banken zocken und verlieren – dann muss ihnen angeblich geholfen werden und als Ausgleich geben sie keine Kredite mehr zu vernünftigen Bedingungen. Im Kapitalismus dürfen Banken alles – und du, lieber Bürger, darfst alles zahlen!

Welt-Vergleich - Bruttoinlandsprodukt - 4. Quartal 2008 gegen Vorquartal

Dass die Exporte einbrechen, ist in einer starken Wirtschaftskrise natürlich. Nur trifft das die Länder unterschiedlich: Wer das gesamte Wachstum ausschließlich auf Exporten basiert hat, anstatt gleichzeitig die Entwicklung von internem Konsum und Exporten anzustreben, wer durch brutale Lohndrückerei gewaltsam auf dem internationalen Markt ein Ersatzwachstum erzielt, wer Exportweltmeister ist, statt eine ausgeglichene Wirtschaftentwicklung zu betreiben, der wird weit stärkere Einbrüche als die anderen erleben.

Und schließlich die Konsumausgaben im Inland. Hartz IV und die damit eingeleitete Lohnspirale nach unten haben die Unternehmer und Politiker in Deutschland in Glücksausbrüchen schwelgen lassen. Nun kommt der Kater: Die eingebrochene Binnennachfrage kann keinerlei Ausgleich schaffen. Zwar wird vom Wirtschaftsministerium (vorher Glos, jetzt völlig gleichlautend: Durchblicker Guttenberg) für die zweite Jahreshälfte ein Einsetzen des Aufschwungs vorhergesagt, aber der soll von Binnennachfrage getragen werden. Wo soll die herkommen angesichts der Mini-Löhne, der Kurzarbeit und den Massen-Entlassungen? Hat man vor, 20% Lohn- und Gehaltserhöhung im öffentlichen Dienst zu geben?

Hier der internationale Vergleich 4. Quartal 2008 von Deutschland mit den wichtigsten Ländern (Veränderung Brutto-Inlandsprodukt gegenüber Vorquartal):

Deutschland: -2,1%

Italien: -1,8%

Großbritannien: -1,5%

Frankreich: -1,2%

USA: -1,0%

Japan: 0,1% (3. Quartal, nach einer Pressemeldung liegt der Einbruch im 4. Quartal in der Nähe des deutschen)

Da passt es ins Bild, dass gestern die Zahl von 1 Million in Kurzarbeit veröffentlicht wurde, was bekanntlich mit Lohn-Einbussen verbunden ist und damit den Binnenkonsum noch weiter drückt.

Hier noch einmal den schon in einem anderen Artikel gebrachten Vergleich der Entwicklung der Reallöhne pro Kopf in europäischen Ländern von 2000 bis 2008:

Statistik Reallöhne

Was werden uns Merkel und Guttenberg in der 2. Jahreshälfte erzählen, wenn keinerlei Aufschwung erfolgt ist – kurz vor den Bundestagswahlen?


Veröffentlicht am 20. Februar 2009 in der Berliner Umschau

Mittwoch, 18. Februar 2009

EU-Produktion kollabiert

Beispiellose Einbrüche aller Industriesektoren

Von Karl Weiss

Als „Kollaps aller Industriesektoren“ bezeichnet die EU-Kommission in einer internen Analyse den wirtschaftlichen Abschwung. Während deutsche Minister noch von einem „Problem hauptsächlich der Automobilindustrie“ schwafeln, wird EU-weit bereits festgestellt: Beispiellose Einbrüche in allen Industriezweigen.

EU: Industrieproduktion 2007 bis 12.2008

Kommissar Verheugen wird zitiert: „Völlig neu sind Ausmaß und Geschwindigkeit der Krise.“ Sowohl das verarbeitende als auch das Baugewerbe erleiden „bisher nicht gekannte Produktions- und Absatzrückgänge“. Es ist Tatsache, dass die Automobilindustrie am stärksten betroffen ist, weil bei ihr die verschlechterten Kreditbedingungen eine besondere Rolle spielen und zur eigentlichen Wirtschaftskrise hinzukommen. 60 bis 80 % der Privatwagen werden über Kredit gekauft, weiss die Studie.

Dazu kommt, die Monopolkonzerne können wegen der Finanzkrise nicht das Mittel des Auflegens von Anleihen benutzen, das ihnen typischerweise als billige Geldquelle zur Verfügung steht. Die beiden französischen Autobauer PSA (Peugeot und Citroen) und Renault haben vergeblich versucht, solche Anleihen zu verkaufen. Die Anleger sind in Panik und kaufen praktisch nur Staatsanleihen.

Besonders dramatisch ist laut der Studie die Lage bei den Lastwagen. Die monatlichen Lkw-Bestellungen in der EU seien von 38.000 im Januar 2008 auf 600 im November zusammengebrochen. "Es muss betont werden, dass die tägliche Produktionskapazität eines europäischen Herstellers allein schon bei rund 900 Fahrzeugen liegt", heißt es in dem Papier.

In der Stahlindustrie liegen die Absatzeinbrüche bei 43 bis 57%. China, Indien, Russland und möglicherweise die USA schotten ihre Märkte immer weiter gegen EU-Stahl ab. Zugleich warnt Verheugen vor allzuviel „Unternehmensrettungen“: „Die finanziellen Möglichkeiten der EU und der Mitgliedsstaaten stoßen an ihre Grenzen.“

Auf einem EU-Sondergipfel zur Krise am 1. März sollen die Probleme besprochen werden.


Veröffentlicht am 18. Februar 2009 in der Berliner Umschau

Dienstag, 17. Februar 2009

Derivate - 'All diese Verluste gingen vorher als Gewinne an Privatpersonen'

Ein Interview mit einem Banker über die Quintessenz der Finanzkrise

Von Karl Weiss

Dieses Interview wurde durch schriftliche Fragen und Antworten durchgeführt, wobei z.T. mehrmals nachgefragt wurde. Es wurde anschliessend redaktionell bearbeitet – das betrifft zum Beispiel die Übersetzung von Spezial-Banker-Kauderwelsch, das für den Normalbürger unverständlich ist. Hier ist nur ein kleiner Teil des Interviews wiedergegeben, der den Kern der Finanzkrise betrifft.

Der Interviewte, wir nennen ihn hier Walter, ist Deutscher und arbeitet bei einer international tätigen Bank in einem Land in Südamerika. Weil er einige Dinge beschreibt, die seine Chefs eventuell nicht gerne so in der Öffentlichkeit sehen, hat er mich gebeten, seine Identität nicht offenzulegen.

Insofern ist dies kein journalistisch einwandfreies Interview. Aber vom Inhalt her kann beurteilt werden, ob es die Sache trifft und ob es Wert war, veröffentlicht zu werden, ohne (wie es korrekt wäre) die Person des Interviewten offenzulegen.


Frage: Hallo Walter, die Banken stehen ja nun wegen der Finanzkrise im Mittelpunkt des Interesses. Ich danke dir daher, dich für dies Interview zur Verfügung gestellt zu haben. (...) Was alle interessiert, was sind das für Risiken, was sind das für „Derivate“, die da den Banken solche Schwierigkeiten bereiten? Es scheint, ein wesentlicher Teil der Banken kann nur mit Staatshilfe überleben, weil man mit hohen Summen von „Derivaten“ spekuliert hat. Kannst du uns das ein wenig erklären?

Walter: Ja, im Prinzip sind „Derivate“ Wertpapiere, die sich auf bestimmte bestehende Verpflichtungen (Schulden) beziehen und ein gebündeltes Stück Erwartung von zukünftigen Gewinnen bzw. Wertsteigerungen darstellen. Ein typisches Beispiel für die Grundlage davon hast du ja schon in jenem Artikel beschrieben, den du mir zur Verfügung gestellt hast. Da wird das Beispiel der „Sub Prime Hypotheken“ gebracht. Übrigens meinen Glückwunsch zu diesem Artikel. [Das bezieht sich auf „Woran die Banken kranken“] (...)

Der Rettungs-Plan

Ein anderes Beispiel für eine zugrunde liegende „Schuld“, d.h. Gewinnerwartung, ist dies – ich nehme hier ein Beispiel, wie es sich so ähnlich in meiner Praxis zugetragen hat: Ein Mann hatte vor fünf Jahren eine Anzahl von Eigentumswohnungen, die er vermietete. Nehmen wir an, er erhielt im Jahr 100 000 Dollar an Mieteinnahmen aus ihnen. Nun liess er in einem ersten Schritt die Bank diese Vermietungen verwalten, dann hatte er keine Arbeit mehr damit. Die Bank zieht ihm dafür 10% der Einkünfte ab, also 10 000 Dollar pro Jahr. Das ist für die Bank fast reiner Gewinn, denn sie hat sowieso eine Immobilienabteilung, wo nur ein bischen zusätzliche Arbeit anfällt.

Nun wollte aber der Mann mit den Eigentumswohnungen sich eine neue Jacht kaufen und brauchte Cash. Er bietet der Bank einen Vertrag an, der dieser die Einnahmen der nächsten fünf Jahre aus diesen Eigentumswohnunen zusagt, wenn man ihm einen hohen Betrag an Bargeld übergibt. Die Bank nimmt an und lässt ihn 15% der Summe an Abgabe zahlen (...). Das bedeutet, er erhält nicht 450 000 Dollar, sondern nur 382 500. Die anderen 67 500 gedenkt die Bank einzustecken. Doch das ist für die Bank noch keineswegs ausreichend, 15% auf 5 Jahre ist sogar wenig.

Doch die Bank verlangt auch die Verpfändung von einer der Eigentumswohnungen, die zu jenem Zeitpunkt in etwa den Wert von 450 000 Dollar repräsentierte, als Sicherheit. Das hatte für die Bank den grossen Vorteil, sie konnte eine Hypothek zu günstigen Zinsen auf diese Eigentumswohnung aufnehmen. Zu jenem Zeitpunkt waren 1% pro Jahr möglich! Das geht unter Banken, aber es gibt auch einen Trick, wie die Bank sich selbst eine solche Hypothek „auszahlen“ kann, ohne Zinsen in diesem Fall. Das wichtige an der ganzen Sache ist, für die Auszahlung von 382 500 Dollar an den Mann mit den Eigentumswohnungen braucht man fast kein Geld der Aktionäre oder der Einleger anzutasten. Mit anderen Worten: Man bekommt Zinsen, ohne Geld einzahlen zu müssen!

Nun tut die Bank noch ein Übriges, denn sie will nicht nur Zinsen ohne Einzahlung kassieren, sie will eine hohe Rendite, ohne überhaupt Kapital investiert zu haben: Sie erhöht die Mieten der Eigentumswohnungen um den maximal denkbaren Wert. Zwar gibt das teilweise Widersprüche und Zivil-Prozesse, aber ein Teil der Mieter wird sich mit Sicherheit einschüchtern lassen von den Namen der Rechtsanwaltskanzleien, mit denen sie es aufnehmnen müssten, resigniert und zieht aus. Dann kann die Bank zu deutlich höherer Miete neu vermieten. Insgesamt rechnet die Bank innerhalb der fünf Jahre da nun zum Beispiel mit zusätzlichen Einnahmen von 100 000 Dollar

Also machen wir die Rechnung auf: Die Bank hat dem Mann 382 500 Dollar ausgezahlt, musste aber dafür nicht in die Tasche greifen (genau gesagt, gibt es da geringe Zinskosten, aber das kann hier vernachlässigt werden). Sie erhält von ihm sowieso schon 50 000 Dollar für die 5 Jahre wegen der Verwaltung. Dazu kommen nun die 15%, also die 67 500 und eben die erwarteten zusätzlichen 100 000, macht zusammen 217 000 Dollar an Einnahmen. Die eigenen Kosten für die Verwaltung, die Anwälte, die kleinen Zinskosten usw. setzt sie mit 17 000 an, also 200 000 in fünf Jahren Reingewinn, das sind 40 000 pro Jahr, also über 10% auf die Nominalsumme, aber in Wirklichkeit müssen hierfür nur etwa 17 000 Dollar aufgebracht werden. Mit einem Einsatz von 17 000 Dollar fünf Jahre hintereinander 40 000 Reingewinn zu machen, das muss einem erst mal einer nachmachen. Verteilt man die 17 000 auf 5 Jahre, so sind das pro Jahr 3 400 Dollar Kapitaleinsatz. Damit bedeuten 40 000 Dollar über 1000% Gewinn – und das fünf Jahre lang!

Nun hatte aber die Bank eine hohe Anzahl solcher Geschäfte, vielleicht nicht alle mit über 1000% Gewinn jährlich, aber eben doch auch andere sehr gute Geschäfte, die allerdings allesamt in Wirklichkeit erst noch realisiert werden müssen. Nun bündelt sie eine hohe Anzahl solcher Geschäfte zu einem „Derivat“ und bietet dies anderen Banken an, zum Beispiel mit einer Gewinnerwarteung von 30% im Jahr bei einem Gesamtkapitaleinsatz von 30 Millionen Dollar. Das ist „Erwartung“, das wird nicht garantiert! Das wird sie natürlich nur los, wenn ihr die Ratingagenturen für dieses Derivat eine gute Klassifizierung geben, zum Beispiel AA. Das bekommt sie, weil es die berühmte XY-Bank ist. Sie verkauft also das Derivat und erhält Cash dafür, eben 30 Millionen Dollar. Nun hat also eine andere Bank diese Gewinnerwartung in der Hand – und naürlich das Risiko.

Denn was passiert nun? Dort, wo der Mann die Eigentumswohnungen hat, platzt die Immobilienblase, die Wohnungen verlieren rasend an Wert und auch die Mieten sind in Talfahrt. Der Hypothek von 450 000 auf das verpfändete Appartment steht nach kurzer Zeit nur noch ein Wert von 250 000 gegenüber. Es klappt, alle Mieter aus den Wohnungen rauszukriegen, aber die Neuvermietung zu annehmbaren Preisen ist nicht möglich. Lange Leerstände. Schliesslich muss man sich mit der Vermietung zum halben Preis zufriedengeben, um nicht noch mehr zu verlieren und selbst dann kann man nicht alle vermieten.

Statt 500 000 Dollar Mieteinnahmen in 5 Jahren hat man am Ende nur 200 000 erzielt.

"Ich bin in Ordnung, ich bin auf einen Steuerzahler gefallen"

Dazu kommt: Die Hypothek muss zurückgezahlt werden, denn am Ende der fünf Jahre hat der Verpfänder natürlich das Recht, sein Eigentum ohne Belastung zurückzuerhalten. Da aber inzwischen November 2008 ist und die Banken untereinander kein Geld mehr fast ohne Zinsen verleihen, muss dazu nun richtig Geld in die Hand genommen werden. In einem solchen Fall kann es sich leicht ergeben, dass man für einen solchen Betrag von 367 500 Dollar, den man ausgegeben hat, nur 100 000 zurückbekommt, also statt über 1000 % Gewinn einen Verlust von fast zwei Drittel der Summe verbuchen muss. Das wird zwar dadurch abgemildert, dass am Anfang nicht wirklich Geld aus den Einlagen genommen werden musste, aber das gilt ja nur für die Bank, die das Derivat verkauft hat. Jene andere Bank, die es gekauft hat, musste ja wirklich 30 Millionen Dollar auf den Tisch des Hauses legen. Sie muss also in so einem Fall glatt einen Verlust von – sagen wir - 21 der 30 Millionen Dollar in die Bilanz schreiben, wenn auch die anderen Teile des Derivats im gleichen Sinne eingebrochen sind. (...)

Es sind ja noch viele andere Geschäfte im Derivat und die Bank, die es gekauft hat, muss nun das Bündel aufschnüren und eines der Geschäfte nach dem anderen überprüfen und sehen, wo wirklich Geld hereinkam und wo nicht. Darum dauert es auch so lange, bis die Banken ihre Verluste übersehen können. Die Banken benutzen dies aber auch, wenn es darum geht, zu verstecken, dass man schon pleite ist. Man erklärt in alle Himmelsrichtungen, es sei bereits alles verbucht, schreibt ein, zwei Quartale rote Zahlen und hofft auf Staatsknete. Niemand weiss ja, wieviel vom Gesamt wirklich schon abgeschrieben wurde.

F.: Vielen Dank für diese Erläuterungen. Handelt es sich dabei im Kern immer um Immobiliengeschäfte?

W.: Nein, da sind auch andere Geschäfte dabei. Hier ein anderes Beispiel aus meiner Praxis. Nehmen wir noch einmal den Mann mit den Wohnungen. Er hat ja von den 382 500 Dollar eine Jacht gekauft. Nehmen wir nun einmal an, er hat die nicht zu seinem Vergnügen gekauft, sondern um mit dem Verleih Geld zu verdienen. Er zahlt einer Jachtverleih-Agentur 5 000 Dollar pro Monat für einen Liegeplatz und die Dienste und die verleiht für ihn die Jacht. Nehmen wir an, er kann 150 000 Dollar pro Jahr mit diesem Verleih verdienen, das macht abzüglich der 12 Mal 5 000 = 60 000 also einen Gewinn von 90 000 Dollar pro Jahr.

Nehmen wir nun an, er hat Geschmack am Verleih von Jachten gefunden und will eine weitere kaufen. Dazu will er mit der Bank etwas ähnliches machen wie mit seinen Wohnungen. Er verkauft die Einnahmen aus dem Jacht-Verleih an eine Bank und erhält dafür Geld für eine weitere – natürlich mit Abschlag. Nehmen wir also wieder einen Fünf-Jahres-Zeitraum. Der theoretisch erzielbare Gewinn in dieser Zeit mit dem Verleih der ersten Jacht ist 5 mal 90 000, also 450 000 Dollar. Diesmal will die Bank 20% Tantieme (Abgabe), zahlt also nur 360 000 Dollar aus. 20% auf fünf Jahre ist wiederum sehr billiges Geld, aber die Bank lässt sich wiederum das Objekt, in diesem Fall die Jacht (die erste), als Sicherheit überschreiben. Nun kann sie auf diese Sicherheit wiederum eine grosse Menge Billig-Geld aufnehmen. Da war es zu jenen Zeiten möglich, eine Schuldverschreibung auf den vollen Kaufpreis der Jacht, also 382 500 Dollar, zu bekommen. Damit hat man also das Geld zum Auszahlen wieder fast umsonst bekommen und noch 22 500 Dollar dazu.

So ein Geschäft könnte die Bank wiederum in ein Derivat verpackt und verkauft haben. Nun brach aber die Wirtschaftskrise aus und der Jacht-Verleih kam praktisch zum Erliegen. Warum? Die Superreichen, die auch jetzt noch Superreich sind, haben fast alle selbst Jachten. Der Verleih fand im wesentlichen an mittlere Finanzmanager statt, die jetzt reihenweise auf die Strasse flogen, so wie zum Beispiel fast die ganze Belegschaft von Lehman Brothers. Andere müssen täglich mit Entlassung rechnen und leihen sich auch keine Jachten mehr aus.

USA: Arbeitsloser Akademiker, Ende November 2008

Nun schwimmt die Jacht also nutzlos im Wasser, kostet 5 000 Dollar pro Monat und bringt fast nichts ein. Auch ihr tatsächlicher Wert bricht damit ein und trotzdem muss der Betrag zum Zurückzahlen der Schuldverschreibung mit dem vollen Wert aufgebracht werden, aber die anderen Banken leihen einem kein Billig-Geld mehr. Damit wird diese Story mit der Leih-Jacht zu einem der schärfsten Verlustgeschäfte der Krise. Das Ganze bleibt wieder bei jener Bank hängen, die jenes Derivat gekauft hat.

F.: Das war sehr aufschlussreich. Könntest du jetzt einmal für unsere Leser aufzeigen, wo eigentlich das Geld herkam, wer gewonnen hat bei dem Geschäft und wer Verluste gemacht hat. Wo ging das Geld hin, das nun fehlt?

W.: Zunächst: Wer hat den ganzen Wahnsinn finanziert? Das war im wesentlichen China. Die dortige Regierung hat nämlich immer und jegliche Dollarbonds aufgekauft, welche die US-Fed [US-Zentralbank] ausgegeben hat und tut dies bis heute. Damit konnten die USA ihre Verschuldung ins grenzenlose treiben, sind nun aber auf Gedeih und Verderb mit China verbunden. Zweitens: Wer hat den Gewinn eingesteckt? Ganz klar: Zum einen der Besitzer der Eigentumswohnungen, der ja für fünf volle Jahre grosse Teile der Erträge bekam, obwohl die später gar nicht anfielen. Als zweites die erste Bank, die das Derivat verkauft hat. Sie musste ja die Verluste nicht tragen, hat aber die Gewinne längst an ihre Top-Manager und Aktionäre ausgeschüttet. Drittens: Wer hat den Verlust? Die andere Bank, die jenes Derivat gekauft hat, im Vertrauen auf jene Bank und die Rating-Agentur.

Selbstverständlich stehen allen jetzt auftauchenden Verlusten frühere Gewinne gegenüber, die alle bei Privatpersonen gelandet sind. Ja, so ist das: Alle diese Verluste gingen vorher als Gewinne an Privatpersonen. Die Verluste hängen jetzt bei Finanzinstitutionen und werden an den Steuerzahler weitergereicht.


Veröffentlicht am 17. Februar 2009 in der Berliner Umschau

Montag, 16. Februar 2009

Hartz IV 2009: Persönliche Notlagen? Die "Arge" sch.... drauf!

Hartz IV ist Skandal!

Von Karl Weiss

Es gibt unzählige Fälle in der Welt von Hartz IV, in denen die „Argen“ die Auszahlung von Leistungen verweigern, einfach nicht zahlen, auch und gerade dann, wenn der Antragsteller völlig ohne Mittel ist und nichts mehr zu Essen hat. Es scheint, der Herr de Sade persönlich hat die „Argen“ in Sadismus ausgebildet. Andererseits ist die „Arge“ Bonn, eine der berüchtigsten von allen, aber schnell bei der Hand, die Polizei zu holen und Hausverbote auszusprechen, wenn Begleitpersonen auf den Rechten der Betroffenen bestehen.

In Bonn war vor einiger Zeit schon einmal der Gerichtsvorsteher auf dem Weg zur Oberbürgermeisterin, um ihren BMW zu pfänden, weil sich die „Arge“ immer wieder geweigert hatte, Leistungen auszuzahlen.

Eine Anzahl von Hartz-IV-Geschädigten hatte sich an das „Erwerbslosenforum“ gewandt, weil ihnen über einen Monat oder sogar mehrere Monate keine Leistungen von der „Arge“ Bonn ausgezahlt worden waren. Immer wenn die Geschädigten bei der Arge vorsprechen wollten, wurden sie abgewiesen – eine Praxis, die nicht nur in Bonn alltäglich ist.

So gingen denn Begleitpersonen von der Kölner Erwerbsloseninitiative und vom Erwerbslosenforum mit ihnen und erreichten tatsächlich, dass sie vorgelassen wurden. Doch einem der Antragsteller wurde erneut die Anname des Antrags verweigert, was gar nicht zulässig ist. Als die Begleitpersonen dagegen protestierten, erklärte eine Person von der Bonner Arge den Arbeitsablauf gestört und holte die Polizei, um die Beistände entfernen zu lassen. Die aber, statt zuerst einmal die Situation zu klären, kam denn auch gleich dem Verlangen der Arge nach und entfernte die Beistände. Auch dies gesetzwidrig, denn jeder hat Anspruch auf Beistände, wenn er zur Behörde geht.

Aber die Frage von Gesetzwidrigkeiten ist inzwischen sowieso nicht mehr auf der Tagesordnung, denn die sind so häufig bei Hartz IV, dass die gesetzeskonformen Teile dagegen untergehen. Das ganze Hartz IV ist eine Gesetzwidrigkeit – und so war es auch geplant, es ist ein Skandal!

Hier neue Beispiele:

M. war arbeitslos geworden und hatte im November seinen Antrag auf Arbeitslosengeld 2 abgegeben, hat aber bis heute kein Geld erhalten, ebensowenig wie einen Bescheid. Die Arge behauptet, es fehlten zwei Kontoauszüge. Die hat er aber bereits drei Mal dort abgegeben. Solche Fälle von bei der Behörde „verlorenen“ Unterlagen und verschlampten Anträge sind Legion. Das Arbeitslosenforum gab M. einen Betrag zum Lebensunterhalt, bis er endlich Geld sieht, denn er ist mittellos und ohne Lebensmittel und müsste hungern, wenn es nach der CDUSPDGrüneFDPCSU-Behörde gehen würde.

Anderes Beispiel:

Frau S. Hat sich von ihrem gewalttätigen Mann getrennt und hat eine schwerkranke Tochter. Sie hat eine Wohnung gefunden, doch keinerlei Möbel. Ihr steht eine Erstausstattung mit Möbeln zu, doch die Arge übernahm das wochenlang nicht. Frau S. muss mit ihrer Tochter auf einer Decke auf dem Boden in der leeren Wohnung schlafen. Die Arge weiss das und bleibt untätig. Schliesslich können Beistände, die mit Frau S. zur Arge gehen, erreichen, dass die Übernahme der Möbel für die darauffolgende Woche zugesagt wird. Allerdings ist der zugesagte Betrag zu gering. Das reicht nicht hinten und vorne. Der Sachbearbeiter erklärt schnippisch, man könne ja widersprechen.

Weiteres Beispiel:

Die Schülerin V. geht zur Fachschule und hat Anspruch auf die Leistungen. Doch die ARGE rührt sich wochenlang nicht nach der Abgabe des Antrags. Schliesslich wurden ihr mit grosser Verspätung die Leistungen für Januar ausgezahlt und eine Mietgarantie zugesagt. Die Miete wurde aber nicht bezahlt. V. ist von Kündigung bedroht. Ein Schreiben des Anwalts rührt die Behörde nicht im mindesten. Offenbar sch... man drauf. Erst nach einem Eilantrag beim Sozialgericht wird schliesslich die Miete überwiesen. Es habe einen Zahlendreher bei der Kontonummer gegeben. Doch im Februar wieder das gleiche Lied. Die Leistung wird nicht bezahlt, die Miete auch nicht. Schliesslich erreichen Begleitpersonen, dass V. wenigstens 100 Euro bekommt. Für die kommende Woche ist Bezahlung zugesagt. Was wird dann wohl die Ausrede sein?


Veröffentlicht am 16. Februar 2009 in der Berliner Umschau

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