Samstag, 28. März 2009

Es gibt kein ‚Phantom von Heilbronn’

DNA-Euphorie gedämpft

Von Karl Weiss

Wenn es nicht so tragisch wäre, müsste man lachen. Einer der teuersten und aufwendigsten Polizeieinsätze der Gegenwart, die Suche nach dem „Phantom von Heilbronn“, ist als Tragikkomödie zu Ende gegangen. Es gibt kein Phantom von Heilbronn. Die DNA-Spuren, die auf eine Täterin bei sechs Morden hingewiesen hatten, waren in Wirklichkeit solche, die von der Herstellung her an Wattestäbchen hafteten, die man zur Spurensicherung verwendete.

Ein Verpackungsarbeiterin in der Fabrik, welche die Wattestäbchen herstellte, hatte immer wieder Hautschuppen an die Wattestäbchen abgegeben. Die Polizei hatte diese in der Annahme verwendet, sie seien frei von DNA-Spuren, hatte aber versäumt, dies zu überprüfen.

Auf diese Art und Weise waren bei insgesamt sechs Mordfällen Spuren der DNA der gleichen Frau gefunden worden, was zur Annahme führte, es handele sich um eine Serientäterin, das „Phantom von Heilbronn“.

Mit Millionenkosten hatten 30 Mann der Polizei in einer Sonderkommission über Jahre das Phantom gesucht, insgesamt 16 000 Überstunden angehäuft und waren 3 700 Spuren nachgegangen – alles umsonst – nein, eben nicht umsonst - aber ergebnislos. Der grösste Polizeieinsatz in der Deutschen Geschichte ist nun zu Ende. Niemand hat bisher erklärt, er würde sich schämen.

Nun, dann tue ich dies hiermit stellvertretend.

Die Zeiten, als die Deutschen für ihre Akkuratesse und Effezienz weltberühmt waren, scheinen zu Ende zu gehen. Wenn deutsche Polizisten so primäre Fehler machen, wem soll man noch vertrauen?

Da kommt nun auch noch dazu, dass die Heilbronner Polizei bereits vor längerer Zeit einen Hinweis bekam, dass DNA auf den Wattestäbchen sein könnte. In Österreich waren die Fahnder mit den Wattestäbchen auf eine weibliche Person gestossen, konnten aber in einem konkreten Fall die Anwesenheit weiblicher Personen ausschliessen. Darufhin hatten sie die Wattestäbchen überprüft und stellten fest: Der Hersteller hatte nie garantiert, sie seien DNA-frei. Dies wurde innerhalb der Polizei-Verbindungen weitergegeben, aber die Heilbronner Kollegen waren dem Hinweis nicht nachgegangen.

Aber es stellen sich noch ganz andere, viel wichtigere Fragen:

Der DNA-Test, der bereits zu euphorischen Reaktionen geführt hatte, als Allheilmittel der Verbrechensaufklärung gefeiert, ist plötzlich nicht mehr unfehlbar. Zwar ist die Genauigkeit des Testes als solchem, im Vergleich mit gefundenen Spuren am Tatort, wirklich extrem zuverlässig. Die Frage stellt sich aber eben, wie an diesem Beispiel deutlich wurde, man weiss nie mit Sicherheit, wie eine entsprechende DNA-Spur an den Tatort kam.

Da kann es zum Beispiel sein, jemand, der an der Fabrikation eines der Möbelstücke beteiligt war, die am Tatort waren, könnte als jemand identifiziert werden, der am Tatort war. Auch wenn die Polizei in Deutschland in Zukunft mehr auf DNA-freie Wattestäbchen sehen wird, gibt es noch hunderterlei Möglchkeiten, wie DNA von völlig unbeteiligten Personen an irgendwelche Tatorte gelangen kann.

Ganz zu schweigen von den Möglichkeiten, eine DNA-Probe von jemandem zu ergattern und gezielt an den Tatort zu befördern, um den Verdacht auf jemand zu lenken, der es vielleicht auch gewesen sein könnte.

Sei es, dass man einfach ein wenig Staub von einem Kissen sammelt, auf das eine Person seinen Kopf gelegt hatte, sei es, dass man Zugang zu einem Glas hat, von dem die Person getrunken hat – wir alle hinterlassen ununterbrochen eine Spur von unserer DNA in der Umwelt, was zwar zur Aufklärung von Verbrechen führen kann, aber ebenso von skrupellosen Verbrechern genutzt werden kann, um den Verdacht auf bestimmte andere Personen zu lenken.

So dürfte eine der Folgen der ergebnislosen Suche nach dem Phantom sein, dass in zukünftigen Prozessen, in denen eine DNA-Spur als Beweis eingebracht wird, die Frage, welchen Beweiswert wirklich eine DNA am Tatort hat, die mit jener des/der Angeklagten übereinstimmt, einen ganz neuen Stellenwert bekommt.

Jeder gewiefte Verteidiger wird den Fall der unschuldigen Verpackungsarbeiterin, die scheinbar als Massenmörderin identifiziert wurde, zur Relativierung des DNA-Beweises verwenden.

Die bisherige Praxis, DNA-Beweise praktisch als Gottesurteile anzusehen, dürfte damit gestorben sein. Insoweit hat die Panne der Heibronner Polizei anscheinend auch etwas Gutes.


Veröffentlicht am 28. März 2009 in der Berliner Umschau

Donnerstag, 26. März 2009

'Langsam lächerlich'

Bankrott garantiert

Von Karl Weiss

Was da die Financial Times Deutschland (FTD) am 17. März schrieb, ist schon etwas kurios. Man erklärt den Devisenmarkt für „langsam lächerlich“. Warum? Weil bei jeder kleinen zusätzlichen Erschütterung alles sofort in den Dollar und Dollarbonds flüchtet, den „sicheren Hafen“. Nur sind der Dollar und die US-Staatspapiere heute alles andere als sicher.

Der Artikel beginnt so: „Märkte neigen zum kollektiven Selbstbetrug. Dass der Dollar immer noch als sicherer Hafen gilt, ist einer der irrwitzigsten.“

Der Rettungs-Plan

Was diesen Irrwitz repräsentiert, das hatten wir bereits ausführlich dargestellt. In diesem Artikel: „Vorhersage des Dollar-Crash“ vom 9. Dezember 2008 wurde bereits gesagt: „Die Netto-Ersparnisse der USA sind bereits im dritten Quartal auf minus 249 Mrd. Dollar gesunken – und das war im wesentlichen noch vor der Krise. Und das angesichts des 700-Mrd.-Dollar-Pakets für die Banken , weiterer 2 700 Milliarden zum Stützen von Geldmarktfonds usw. (Gesamt-Verbindlichkeiten der Fed und der Regierung - jetzt bereits - nach Bloomberg: 8 500 Mrd. Dollar).“

Und das war, bevor Obama sein 800 Mrd.-Konjunktur-Paket durch den Kongress brachte und bevor die neuen Geldspritzen für AIG bekannt wurden und bevor die hohen zusätzlichen Verbindlichkeiten von ´Fannie Mae´ und ´Freddie Mac´ bekannt wurden, die zusammen noch einmal 1 000 Mrd. Dollar ausmachen. Zusammen sind das also bereits deutlich mehr als 10 000 Mrd. Dollar.

Die Vorstellung, das könnte irgendwann einmal bezahlt werden, ist absurd.

"Ich bin in Ordnung, ich bin auf einen Steuerzahler gefallen"

Das alles wird durch Gelddrucken bezahlt (in Form von Ausgabe von Dollarbonds und mit wirklichem Gelddrucken). Die Vorstellung, solch gewaltige Schulden könnten auf Dauer keine Hyperinflation verursachen und/oder den Dollar im Wert in den Abgrund schicken, wäre - wie sagte die FTD so schön, irrwitzig. Und wenn der Dollar zu einem Nichts wird, sind natürlich auch US-Staatsschuldverschreibungen wertlos, weil sie in Dollar ausgestellt sind.

Wir sind also hier in der gleichen Situation wie die Banken vor der Krise. Alle wussten bereits, was kommt, die Verluste waren ja schon abzusehen. Aber alle spielten Vogel Strauss – nach außen hin. In Wirklichkeit traf man natürlich bereits seine Vorkehrungen. Der CEO der Investmentbank Lehmann Brothers zum Beispiel hat bereits Monate vor dem Bankrott seiner Bank, der als Anfang der Krise gilt, eine millionenschwere Villa an seine Frau für 100 Dollar verkauft – warum wohl?

Alle tun nach außen hin noch so, als sei es nicht klar, was kommt. Die FTD nennt das „kollektiven Selbstbetrug“. In Wirklichkeit wusste man aber bereits, die Regierungen würden Milliarden und Abermilliarden für die Banken und Versicherungen locker machen müssen und war deshalb nicht wirklich besorgt.

Genau das gleiche spielt sich jetzt in Bezug auf den Kauf von Dollar-Bonds und auf den Wert des Dollars ab. Alle spielen „Business as usual“: Wenns kracht, geht man in den Dollar, wenn Silberstreifen auftauchen, versucht man schon mal den Euro.

Dollar Gasp

Aber die Rally gegen den Dollar und damit letztlich auch die Dollarbonds ist nur eine Frage der Zeit. Ist sie losgetreten, kann sie mit den modernen elektronischen Mitteln den Dollar innerhalb eines Tages auf ein Zehntel seines Wertes bringen. Zwar werden in solchen Fällen die Devisenbörsen geschlossen, aber nach der Wiedereröffnung geht die Währung doch dahin, wo ihr neuer Wert liegt.

Es gibt auch schon klare Anzeichen, dass man sich dessen bewusst ist:

1. Im Januar 2009 ist zum ersten Mal seit langem wieder eine Netto-Abfluss von Geld aus US-Wertpapieren zu verzeichnen. Während im Dezember noch 86,2 Mrd. Zufluss in Dollar-Werte herrschte, schlug dies im Januar in einen Abfluss von 148,9 Mrd Dollar um. Das sind im Moment noch keine besorgniserregend hohen Werte, aber die Tendenz ist da.

2. Die Fed, die (faktische) Nationalbank der USA, hat angekündigt, hohe Mengen von US-Dollar-Schuldverschreibungen zurückzukaufen (der Gesamtwert, zusammen mit dem Aufkauf von wertlosen Schuldtiteln, soll 1150 Milliarden US-Dollar betragen). Damit kann man natürlich eine solche Rally zunächst einmal hinausschieben oder ihr die Wucht nehmen, oder sie sogar bereits im Keim ersticken, aber das dafür ausgegebene Geld wird ja die Lage der US-Schulden nur noch unbezahlbarer machen. Damit aber wird man auf längere Sicht genau das Gegenteil erreichen: Der Bankrott des Dollars ist garantiert!


Veröffentlicht am 26. März 2009 in der Berliner Umschau

Dienstag, 24. März 2009

Europa könnte vollständig auf erneuerbare Energien umstellen

Bis 2050 möglich

Von Karl Weiss

Es gibt bereits alle Voraussetzungen, in ganz Europa die Energieversorgung schnell auf erneuerbare Energien umzustellen. Eine Studie der Freien Universität Berlin, vorgestellt von der ehemaligen EU-Kommissarin Michaele Schreyer und dem Privatdozenten Lutz Metz, belegt: Innerhalb von 20, höchstens 40 Jahren, könnte der gesamte Strombedarf Europas mit heute bereits vorhandenen Techniken erneuerbar und damit nachhaltig sein.

Energieverbrauch Deutscland
Diese Graphik aus deutschen Ministerien belegt eindeutig: Es ist nicht der geringste Ausstieg aus den konventionellen Energieträgern vorgesehen.

Die bisher vorgesehenen Pläne für erneuerbare, die nun zusätzlich durch die Krise auch noch ausgesetzt wurden, sehen dagegen die Verwendung von CO2-erzeugenden Stromlieferanten wie Kohlekraftwerke, Ölkraftwerke und Gaskraftwerke sowie der extrem teuren und gefährlichen Atomkraftwerke bis weit in die zweite Hälfte des Jahrhunderts vor. Um es genau zu sagen, es gibt in der EU bisher nicht einen einzigen Plan, der mit ihnen wirklich aufräumen will. Die Berliner Studie zeigt dagegen, wenn die hauptsächlichen Hindernisse beseitigt würden, könnte der Prozess der Austausches bis 2030, spätestens 2050 abgeschlossen sein.

Was sind nun die hauptsächlichen Hindernisse? Allesamt solche, die mit politischen Entscheidungen zusammenhängen, während die technischen Möglichkeiten längst vorhanden sind und keine Probleme bieten. Soweit man weitere technische Fortschritte voraussieht, könnte die ganze Umwandlung sogar noch deutlich beschleunigt werden.

Die erste und hauptsächliche Hindernis ist jenes, das mit „Wettbewerbsverzerrungen“ beschrieben wird. Es handelt sich vor allem um völlig unbegründete Bevorteiligungen der Energieträger Kohle, Braunkohle und Gas sowie der Kernkraft. Kohle und Braunkohle, wenn sie zur Energiegewinnung genutzt werden, sind praktisch völlig von Steuern befreit und den Konzernen, die Kohlekraftwerke betreiben, werden fast völlig Gewinnsteuern erlassen. Die Kosten der Umweltschäden, die durch die Kohle- und Braunkohle-Gewinnung in Tagebauten verursacht werden, wird selten den Energiekonzernen, sondern dem Staat auferlegt. Das gleiche gilt für die Folgekosten der Atomkraftwerke. Die gesame Entsorgung, Aufbereitung und Lagerung der strahlenden Abfälle der Kernenergie wird vom Staat von unseren Steuergeldern bezahlt, während die Energiekonzerne die Profite aus dem Stromverkauf einstecken – und das fast steuerfrei.

Atomkraftwerk

Ähnlich sieht es mit den Kosten der Gas-Pipelines aus. Fast alle sind in Staatshand oder werden indirekt vom Staat bezahlt und gewartet, während das Gas aus diesen Pipelines zu lächerlich geringen Preisen den Energiekonzernen zur Verfügung steht. Auch wenn Unfälle passieren, sei es in Atomkraftwerken, sei es in Tagebau-Kohlen- oder Braunkohle-Minen, sei es mit Gaspipelines, wird nicht der Energiekonzern zur Rechenschaft gezogen, sondern es werden Steuergelder verbraten. Würden alle diese Steuergelder, speziell jene für die strahlenden Abfälle, nicht mehr dort abgeliefert, stünde genügend Geld für eine vernünftiges Bildungssystem ohne Gebühren, für ein kostenloses Nahverkehrsystem, für kostenlose Kindergärten, Krippen und Horte, für Schwimmbäder, für genügend Lehrer und kleine Klassen, für eine würdige Arbeitslosenhilfe für die Mitbürger ohne Arbeit usw. usf. zur Verfügung.

Wären die Kosten der strahlenden Abfälle im Energiepreis eingeschlossen, wäre Atomstrom bei weitem der teuerste von allen. Nur - wir müssen diese Kosten trotzdem zahlen, nur eben über unsere Steuern. Demgegenüber sind die erneuerbaren Energiequelle in keiner Weise vom Staat steuerbefreit bzw. nur unbedeutend. Auf dieser Grundlage haben die Energiekonzerne natürlich nicht das geringste Interesse, auf erneuerbare umzustellen – im Gegenteil, sie müssten um einen Teil ihrer Profite fürchten, wenn umgestellt würde.

Es ist fast unglaublich, aber die EU gibt heute noch mehr Geld für Forschung über veraltete Energiequellen aus als für erneuerbare Energiegewinnung. Die Konzerne lassen einen Teil der eigentlich von ihnen aufzubringenden Entwicklungstätigkeit von der Gemeinschaft finanzieren.

Es ist aber auch kein Wunder, wenn die Parteien der bürgerlichen Scheindemokratie heftig die Privilegien dieser Konzerne verteidigen. Sie werden in Teilen von diesen Konzernen über Spenden und andere Zuwendungen finanziert und vor allem sind bei diesen Konzernen viele der fetten Posten, in die Politiker dieser Parteien nach der Karriere einsteigen. Die Zahl der Politiker, die unanständig hoch besoldete Posten nach ihrer politischen Karriere bei Energiekonzernen einnehmen, ist Legion.

Hier nur eine kleine Auswahl:

Schröder

Da ist zunächst einmal Ex-Kanzler Schröder selbst, von der SPD. Er ist nun Aufsichtsratsvorsitzender des deutsch-russischen Gaskonsortiums Nord Stream (früher NEGP), das eine Gas-Pipeline durch die Ostsee bauen will.

Rezzo Schlauch

Dann gibt es da Rezzo Schlauch, von den Grünen. Er war unter anderem parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, als man die Rot-Grünen an die Fleischtöpfe gelassen hatte. Nun hat er die Politik aufgegeben (im Moment sind die Fleischtöpfe ja gerade so weit weg) und wurde Beirat des überzeugten Kernkraftwerksbetreibers EnBW, dem baden-wütttembergischen Stromversorger.

Werner Müller

Dann ist da Werner Müller, ehemals Schröders Wirtschaftsminister. Er wurde – gelobt seien die Staatsbetriebe – Vorstandsvorsitzender der Ruhrkohle AG.

Alfred Tacke

Eben jener Müller hatte einen Staatssekretär zu jener Zeit mit Namen Tacke. Dieser hatte ihn einmal zu vertreten. Da wurde gerade eine Ministererlaubnis fällig, nämlich die zur Fusion der E.on mit Ruhrgas. Das war eigentlich Kartellbildung und verboten. Aber Minister dürfen Ausnahmen genehmigen. Nun war es eben genau Tacke, der diese Ministererlaubnis gab. Damit war E.on zu einem Monopol geworden. Diese E.on ist nun zufällig an der Ruhrkohle beteiligt. Und wo ist Tacke nun Vorstandsvorsitzender? Bei der STEAG, einer hundertprozentigen Tochter der Ruhrkohle. Und, der darf natürlich nicht vergessen werden: Mr. Hartz IV: Der nicht aus der SPD ausgeschlossene, aber dann ausgetretene Ex-Minister Clement. Er hat es zur RWE gebracht, neben Eon, Vattenfall und EnBW einer der grossen Energiekonzerne in Deutschland.

Ein anderes wichtiges politisches Hindernis ist das fehlende bzw. von den Konzernen immer wieder verhinderte einheitliche europäische Stromverteilungsnetz. Die Leitungen sind konzerneigen, die Konzerne verlangen Durchleitungskosten und sind glücklich mit all diesen Gewinnen. Würde man dagegen ein einheitliches, grenzüberschreitendes europäisches Stromverteilungsnetz schaffen, könnte man damit unnötige Überkapazitäten vermeiden, auch Länder mit geringen Ressourcen mit Öko-Strom versorgen und die Energiepreise drastisch senken. Offensichtlich haben die Ölkonzerne und die von ihnen bezahlten Politiker nicht das geringste Interesse daran.

Der entscheidende Vorteil der erneuerbaren Energien, sei es Windkraft, Wasserkraft, Sonnenwärme, Solarenergie, Geothermische Energie, Wärmepunpen, Wellenkraft, Gezeitenkraftwerke oder andere, ist, sie tragen nichts (oder so gut wie nichts) zur Erhöhung des CO2-Gehaltes der Athmosphäre bei und helfen damit, die globale Erwärmung und die dadurch verursachte bereits beginnende Klimakatastrophe zu vermeiden oder zu vermindern.

Globale Erwärmung

Sie haben aber auch andere wichtige Vorteile: Sie verschmutzen nicht die Luft, was in extrem dicht bevölkerten und industrialisierten Gegenden wie Europa ein dringendes Problem ist. Sie sind auch weit umweltverträglicher als die heute verwendeten „schmutzigen“ Energieträger, wie Kohle, Braunkohle, Öl und Gas – ganz zu schweigen von der schmutzigsten aller Energieformen, der Atomkraft, die über zehntausende Jahre strahlende Abfälle hinterlässt.

Atomkraftwerke Deutschland

Ganz zu schweigen in diesem Zusammenhang von den Müllverbrennungsanlagen, besonders schmutzigen Energieerzeugern und Werk gewordener Wahnsinn. Es gibt keinen Müll, es gibt nur nicht mehr gebrauchte Rohstoffe, die wieder aufbereitet werden müssen. Es ist ein Verbrechen gegen kommende Generationen, diese Rohstoffe zu verbrennen.

Kraftwerk

Aber da gibt es noch einen dritten grundlegenden Vorteil der erneuerbaren Energien. Nach Ansicht von fast allen wesentlichen nicht von der Auto-Industrie bezahlten Experten ist das Elektro-Auto das Auto der Zukunft. Ist das so, wird dann auch der „Sprit“ in Form von Strom erzeugt und eingespeichert. Damit könnte ein solches europaweit verbundenes System der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien dann auch Benzin und Diesel ersetzen und damit die andere wesentliche Quelle von Umweltverschmutzung neben der Energieerzeugung. Wir könnten ein Europa mit sauberer Luft haben, ohne saueren Regen und Waldsterben, ohne Feinstaubbelastung, ohne Nitrose Gase in der Luft, die erwiesenermassen Lungenkrebs verursachen, ohne bodennahes Ozon.

Und da ist der vierte Vorteil der erneuerbaren Energie: Sie sind nachhaltig. Das will sagen, wir opfern nicht unwiderbringlich wertvolle Rohstoffe der Erde, die den kommenden Generationen dann nicht mehr zur Verfügung stehen, für den schlichten Zweck der Energierzeugung, der längst mit anderen Methoden möglich ist.

Das alles wäre in absehbarer Zeit möglich, ohne dass dafür mehr ausgegeben werden müsste, als man jetzt den Banken in den Rachen schmeisst.

Allerdings ist Ihnen sicher schon aufgefallen, dass da oben andauernd Konjunktive verwendet werden: Könnte, würde, müsste, stünde. Und da steht auch, warum. Die Politiker und die sie finanzierenden Konzerne stehen dagegen.

Wie lange wollen wir uns das eigentlich noch gefallen lassen?


Veröffentlicht am 24. März 2009 in der Berliner Umschau

Montag, 23. März 2009

OPEL UND DIE POLITIK

Opel und die Arbeitsplätze

Von Karl Weiss

Opel und sein Verhältnis zur Politik zeigt wie unter einem Brennglas die ganze Wirtschaftskrise auf, fast alle Komponenten sind gegeben und die Situation ist „komplex“, wie sich Opel-Chef Demant auszudrücken beliebt. SPD-Arbeitsminister Scholz erklärt vor den Mikrofonen, die Bundesregierung werde sich „auf jeden Fall“ engagieren und man werde das Schließen von Opel verhindern. Das kann er leicht sagen, denn er weiss, man ist in einer Koalition mit CDU/CSU. Wenn Opel am Ende geschlossen wird, kann man die Schuld der Union zuschieben.

Regierungsbank

Um das Rollenspiel perfekt zu machen, erklärt nun seinerseits Kauder, seines Zeichens Unions-Fraktionschef, „jede Art der besonderen Hilfeleistung“ für Opel sei ausgeschlossen. "Für alle Unternehmen im Land muss es die gleichen Regelungen geben. Keine Sonderbehandlung für niemand“, sagte er der Leipziger Volkszeitung (Montagausgabe vom 23.3.09).

Das ist interessant, Herr Kauder – und nun erklären Sie uns, wie das damals war, als man der IKB mit Milliarden unter die Arme griff, um sie verkaufsfähig für einen Kandidaten zu machen, dem damit ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk in den Schoss fiel. Die Union, die Sie repräsentieren und die führend in der Regierung ist, hat diese ‚Sonderbehandlung’ durchgeführt. Wo blieb da „keine Sonderbehandlung für niemand“.

Der Rettungs-Plan

Und als das große Bankenrettungspaket von 500 Milliarden Euro aufgelegt wurde, an dem sich u.a. die profitable VW-Bank dumm und dusselig verdient, wo waren Sie da, Herr Kauder, bei dieser ‚Sonderbehandlung’ einiger weniger Unternehmen im Gegensatz zu allen anderen. War es nicht ihre Union, die das hauptsächlich zu verantworten hatte? Haben Sie nicht im Auftrag der Regierung dafür gesorgt, dass die Unionsfraktion geschlossen dafür stimmte, Herr Kauder? Und dann die 100 Milliarden für die Hypo Real Estate, während Märklin und Schiesser pleite gingen, wie Sie selbst erwähnten? Haben Sie das alles schon vergessen, Herr Kauder? Alterserscheinungen? Gedächtnisschwund?

An wen die Union die Schuld weiterreichen wird, deutet er auch schon an: „Ohne überzeugendes Rettungskonzept, ohne neuen Investor und ohne eine sich engagierende Hausbank kann Opel nicht auf Hilfe hoffen.“ Die Union wird also erklären, Opel sei an seinen dilettantischen Managern gescheitert, am Fehlen des Investors und an den Banken, die sich nicht engagieren wollten.

"Ich bin in Ordnung, ich bin auf einen Steuerzahler gefallen"

Währenddessen beschwert sich Opel-Chef Demant bereits. Er kritisierte Äußerungen von Politikern zum Rettungsplan des Unternehmens: "Da wurde der Eindruck erweckt, wir würden dilettantisch arbeiten.“ Das Management von Opel und General Motors Europe stehe immerhin vor einer hochkomplexen Aufgabe. Er hat also auch bereits die Argumente bereit, warum es am Ende nicht geklappt hat.

Dabei hat er gar nicht so unrecht, das ist wirklich „komplex“. Die Komplexität ergibt sich hauptsächlich aus dem US-Komplex, denn dort gibt es die Opel-Mutter GM. GM, seit vielen Jahrzehnten größter Autobauer der Welt, mit dem absoluten Schwerpunkt in den USA, hat sich einfach darauf konzentriert, relativ billig Autos für den US-Geschmack zusammenzubauen, die keine speziellen technischen Besonderheiten aufwiesen. Hauptmittel, um den Absatz hochzuhalten, waren Design, Marketing, Werbung und Pflege des Images als US-Ikone. Seit vielen Jahren arbeiten fast alle GM-Verkaufs-Agenturen mit immer gewaltiger werdenden US-Flaggen, die zum Teil 10 oder 20 Meter Höhe erreichten.

Das funktionierte viele Jahre. Allerdings zeichnete sich in den letzten Jahren bereits mehr und mehr ab, dass dies kein dauerhaftes Konzept war. GM hätte sich umstellen müssen, war dazu aber nicht fähig oder bereit oder beides. So hatte man kurz vor Beginn der Krise bereits die Krone des weltgrössten Autoherstellers an Toyota verloren gehabt – und das war nur ein Symptom des Niedergangs, der dann mit der Krise sofort extreme Formen annahm.

Demgegenüber war die europäische Sparte, die aus Vauxhall in England und Opel in Deutschland besteht, geradezu ein High-Tech-Center. Alles, was GM als Gruppe an modernen Konzepten entwickelte, stammt aus Rüsselsheim – oder fast alles. Moderne Einzelradaufhängungen und Federungssysteme, Magergemischmotoren, Aluminium-Zylinderköpfe und –Motorblöcke, alles was ein modernes Auto heute ausmacht, wurde in Deutschland für die GM-Gruppe entwickelt und – soweit überhaupt – nur langsam in die US-Produktion übernommen.

Hier in Brasilien kann man den Fall GM wie an einem Beispiel studieren. Es wird – auch wenn manchmal US-Wagen angeboten werden – von GM in Brasilien praktisch nur Opel hergestellt und verkauft, auch wenn man den Opels hier den Namen Chevrolet gibt. Die Autos aber heißen Corsa, Astra und Vectra und sehen genauso aus wie die vorhergehende Generation in Deutschland.

Den GM-Bossen in Detroit hätte auffallen müssen, dass 85 % ihrer Produktion außerhalb der USA praktisch unverkäuflich waren und hätten beginnen müssen, die Meinungsumfragen zu lesen, die GM-Autos in den USA nur noch mittelmäßige Noten gaben. Aber man war GM, der größte Autohersteller der Welt, der US-Markt bei weitem der größte der Welt – nie würde sich daran etwas ändern. Das gleiche Syndrom, das wir angesichts der Krise von unseren Politikern sehen, herrschte dort: WEITER WIE GEHABT!

Dass alles, was technisch Wert hat, bei Opel entwickelt wurde (oder fast alles), hat eine Ursache. Man hat Ingenieurszentren und Entwicklungsabteilungen bei Opel (vor allem in Rüsselsheim), die eigentlich einen echten Schatz darstellen. Nur ist da die „Komplexität“: Alle Opel-Patente sind keine Opel-Patente mehr, sondern wurden an die Holding in den USA transferiert und die hat sie an die Regierung der USA verpfändet, als die ersten Hilfs-Milliarden eingingen.

Zwar betont der Opel-Chef, Opel werde weiterhin Zugang zu seiner Technologie haben, aber das ist nicht der Punkt. Ein verselbständigtes Opel müsste Lizenzzahlungen von eventuell überlebenden Teilen der GM erhalten, um gewinnträchtig sein zu können. Ohne dies ist irgendeine Gewinnträchtigkeit (die wäre Voraussetzung, dass sich Investoren finden) nur zu erreichen, wenn der größte Teil der Opel-Leute entlassen wird und nur eine feine, kleine Auto-Werkstatt übrig bleibt. Dann ist aber bereits klar: Es wird keine Investoren geben und keine Banken, die da etwas riskieren. Wenn Bund oder Länder einsteigen würden, hätte sich das bald zu einem Fass ohne Boden entwickelt.

Ebenso ist völlig klar: Massive Geldgaben des Staates sind nicht akzeptabel, wenn GM immer eine 25%-Beteiligung behält und damit nach deutschem Aktienrecht jegliche Entscheidung des Aufsichtsrats verhindern kann, sprich: Immer noch das entscheidende Wort hat.

Kurz: Die Aussichten sind dunkel-schwarz bis black.

Was kann man den Opel-Beschäftigten sagen? Lasst euch nicht einlullen mit Hoffnungen, die jetzt schon ohne realen Hintergrund sind. Seht euch an, was man mit den Beschäftigten von Nokia Bochum und denen des ehemaligen Siemens-Handy-Werkes gemacht hat. Die gleichen Inszenierungen wie jetzt bei euch!

Hier ein kurzer Ausschnitt aus den Lehren der Vorgänge bei Nokia Bochum (die Bochumer Opel-Kollegen können jedes Wort davon bestätigen, sie hatten zum Teil Ehepartner, die bei Nokia arbeiteten).

„Im Fall Nokia war die Schauspielerei besonders gekonnt inszeniert. Wer auch in der Politik etwas zu sagen hatte, zeigte sich „empört“ und forderte alles mögliche, nur eben keinen Streik. Es wurde sogar einem Boykott der Nokia-Handys das Wort geredet und in einer spektakulären Aktion eine kleiner Haufen Nokia-Handys zerstört. Alles Inszenierung. Es ging nur darum, vom Streik abzulenken. Auch die Demonstrationen wurden von Politik und Gewerkschaftsführung dirigiert. Niemand durfte sprechen, der eventuell zum Streik hätte aufrufen können. Auch die Lichterkette: Alles, nur nicht Streik.

Die Betriebsratsvorsitzende Achenbach, SPD-Mitglied, machte sich besonders um den Betriebsfrieden verdient. Sie scheuchte Flugblattverteiler am Werkstor eigenhändig weg und beschimpfte sie.“Wir brauchen hier keine MLPD, die ihr Süppchen kochen will“. Die Flugblätter der MLPD hatten den Weg zum Streik dargelegt und die Erfahrungen von Opel berichtet. Wer in Wirklichkeit sein Süppchen kochte, waren die Nokia-Bosse in holder Eintracht mit ihren Lakaien, den Politikern, den Medien und den rechten Gewerkschaftsführern.

Die nordrhein-westfälische Landesregierung machte diesmal sogar eine Sondereinlage und forderte medienwirksam die Rückzahlung der Subventionen von insgesamt 60 Millionen Euros (aktueller Wert), die man zusammen mit dem Bund aufgebracht hatte. Mancher mag geglaubt haben, unter dieser Drohung würde Nokia eventuell einknicken. Aber man hatte nicht durchschaut: Alles eingeübtes Theater. Man hat sich längst geeinigt, in welchem Rahmen die Firma zu zahlen haben wird an Abfindungen und Rückzahlungen. Doch die Illusion hielt vom Streiken ab.” (Auszug aus dem Artikel “Warum wurde Nokia geschlossen?“ (https://karlweiss.twoday.net/stories/4942616/ )

Es soll euch eingeredet werden, Kollegen von Opel, Streik würde den Interessen des Überlebens der Werke entgegenlaufen. Man würde einfach zumachen, wo gestreikt würde. Das ist Unsinn. Dass Opel heute noch besteht, liegt allein daran, dass immer noch Profit reinkommt – wenn der auch mit den Verlusten aus den USA gegengerechnet werden muss. Fällt aber dieser Profit aus, bleibt keine Wahl, als Zugeständnisse zu machen. So wie es beim Streik der Opel-Werker in Bochum im Jahr 2004 war: Innerhalb von Tagen war der Plan vom Tisch, das Werk zu schließen.

Ein Werk wie Bochum bringt um die 10 Millionen Euro Profit pro Tag. Wenn das ausfällt - und das wäre noch viel mehr im Fall Rüsselsheim – kann man nicht mehr in Ruhe Entlassungen planen, sondern muss handeln. Und handeln heisst in solchen Fällen in der Regel: Zugeständnisse machen. Beim Streik ist der Arbeiter am Drücker, speziell, wenn er mit Werksbesetzung geführt wie jener 2004 bei Opel Bochum.

Da könnten innerhalb von Tagen Zugeständnisse erreicht werden wie z.B.: GM gesteht zu, Opel (oder GM Europe) zu einem angemessenen Preis als Ganzes zu verkaufen. Die Patente werden in alleinige Verfügung von Opel übergehen, auch wenn sie noch unter dem Kuratell der US-Regierung stehen. Ob das natürlich für ein „Neues Opel“ ausreichte, steht nicht fest.

Dazu kommt, der Zeitpunkt für einen Streik ist extrem gut. Die Verkäufe haben angezogen. Der Astra Kombi aus Bochum findet eine steigende Zahl von Käufern. Ausserdem kommt nun gerade die Kombi-Version des neuen Insignia, die wohl die meist verkaufte sein wird. GM und Opel müssten bei einem Streik innerhalb kürzester Zeit tiefgreifende Zugeständnisse machen.

Wichtig ist, dass die Opel-Werker sich nicht an der Nase herumführen lassen. Frau Merkel will am 31.März in Rüsselsheim sprechen. Die Erfahrungen mit solchen Politikerauftritten in schliessungsgefährdeten Betrieben sind denkbar schlecht. Meist verstehen die Kumpels, die Politiker hätten fest versprochen, die Schliessung zu verhindern, aber auf der Pressekonferenz hinterher leugnen die Politiker das meistens schon ab.

Wichtig ist, PolitikerSprech zu können und zwischen den Zeilen zu lesen.

Meseberg-Tagung Bundesregierung

Wenn Frau Merkel zum Beispiel sagt: “Die Bundesregierung wird alles, aber auch alles in ihrer Macht stehende tun, um eine Schliessung von Opel als Ganzes zu verhindern.“, dann steht da zwischen den Zeilen: „Was aber nicht in unserer Macht steht, zum Beispiel eine Bank dazu zu bringen, das Risiko zu übernehmen, können wir eben auch nicht tun.“ Und ausserdem: „Kleine Teile von Opel könnten eventuell überleben.“

Wenn Frau Merkel sagt: „Sobald ein tragfähiges Konzept vorliegt, wird die Bundesregierung Geld zur Verfügung stellen, um Opel zu retten.“, so steht zwischen den Zeilen: „Da aber kein tragfähiges Konzept vorliegt und wahrscheinlich auch nicht möglich ist, steht kein Geld zur Verfügung.“

Wenn Frau Merkel sagt: „Mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer mit Opel-Werken habe ich bereits über eine Aufteilung der Lasten unter Bund und Länder gesprochen.“, so steht zwischen den Zeilen: „Das Gespräch war völlig unverbindlich – es wurde noch nicht einmal über Summen gesprochen, denn es besteht keine Aussicht auf ein tragfähiges Konzept.“

Politikersprech kann man auch von Westerwelle von der FDP hören, der auf dem Kongress der Jungen Liberalen sprach. „Ich bin es Leid, dass zu Opel der Bundesadler kommt und zu den kleinen (Unternehmen) immer nur der Pleitegeier.“ Das könnte man als Aufforderung verstehen, auch kleineren Betrieben beizustehen, zumal in diesem Zusammenhang der Mittelstand erwähnt wurde. Hört man allerdings anderes aus der gleichen Rede, wird klar, das ist nicht gemeint: „Alle gerettet und am Schluss Deutschland pleite, das kann keine vernünftige Politik sein“. Er meint also, es dürfe niemand geholfen werden, will das aber nicht deutlich sagen.

Ja, lass sie doch alle arbeitslos werden, was juckt uns das! Wir haben unsere Schäfchen im Trockenen, diese Krise findet für sie statt, nicht für uns.

Vielleicht wird Westerwelle dann noch versprechen, huldvoll aus den Fenstern der Bankhochhäuser zu winken, als letzten Gruss an jene, die da unten verhungern.


Veröffentlicht am 23. März 2009 in der Berliner Umschau

Sonntag, 22. März 2009

Eine Million

1 Million Klicks auf dieses Blog

In eigener Sache – Von Karl Weiss


Fast nicht zu glauben, aber ‘blogcounter’ bestätigt es: Bereits 1 Million Mal wurde dieses Blog angeklickt. Das ist recht beachtlich für ein Blog, das erst seit etwa 2 Jahren und 9 Monaten besteht.

„Sitemeter“, das etwas schärfer zählt, hat erst 966 000 Klicks gezählt, aber damit im Prinzip diese Zahl bestätigt.

Andererseits gibt es natürlich weit mehr gelesene Blogs - ich werde also nicht übermütig werden.

Wie der Zufall es will, ist dieses Blog heute seit 997 Tagen online, also fast genau seit 1000 Tagen. Damit ergibt sich im Schnitt über die ganze Zeit praktisch genau eine tägliche Klick-Zahl von 1000.

Zur Feier des 1-Millionen-Klicks habe ich zweierlei beschlossen:

1. Ich werde mich nun in die Kategorie der „Bürger-Journalisten“ einreihen. Dieser Begriff beschreibt deutlich, was wir machen: Auch ohne Journalistenausbildung betätigen wir uns als solche, einfach aus den Pflichten eines Staatsbürgers heraus und natürlich auch und gerade, weil die hauptberuflichen Journalisten zum Teil ihre Aufgaben in sträflicher Weise nicht wahrnehmen – natürlich auch immer von Entlassung bedroht. Wir können – ohne entlassen zu werden – auch unangenehme Wahrheiten schreiben. Andererseits nehmen wir natürlich auch eine Herausforderung an, wenn wir uns als Journalisten bezeichnen: Wir sind wie richtige Journalisten der korrekten Recherche verpflichtet.

2. Dies Blog zeichnet sich auch und gerade durch seine Bilder aus, es heisst darum auch u.a. „Bilder-Blog“. Etwa 30% der Klicks kommen auf Bilder. Ich werde darum die am meisten angeklickten Bilder hier noch einmal hereinstellen.

Das bekannte Bild mit einem Gefangenen mit Kapuze auf dem Hocker, mit Drähten angebunden.
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/3077575/

Fisk Iraq 145858
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/4560017/

Karikatur Selbstmord Guantánamo
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/3077575/

Palestina land loss
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/2823593/

Treffende Karikatur
aus: http://karlweiss.twoday.net/stories/2809267/

Bild aus Abu Ghraib von Gefangenem mit (teilweiser) Erektion. Es handelt sich offenbar um die Person im Hintergrund des Bilds mit Frau England.
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Bild des "Berges der nackten Gefangenen"
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Detainees Guantánamo
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Nudist foto 199
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nudist foto 831
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Nudist Foto 179
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Nudist Foto 147
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Nudist Foto 123
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nudist-foto 125
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Bravo- Junge und Mädchen
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Bravo - Stellung
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Bravo - Stellung 1
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Bravo - Stellung 2
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Bravo - Stellung 3
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Bravo - Stellung4
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Bravo Stellung 5
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Bravo - Stellung 6
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Bravo - Stellung7
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Bravo - Stellung 8
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Bravo - Stellungen
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Bravo - Aufklärung
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Bravo - Aufklärung 1
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Bravo- Aufklärung2
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Bravo- Aufklärung 5
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Bravo Aufklärung 10
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Bravo Aufklärung 12
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Bravo Brust
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Bravo - Erstes Mal
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Bravo - Sex
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Bravo Aufklärung 3
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Bravo - Selbstbefriedigung
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Bravo - Selbstbefriedigung 1
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Bravo - Selbstbefriedigung 2
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Wikipedia: Penis, normal und eregiert
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Bravo - Selbstbefriedigung 3
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Wikipedia - Beschnittener Penis
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Wikipedia - Eregierter Penis
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Wikipedia - Eregierter Penis 1
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Wikipedia Commons - Erektion
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Wikipedia Commons - Penis mit Skala
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Wikipedia Commons Masturbation
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Karneval in Rio - Tänzerin fast nackt
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Attraktive Exotin
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Karneval in Rio 2009 - 6
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Carnaval Rio 2009 20
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Freitag, 20. März 2009

Krähen, die einander kein Auge aushacken

„Ein Urteil, das riecht“

Von Karl Weiss

Wenn selbst die “Süddeutsche” in ihrem Kommentar zum Urteil gegen Thüringens Ministerpräsident Althaus wegen seines Skiunfalls schreibt „Ein Urteil, das riecht“, so kann man sicher sein, dass „riechen“ ein schwacher Ausdruck für das ist, was sich da in Schwaden ausbreitet nach diesem Urteil von Österreich aus bis nach Deutschland.

Was ist passiert? Ein deutscher Ministerpräsident fährt gerne Ski und hat diesen Sport bei einem Ferienaufenthalt in Österreich gepflegt. Nach seinen eigenen Einlassungen, ist er dabei am Neujahrstag an der Kreuzung zweier Pisten ein Stückchen in die andere Piste hinein bergauf gefahren und da dann mit einer Skifahrerin mit dem Namen Beata Christandel so heftig zusammengestoßen, dass beide schwere Hirn-Schädelverletzungen erlitten. Die Frau, Mutter eines einjährigen Kindes, ist kurz nach dem Zusammenstoss gestorben, der Herr Althaus von der CDU hat überlebt und soll schon wieder frisch auf den Beinen sein, war aber bis vor wenigen Tagen in einer Rehabilitierungs-Klinik.

Nach den internationalen Skiregeln (FIS-Regeln) ist das Bergauffahren in eine andere Piste hinein verboten, weil extrem gefährlich. Da könnte nämlich ein anderer Skifahrer schnell unterwegs sein und nicht mehr rechtzeitig ausweichen oder abschwingen können. Genau das scheint hier passiert zu sein. Damit ist Althaus (nach eigenen Einlassungen) der wesentliche Schuldige des Vorfalls. Ein Schuldanteil der Frau könnte nur aus der Tatsache hergeleitet werden, dass sie Ski fuhr und damit ein Risiko einging.

In Irdning in der Steiermark, wo das Unglück geschah, wurde nun statt eines Gerichtsverfahrens eine Farce aufgeführt und Gerichtsverfahren genannt. Ohne Öffentlichkeit, ohne den Angeklagten, trafen sich 4 Personen und mauschelten ein Urteil aus, das schnell gefällt war, Althaus die Möglichkeit offenläßt, sich als „unbestraft“ zu bezeichnen und im Vergleich zu anderen Fällen von „grob fahrlässiger Tötung“ eine Lachplatte ist. Lediglich eine Geldstrafe und ein Schmerzensgeld von 5000 Euro für eine tote Frau und Mutter!

Die Süddeutsche schildert uns das abendliche Geheimtreffen, das zu einem Gerichtsverfahren verklärt wurde, folgendermaßen: „Die Gerichtsdiener im Bezirksgericht von Irdning in der Steiermark hatten längst Feierabend, als sich in dem holzgetäfelten Verhandlungssaal am späten Dienstagnachmittag vier eilig zusammengetrommelte Prozessteilnehmer einfanden: Gerichtsvorsteher Thomas Priebsch, ein Vertreter der Staatsanwaltschaft, der Anwalt des Unfallopfers Beata Christandl sowie der Verteidiger Walter Kreissl...“

Nach Angaben jenes Artikels wurde eine österreichische Sonderregeleung, die allerdings für ganz andere Fälle vorgesehen ist, zum Vorwand genommen, um unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu verhandeln. Der Sprecher der österreichischen Strafverteidiger, Richard Soyer, sagte der Süddeutschen Zeitung, es sei eine Verfahrensbestimmung angewendet worden, die für ganz andere Fälle geschaffen worden sei und "praktisch totes Recht" sei.

Nun, warum muss ein Gerichtsprozess öffentlich sein? Eben genau, um Mauscheleien zu verhindern. Die Öffentlichkeit muss in jedem Gerichtsprozess die Möglichkeit haben, den Ablauf zu verfolgen und damit zu überprüfen, ob es Unregelmäßigkeiten gibt. Das ist der entscheidende Fortschritt in einer zivilisierten Gesellschaft: Während früher, zum Beispiel im Feudalismus, ein eventueller Prozess gegen einen Feudalherrscher oder ein Mitglied seiner Familie im Geheimen durchgezogen wurde und denn auch fast immer ohne Bestrafung für die VIP-Person endete, soll in einer modernen Demokratie gerade bei Prozessen gegen „hochgestellte Persönlichkeiten“ das strikte Einhalten der Regel der Öffentlichkeit eines Strafprozesses selbstverständlich sein.

Dass man es wagte, diese Regel zu ignorieren, zeigt bereits, wie weit die Dekadenz des ganzen, angeblich demokratischen Systems, schon gediehen ist.

Das gleiche gilt auch für die Anwesenheit des Angeklagten. Auch sie ist in jeder zivilisierten Gesellschaft absolute Pflicht. Zwar gab es schon Fälle, in denen man wegen der Wichtigkeit des Falles einen flüchtigen Angeklagten in Abwesenheit verurteilte, aber auch dann muss man ihm die Möglichkeit eines neuen Prozesses geben, wenn er gefasst wird. In Italien allerdings gibt es Fälle, in denen flüchtigen Angeklagten kein neuer Prozeß zugestanden wurde, aber Italien hat sowieso schwerste Probleme mit einem Justizsystem, das nur teilweise den Anforderungen eines rechtsstaatlichen Verfahrens genügt. Außerdem trifft hier nicht zu, dass der Angeklagte flüchtig ist.

Es gibt auch anders geartete Ausnahmen, bei denen die Anwesenheit des Angeklagten nicht unbedingt erforderlich ist, so gilt dies in Deutschland zum Beispiel bei Minimal-Delikten wie kleinen Ladendiebstählen. Ein Verfahren wegen Tötung aber fällt niemals unter Minimal-Delikte.

Die extreme Schnelligkeit des Verfahrens , die von Juristen in diesem Fall als das besonders Auffallende genannt wird, kann grundsätzlich nicht bemängelt werden. Allerdings muss man sich doch fragen, warum, wenn fast alle Verfahren sich über Monate, wenn nicht Jahre hinziehen, ausgerechnet im Fall eines prominenten Angeklagten die Fristen so extrem verkürzt werden konnten. Das „riecht“ ganz sicherlich.

Was steckt hinter all dem? Nun, in Deutschland ist Wahljahr. Noch in diesem Sommer wird in Thüringen gewählt werden und der Ministerpräsident Althaus wird von der CDU als Spitzenkandidat erneut gebraucht. Müsste sie einen Neuen aufstellen, hätte sie deutlich geringere Chancen, wieder einen glatten Wahlsieg einzufahren, weil zu wenig Zeit bleibt.

Es gibt also dringende politische Gründe, warum Althaus – unabhängig von seinem Zustand – wieder zum Spitzenkandidat werden muss und warum es unbedingt vermieden werden muss, dass sich ein langes Gerichtsverfahren mit vielen Zeugenvernehmungen, mit verschiedenen Gutachten und Gegengutachten über Monate bis unmittelbar vor den Wahlen hinzieht oder – noch schlimmer – zum Wahlzeitpunkt immer noch offen ist und eine eventuelle Gefängnisstrafe – wenn auch auf Bewährung – im Raum steht.

Das alles konnte mit dem Geheimverfahren ohne Öffentlichkeit und Angeklagten in Rekordzeit vermieden werden. Kurz: Die Übertretungen aller Regeln haben offensichtliche politische Gründe. Dabei spielt es keinerlei Rolle, ob es dazu nötig war, dass die CDU bei ihrer österreichischen Schwesterpartei ÖVP interchambrierte oder ob der Staatsanwalt und der Richter sowieso konservativ sind und daher in vorauseilendem Gehorsam zum besseren Wohle der CDU gehandelt haben.

Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus.

Nur: Wie auch immer, die Übertretung von wesentlichen Regeln eines Strafprozesses aus politischen Gründen ist ein poltischer und Justiz-Skandal! Das gilt auch dann, wenn eventuell am Ende eines rechtsstaatlichen Verfahrens genau das gleiche Urteil herausgekommen wäre, das nun erging.

Nur gibt es eben auch ernsthafte Zweifel, ob die Tat überhaupt sachlich richtig gewürdigt wurde. Es gibt nämlich neben der fahrlässigen Tötung, die beim Geheim-Prozess-Urteil als zutreffend angesehen wurde, auch die grob fahrlässige Tötung.

Der Berichterstatter hat Rechtsanwälte befragt, was der Unterschied ist und einer hat sich bereit erklärt, den Unterschied zu beschreiben, ohne dafür Honorar zu verlangen:

Bei fahrlässiger Tötung ist eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen und eine Schmerzensgeld von 5000 Euro innerhalb der üblichen Grenzen, aber stark am unteren Ende. Bei grob fahrlässiger Tötung wird dagegen praktisch immer eine Gefängnisstrafe ausgesprochen, wenn auch im Fall unbescholtener Personen üblicherweise ausgesetzt zur Bewährung. In schweren Fällen gibt es dann allerdings auch keine Bewährung mehr.

Fahrlässige Tötung, so sagt er, ist, wenn man mit dem Auto in eine Vorfahrtstrasse einbiegt und ein vorfahrtsberechtigtes Auto dort übersehen hat, was zu einen Unfall mit einem Toten führt. Grob fahrlässige Tötung ist, wenn man mit 90 eine Vorfahrtstrasse ohne jede Rücksicht überquert und dabei einen Unfall mit einem Toten verursacht.

Fahrlässige Tötung ist, so sagt er, wenn man auf einer Landstrasse überholt, aber die Entfernung zum Entgegenkommenden unterschätzt hat, so dass man das überholte Fahrzeug schneiden muss, was zu einem Unfall mit einem Toten führt. Grob fahrlässige Tötung ist, wenn man auf einer Bundestrasse mit ununterbrochener Mittelline und Überholverbotsschild überholt und das gleiche passiert.

Fahrlässige Tötung ist (und dieses Beispiel ist hier besonders interessant), wenn man in der Dunkelheit an einer völlig unübersichtlichen Stelle ohne ausreichende Beschilderung in die falsche Richtung in eine der Fahrbahnen einer Schnellstrasse einbiegt (Geisterfahrer) und bereits nach 100 Metern mit einem entgegenkommenden Fahrzeug zusammenstößt (und eine Person stirbt), ohne die Möglichkeit gehabt zu haben, den Fluss der Fahrzeuge in die Gegenrichtung zu sehen. Grob fahrlässige Tötung ist dagegen, wenn man am hellichten Tag an einer übersichtlichen und korrekt ausgeschilderten Stelle gegen die Fahrtrichtung in eine der Fahrbahnen einer Schnellstrasse einbiegt und damit einen tödlichen Unfall verursacht, obwohl am Fluss der Fahrzeuge deutlich zu sehen war, dass man auf Geisterfahrt war.

Diese letzte Beispiel ist interessant, weil absolut ein Vergleich des Verhaltens von Althaus mit dem grob fahrlässigen Geisterfahrer möglich ist. Althaus ist ein leidenschaftlicher und erfahrener Ski-Fahrer, berichten die Zeitungen. Er muss also genau wissen, in eine kreuzende Skipiste gegen die Fahrtrichtung, nämlich bergauf, einzufahren ist extrem gefährlich und unverantwortlich.

Vielleicht handelt es sich bei dieser Kreuzung von zwei Skipisten um den Fall einer extrem unübersichtlichen Stelle, vielleicht haben die Behörden dort in Irdning keine vernünftige Beschilderung aufgestellt, aber das alles hätte eben in einem Gerichtsverfahren geklärt werden müssen, mit Öffentlichkeit, mit Zeugen, mit Gutachten und Gegengutachten und natürlich mit dem Angeklagten.

Das Ganze ist also ein extremer politischer Skandal und ein Justizskandal. Dazu kommt noch zu allem Überfluss, dass das Einverständnis der Familie der getöteten Frau offenbar mit einem aussergerichtlichen Abfindungsangebot in beträchtlicher Höhe erkauft wurde. Wenn selbst die „Süddeutsche“ fragt, ob sich Althaus da eventuell freigekauft hat, spricht das Bände.

In diesem Zusammenhang erwähnt eine andere Zeitung, Althaus verfüge über ein ansehnliches Vermögen. Da ergibt sich allerdings noch eine Frage: Er ist zu etwa 33.000 Euro verurteilt worden, was 180 Tagessätzen entspräche. Damit wird aber von einem Jahreseinkommen von grössenordnungsmässig 66 000 Euro ausgegangen. Wie lässt sich das mit einem deutschen Ministerpräsidenten-Gehalt zuzüglich von Einnahmen aus einem ansehnlichem Vermögen in Zusammenhang bringen?

Dazu kommt noch eine andere Fragestellung: Nach schweren Schädel-Gehirntraumas ist es absolut üblich, dass die verletzte Person noch über ein halbes Jahr schwere Störungen sowohl im Bereich des Gedächtnisses, im Bereich der Sprache und im Bereich der Konzentration und des konzentrieten Arbeitens hat, eventuell auch deutlich mehr als ein halbes Jahr. In einer nicht unbedeutenden Zahl von Fällen kommt der Patient gar nicht mehr auf seine ursprüngliche Leistungsfähigkeit zurück. Wie sieht die aktuelle Einschätzung der Ärzte aus? Man schweigt sich aus.

Es muss also befürchtet werden, dass sogar Althaus selbst ein Opfer ist. Ein Opfer von Intrigen der CDU, die ihn inzwischen zum Spitzenkandidaten für die bevorstehende Landtagswahl machte, eventuell auch noch im Einverständnis mit seiner Ehefrau. Es ist nicht auszuschliessen, dass sie mit dem Ministerpräsidenten verheiratet ist, nicht mit dem Menschen Althaus. Man stelle sich das nur vor. Wenn es so wäre, dann gilt: Wer eine solche Ehefrau hat, braucht keine Feinde mehr.



Veröffentlicht am 20. März 2009 in der Berliner Umschau

Mittwoch, 18. März 2009

Neue Krisen-Daten Deutschland

“Politisches und ökonomisches Desaster”

Von Karl Weiss

Am Samstag sind neue Krisen-Daten der deutschen Wirtschaft eingetroffen. Die wichtigste Zahl: Im Januar ist der Industrie-Umsatz in Deutschland gegen das Vorjahr um 20% eingebrochen. Einen besonders starken Einbruch hatte dabei die Investitionsgüterindustrie, in Deutschland die wichtigste Branche noch vor der Automobilindustrie.

Deutschland: Umsatzindex verarbeitendes Gewerbe 2007 bis 1/2009

Der Umsatz der deutschen gewerblichen Wirtschaft lag im Januar um ein Fünftel (19,7 %) unter dem Vorjahreswert, der Auslandsumsatz dabei sogar um 23,6 %. Das ist der stärkste Rückgang seit der Wiedervereinigung. Die Automobilindustrie ging um 34,3 Prozent in den Keller, die Metallerzeugung und -bearbeitung um 30,0 Prozent und die Chemie um 27,2 Prozent. Der Umsatz der gewerblichen Wirtschaft fiel um 19,7%, die Produktion um 19,2% und die Aufträge – und das ist ein Desaster – um 35%.

Die Investitionsgüterindustrie hat in der Produktion ein Minus von 22,8% aufzuweisen. Damit hat diese Schlüsselbranche (noch vor der Automobilindustrie) innerhalb eines Jahres ihre Produktion um etwa ein Drittel zurückgefahren.

Das eigentlich noch bedenlichere als die Einbruchszahlen Monat für Monat gegenüber dem Vorjahr sind die Vergleiche mit den Vormonatszahlen. In Form von Graphiken zeigen diese Zahlen seit dem letzten August in allen diesen kritischen Industrie- und Wirtschaftsdaten einen steilen Absturz Monat für Monat, der bisher völlig ungebremst ist bzw. sich sogar teilweise noch beschleunigt.

Nur ein Beispiel: Der Umsatz, Monat für Monat, des verarbeitenden Gewerbes mit einer arbeitstäglichen und saisonalen Bereinigung zeigt für die erste Hälfte 2008 eine Stagnation mit einigem Auf und Ab und dann ab August nur noch einen immer steiler werdenden Absturz. Hier die Zahlen 2008 (in einem Vergleich mit dem Jahr 2005 als 100): August 122, September 118, Oktober 117, November 114, Dezember 106, Januar 98.

Der frühere Vize-Chef der Londoner Europäischen Bank für Entwicklung, Jürgen Jahnke, weist in diesem Zusammenhang darauf hin: „... hier rächt sich, wie schon (...) bei den Auftragszahlen, die wahnsinnige deutsche Exportabhängigkeit, die Export- und Leistungsbilanzüberschüsse auf Kredit gegenüber den Defizitländern aufbaute. Ein Zurück zur Ausgangsposition wird nach Platzen der Kreditblase nicht mehr möglich sein.“

Angesichts dieser Zahlen und solcher Aussichten wird die Arbeitslosigkeit in Deutschland für 2010 zu Beginn auf etwa vier Millionen geschätzt, zur Mitte des Jahres dann auf etwa 4,3 Millionen. Das sind wohlgemerkt bereits die geschönten Zahlen, die wirklichen werden sich dann bereits im Rahmen zwischen 7 und 10 Millionen bewegen, je nachdem, wen man mitzählt.

Deutschland: Exportabhängigkeit: Anteil Auslandsumsatz am Industrieumsatz 1995 bis 2008

Der Kommentator der „Financial Times Deutschland“, Thomas Fricke, weist darauf hin, dass damit die „Agenda 2010“-Politik gescheitert ist, denn deren Berechtigung wurde ja aus der Behauptung hergeleitet, in Aufschwungphasen würde damit die Arbeitslosigkeit schneller abgebaut und in Abschwungphasen wie jetzt die Arbeitslosigkeit weniger wachsen. Diese Politik war im März 2003, also genau vor 6 Jahren, von Kanzler Schröder verkündet und danach umgesetzt worden und die „Grosse Koalition“ hat diese Politik konsequent weitergeführt.

Tasächlich wurden die Veränderungen in den Arbeitslosenzahlen praktisch nicht beeinflusst. Stattdessen wurde die Armut in Deutschland eingeführt und verbreitet und die Reallöhne verringert. Das wirkt sich jetzt in der Krise besonders negativ aus, denn die schon gesunkene und weiter sinkende Binnenachfrage kann den Abschwung nicht dämpfen.

Deutschland: Beschäftigung - Veränderung gegen Vorjahr

Fricke schreibt: „Deutschland steuert auf ein politisches wie ökonomisches Desaster zu. Die Arbeitslosigkeit droht im Einlösejahr 2010 höher auszufallen als zur Zeit von Schröders vollmundiger Agenda-Rede vor sechs Jahren. (...) Zurück auf Los. Dem Land droht ökonomisch wie psychosozial ein Desaster, wenn Kanzlerin und Finanzminister weiterträumen.“


Veröffentlicht am 18. März 2009 in der Berliner Umschau

Dienstag, 17. März 2009

Ist der Papst der Anti-Christ?

Die neuen Skandale der katholischen Kirche

Von Karl Weiss

Was sich die katholische Kirche leistet, geht nun langsam auf keine Kuhhaut mehr. Inerhalb eines Monats erscheint sie nun zum dritten Mal in den Skandal-Schlagzeilen – und das nicht, weil irgendwelche Boulevardblätter sensationalistisch aufmachen, sondern wegen eigener skandalöser Handlungen. Zuerst kam die Wiederaufnahme der Lefebre-Jünger, dann die öffentliche Exkommunikation in Brasilien wegen einer medizinisch nötigen Abtreibung an einer 9jährigen, die vergewaltigt worden war, und nun, um dem allen noch die Krone aufzusetzen, die massive Einschüchterung von Jungen, die von einem Pfarrer vergewaltigt worden waren – sie sollen ihre Aussagen zurücknehmen.

Deutschland: Köln

Die Lefebre-Gruppe hatte sich offiziell von der katholischen Kirche losgesagt, weil sie die Öffnung der katholischen Kirche zu dieser Welt, die vom 2.Vatikanischen Konzil in den 60er-Jahren beschlossen worden war, nicht mitmachen wollte. Das Symbol der Hinwendung zu den Menschen war die Messe, die nun nicht mehr in Latein und mit dem Rücken zum Volk gelesen wurde, sondern in Richtung des Volkes und in der Landessprache. Nun, wer nicht will, der hat schon. Die Lefebrianer sagten sich von der Kirche los und wurden nachträglich auch noch exkommuniziert.

Nun aber, ohne dass irgendwelche Gespräche bekannt geworden wären, ohne dass die Lefebrianer auch nur eines ihrer abtrünnigen Dogmen aufgegeben hätten, wurden sie vom Papst pauschal wieder in die Arme geschlossen und die Exkomunikation aufgehoben. Auf Anfragen hierzu reagierte der Vatikan nicht. Man stelle sich vor, wenn der Papst plötzlich den Bann gegen Luther aufhöbe und die Evangelischen wieder in der Kirche begrüsste.

Einige Antworten kamen von Lefebre-Anhängern, die alle einmütig betonten, keine ihrer Überzeugungen aufgegeben zu haben und keinerlei Zugeständnisse gemacht zu haben, um wieder in de katholische Kirche zu kommen.

Damit ist aber eines der wichtigsten Dogmen der Katholiken selbst verletzt, denn die dogmatische Einheitlichkeit ist oberstes Gebot. Keiner weiss das besser als der deutsche Papst, der ja vorher die Glaubenskongregation leitete, das ist der Job, der früher Grossinquisitor hiess. Man kann also davon ausgehen, es handelt sich um die klammheimliche Revision der Ergebnisse des 2. Vatikanischen Konzils, die ja innerhalb der Kirche Dogmen-Charakter haben. Der Papst als Häretiker der eigenen Kirche.

Aber das ist ein Problem der katholischen Kirche, nicht unseres. Was die Öffentlichkeit zu Recht vor allem beschäftigte an der Wiederaufnahme der Lefebristen, sind deren mehr oder weniger offene Beziehungen zum Faschismus und zu rechtsextremistischen Positionen, die sich an einer ihrer Führungspersonen, dem Bischof Williamson, besonders deutlich festmachen.

Zwar forderte der Papst diesen dazu auf, seine Leugnung des Genozids an den Juden durch die Hitler-Horden zu widerrufen, doch er reagierte überhaupt nicht, als dieser das ablehnte und angab, er müsse sich mit den Quellen erst erneut beschäftigen. Kurz, der Papst hat keine wirklichen Probleme mit dem Rechtsextremismus.

Das ist die Position der katholischen Kirche bereits seit dem Aufstieg des Faschismus. Da man gemeinsame Interessen hat, nämlich den Kampf gegen Sozialismus und Kommunismus, hat man ein „gutes Verhältnis“. Es ist unvergessen, wie die katholischen Bischöfe Österreichs damals zum „Ja“ zum Anschluss an Hitler-Deutschland aufriefen.

Kaum hatte sich die Empörung über diese päpstliche Entscheidung, die immerhin auch Frau Merkel zu einer Kritik veranlasste, etwas gelegt, legte die katholische Kirche nach, um nur ja nicht aus den Schlagzeilen zu verschwinden – immer nach dem Motto: Immer im Gerede bleiben kann nur nützlich sein.

Hier in Brasilien, dem grössten katholischen Land, hatte sich in der Nähe von Recife ein tragisches Verbrechen zugetragen. Ein Stiefvater hatte über Jahre hinweg die beiden Töchter der Famile missbraucht und vergewaltigt, eine davon bereits mit 5 Jahren. Nun war die zu diesem Zeitpunkt 9 Jahre alte andere Tochter schwanger geworden - und zwar mit Zwillingen. Die Ärzte stellten fest, das junge Mädchen, das 36 Kilo wog, könnte eine Zwillingsgebut schwerlich überstehen und gaben grünes Licht für eine Abtreibung (in Brasilien müssen in einem solchen Fall mehrere Ärzte zugezogen werden).

In Brasilien gibt es das absolute Verbot der Abtreibung, aber im Fall von Vergewaltigung und Lebensgefahr für die Mutter wird eine Ausnahme gemacht. So wurde also die Schwangerschaft legal unterbrochen. Das hätte keinerlei Schlagzeilen gemacht, denn es kommt öfters vor, aber dann meldete sich der katholische Bischof von Olinda und Recife zu Wort, Dom José Cardoso Sobrinho. Niemand hatte ihn zu diesem Fall befragt, aber er hatte das Bedürfnis, der Welt eine Lektion zu erteilen und verkündete im Bischofs-Ornat: Die Mutter des Mädchens und die Ärzte seien exkommuniziert, denn Abtreibung würde immer mit Exkommunikation bestraft.

Das führte allerdings nun zu einem empörten Aufschrei in Brasilien. Selbst knallharte Anhänger der katholischen Kirche sprachen von „Unverständnis“. Auch Präsident Lula, der selten die Gelegenheit zu einer populären Stellungnahme verstreichen lässt, verurteilte diese Exkommunikation. Noch empörter wurde die Reaktion, als der Bischof in einem Interview eiskalt erkärte, der Vergewaltiger, der ja verantwortlich war, werde nicht exkommniziert, denn auf die Vergewaltigung kleiner Kinder stünde nicht Exkommunikation, sehr wohl aber auf Abtreibung.

Deutlich wird, wie sehr der Bischof um das Mädchen besorgt war, als er in einem Interview deutlich machte, er wusste nicht einmal ihren Namen.

Der Kommentator eines grossen Internetportals in Brasilien empfahl der Mutter und den Ärzten sogar, eine Anzeige wegen übler Nachrede und einen Schadenersatzprozess wegen öffentlicher Verunglimpfung anzustrengen gegen den Bichof, denn interne Angelegenheiten der katholischen Kirche hätten nichts in der Öffentlichkeit zu suchen, wenn es sich nicht um kriminelle Delikte handelt.

Um das Mass voll zu machen, kam denn auch gleich der Vergleich des Holocaustes mit der Abtreibung von ihm, den wir auch in Deutschland sehr gut kennen: „Hitler wollte das jüdische Volk auslöschen und liess 6 Millionen töten. ... Und da werden wir schweigen, wenn 50 Millionen Abtreibungen in der ganzen Welt getätigt werden?“ sagte er in einem Interview mit dem Magazin „Veja“ mit Datum 18. März 2009. In diesem Interview betont er immer wieder, er habe ein gutes Gewissen, er habe völlig recht, würde alles noch einmal genauso machen und wer im Unrecht sei, wären seine Kritiker, denen er sogar pauschal unterstellt, ihn zu beleidigen. Irgendwie erinnert das an Honecker.

Er erklärte der erstaunten Welt auch, ein Mord zum Beispiel führe nicht zur Exkommunikation. Hätte also jemand das Kind oder die beiden Kinder in diesem Fall jeweils eine Minute nach ihrer Geburt ermordet, wäre er nicht exkommuniziert so wie bei der Abtreibung.

In der Sonntagsausgabe der Zeitung „Estado de Minas“ vom 15.3.09 schreibt dazu die katholische Kolumnistin Déa Januzzi in Beziehung auf die katholische Kirche und diesen Fall: „... einer Kirche, die tagtäglich unseren Glauben abtreibt, unsere Träume vergewaltigt, unsere Hoffnung exkommuniziert...“. Nachdem sie daran erinnert hat, dass der wichtigste brasilianische Bischof der Religion der Befreiung, Dom Helder Cámara, nach dem heute in jeder grösseren Stadt Brasiliens eine breite Avenida benannt ist, ebenfalls Bischof der Erzdiözese Olinda und Recife war und fragt, wo dessen Geist geblieben ist, kommt sie wieder auf die Kirche zurück: „...eine Kirche fern dem tagtäglichen Leben in unserem Land, die den Gebrauch von Präservativen verurteilt, die Pille, die Abtreibung, aber ganz natürlich die Pädophilie seiner Priester akzeptiert...“

Corcovado von Botafogo aus

Aber auch diese Nachricht war schon wieder aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit verschwunden (jedenfalls ausserhalb Brasiliens), die ja längst mit den neuesten Sensationen gefüttert wurde, wie zum Beispiel einem Amoklauf – der kurz danach auch wieder der Vergessenheit anheimfällt.

Da scheint jemand in der katholischen Kirche verzweifelt nach einem Anlass gesucht zu haben, wie man wieder ins Licht der Öffentlichkeit finden könnte. Und siehe da – man wurde fündig! Man hat ja noch die "pädophilen" Priester, an die jene Kommentatorin erinnerte.

Da gibt es den deutschen Pfarrer W., der an drei seiner Einsatzorte (zuerst in Bamberg, dann in Limburg und schlieslich im oberfränkichen Städtchen Ebersdorf) sich an Jungen herangemacht hatte. In Ebersdorf konnte ihm die Vergewaltigung in insgesamt 13 Fällen von Sebastian Cionoiu, damals 8 Jahr alt, und zwei weiteren Jungen nachgewiesen werden, der älteste elf Jahr alt.

Die katholische Kirche zieht Pfarrer, denen „pädophile Neigungen“ zugesprochen werden, nicht aus dem öffentlichen Verkehr, sondern versetzt sie einfach in eine andere Diözese.

Pfarrer W. wurde zu zwei Jahren Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Die katholische Kirche bezahlte ihm den Gang durch alle Instanzen bis zum Bundesgerichtshof, aber das Urteil hatte Bestand.

Oettinger Rede für Filbinger
Hier ein Photo der Rede des CDU-Ministerpräsidenten Oettinger beim Gedenkgottesdienst, abgehalten vom katholischen Bischof von Freiburg, für den Faschisten Filbinger

Sicherlich traumatische Erlebnisse für die drei Jungen, doch meistens kommt man über so etwas hinweg, wenn das nicht alles ständig wieder aufgewärmt wird.

Doch was nun geschah, lässt selbst einer kühlen Person das Blut in den Kopf steigen. Die katholische Kirche gab Pfarrer W. die Möglichkeit, zwei Detektive zu engagieren. Die schickte er nun zu den Familien der drei vergewaltigten Jungen, um diese zu veranlassen, die damaligen Aussagen zu widerrufen. Man würde ihnen „dringend dazu raten“.

Die Detektive deuteten dabei an, die drei Jungen hätten gelogen. Pfarrer W. hat inzwischen auch die Mittel und einen Rechtsanwalt, um eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu versuchen.

Auf Anfrage gab die Kirche keine Auskunft, warum man den Pfarrer immer noch in seinem Priesterberuf belässt und warum man ihm diese Mittel zur Verfügung stellt.

Besonders ruft die Tatsache die Aufmerksamkeit hervor, dass die Detektive den Aufenthaltsort der Familien der beiden anderen Jungen wussten, die nicht mehr in Ebersdorf wohnen. Gibt es da heimliche Verbindungen der Kirche zu Staatsanwaltschaft und/oder Polizei, über die illegalerweise Adressen heraussickern?

Angesichts all dieser Kirchen-Skandale fragte eine Nonne hier in Brasilien allen Ernstes, ob der Papst nicht vielleicht der Anti-Christ sei, dessen Erscheinen in der Bibel vor dem Weltuntergang vorausgesagt ist.


Veröffentlicht am 17. März 2009 in der Berliner Umschau

Montag, 16. März 2009

Vizepräsident Bidens Rede wurde zensiert

Union auf dem Weg zu einem Bush-Staat

Von Karl Weiss


Wie erst jetzt bekannt wurde, hat man bei der Berichterstattung offenbar auf Druck der Bundesregierung das eine der beiden wesentlichen Probleme unterschlagen, das der US-Vizepräsident Biden bei seiner Rede auf der Münchener „Sicherheitskonferenz“ ansprach. Vor dem Afghanistan-Problem nannte er das Problem des Friedens im Nahen Osten. Doch weder Steinmeier benannte dies erste Problem in seinen Aussagen zur Rede Bidens noch wurde dieser Teil im Ersten oder Zweiten Fernsehen genannt, die beide über Bidens Rede berichtet hatten.

Meseberg-Tagung Bundesregierung

Es war schon im Vorfeld der Münchener Sicherheitskonferenz aufgefallen, dass man dort nur Hardliner der extremistischen Sorte sehen wollte. Von der neuen US-Administration war niemand eingeladen, dafür aber die beiden ultrakonservativen Kissinger und John McCain. Präsident Obama ließ es aber nicht zu, dass die knallharten Heil-Schreier unter sich blieben, sondern schickte einfach seinen Vize, was die Organisatoren natürlich zähneknirschend hinnehmen mussten.

Damit wird immer deutlicher und klarer, wes Geistes Kind die Organisatoren und Maulhelden der „Sicherheitskonferenz“ sind, die da jährlich in München stattfindet und von Legionen von Polizisten weiträumig umstellt wird, damit nur ja kein Demonstrant sich auf mehr als zwei Kilometer annähert.

Biden hatte nämlich ausdrücklich die Notwendigkeit eines Friedensschlusses zwischen Israel und den Palästinensern als erstes und wichtigstes Problem der internationalen Sicherheitspolitik genannt.

Doch es ist klar, die Veranstalter der Konferenz und mit ihnen die Bundesregierung und vor allem die Union finden alles viel besser so wie es jetzt ist: Die Palästinenser sind der überlegenen militärischen Macht der Zionisten hilflos ausgeliefert und werden nach Belieben abgeschlachtet. Hätten sie einen Friedensschluss, einen eigenen Staat, könnten sie die UN anrufen und anderes für Israel Unangenehme tun. Frau Merkel spricht deshalb auch nie vom Frieden im Nahen Osten (oder wenn, dann in irgendwelchen Visionen in ferner Zukunft), sondern immer nur vom engen Verhältnis mit Israel.

Palestina land loss

Merke: Die deutsche Bundesregierung hat sich nicht mit dem Wechsel in den USA abgefunden. Sie will eine reine Appeasementpolitik gegenüber Israel, auf keinen Fall Druck auf Israel ausüben, um einer Friedenslösung zuzustimmen. Jede noch so grausame Schlächterei Israels soll abgesegnet werden.

Während Frau Merkel mit Bush extrem intim war und immer dessen Irak-Krieg verteidigt hat, ungeachtet, dass die als Grund genannten Massenvernichtungswaffen nicht existierten, ist die Distanz zu Obama und allem, für was die Demokraten in den USA stehen, immens. Wir verlieren hier in Deutschland manchmal die extremistischen Positionen etwas aus den Augen, für die CDU und CSU stehen, doch das kann gefährlich sein.

Barack Obama

Diese Parteien, angeblich christlich, stehen für den Überwachungsstaat, den Obrigkeitsstaat, für den Übergang zur autoritären Diktatur und für die schleichende Abschaffung aller bürgerlichen (demokratischen) Rechte, das geht weit über die Rolle hinaus, die in der Vergangenheit konservative Parteien hatten. Wer genauer wissen will, was das bedeutet, der muss sich nur ansehen, was Frau Merkels Busenfreund Bush in den USA während seiner 8-jährigen Amtszeit getan hat.

Frau Merkel hat dies bereits deutlich gesagt in ihrer programmatischen Rede zum 60-jährigen Bestehen der CDU. Sie sagte klar und deutlich, wir haben keinen Anspruch mehr auf den Sozialstaat und die Demokratie (siehe diesen Artikel hierzu: „CDU: Kein Anspruch mehr auf Demokratie und soziale Marktwirtschaft!“)

Was wäre zum Beispiel die Position einer konservativen Partei zu den Turbo-Kapitalismus-Vorstellungen der deutschen Banken gewesen, die ganz öffentlich erklärten (Ackermann), 25% Rendite über Kapital sei das mindeste, was man jährlich anstrebe (jetzt vergangene Woche hat er das bereits erneut verlauten lassen). Eine wert-konservative Partei hätte solche Sprüche mit Vehemenz zurückgewiesen und die Werte des „ehrlichen Kaufmanns“ verteidigt. Wenn in der produktiven Sparte maximal 10% pro Jahr über Kapital erzielt werden kann (wenn man nur die Produktion selbst zählt), meistens weniger, können solche 25%-Ansprüche nur aus Spekulationen erwachsen und Banken dürfen nach konservativer Ansicht nicht zu Spielhallen werden.

Doch was war die Reaktion vor wenigen Jahren, als Ackermann sein 25% verkündigte, nicht ohne gleichzeitig Tausende von Entlassungen anzukündigen? Nicht eine einzige Stimme aus der Union wies ihn zurecht!

Wachen wir also auf aus unsren Träumen, die die Union immer noch als konservative Partei ansehen, die noch nicht begriffen haben was vorgeht. Man weiss sehr wohl, was man mit uns vorhat und weiss, wir werden uns das nicht so einfach gefallen lassen und bereitet sich schon auf die Unterdrückung des Widerstands vor.

Nehmen wir die beiden neuen Versammlungsgesetze ernst, die in Bayern bereits von der damals noch absoluten Mehrheit der CSU beschlossen worden war und die völlig unbeirrt von der einstweiligen Verfügung des Bundesverfassungsgerichts dagegen in Baden-Württemberg fast im gleichen Wortlaut weiter verfolgt werden: Bereits zwei sind eine Versammlung und dagegen kann man vorgehen und bekommt dann vor Gericht auch noch recht! Das ist, was die Union mit uns vorhat!

Beckstein

Nehmen wir ernst, was uns kürzlich kalt lächelnd verkündet wurde: Der BND überwacht bereits seit Jahren 2500 Personen mit dem Bundes-Trojaner, darunter Deutsche im Ausland. Man gibt schlicht und einfach einen feuchten Kehricht auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts. Man lässt sie einfach links liegen! Bundestrojaner nur in wenigen, fest umrissenen Fällen? Lächerlich! Wir machen, was wir wollen!

Genau das Gleiche, was Bush in den USA getan hat. Er hat keineswegs seine Praxis des Abhörens von jedem, der eventuell als Dissident taugt, dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt. Er hat es einfach gemacht! Wenn jemand dagegen klagen wollte, hat er ‚Sicherheitsinteressen der Vereinigte Staaten’ vorgegeben, warum darüber nicht geurteilt werden darf.

Wir dürfen sicher sein, Schäuble wird es genauso machen!

Nun, was können wir gegen deren Pläne machen? SPD, Grüne oder FDP wählen? Das wird nichts nützen. Die Grünen habe eben in Hamburg bewiesen: Sie schlucken jede, aber auch jede Kröte für ein paar Senatoren-(Minister)-Posten. Sogar ein neues Kohlekraftwerk in Hamburg haben sie abgesegnet!

Und die SPD? Deshalb ist es so wichtig, genau anzusehen, was mit den wesentlichen Aussagen Vize-Präsident Bidens auf der Münchener „Sicherheitskonferenz“ geschah. Sehen Sie oben noch einmal nach. Steinmeier? Genau, Steinmeier! Der aufgeblasenen Kanzlerkandidat der SPD hat das dreckige Spiel des Unterdrückens der Aussage Bidens mitgemacht! Also auch die SPD wird dieser Politik der Union nichts entgegensetzen.

SPD Oktober 2007

Und die FDP? War die nicht vor einigen Jahren mit Leuten wie Frau Leutheusser-Schnarrenberger und Herrn Baum eine Art von Garant der bürgerlichen Rechte in der Bundesrepublik? War! Betonung liegt auf ‚war’!

Heute hat ein Baum Probleme, nicht aus der FDP ausgeschlossen zu werden. Man sehe sich nur an, was die FDP in Bayern gemacht hat, als die CSU dort die absolute Mehrheit verlor und auf die Hilfe der Liberalen angewiesen waren: Das ganz kurz vor den Wahlen verabschiedete Versammlungsrecht (ja, das mit dem „Zwei sind schon Versammlung“) akzeptierte man kampflos. Die FDP hat also nichts mehr mit bürgerlichen Rechten am Hut. Man will vielmehr Steigbügelhalter der Unions-Ambitionen sein.

Nur eins hilft gegen den Stasi-, Überwachungs- , Bundestrojaner-, Internet-Sperren-, Terroristengefahr- und Polizeistaat-Wahn: Wir auf der Straße. Nichts davon darf durchgehen ohne Massendemonstrationen! Sie müssen mit großen Mengen von Demonstranten konfrontiert werden! Sie werden dann den Rhythmus des Rechte-Abbaus verlangsamen müssen, um den Demonstrationen nicht weitere Nahrung zu geben und wir gewinnen Zeit, um uns untrennbar zusammenzuschließen, um letztendlich jenes ganze Pack zum Teufel zu jagen!


Veröffentlicht am 16. März 2009 in der Berliner Umschau

Dienstag, 10. März 2009

Wie die Gewissheiten in der Krise verschwinden

Die Flexibilität – einer der Götzen des (Neo)-Liberalismus

Von Karl Weiss

Wie gründlich jetzt mit dem Einmaleins eines jeglichen bürgerlichen Ökonomen aufgeräumt wird, ist atemberaubend. Man möchte fast meinen, die Krise wurde nur erfunden, um die Ökonomie-Schlaumeier mit dem Kopf gegen die Wand zu stoßen. Nicht dass dies einen Westerwelle irgendwie beeindrucken würde. Der schnurrt immer noch seine auswendig gelernten Sprüchlein herunter, so als ob nichts geschehen wäre.

Statistik Reallöhne

Diese Flexibilisierung, auch Flexibilisierung der Arbeit genannt, war Hauptbestandteil, eigentlich sogar der wesentlichste Bestandteil all jener wirtschaftspolitischen Ansätze, die oft als Liberalismus oder Neo-Liberalismus bezeichnet wurden, aber auch unter Marktradikalismus lief, bzw. die Namen der jeweiligen Protagonisten erhielt: ' Thatcherism' und 'Reagenomics'. Die Ökonomen selbst bevorzugten diese Maßnahmen am liebsten verniedlichend „angebotsorientierte Wirtschaftspolitik“ zu nennen.

Jetzt lehrt uns ein Wirtschaftsprofessor – es gibt also auch noch lernfähige – in einem Gastkommentar in der „Financial Times Deutschland“, wieso die Anbetung des Götzen „Flexibilisierung“ sich jetzt als so falsch herausstellt.

Der Professor der Ökonomie an der Universität Leuven mit dem Namen Paul de Grauwe hat das Erfolgsrezept „Flexibilisierung“ jetzt in der Krise unter die Lupe genommen und siehe: Es ist kontraproduktiv.

Er schreibt: „Wirtschaftlich erfolgreich waren Länder, die beim Warenverkehr und auf dem Arbeitsmarkt Flexibilität zuließen. Es winkte rasches Wachstum, wenn sie zuließen, dass Unternehmen ohne Einschränkung einstellen und entlassen konnten, und wenn Lohnvereinbarungen rasch der aktuellen Konjunkturlage entsprechend nach oben oder unten korrigiert werden konnten. Ökonomen entwickelten Wachstumsmodelle, die die Notwendigkeit der Flexibilität hervorhoben. Länder mit starren Regulierungen von Arbeitsmarkt und Warenhandel wurden von internationalen Organisationen angeprangert und zu "Strukturreformen" aufgefordert. Ganz fasziniert reagierte die Europäische Kommission auf die Idee der Flexibilität. Sie entwarf die Lissabon-Strategie mit dem Ziel, die EU in eine flexible Volkswirtschaft zu verwandeln. Großes Vorbild waren die USA. Dank ihrer Flexibilität galt Amerika als Land mit einem höher entwickelten Wirtschaftsmodell.“

Doch nun, in der Krise, wird die Wahrheit ans Tageslicht gebracht: Ursache des Problems ist, man hat so viele billige Kredite angeboten und nun sind viel Leute verschuldet, haben ein Auto auf Pump gekauft oder anderes. Auch Unternehmen und Banken konnten extrem leicht an scheinbar extrem billiges Geld kommen. Er sagt:

„Weisen Haushalte und Unternehmen (dazu zählen auch Banken) übermäßig hohe Schulden auf, müssen sie Vermögenswerte verkaufen. Die Preise für Vermögenswerte fallen, was Liquiditätsprobleme an anderen Stellen des Systems verschärft. Firmen sind gezwungen, Mitarbeiter zu entlassen und/oder Gehälter zu kürzen. Als Folge sehen sich noch weniger Haushalte imstande, ihre Schulden zu bedienen. In einer Schuldendeflation wird der Schuldendienst der einen also dadurch erschwert, dass andere sich bemühen, ihren Schuldendienst aufrechtzuerhalten. Ursache des Problems ist der Umstand, dass das Schuldenniveau eine feste nominelle Variable ist. Muss ein Verbraucher eine Hypothek von 400.000 $ abtragen, steht diese Rückzahlungsdrohung unabhängig vom Wert seines Vermögens oder seiner Einkünfte im Raum. Das Problem bei der Schuldendeflation ist also, dass man eine starre Variable hat (den Wert der Schulden), während so viele andere Faktoren (Vermögenswert, Einkünfte, Arbeitsverhältnis) flexibel sind. Je flexibler diese Variablen, desto teuflischer gestaltet sich die Eigendynamik der Schuldendeflation und desto schwieriger wird es, die Wirtschaft aus dieser Lage herauszumanövrieren.“

Hören Sie, Herr Westerwelle? "Teuflischer!"

Wahrend sich die Flexibilisierung für fast alle bürgerliche Ökonomen als wesentliche Bedingung einer erfolgreichen Volkswirtschaft darstellte, ist sie nun, in der Krise, zu einem Instrument geworden, das die Krise vertieft, den Abschwung beschleunigt, die Krisendauer verlängert.

In Deutschland wurde die Flexibilisierung durch die SPD-Grüne-Koalition eingeführt und als hauptsächliche Leitlinie verteidigt und von den christlichen und liberalen Politikern kommentiert: „Endlich sehen die es auch ein“. Wer falsch lag, waren alle vier.

Es stellte sich heraus, man musste die deutschen Entlassungsregulierungen gar nicht verändern. Man brauchte nur das Verbot der Ketten-Arbeitsverträge mit begrenzter Dauer aufheben, die Leiharbeit freigeben und dann auf das alles noch Hartz IV setzen. Fertig war das am meisten flexibilisierte Land unter allen großen Volkswirtschaften. Denn in Deutschland gab es ja keinen Mindestlohn wie in den USA, wie in Großbritannien, wie in Frankreich, wie in Japan. Der war vorher auch gar nicht nötig gewesen, denn die Regelungen der Arbeitslosenhilfe begrenzten automatisch die Beschäftigungen mit geringer Bezahlung, denn niemand konnte zum Annehmen eines Arbeitsplatzes gezwungen werden, der nicht seiner Qualifikation entsprach.

Nun aber, mit den neuen Flexibilisierungsregeln, wurde das Fehlen des Mindestlohns zu einer Lohndumping-Spirale, die sich bis heute fortsetzt. Stundenlöhne von 5, von 4 und von 3 Euro verbreiteten sich, ganz zu schweigen von den vielen einfachen Arbeiten, die nun zu Ein-Euro-Jobs wurden.

Das hatte ab etwa 2003 begonnen und wurde zu einer Epidemie ab Januar 2005 mit der Einführung von Hartz IV. Es gelang den Flexibilisierern, Deutschland fast schlagartig zum Flexibilisierungsweltmeister zu machen. Man sehe sich nur die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung an: Exakt ab Januar 2005 gehen die Reallöhne pro Kopf rasant zurück, während genau ab diesem Zeitpunkt die Einkommen aus Vermögen und Unternehmen beginnen, noch steiler anzusteigen.

Deutschland: Statistik von 2000 bis 2007 über BIP, Lohn, Konsum und Vermögenseinnahmen
Hier kann man genau verfolgen, wie die Krise vorbereitet wurde: Seit 2002 beginnt die Produktivität zu steigen und mit ihr die Unternehmens- und Vermögenseinkommen, denn nichts von dieser Produktivität wurde an die weitergegeben, die sie auf den Schultern trugen. Dann, ab Januar 2005, griff die Flexibilisierung vollständig, die Reallöhne sinken und die Unternehmens- und Vermögendseinkommen gehen ins astronomische. Dies Ungleichgewicht musste zur Krise führen.

Fast keine neuen Arbeitsverhältnisse wurden mehr auf normaler Grundlage angeboten. Fast alle waren Teilzeit oder Zeitarbeit oder prekäre Arbeitsverhältnisse oder sogar Ein-Euro-Jobs. Damit war die größte Umverteilungsmaschinerie in der Geschichte Deutschlands vom kleinen Mann zu den Gross-Unternehmen und Superreichen in Gang gesetzt worden.

Genau damit legte man die Grundlage zur jetzigen Wirtschafts- und Finanzkrise. Einerseits wurde mit diesen Maßnahmen, die ja auch in anderen Ländern in ähnlicher Form, wenn auch nicht so extrem, eingeführt wurden, die Massenkaufkraft in massiver Form verringert. Dies ist der hauptsächliche Grund der jetzigen Überproduktionskrise auf der ökonomischen Seite: Die Massen haben nicht mehr das Geld, alle produzierten Güter zu kaufen. Es muss in der kapitalistischen Krise gesetzmässig Produktionskapital vernichtet werden, d.h. Schließen von Werken und Werksteilen.

Auf der anderen Seite hat man damit den Vermögenden die Geldmittel zugeschanzt, die Basis der jetzigen Finanzkrise sind, welche der Krise erst zu ihrem wahren Umfang verhilft. Die Unternehmen und die Privatvermögen der Superreichen wurden so aufgeblasen, dass sie verzweifelt um Anlagemöglichkeiten kämpfen mussten. Ein Anlegen in neuen Produktionskapazitäten war ja nicht möglich, denn die Menschen hatten schon so wenig Geld, dass jede weitere Aufblähung der Produktionskapazitäten zum Beginn der Überproduktionskrise geführt hatte. Da fanden sie scheinbar einen Ausweg: Man konnte extrem billige Kredite in den Markt pumpen undd sich dadurch Zinsen sichern. Die Leute, die Unternehmen, die Staaten und die Banken würden damit kaufen, was sie sich gar nicht leisten können (und man bekäme Zinsen) – und die Überproduktionskrise würde hinausgeschoben.

Deutschland: Brutto-Inlandsprodukt, Einkommen, Renten, Prozent gegen Vorjahr, bis 2008

Und da ist sie, die Falle der Flexibilisierung: Die Schulden, die sich aufhäuften und von denen man wissen konnte, sie würden nicht zahlbar sein, waren nicht flexibel wie der Arbeitsmarkt. Mit großen Crashs wie der Pleite Islands, der von Lehman Brothers und den faktischen Pleiten von Fannie Mae und Freddie Mac begann die Finanzkrise, die nichts anderes ist als eine Krise platzender Kredite.

Nun haben wir also beides auf einmal – und aufgestaut bis zum geht nicht mehr. Die Finanzkrise und die Wirtschaftskrise, die ineinander übergehen, die sich gegenseitig hochschaukeln und die bisher noch nicht den geringsten Eindruck machen, die Abschwunggeschwindigkeit zu verringern.

Und alles soll auf unserem Rücken abgeladen werden. Die Banken, die Staaten, die eigentlich pleite sind, alles sollen wir „retten“ mit unserem Geld und zusätzlich sollen wir die Arbeit verlieren und dann auch noch als Sozialschmarotzer bezeichnet werden.

Die Frage ist nur: Wollen wir uns das gefallen lassen ? Wollen wir sie weiterhin unser Blut saugen lassen und auch noch gute Miene zum bösen Spiel machen? Wollen wir weiterhin alles bezahlen, was sie verursachen? Oder sollten wir sie nicht zum Teufel jagen und den echten Sozialismus errichten, in dem wir das Sagen haben?


Veröffentlicht am 10. März 2009 in der Berliner Umschau

Montag, 9. März 2009

Ein Schuss ins Knie

Abwrackprämie als Entwicklungshilfe

Von Karl Weiss

Die Bundesregierung und eine Anzahl von ihr wohl gesonnenen Ökonomen und sonstige Nachbeter feiern die Abwrackprämie als „extrem effektiv“. Das stimmt, nur nicht in dem Sinne, wie sie eigentlich „verkauft“ worden war, als Stimulans für die deutsche Ökonomie. Die Abwrackprämie geht fast vollständig in ausländische Taschen.

VW Brasilien Autohalde

Tatsächlich lag die Zahl der PKW-Zulassungen im Februar weit höher als vorher, ja sogar 21% höher als im Februar des Vorjahres. Ein wesentlicher Teil der Abwrackprämie ist bereits genutzt bzw. gebucht. Nur verteilt sich dieser bemerkenswerte Anstieg von Zulassungen nur mit einem Plus von 9% auf deutsche Automarken, während ausländische Marken um 48% zulegen konnten.

Nimmt man den Januar und den Februar zusammen, haben deutsche Automarken weiterhin ein Minus zu verzeichnen, wenn auch nur von 2%, während ausländische Marken ein Plus von 17% gegen den Vorjahreszeitraum aufweisen.

Soweit überhaupt Autos deutscher Marken über die Abwrackprämie gekauft wurden, handelt es sich fast ausschließlich um die kleinen Modelle von Volkswagen, den Fox und den Polo und die kleinen Modelle von Opel. Da kommt aber noch ein Pferdefuss zum Vorschein, denn der Fox und der Polo werden gar nicht in Deutschland gebaut.

Ford Trucks in Detroit auf Halde

Warum das Ganze? Nun, das ist einfach logisch. Wer ein 9 Jahre altes Auto hat (oder sogar noch älter), ist nur in Ausnahmefällen ein Käufer von BMWs, Mercedes, Audis, Porsches oder auch eines der großen Autos von VW, Ford oder Opel, der ist vielmehr ein typischer Käufer von kleinen und/oder billigen Wagen, wie die Dacias, wie die kleinen Fiats, Renaults oder eben auch der kleineren Autos von VW, Ford oder Opel. Dazu kommt der Effekt: Wenn jemand ein Auto für 60 000 Euro kaufen will, macht ein Betrag von 2500 Euros fast nichts aus, bei einem Dacia Logan dagegen ist das ein wesentlicher Teil des Kaufpreises.

Ja, 2 und 2 ist 4, nicht wahr? Nur schade, dass die Bundesregierung nicht einmal das kleine Einmaleins beherrscht.

Nun haben wir natürlich absolut nichts dagegen, dass unsere Kumpel in Rumänien nun ein ausgelastetes Werk haben und – jedenfalls für den Moment – gesicherte Arbeitsplätze. Genausowenig beschweren wir uns, dass unsere alten Bekannten in den Fiat-Werken in Italien und den Renault-Werken in Frankreich eine Zeit lang ihre Arbeitsplätze behalten können.

Toyota Autohalde auf dem Kalifornien Terminal

Nur hatte die Bundesregierung vergessen zu erwähnen, dass sie die Abwrackprämie als Hilfe für unterentwickelte EU-Länder konzipiert hat. Nun, die Bundesregierung hat uns ja schon mit ihrer Flexibilisierung einen Schuss ins Knie verpasst, da wundert man sich kaum über diesen erneuten.

Dazu kommt, die Zahlen der KFZ-Zulassungsstatistik täuschen nicht nur bezüglich des Ursprungs der Autos. Sie täuschen auch über den wirklichen Einbruch der KFZ-Produktion hinweg. Die deutsche Autoindustrie lebt nämlich zu drei Vierteln vom Export. Der aber ist um 51% katastrophal eingebrochen im Februar gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Daher ist auch die deutsche Autoproduktion um 47% gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen.

Während der Februar also einen deutlichen Anstieg der Fahrzeugzulassungen verzeichnet in Deutschland, ist die Produktion in katastrophaler Weise zurückgegangen. Fast alle Fabriken sind in Kurzarbeit. Und nun sagen Sie nicht, die Wahnsinnigen in den Vorstandsetagen der deutschen Auto-Konzerne und die deutschen allseits geliebten Politiker könnten nichts dafür.


Veröffentlicht am 9. März 2009 in der Berliner Umschau


Zusatz zum Artikel

Ein Bekannter von mir kritisiert diesen Artikel folgendermassen: "Der Artikel "Ein Schuss ins Knie" hat nicht das sonst bei dir übliche Niveau. Du kritisierst zwar die Abwrackprämie zu Recht, aber nur unter einem Nebenaspekt: Weil im wesentlichen Arbeitsplätze im Ausland (zeitweilig) gerettet werden. Das zielt viel zu kurz. Die Abwrackprämie schafft ja überhaupt kein zusätzliche Kaufkraft, kann also nichts gegen die Krise ausrichten Vor allem aber: Wenn sie ausläuf, wird die Autoindustrie in ein tiefes Loch allen, weil ja im grunde nur eine Anschaffung vorgezogen wurde.

Im Kern macht die Abwrackprämie alle ärmer. Les mal den Artikel dazu in der FTD:"

http://www.ftd.de/meinung/kommentare/:Gastkommentar-Abwracken-macht-arm/493091.html?p=1

Er hat recht. Ich hätte die Sache besser durchdenken müssen. Wer Lust hat, kann ja mal beim Link nachlesen.

Samstag, 7. März 2009

Drecksau!

Liedertext, aus dem Baierischen übersetzt

Drecksau!
Text: Hans Söllner - http://soellner-hans.de

Text eines Liedes des baierischen Volkssängers Hans Soellner, übersetzt von Karl Weiss. (Bei der Übersetzung ist leider meistens der Reim verlorengegangen, aber ich bin nicht in der Lage neu zu dichten.)

Er hat versucht, etwas zu erzählen in seiner eigenen Sprache

Seinen Glauben hat er uns erklärt, keiner hat ihm was geglaubt

Für ihn war Freiheit mehr als hingehen, wo man will

Zu bleiben können wo er ist, hätt ihm ausgereicht jeden Tag

Kinder werden wir brauchen, die sich freuen

und schöne Hände,

die stets schön bleiben werden, weil mans nichts anderes kennt

Harte Worte, harte Taten, Hoffnung wird Betrug

dass irgendwann mal einer kommt, der Dankeschön zu dir sagt

Freiheit für Palästina, keine Morde mehr im heiligen Land

Freiheit für ihre Herkunft, für ihren Verstand

Es gibt keine schönen Worte für Grausamkeit und Mord

Ein Nazi bleibt ein Nazi, egal an welchem Ort

Die Tränen jener Kurdin sind genauso nass wie die von dem,

der in unserem Land die Bomben baut, durch die ihre Kinder sterben

Passt auf eure Kinder auf, ihr habt sie nur einmal

Passt auf euere Alten auf – so schnell sind sie alt

Aber ne Drecksau bleibt ne Drecksau, egal wo sie herkommt
Ne Drecksau bleibt ne Drecksau, ob Staatsanwalt oder Präsident
Ne Drecksau bleibt ne Drecksau, Namen sind egal:
Hitler, Bush, Blair – international!
Hitler, Bush, Blair – international!

Du redest gern im Vorbeigehn und du redest gern die ganze Zeit

Du redest gern über die Liebe und du redest gern über die Leut

Ich rede gern von meiner Freiheit, weil ich weiss, dass‘s keine gibt

Ich wäre beinah so geworden wie du, ich habs grad noch überlebt

Was sind schöne Worte, wenns keine Schönheit mehr gibt

Ausser in Gedanken – an eine Liebe, die dich liebt

Ausser in einer Sprache – dies so still ist, dass mans hört

Vergib ihnen ihre Dummheit, sie wissen nicht, was sie tun

Aber ne Drecksau bleibt ne Drecksau, egal wo sie herkommt
Ne Drecksau bleibt ne Drecksau, ob Staatsanwalt oder Präsident
Ne Drecksau bleibt ne Drecksau, Namen sind egal:
Hitler, Bush, Blair – international!
Hitler, Bush, Blair – international!

Er hat versucht, etwas zu erzählen in seiner eigenen Sprache

Seinen Glauben hat er uns erklärt, keiner hat ihm was geglaubt

Für ihn war Freiheit mehr als hingehen, wo man will

Zu bleiben können wo er ist, hätt ihm ausgereicht jeden Tag

Kinder werden wir brauchen, die sich freuen

und schöne Hände,

die stets schön bleiben werden, weil mans nichts anderes kennt

Harte Worte, harte Taten, Hoffnung wird Betrug

dass irgendwann mal einer kommt, der Dankeschön zu dir sagt

Aber ne Drecksau bleibt ne Drecksau, egal wo sie herkommt
Ne Drecksau bleibt ne Drecksau, ob Staatsanwalt oder Präsident
Ne Drecksau bleibt ne Drecksau, Namen sind egal:
Hitler, Bush, Blair – international!
Hitler, Bush, Blair – international!

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