Freitag, 30. April 2010

Erneutes Wetterleuchten: Die Epoche des Rohstoff-Mangels zieht herauf

Molybdän, Kobalt und Niob, Wolfram, Vanadium und Chrom

Von Karl Weiss

Da das kapitalistische System grundsätzlich und vom Prinzip her ein System des Raubbaus sein muss, wird es an seinem Ende unweigerlich zur Knappheit von Rohstoffen kommen. Ja, es ist denkbar, dass sein Ende dadurch beschleunigt wird. Die ersten Anzeichen werden nun deutlich: Molybdän und Kobalt wurden als Future-Titel an den Rohstoffbörsen eingeführt. Damit ist der Spekulation mit diesen Metallen Tür und Tor geöffnet und es wird wohl nicht lange dauern, bis deren Preise in die Höhe schießen.

Erdöl 1

Nun sind Molybdän und Kobalt, beide in der Eisen- und Stahlindustrie unabdingbar, keineswegs die einzigen, auf die man schon spekulieren kann. Aluminium, Blei, Kupfer, Nickel, Zink und Zinn kann man ebenfalls bereits als „Future“ kaufen bzw. verkaufen (obwohl man es noch gar nicht hat). Allerdings sind diese Metalle zum größten Teil noch in genügenden Mengen auf dem Markt. Kupfer allerdings hat eine große Hausse erlebt und kostet heute fast soviel wie Silber. Auch die nächsten Kandidaten für die Einführung in Rohstoffbörsen wurden bereits genannt: Wolfram, Vanadium und Chrom.

Das Einführen von Rohstoffen an Börsen hat im Prinzip keinen praktischen Wert für die Welt außerhalb der Finanztitel. Die meisten Kontrakte über Käufe von Rohstoffen in bedeutenden Mengen werden unter großen Firmen direkt verhandelt und abgeschlossen. Die Mengen, die an den Börsen in Form der Rohstoffe gehandelt und dann anschließend wirklich verschifft werden, sind gering. An den Rohstoffbörsen wird vielmehr eine Art von Spielcasino betrieben.

Aufgrund von Kauf- und Verkaufsaufträgen wird täglich ein mittlerer Preis ermittelt, der dann nach außen hin als Preis für diesen Rohstoff ausgegeben wird. Diese Preise sind aber fast immer deutlich höher als jene, die man beim Kauf von größeren Mengen im direkten Kontakt mit den Anbietern wirklich zahlen muss.

Das ändert sich allerdings, wenn wirklich eine Situation der Verknappung eintritt. Dann sorgt die Tatsache, dass der Rohstoff an der Börse gehandelt wird, für einen heftigen Anstieg der Preise und wirkt sich auch auf die großen Kontrakte aus. Ein typisches Beispiel war die Verknappung des Erdöls im Sommer 2008, die zu Preisen von über 150 Dollar pro Barrel Erdöl führten.

Erdöl

Doch, warum ist das kapitalistische System grundsätzlich eines des Raubbaus? Weil im Kapitalismus niemand je die Gesamtrechnung aufmacht, ja es ist verpönt, dies zu tun. Der Kapitalist rechnet immer nur in Form der Kosten und des Profits für seine Fabrik(en), niemals über die Frage, ob jener Rohstoff bald zu Ende geht oder nicht. Würde er zum Beispiel Konsequenzen ziehen und einen bestimmten Rohstoff durch einen andren, teureren, der zur Genüge vorhanden ist, zu ersetzen, geriete er sofort in einen Wettbewerbsnachteil und würde von der Konkurrenz überholt.

Nur die Regierungen könnten im Kapitalismus auf internationalen Konferenzen Regeln festlegen, die ein vernünftiges Haushalten mit Rohstoffen beinhalten. Aber, wie jeder weiß, die Regierungen laufen ja gerade am Gängelband jener Konzerne und werden den Teufel tun, ihnen Zügel anzulegen. „Unnötige Bürokratie!“ tönt es da. Die internationalen Konferenz über die drohende Klimakatastrophe völlig ohne Ergebnis in Kopenhagen im Dezember spricht Bände.

Und so fährt denn der Kapitalismus sehenden Auges gegen die Wand.

Der Bürger-Journalist hatte kürzlich Gelegenheit, sich eine dieser Fragen aus der Nähe anzusehen beim Besuch von einer von drei Niob-Minen weltweit, hier im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais. Niob ist ein Metall, das im Moment für bestimme Anwendungen in der Elektronik unabdingbar ist. Es wird aber in großen Mengen (groß in Relation zum Vorkommen) für bestimmte Metall-Legierungen verwendet, deren Eigenschaften sich auch anders herstellen ließen, nur eben teurer (bisher noch).

So wird wohl bald auch Niob in die Rohstoffbörse aufgenommen werden und auch seine Preise in die Höhe gehen wie eine Rakete.

Das ganze Problem im Kapitalismus ist, es ist nicht möglich, ein vernünftiges Konzept des Recycling durchzusetzen, weil die Kosten angeblich zu hoch sind und sich daraus kein Profit gewinnen lässt. Wenn dann so ein Rohstoff bereits zu Ende geh, ist es zu spät.

So gehen weltweit fast alle Computer und Handys in den normalen Müll und werden dann in der Regel Müllverbrennungsanlagen zugeführt, damit zukünftige Generationen auch bestimmt nichts mehr zurückgewinnen können. Selbst jene elektronischen Abfälle, die getrennt gesammelt werden, trennt man nicht vollständig auf alle Rohstoffe hin und bringt sie zur Wiederverwendung, denn die Preise vieler Rohstoffe sind noch da im Keller und es „lohnt sich nicht“ (im kapitalistischen Sinne), sie zurückzugewinnen. Dies gilt im Moment auch noch für Niob.

Erst im Sozialismus werden wir konsequent und unabhängig von den Kosten alle benutzten Güter vollständig recyceln und der Wiederverwendung zuführen. Wie ein solches Recycling-Konzept aussehen kann, beschreibt dieses Dossier: „Dossier Totale Kreislaufwirtschaft, Teil 5, Kryo-Recycling statt Müllverbrennung


Veröffentlicht am 28. April 2010 in der Berliner Umschau

Donnerstag, 29. April 2010

‘…die Bürgerliche Gesellschaft in ihren Grundfesten zerstört...’

Aussagen eines FDP-Politikers

Von Karl Weiss

Ein FDP-Abgeordneter erklärt in klaren Worten, die drohende Inflation in wichtigen Industrie-Staaten könne „die Bürgerliche Gesellschaft (also den Kapitalismus) in ihren Grundfesten zerstören“. Im gleichen Interview sagte er auch, das jetzige Geldsystem stehe „nicht kurzfristig“ vor dem Zusammenbruch, will sagen längerfristig schon.

Westerwelle

Eigentlich wollte der Betreiber der Website mmnews vom FDP-Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler hauptsächlich etwas zur Griechenlandhilfe hören, die von ihm vehement abgelehnt wird, aber da kamen noch einige andere Aussagen zum Vorschein, die eigentlich kurios sind.

Zunächst erklärt er ganz schlicht, nicht viele seiner Kollegen hätten sich mit dem Geldsystem befasst. Kaum jemand kenne die wirklichen Ursachen der Krise. Über irgendwelche Nachhilfestunden, die er den Kollegen geben wolle, sagt er aber nichts.

Wie muss man sich das vorstellen? Er sitzt da ganz locker auf seinem Abgeordnetensitz im Bundestag, hört seinen Chef Westerwelle und dessen Chefin Merkel Unsinn reden und gluckst still in sich hinein?

Reichstag - Bundestag

Zum Thema Geldsystem befragt, einem Lieblingsthema der mmnews, erklärt er, er glaube nicht an einen kurzfristigen Zusammenbruch. Das beinhaltet ja wohl die Aussage, längerfristig sei ein solcher Zusammenbruch wahrscheinlich. Er weist in diesem Zusammenhang speziell auf das gegenwärtige Schaffen einer neuen Blase hin, die dann wieder korrigiert werden müsse, was beim nächsten Mal noch einschneidender sei als beim ersten Mal, also beim Beginn der Finanzkrise.

Dabei bezieht er sich offenbar darauf, dass die Banken weltweit bereits wieder neue Pakete von angeblich hochwertigen, in Wirklichkeit aber Ramsch-Wertpapieren an Anleger verkaufen, was in nicht allzu langer Zeit wieder auffliegen wird.

Bundestag - Reichstag

Dann kommt die Frage nach einer Währungsreform. Das bezieht sich also auf den Euro, denn eine andere Währung haben wir ja hier nicht. Auch hier kommt eine kurzfristig/längerfristig-Antwort: Kurzfristig werde es wohl kein Notwendigkeit einer Währungsreform geben, aber es müsse unbedingt die Verschuldung kontrolliert werden, sonst werde dies genau die Gefahr sein, also der Zusammenbruch des Euro als Währung, was dann zu einer oder mehreren Ersatzwährung führen würde.

Also, wie sollen wir das verstehen? Auf der Tribüne des Bundestags erklärt die FDP, die Krise sei schon überwunden und wir gehen herrlichen Zeiten entgegen, in denen die Bundesrepublik wieder Exportweltmeister sein wird - und am Pressetisch erklärt man, man wisse sehr wohl, dass alles zusammenbrechen wird, denn die Griechenlandhilfe ist ja nur ein Anfang und die Verschuldung wird immer mehr steigen – also meine Herren, was denn nun?

Pfau

Dann fragt der Interviewer, ob es denn eigentlich noch eine „Marktwirtschaft“ gäbe und der Abgeordnete erklärt in aller Offenheit:

„Wir haben keine Marktaustrittsmechanismen für den Bankenbereich wie für den staatlichen Bereich. Und das ist ein Dilemma. Der Staat ist durch dieses System erpressbar geworden – nicht nur durch Banken.“

Ja, das muss man sich auf der Zunge vergehen lassen. Lesen Sie das noch einmal ganz langsam durch!

Diebe unter uns

Also das mit Marktaustrittsmechanismen meint, weder die großen Banken dürfen pleite gehen, weil sie das ganze Finanzsystem mit sich reißen würden noch gibt es die Möglichkeit des Staates, seine Währung abzuwerten, wenn das notwendig ist, weil man im Euro zusammengebunden ist.

Und daraus ergibt sich „Erpressbarkeit“. Mit anderen Worten: Wer anschafft sind die Banken und anderen Großkonzerne und wer lediglich ausführen darf, ist der Staat. Das ist perfekt die Lenin’sche Imperialismustheorie vom Anfang des 20. Jahrhundert, die der FDP-Abgeordnete nun im 21. Jahrhundert endlich auch begriffen hat.

Karl Marx

Nun, die Herren FDP-Abgeordneten, wie wäre es Sie würden mal im Bundestag eine Rede halten und erklären, die Banken schaffen an und wir führen nur aus?

Doch damit ist die Lehrstunde noch nicht beendet. Hören Sie Originalton FDP-Abgeordneter (hier in indirekter Rede vom Interviewer):

„Eine mögliche Inflation würde die ganze Gesellschaft treffen. Unterm Strich führe das dazu, dass die bürgerliche Gesellschaft in ihren Fundamenten zerstört wird. Wenn die Politik den Weg der „Selbstreinigung“ nicht bereit ist zu gehen, dann wird es problematisch.“

Das ist schon wieder Lenin!

Auch er erklärte uns zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Die bürgerliche Gesellschaft kann ihre Probleme (hier: Inflation) ab einem bestimmten Moment nicht mehr lösen. Dann gibt es nur noch den Absturz in die Barbarei oder das, was der FDP-Mann „Selbstreinigung“ nennt. Lenin nennt das Revolution.

Wer hätte das gedacht? Wir sind schon so weit gekommen, dass uns ein FDP-Abgeordneter Lenin erklären muss.

Vielen Dank, mmnews und Herr Schäffler, für diese Lehrstunde. Wir werden uns das alles ganz genau überlegen müssen, nicht?


Veröffentlicht am 27. April 2010 in der Berliner Umschau

Montag, 26. April 2010

Rechtsfreier Raum Hamburg

Das BVG hat es ihnen um die Ohren geschlagen, aber die Hamburger Richter machen genauso weiter!

Von Karl Weiss

In Hamburg (und in einem Teil der Fälle auch in Berlin) werden über 90% der Prozesse geführt, die Internet-Seiten bestimmte Veröffentlichungen verbieten wollen. Sie bekommen fast immer recht, denn die Presserichter in Hamburg (und zum Teil in Berlin) urteilen konsequent und entgegen jeglicher tatsächlicher rechtlicher Würdigung für die scheinbar verletzten Persönlichkeitsrechte von mehr oder weniger „Prominenten“ und gegen das Recht auf Informations- und Pressefreiheit. Diese Zustände dauern bereits Jahre an, ohne dass es irgendjemand für nötig erachtet, da Einhalt zu gebieten.

Nun gibt es, fünf Jahre nach dem entsprechenden Prozess in Hamburg, ein Urteil des Obersten Gerichtes, des Bundesverfassungsgerichts (BVG), über eines jener typischen „Hamburger Urteile“, das an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lässt. Wie schon früher, weist das BVG die Ansicht zurück, die Informations- Meinungs- und Pressefreiheit müsse immer vor den Persönlichkeitsrechten von in Veröffentlichungen genannten Personen zurücktreten.

Die Verfassungsrichter schlagen der Hamburger Presse-Kammer die Argumente mit der mehrfachen Verwendung des Wortes „offensichtlich“ geradezu um die Ohren.

So gibt es im deutschen Rechtssystem Räume, nämlich Hamburg (und zum Teil Berlin) sowie das Internet, in dem die Rechte der freien Meinungsäußerung, der Informationsfreiheit und der Pressefreiheit nicht den gleichen Rang einnehmen wie im Rest der Republik.

Der konkrete Fall liegt bereits Jahre zurück und war lediglich eine Feuilleton-Geschichte. Bei einem Presse-Besuch in der Wohnung der damaligen Generalsekretärin der FDP, Cornelia Piper, zeigte die Politikerin den Reportern auch einige Pflanzen, die der 18-jährige Sohn züchtete und da war auch eine Cannabis-Pflanze zu sehen, welche die aufmerksamen Journalisten erkannten. Der Sohn sagte, das sei ein Versehen und entsorgte das Pflänzchen denn auch gleich im Müll. Dort fand es die zeitungslesende Staatsanwaltschaft, ordnete Durchsuchung an und eröffnete ein Ermittlungsverfahren (das natürlich später im Sande verlief). Es wurde sogar eine offizielle staatsanwaltliche Presseerklärung abgegeben, da der Fall bereits in vielen Zeitungen stand.

So weit, so lustig.

Doch nun kam da ein lächerlicher, unbedeutender nicht-kommerzieller Blogger und berichtete auch kurz über den Fall, wobei der Name des erwachsenen Sohnes genannt wurde. Der Prominenten-Sohn, der zig Artikel in der Presse hatte durchgehen lassen, weil die Episode eben mehr kurios war als etwas, mit dem man gegen eine Politikerin argumentieren könnte, zog nun plötzlich gegen den Blogger vor Gericht und – wie es die einschlägigen Rechtsanwälte wollen, in Hamburg vor der Pressekammer.

Dort wurde der Blogger heftig verurteilt, weil die Dinge in Hamburg eben so sind. Angeblich seinen die Rechte des Söhnchens durch die Namensnennung verletzt worden und er habe Anspruch auf Unterlassung und Entschädigung. Es spielte dabei keine Rolle, dass der Artikel des Bloggers gar nicht den Sohn, sondern die Staatsanwaltschaft aufspießte, die nach Ansicht des Bloggers hier unverhältnismäßig vorgegangen war.

Nun, das BVG erklärte die Verfassungsbeschwerde gegen dieses Urteil als „offensichtlich begründet“. Das Interessante an dem Fall ist aber, dass dies nun die Hamburger Richter nicht im geringsten stört. Sie werden weiter gegen die Meinungs- und Pressefreiheit entscheiden, wenn es ums Internet geht, denn ein Deutscher Richter ist nicht verpflichtet, entsprechend der Verfassung zu entscheiden. Im Zweifelsfall könne der durch solche Urteile Geschädigte ja vor das BVG ziehen.

Nun ist dies in der Praxis oft unmöglich, denn ein kleiner Blogger, der vielleicht einige hundert Leser im Monat oder im Jahr hat, wird üblicherweise nicht die Mittel haben, gewiefte Rechtsanwälte fünf Jahre lang zahlen zu können, die mit ihm vor das BVG ziehen.

Die Ausrede, das Internet sei ja weltweit und daher könne der Gerichtstand dahin gelegt werden, wo es der Kläger will (und das ist dann eben fast immer Hamburg oder manchmal Berlin) ist im Grunde leicht zu durchschauen. Die einfache Regelung, dass der Gerichtsstand für solche Fälle am Ort ist, wo der Internetprovider seinen Sitz hat oder dort, wo der Blogger seinen Wohnsitz hat, würde mit dieser Praxis aufräumen, aber die Bundesjustizministerin hat es ausdrücklich abgelehnt, eine solche Veränderung vorzunehmen.

Diese Praxis der deutschen Rechtsprechung reiht sich ein in andere Entscheidungen des BVG, wie zum Beispiel die zur Grundgesetzwidrigkeit von Hartz IV – aber alles bleibt beim Alten oder soll sogar noch verschärft werden. Da BVG wird auf diese Art und Weise von einem Gericht zu einem Kommentaristen-Gremium.

Interessanterweise hat man noch keinen Verfassungsschutz-Agenten gegen diese verfassungsfeindlichen Bestrebungen vorgehen gesehen.


Veröffentlicht am 26. April 2010 in der Berliner Umschau

Freitag, 23. April 2010

Kommt jetzt die Inflation?

Erzeugerpreise ziehen zum Teil deutlich an in den USA

Von Karl Weiss

Die neuesten Zahlen aus den USA von Mitte April für die erste April-Hälfte zeigen für die Erzeugerpreise zum Teil wesentliche Anstiege. Zwar beschränkt sich das noch auf die Energie-Preise und auf Rohwaren-Niveau, aber aus Rohwaren werden schnell Fertigwaren.

Dollar Gasp

Hier einige Zahlen: Die Lebensmittelpreise auf Endverbraucherniveau stiegen im 6-Monatsvergleich um 13,5%. Die Energie auf Endverbraucher-Niveau stieg im 6-Monatsvergleich um 24,1%. Rohprodukte steigen im 6-Monatsvergleich um 50,4%. Die Energie als Rohprodukt stieg im 6-Monatsvergleich um 73,1%.

Preisteigerungen USA

Allerdings ist die offizielle Inflationsrate in de USA, die immer auf Endverbraucher-Level bezogen wird und die automatisch die Energie- und Lebensmittelpreise draußen vor lässt, nur bei 1,9% im Drei-Monatsvergleich, aber das könnte man genauso als Ausreißer ansehen, wie die obigen Zahlen auch Ausreißer sein könnten.

Wem das zu viele Ausreißer sind, der wird sich fragen, gibt es denn makro- oder mikroökonomische Gründe für solche Preisanstiege? Ja, die gibt es. Der Ölpreis steigt seit zwei Monaten, ohne dass sich das wunderbarerweise bisher auf die Inflationszahlen ausgewirkt hat. Das Eisenerz ist allein im März um 100% angestiegen. Es ist also denkbar, dass von den Rostoffen und der Energie her über die Erzeuger von Gütern eine Lawine auf den Verbraucher zurollt.

Dazu kommt, die FED (Zentralbank der USA) sorgt für überschüssige Liquidität und druckt Geld auf Teufel komm raus. Klassische Voraussetzung für Inflation! Die Zinsen für die Banken sind bei Null oder fast Null. Klassische Voraussetzung von Inflation!

Dollarnoten

Nur hat das bisher eben noch nicht zu Inflation geführt, denn der Dollar ist die internationale Leitwährung, deren Wert nicht einfach von inneramerikanischen Faktoren abhängt.
Doch was, wenn die anderen Länder immer weniger an den Dollar glauben? Könnte dann die Geldschwemme plötzlich doch Inflation erzeugen? Sie könnte.

Alles noch Theorie, alles noch Spekulation. Die oben genannten Zahlen aber sind da. Will jemand darauf wetten, dass es keine Inflation in den USA gibt?? Na, sehen Sie!


Veröffentlicht am 23. April 2010 in der Berliner Umschau

Donnerstag, 22. April 2010

Vertusche und lasse sie erneut auf die Menschheit los! - Teil 1

Die Kirche und die angeblichen Pädophilen

Von Karl Weiss

Nun gibt es also den zweiten Verdacht gegen den heutigen Papst, in seiner Zeit als Bischof bzw. Kardinal selbst an Aktionen zum Verschleiern und Verstecken und erneut auf die Menschheit loslassen von Kinder-Schänder-Priestern beteiligt gewesen zu sein.

Stopp-Schild

Zwar hat in beiden Fälle jeweils ein Untergebener die Verantwortung übernommen, aber das ist in allen Diktaturen (und Scheindemokratien) so: Die höchsten Würdenträger werden immer durch „Sündenböcke“ abgesichert.

In Wirklichkeit aber spielt es überhaupt keine Rolle, ob er Papst in den beiden Fällen selbst Kenntnis der Vorgänge hatte oder sogar selbst das Verschleiern und Nicht-Anzeigen angeordnet hat. Er war nämlich in beiden Fällen der Verantwortliche.

Der erste Fall war 1980. Ratzinger war Erzbischof des Bistums München-Freising und der Pfarrer H., der wegen Vergewaltigung von Kindern aufgefallen war und deshalb aus dem Gesichtsfeld der dortigen Gläubigen genommen werden sollte, wurde vom Bistum Essen ins Münchener Bistum versetzt. Obwohl es sich um Verbrechen handelte und die Täterschaft eindeutig war, wurde er nicht den weltlichen Gerichten übergeben.

Der Generalvikar in München (das ist so eine Art von rechter Hand des Bischofs), ein gewisser Gruber, sagt heute, er habe zwar gewusst, der Pfarrer H. solle in Therapie (er sagte, damals habe man noch geglaubt, das könne durch Therapie geheilt werden), aber er schickte ihn in Wirklichkeit in eine Pfarrei nach der anderen als Hilfs-Pfarrer, wo er wieder Zugang zu Kindern hatte und erneut Opfer fand.

Nun gibt es insgesamt drei Möglichkeiten, warum die Verantwortung beim Bischof und nicht beim Generalvikar liegt:


Entweder Ratzinger hatte bereits Anweisung gegeben (oder augenzwinkernd verstehen lassen), ihn nicht mit Fällen von Kinderschänder-Priestern zu „belästigen“. In diesem Fall liegt die Verantwortung natürlich trotzdem bei ihm, denn Fälle, in denen Priester, die schwere Verbrechen begangen haben, in sein Bistum versetzt werden, kommen ja nicht jeden Monat vor. Selbstverständlich muss der Bischof als Verantwortlicher der Diözese solche schweren Fälle persönlich in die Hand nehmen oder jedenfalls die getroffenen Entscheidungen überprüfen. Tut er dies nicht, ist er als Verantwortlicher der Schuldige, nicht ein Untergebener, der irgendeine „falsche“ Entscheidung getroffen hat.

Oder Ratzinger hatte bereits generelle Anweisungen gegeben, wie solche Fälle zu handhaben seien (nämlich verheimlichen und wieder auf die Menschheit loslassen), und ist damit natürlich auch der Verantwortliche, nicht der Untergebene, der die Anweisungen ausgeführt hat.

Oder Ratzinger hat eben doch Kenntnis vom Fall gehabt und ist als Verantwortlicher natürlich verantwortlich (deshalb heißt der so).

Deutschland - München

Es kann ausgeschlossen werden, dass ein Generalvikar ohne zu wissen, wie mit solchen Fällen umzugehen ist, auf eigene Faust schwerwiegende Entscheidungen getroffen hat. In streng auf dem Prinzip von Befehl und Gehorsam aufgebauten Organisationen wie der katholischen Kirche ist das unmöglich oder würde zu schwersten Folgerungen führen.

Der andere Fall ist der des Kinderschänder-Priesters Murphy aus den Vereinigten Staaten, der eine lange Liste von (wahrscheinlich 200) vergewaltigten Kindern in einer Schule von Gehörgeschädigten aufzuweisen hatte, was bereits in den 80er-Jahren innerhalb der Kirche bekannt wurde.

Wenn der heutige Papst, der damals gerade zum Chef der Glaubenskongregation berufen wurde – da ist jener Job, der früher „Großinquisitor“ hieß und alle Verfahren und Behandlung innerkirchlicher Bestrafungen unter sich hat -, von diesem Fall wusste, so hat er sträflich nicht gehandelt, wenn er nicht davon wusste, so hat er sträflich diese Fragen nicht behandelt, was aufs Gleiche herauskommt.

Im Kern wusste er aber von vielen Fällen von Kinderschänder-Priestern, wenn auch vielleicht nicht von Murphy zu diesem Zeitpunkt. Auf jeden Fall hat er noch im Jahre 2001 alle Fälle von sogenanntem Missbrauch ausdrücklich als geheim gekennzeichnet. Man lese nur, was der Reform-Priester Küng in einem offenem Brief vor kurzem schrieb:

„Die vatikanische Glaubenskongregation sandte über ihren Präfekten Kardinal Ratzinger (heutiger Papst) am 18. Mai 2001 ein feierliches Schreiben über die schweren Vergehen ("Epistula de delictis gravioribus") an alle Bischöfe der Welt, in welchem die Missbrauchsfälle unter die "päpstliche Geheimhaltung" ("secretum Pontificium") gestellt wurden, deren Verletzung unter Kirchenstrafe steht.“

Missbrauchtes Vertrauen

Das heißt, noch zu diesem Zeitpunkt wurden alle verpflichtet, sogenannte Missbrauchsfälle geheim zu halten und nur der Papst persönlich hatte das Recht, sie offen zu legen, was weder der damalige noch der jetzige Papst je getan hat.

In den neunziger Jahren – und das kommt erschwerend hinzu – hat ein Bischof aus den USA ausdrücklich an den damaligen Chef der Glaubenskongregation, Ratzinger, geschrieben und um Anweisungen gebeten, wie im Fall von Murphy vorzugehen sei. Er bekam keine Antwort. Der Papst sagt nun, das sei von seinem damaligen Stellvertreter behandelt worden. Der sei verantwortlich, dass nicht geantwortet wurde. Nur gelten hier wieder die drei oben schon erwähnten Punkte, die klar machen, der Verantwortliche ist immer der Verantwortliche und kann sich nicht damit herausreden, das sei von Untergebenen behandelt worden.

Erst fast en Jahr später – und in diesem Fall war es der spätere Papst selbst – (es kann also keine Rede davon sein, er sei nicht involviert gewesen), wurde eine Antwort in die USA geschickt. Da Murphy bereits todkrank sei, wolle man ihn jetzt nicht mehr verfolgen lassen.

Zusammengefasst: Der jetzige Papst ist kein Außenstehender in Bezug auf die Fälle von Vergewaltigungen von Kindern durch Priester und Mönche und wie sie in der Kirche behandelt wurden. Er hatte bereits als Bischof Verantwortung und nahm sie nicht wahr (oder schiebt jetzt die Schuld ab, was aufs Gleiche herauskommt) und war später sogar der Hauptverantwortliche für den Umgang der Kirche mit diesen Fällen. Er ist Mister „Vertusche-und-lasse-sie-erneut-auf-die-Menschheit-los“.


Veröffentlicht am 22. April 2010 in der Berliner Umschau


Im zweiten Teil dieses Artikels sollen die Fragen beantwortet werden: „Was sind Pädophile?“, „Gibt es Missbrauch von Kindern?“, „Ab wann beginnt Vergewaltigung?“, „Was ist der Unterschied zwischen einem Priester, der ihm anvertraute Kinder vergewaltigt und dem „bösen Onkel“ der ihm persönlich nicht bekannte Kinder vergewaltigt?“ und „Handelt es sich diesen Priestern um Personen mit einer geistigen Störung?“

Zusatz zum Artikel

Am gleichen Tag des Erscheinens des Artikels lese ich hier in Brasilien folgende Meldung:

"O advogado Jeff Anderson afirmou que vai processar o Vaticano e o papa Bento 16 por não terem agido para impedir um padre de Wisconsin, nos Estados Unidos, acusado de abusar sexualmente de ao menos 200 crianças surdas entre 1950 e 1975."

Auf deutsch:

Der Anwalt Jeff Anderson (der eines der Opfer jenes Kinderschänder-Priester Murphy vertritt), hat (in den USA) bestätigt, dass er den Vatikan selbst und den heutigen Papst selbst dort verklagen wird, weil sie nichts getan haben, um den Priester (Murphy) in Wisconsin, in den USA, an weiteren Taten zu hindern, der zumindest 200 gehörlose Kinder zwischen 1950 und 1975 geschändet hat.

Mittwoch, 21. April 2010

Wird jetzt den Banken-Absurditäten nachgegangen?

SEC ermittelt gegen Goldmann Sachs

Von Karl Weiss

Mancher mag es kaum glauben: Die SEC (US-Börsenaufsicht) ermittelt gegen die Goldmann Sachs Bank. Der Vorstandsvorsitzende dieser Bank hat erst kürzlich erklärt, er verrichte „Gottes Werk“. Nun sieht die SEC wohl mehr diabolisches in der Schaffung des Fonds Abacus 2007 AC 1, der von einer dubiosen Gesellschaft auf den Cayman Islands vertrieben wurde. Dahinter stand aber die ‚höchst ehrenwerte’ Goldmann Sachs Bank.

"Ich bin in Ordnung, ich bin auf einen Steuerzahler gefallen"

Goldmann Sachs ist eine US-Institution, vergleichbar mit der Deutschen Bank hierzulande. Der Finanzminister der Bush-Regierung, Poulsen, war nur bei Goldmann Sachs ausgeliehen. Er war es auch, der das große erste „Bailout“-Paket der US-Bankenhilfen zusammenstellte und – wer hätte das gedacht, - die Goldmann-Sachs war denn auch rein zufällig eine der Banken, die besonders davon profitierten.

Es drängen sich Parallelen mit dem Fall Deutsche Bank/Ackermann/Hypo Real Estate auf. Als die phantastische Schieflage dieser bayerischen Spezialbank bekannt wurde, eilte Ackermann von der Deutschen Bank sofort zu Frau Merkel, damals noch Kanzlerin der Großen Koalition, die ihm schon ein prächtiges Geburtstagsessen im Kanzleramt spendiert hatte, und – noch bevor am Montagmorgen die Banken und Börsen öffneten, war das größte Paket einer Bankenhilfe geboren, das Deutschland je gesehen hatte – denn Ackermann hatte seine Intim-Freundin davon überzeugen können, dass die Hypo Real Estate unbedingt gerettet werden müsste – und rein zufällig wäre es die Deutsche Bank gewesen, die mit den Bach hinunter gegangen wäre, wenn die Kanzlerin ihm nicht den kleinen Gefallen von 400 Milliarden Euro getan hätte, an dem jetzt die deutschen Steuerzahler die nächsten Jahrzehnte zu knabbern haben werden.

Der Rettungs-Plan

Nur werden wir in Deutschland offensichtlich niemals erleben, dass eine Bankenaufsicht jene Mauscheleien im Kanzleramt aufspießen wird und eine der größten Einzelausgaben, die je aus Steuergeldern gemacht wurden, ohne Parlamentsbeschluss, einfach so, unter die Lupe nehmen wird.

Was die SEC nun der Goldmann Sachs vorwirft: Sie habe absichtlich in jene Finanzanlage „Abacus“ die schlechtest möglichen aller Risiken hinein ‚gewirkt’ so dass sie mit absoluter Sicherheit platzen musste - und das auf „Anraten“ eines Hedge Fonds, der sich dann mit Wetten gegen diese Finanzanlage gesund gestoßen hat.

Wenn das so war, so hätte die Goldmann Sachs jene Investoren, die den ‚Abacus’ als Geldanlage kauften, wissentlich getäuscht und ins offene Messer laufen gelassen, um einen „befreundeten“ Hedge Fond zu Vorteilen zu verhelfen. Das ist selbst unter US-Vorzeichen ein Bruch der Verpflichtungen einer Bank.

Diebe unter uns

Wie es nun der Zufall will, ist da auch schon wieder die deutsche Bundesregierung mit verwickelt. Einer der „Idioten“, die solche ‚Abacus’ Finanzderivate in heftiger Weise gekauft hatten, war nämlich die IKB, eine sogenannte Mittelstandsbank, die ebenfalls von der Bundesregierung gerettet wurde – sprich mit Unsummen von Geld vor dem Bankrott bewahrt, - ohne dass dafür bis heute auch nur der Versuch einer Erklärung abgegeben wurde.

Was von der Hypo Real Estate behauptet wurde, nämlich das sie „zu groß sei, als dass man sie pleite gehen lassen könnte“, trifft nämlich mit Sicherheit nicht auf die eher unbedeutende IKB zu. Allerdings ist die Hypo Real Estate keineswegs so groß wie die Lehmann Brothers, die man mit eiskaltem Lächeln den Bach hinunter gehen ließ, was die These von der Größe, die alles mit sich reißen würde, etwas weit her geholt erscheinen lässt.

Auch die „Royal Bank of Scotland“, der die britische Regierung mit Unmengen von Pfunden beisprang, war ein anderes Opfer der Goldmann-Tricks.

New Yorker Börse

Dann war da auch noch die Beinahe-Pleite de größten Versicherers der Welt, der AIG. Die US-Regierung pumpte mehrere hundert Milliarden Dollar in dieses Versicherungsunternehmen, um es vor dem Bankrott zu bewahren. Und – wie die Zufälle so spielen – 14 Milliarden jener Gelder flossen an Goldmann Sachs!

Wenn man nun auch noch anfinge, der Frage nachzugehen, warum und wie es Goldmann Sachs geschafft hat, die griechischen Staatsschulden zu verschleiern, dann käme man bald von Hundertsten ins Tausendste – und dann wäre wirklich bald zu klären, ob Goldmann mehr göttliche oder mehr diabolische Eigenschaften hat.

Wie auch immer, nach der Veröffentlichung der Untersuchung der SEC gegen Goldmann Sachs fielen deren Aktien um annähernd 13 %. Dies sollte, so meint es jedenfalls die Site
Wirtschaftsquerschuss“ in diesem Artikel:

http://wirtschaftquerschuss.blogspot.com/2010/04/abacus-2007-ac1-gottes-werk.html

nicht nur zu einer Bewegung des ganzen Aktien-Spiegels nach unten, sondern auch einer Umkehrung der Aufwärtsbewegungen von Rohstoffpreisen an den Börsen führen.


Veröffentlicht am 21. April 2010 in der Berliner Umschau

Montag, 19. April 2010

Deutschland: Beschäftigung: -4,7%; Arbeitsstunden: -16%; Wertschöpfung: -19,2%

Keine Rede von substantieller Erholung

Von Karl Weiss

Es liegen nun die Februar-Daten des verarbeitenden Gewerbes in Deutschland vor. Das ist im wesentliches das, was man „Industrie“ nennt und was in Deutschland Vorzeigeobjekt ist. Die Zahlen sind weiterhin schlecht. Von einer substantiellen Erholung kann keine Rede sein.

Stahlindustrie

Das Verarbeitende Gewerbe umfasst die Kraftfahrzeugindustrie, die Ernährungsindustrie, die chemische Industrie, die Metall verarbeitende Industrie und den Maschinenbau, das ist also so ziemlich alles wesentliche, was die BRD an Industrie zum Vorzeigen hat. Bei den Zahlen handelt es sich um kalendertägliche und saisonal bereinigte Zahlen. Da ist also schon berücksichtigt, das der Februar weniger Arbeitstage hat und wegen Karneval und Winter typische saisonale Ausfälle beinhaltet.

Die Zahl der Beschäftigten in dieser Industrie fiel im Jahresvergleich (gegen Februar 2009) um 4,7% auf jetzt 4,9 Millionen Beschäftigte. Dabei zeigte die Beschäftigtenzahl in der Herstellung von Metallerzeugnissen ein Minus von 8,4%, in der Herstellung von elektrischen Ausrüstungen ein Minus von 6,4% und im Maschinenbau ein Minus von 5,7%. Es kann also keine Rede davon sein, dass „die deutsche Industrie mit der Kurzarbeit gut über die Krise gekommen ist und nur wenig entlassen wurde“.

Diese Minus-Zahlen in Beschäftigung sind ja gegenüber dem Februar 2009, der bereits deutlich verringerte Beschäftigung zeigte. Was also in den Berichten der Nürnberger Anstalt als Verringerung der Arbeitslosigkeit gefeiert wurde, war nichts als schamlose Manipulation der Daten

Geht man nun über zu den geleisteten Arbeitsstunden im verarbeitenden Gewerbe, so ist das Bild das gleiche: Im Februar 2010 wurden etwa 614 Millionen Arbeitsstunden geleistet, das waren 0,5% wenige als im Vorjahresmonat, der mit etwa 617 Millionen Arbeitsstunden zu Buche steht. Vergleicht man nun aber mit dem Vorkrisenstand – und das ist ja, was interessiert, - so kommt man auf ein Minus von etwa 16% gegen den Rekordmonat April 2008 (das ist gerade zwei Jahre her).
Und sieht man sich die dritte Kennzahl im Zusammenhang mit der Beschäftigung an, die Summe der Löhne und Gehälter, so sind die Zahlen nicht einen Deut besser. Die Brutto-Lohnsumme liegt noch um 1,7% unter der von Februar 2009, die bereits einen starken Einbruch darstellte. Gegenüber den Vorkrisenstand vom Februar 2008 beträgt das Minus 4,4%.

Noch wesentlich schlechter wird das Bild, wenn man nicht mehr den nominellen Bruttolohn, sondern den um die Preissteigerungen bereinigten Wert vergleicht, also die Reallohnsumme. Hier fällt die Reallohnsumme auf einen Stand unterhalb des Februar des Jahres 2005!

Ganz parallel sind da die Werte des Ausstoßes des verarbeitenden Gewerbes. Im Vergleich zum Höchststand im Februar 2008 fällt der Ausstoß im Februar 2010 um fast 18%! Das ist das tatsächliche Ausmaß der Krise in Deutschland: -18%.

Man vergleiche hierzu, was der Bürger-Journalist bereits in der Voraussicht auf diese Krise am 1. Dezember 2006 schrieb:

„... bricht der deutsche Export, die einzige Hoffnung in Deutschland, weiter ein: Weitere 2%, damit kommen wir auf –6%. Das würde bereits die bei weitem tiefste Wirtschaftskrise der Geschichte der Bundesrepublik ausmachen. Der Rückschlag der Wirtschaftskrise aus anderen Ländern käme noch dazu: Die können nicht mehr soviel deutsche Produkte kaufen, da sie selbst in der Krise stecken. Sind glatt noch einmal 2%, da sind wir auf –8%.

(...) der weitere Rückschlag auf Deutschland mit weiteren Pleiten, Entlassungen und Arbeitslosenzahlen, die das Szenario von 2006 als Paradies erscheinen lassen werden. Nicht einmal eine zweistellige Rückgang der wirtschaftlichen Tätigkeit in Deutschland ist völlig auszuschließen für einzelne Quartale im Jahresvergleich. Das kann in seinen desaströsen Auswirkungen bestenfalls noch mit der massiven Weltwirtschaftskrise verglichen werden, die 1929 begann und bis tief in die Dreißiger Jahre hinein ging – und selbst die könnte noch übertroffen werden.“

Die Wirtschaftskrise in Deutschland wird fürchterlich.“

Wenn wir heute von –18% im Ausstoß reden, muss diese Vorhersage („zweistelliger Rückgang“) sogar noch als übertrieben vorsichtig bezeichnet werden.

Ein ähnlicher Wert ist die Brutto-Wertschöpfung, die sich also nicht auf Kilogramm oder Stück bezieht, sondern auf den Wert der verkauften Waren. Die äußerst interessante Internet-Site „Wirtschaftsquerschuss“ sagt dazu:

„Die Bruttowertschöpfung im Verarbeitenden Gewerbe war 2009 um kräftige -99,16 Mrd. Euro bzw. um -19,2% auf 418,29 Mrd. Euro im Vergleich zu 2008 (517,45 Mrd. Euro) gesunken und damit unter dem Stand aus dem Jahr 2000 mit 425,99 Mrd. Euro! Der Anstieg eines kompletten Jahrzehnts bei der industriellen Wertschöpfung wurde 2009 ausgelöscht!“ (http://wirtschaftquerschuss.blogspot.com/2010/04/lage-im-deutschen-verarbeitenden.html )

Egal ob Wert oder Ausstoß: Bei dieser Krise geht es um ein Minus im Bereich von 18 bis 19 % bezogen auf die Industrie. Alles andere ist Schönfärberei.


Veröffentlicht am 19. April 2010 in der Berliner Umschau

Donnerstag, 15. April 2010

Katholische Kirche gegen die Menschheit

Das schlägt dem Fass den Boden aus

Von Karl Weiss

Originalveröffentlichung

Was sich die Katholische Kirche da leistet, geht wirklich langsam auf keine Kuhhaut mehr. Da wird das allgemeine Unwohlsein wegen der Behandlung der Fälle von Vergehen gegen Kinder in katholischen Institutionen und von katholischen Würdenträgern als eine „hasserfüllte Medienkampagne“ gegen die Kirche verunglimpft, da wagt es der Augsburger Bischof Mixa die eidesstattlichen Erklärungen seiner Opfer als „bösartige Erfindungen“ zu bezeichnen, die seine Reputation untergraben sollen. Da gibt man sich als Opfer, obwohl jeder denkende Mensch sehen kann, es handelt sich um die Täterorganisation.

Bischof Mixa und Kinder
Hier kann man den grossartigen Bischof Mixa im Kreis von Kindern sehen.

Inzwischen sind alle Foren, alle Diskussionsgelegenheiten voll von Anklagen von Katholiken gegen die angebliche Kampagne gegen die Kirche. Man kann heute bereits anhand der Anzahl von Leserbriefe und Einträge von kirchenfreundlichen Diskussionsbeiträgen in Foren und Diskussions-Seiten von einer von der Kirche gesteuerten Kampagne sprechen gegen die Personen, die mit ihren Erinnerungen an Vergewaltigungen und Prügel-Orgien an die Öffentlichkeit gegangen sind und nun von Katholiken „in der Luft zerrissen“ werden.

Nein, liebe Katholiken, diese Menschen sind die Opfer, nicht eure Kirche! Nein, liebe Katholiken, es gibt keine öffentliche Kampagne gegen die Kirche, sondern das unverständliche Staunen der Öffentlichkeit über das Verhalten einer Organisation, die sich als „heilig“ bezeichnet. Nein, liebe Katholiken, es geht nicht darum, dass Vergehen einzelner Menschen nun der ganzen Organisation angekreidet werden! Es geht, liebe Katholiken, um die REAKTION der Kirche auf die Fälle von brutalen Prügelorgien und von Vergewaltigungen von Kindern und abhängigen Jugendlichen.

Die Kirche hätte es nicht bei leeren Worten belassen dürfen, sie hätte sich aktiv auf die Seite der Opfer stellen müssen und nicht auf die ihrer sündigen Würdenträger. Das ist die Reaktion von autoritativen Regierungen, von verbrecherischen Mafia- und anderen Organisationen, wenn das Motto ist: „Right or wrong, our country“ oder „...our men“.

Sie hätte die Kinderschänder in ihren Reihen der weltlichen Justiz ausliefern müssen und nicht mit hohen Geldsummen und gerissenen Rechtsanwälten die Opfer zum zweiten Mal zum Opfer werden lassen dürfen. Wenn die Kirche als „heilig“ angesehen werden will (und sie lässt ihre Anhänger ununterbrochen wiederholen, sie sei „heilig“), dann durfte sie nicht die Fälle unter Geheimhaltung halten, nicht die Opfer mit Verleumdungsklagen bedrohen, nicht ihre Macht und ihr Geld einsetzen, um das Schweigen der Opfer zu erkaufen.

Missbrauchtes Vertrauen

Fälle wie die in diesem Artikel geschilderten („Ist der Papst der Antichrist?“ (https://karlweiss.twoday.net/stories/5588064/ ), in denen Privatdetektive gezahlt werden, um Opfer einzuschüchtern, hätten nie passieren dürfen und als es offenbar wurde, hätten die Verantwortlichen zur Verantwortung gezogen werden müssen (darum heißen sie „verantwortlich“).

Der Fall des US-Priesters Murphy, der bis zu 200 gehörgeschädigte Kinder vergewaltigt haben soll (hier steht nur deshalb nicht „vergewaltigt hat“, weil die Kirche über Jahrzehnte eine weltliche Untersuchung der Untaten dieses Herren verhindert hat – unter persönlicher Verantwortung von Kardinal Ratzinger, der heute Papst ist), wurde in unverantwortlicher Weise vor den weltlichen Autoritäten geheimgehalten, bis der Priester Jahrzehnte später todkrank war und man es als einen Akt der Barmherzigkeit auslegen konnte, ihn nicht mehr der weltlichen Justiz zu übergeben.

All dies, was man mit vollem Recht der Kirche als Institution vorwerfen kann, projiziert sich wie in einem Brennspiegel nun im Fall des Augsburger Bischofs Mixa. All die Unbarmherzigkeit, all die Hinterhältigkeit der Kirche gegen über den Opfern ihrer Würdenträger wird hier deutlich und genauso wird deutlich, es handelt sich um ungeheuerliche Vorwürfe eines Mannes, der niemals hohe Ämter in einer „heiligen“ Kirche hätte erreichen dürfen, gegen seine Opfer.

Obwohl inzwischen 7 (oder 9?) eidesstattliche Erklärungen vorliegen, die beweisen, der damalige Stadtpfarrer von Schrobenhausen, Mixa, war ein brutaler Schläger von Kindern, eventuell sogar ein kranker Sadist, leugnet er und klagt seine Opfer der „Verleumdung“ und „Diffamierung“ an. Da müsste eine „heilige“ Kirche eingreifen und diesen Mann aus dem öffentlichen Verkehr ziehen und ihn in einem Kloster, in dem nicht gesprochen wird, ein wenig darüber nachdenken lassen, was man den Opfern antun kann oder nicht – aber nichts dergleichen.

Nur um dies noch einmal zu erwähnen, wenn bestimmte Taten durch 7 Zeugen belegt sind, wenn diese Zeugen auch noch bereit sind, eidesstattliche Erklärungen abzugeben (, die Mixa bisher nicht für nötig hatte abzugeben), so besteht kein vernünftiger Zweifel mehr, dass der Täter die Taten begangen hat. Es wurden schon viele, viele, Mörder zum Tode verurteilt mit viel weniger als sieben Zeugen seiner Taten, oft sogar mit nur einem Zeugen.

Wenn man Mixa nun weiter machen lässt und seinen Sprecher nun sogar noch ungestraft sagen lässt, es handele sich um „Anschuldigungen aus den Halbdunkel“, so muss man allen Ernstes nach dem Geisteszustand der Oberen in dieser Kirche fragen einschließlich des Papstes.

Korpsgeist wäre das letzte, was man als vernünftiger Mensch nun der Katholischen Kirche raten dürfte, aber genau das ist es, was festzustellen ist. Was schon bei Polizeieinheiten, bei Militärs, bei kriminellen Organisationen als inakzeptabel angesehen wird, wenn es auch immer wieder zu beobachten ist, kann man beim besten Willen nicht einer Organisation zugestehen, die sich immer wieder als „heilig“ bezeichnen lässt und ihren obersten Repräsentanten sogar in seinen offiziellen Äußerungen als „unfehlbar“.

Eine Organisation, die den überführten Prügel-Mixa nicht in seine Schranken verweist, die seine gutgläubigen Anhänger dazu anstiftet, mit hasserfüllten Tiraden gegen ‚Ungläubige’ und ‚Andersgläubige’ die Leserbriefspalten, Foren und Diskussionsrunden zu füllen, anstatt in sich zu gehen, kann nicht mehr wirklich für voll genommen werden, geschweige denn, dass man einer solchen Organisation zugestehen könnte, sie könnte ein Leitbild sein. Man wird im Gegenteil versuchen müssen, genau nicht diesen Götzenbildern anzuhängen, sondern seine eigene Vernunft walten zu lassen.

Denn diese Organisation hat offenbar längst Ihre Verpflichtung gegenüber Jesus vergessen, der gesagt hat: "Wer einem dieser Kleinen, die an mich glauben, ein Ärgernis gibt, für den wäre es besser, wenn ihm ein Mühlstein um seinen Hals gelegt und er versenkt wäre in der Tiefe des Meeres."

Zusatz zum Artikel

Passenderweise hat sich kurz nach Erscheinen dieses Artikels auch "telepolis" mit diesem Thema beschäftigt. Hier, was dort am 17. 4. 2010 geschrieben steht:

Kardinalsbelobigung für Vergewaltigungs-Vertuschung

Einem Bischof, der einen pädophilen Priester trotz Wissens über mehrere Missbrauchsfälle nicht anzeigte, wurde dafür von einem hohen vatikanischen Würdenträger brieflich gratuliert

Vor 10 Jahren verurteilte ein französisches Gericht den katholischen Geistliche René Bissey wegen mehrfacher Vergewaltigung und sexuellem Missbrauch zu 18 Jahren Gefängnis. Bissey, so war bei den Ermittlungen herausgekommen, hatte sein Unwesen nur deshalb so lange treiben können, weil ihn der damalige Bischof der westfranzösischen Diözese Bayeux-Lisieux zwar von seinen Taten wusste, aber nicht entsprechend dagegen einschritt. Darauf hin zeigten die Eltern mehrerer Opfer auch diesen an - und auch ihn befand ein Gericht für schuldig und sprach eine Bewährungsstrafe in Höhe von drei Monaten aus.

Nun wurde über die Zeitschrift Golias bekannt, dass der erst im vorigen Monat in Pension gegangene Bischof Auguste Gratien Pican für sein Schweigen ein Belobigungsschreiben des vatikanischen Präfekten der Kongregation für den Klerus erhielt. In dem auf den 8. September 2001 datierten Dokument gratuliert der als konservativer Hardliner bekannte Kolumbianer Darío Castrillón Hoyos[5] dem Franzosen und teilt ihm mit, er freue sich "einen Mitbruder im Bischofsamt zu haben, der vor den Augen der Geschichte und aller anderen Bischöfe der Welt das Gefängnis dem Verrat an einem ihm unterstellten Priester vorzieht". Aufgrund der "geistigen Vaterschaft" zwischen einem Bischof und seinem Priester, so Hoyos, habe Pican moralisch ein Zeugnisverweigerungsrecht zugestanden, weshalb er "recht gehandelt" habe und anderen als Vorbild empfohlen würde.

Auch in den USA macht der katholische Klerus weiterhin Negativschlagzeilen: Dort riefendie drei Bischöfe von Connecticut ihre Gläubigen zum Widerstand gegen die geplante Aufhebung der bisher 30jährigen Verjährungsfristen bei Kindsmissbrauch auf. In einem bei Gottesdiensten verlesenen gemeinsamen Brief begründen sie dies unter anderem damit, dass solch eine Gesetzesänderung "alle kirchlichen Institutionen gefährden" würde. Am anderen Ende des Landes, in Alaska verklagen Eskimos währenddessen eine ganze Reihe von Ordenspriestern. Ihnen zufolge erklärt sich die auffällige Häufung von Kindsmissbrauch in ihrer Heimat nur dadurch, dass ihre Gemeinden gezielt als Entsorgungsplätze für Pädophile genutzt wurden.

Mittwoch, 14. April 2010

Es gibt noch Richter in den Vereinigten Staaten

Bundes-Richter erklärt Bushs Abhörpraxis für illegal

Von Karl Weiss

Vielleicht ist doch noch nicht alles verloren mit den USA. Obwohl die Degenerierungserscheinungen laufend fortschreiten, gibt es doch immer noch aufrechte Menschen in den USA, die nicht völlig von Hass, Gewalt und Unterdrückung begeistert sind und sogar solche, die noch Wert auf bestimmte demokratische Rechte legen, z.B. das Recht auf eine Privatsphäre, die nur nach richterlicher Genehmigung angetastet werden darf.

11. September 2001

Nach den Anschlägen des 11. September in den USA waren in der Praxis eine ganze Reihe von demokratischen Rechten in den USA faktisch gestrichen worden, zum Teil durch das Gesetz „Homeland Protection Act“ und zum anderen Teil durch einfache Anordnung durch den Präsidenten Bush.

Zum letzteren gehörte ein umfangreiches Abhörprogramm, das durch den Inlands-Geheimdienst N.S.A. durchgeführt wurde. Viele Personen und Gruppen, die in Opposition zur Bush-Regierung standen, wurden ebenso ohne richterliche Zustimmung abgehört wie jegliche islamische Organisation und viele Personen islamischen Glaubens.

Die Abhörmethoden gingen dabei von geheimen Mikrofonen und Video-Kameras, die Räumen von Organisationen und in Wohnungen angebracht wurden zum Abhören von Telefonen und dem Überwachen des E-Mail-Verkehrs.

Bush

Nun, heute sind viele Jahre des illegalen Abhörens vergangen und die Ergebnisse sind: Null!

Es gibt nicht eine einzige Organisation innerhalb der Vereinigten Staaten, nicht eine einzige Person, die durch diese Bespitzelung als Terrorist oder terroristische Organisation erkannt und ausgehoben wurde. Nicht ein einziges Gerichtsverfahren gegen in den USA Ansässige wegen des Verdachts der terroristischen Aktivitäten wurde in den 8 ½ Jahren seitdem durchgeführt. Der einzige Prozess, der überhaupt durchgeführt wurde, war gegen einen am Flughafen bei der Einreise festgenommenen Ausländer – als kein Ergebnis der inneramerikanischen Abhörwut.

Bush und Chenney hatten immer behauptet: Die USA stünde ja im Krieg („Krieg gegen den Terrorismus“) und in Kriegssituationen habe der Präsident absolute frei Hand für alles, was er für die Sicherheit des Staates nötig hält.

Nun hat der US-Bundesrichter Vaughn R. Walker die Abhörpraxis in einem konkreten Fall für gesetzeswidrig erklärt, weil sie gegen ein Gesetz verstößt, das für Abhöraktivitäten auf diesem Niveau immer eine richterliche Erlaubnis vorschreibt.

Die Bush-Regierung hatte 8 Jahre lang illegal und massenhaft abgehört – und das ohne richterliche Erlaubnis und ohne Ergebnis in der angegeben Richtung. Natürlich hat die Regierung so ein umfangreiches Mosaik aller oppositionellen Gruppen zusammenstellen können, das im Grunde jegliche oppositionelle Aktivität wie in einer Diktatur als staatsfeindlich brandmarkt.

Hat nun die Obama-Regierung von dieser Praxis Abstand genommen, sie verurteilt und sie vor Gericht gebracht? Nein! Zwar behauptete Obama, die Bespitzelung nicht fortgeführt zu haben – was allerdings niemand nachprüfen kann -, hat aber gleichzeitig versucht, in jedem Einzelfall eine gerichtliche Untersuchung dieser Praxis zu verhindern.

Als Argument wurde jetzt wie auch bei der vorherigen Regierung vorgebracht, die richterliche Untersuchung dieser Praxis würde Staatsgeheimnisse der USA eröffnen und das dürfe aus Sicherheitsgründen nicht geschehen.. Das ist ganz offensichtlich an den Haaren herbeigezogen, aber ein großer Teil der mit solchen Fällen beschäftigten Richtern hat dies Argument anerkannt, sich also wie in einer Diktatur der Regierung gebeugt. Dadurch wurde in irgendeiner Instanz immer ein „regimeergebener“ Richter angetroffen, so dass über diese ganze Zeit nicht ein einziger Fall wirklich zur richterlichen Untersuchung führte.

Erst jetzt, nach 8 ½ Jahren, hat sich ein Bundesrichter in San Franzisco gefunden, der in klaren Worten der Regierung ins Stammbuch geschrieben hat: Diese Behauptung von den Staatsgeheimnissen und der Gefährdung der Staatssicherheit ist ein Missbrauch und eine Übertretung der Kompetenzen der Regierung.

Im konkreten Fall handelte es sich um das Abhören der Räume und der Telefone sowie das Überwachen des E-Mail-Verkehrs einer islamischen Wohltätigkeits-Organisation mit dem Namen Al Haramain, die im Bundestaat Oregon tätig war.

Einer der Anwälte, der für jene Organisation gegen die Überwachung geklagt hatte, pries die Entscheidung des Richters in den höchsten Tönen: „Der Präsident, wie jeder andere Bürger, muss sich an die Gesetze halten. Ob die vom Kongress beschlossenen Gesetze eingehalten werden, kann nicht im Ermessen des Präsidenten liegen. Der Richter hat die Auslegung der Exekutivgewalt durch Bush und Chenney zurückgewiesen.“

Der Fall des Abhörens von Al Haramain war öffentlich geworden, weil versehentlich ein geheimes Dokument über diesen Fall des Abhörens veröffentlicht worden war. Obwohl dieses Dokument nicht als Beweis verwendet werden durfte, konnten die Anwälte die Tatsache der Überwachung beweisen. Der Richter entschied nun, dass die Organisation gesetzwidrig überwacht wurde und damit Anspruch auf eine Wiedergutmachungszahlung hat.

Allerdings kann die Regierung noch in die nächste Instanz gehen.


Veröffentlicht am 13. April 2010 in der Berliner Umschau

Samstag, 10. April 2010

USA: ‚Eine Krise von Vergewaltigungen Jugendlicher in unseren Gefängnissen’

Ein offenes Geheimnis – und die Gesellschaft schweigt

Von Karl Weiss

Die US-Gesellschaft, schon geprägt von Gewalt seit den Zeiten der ersten europäischen Einwanderer, die Indianer ausrotteten, wird nun, da das Zeitalter des Kapitalismus zu Ende geht, das von den USA geprägt wurde wie von keinem anderen Land, zu einer immer gewaltsameren und hasserfüllten Gesellschaft, die brutalste Gewalt, sexuell und nicht sexuell, gegen Jugendliche und junge Männer und Frauen hinter ihren Gefängnismauern als normal, ja eventuell sogar als wünschenswert hinnimmt.

Zeichnung von der Übergabe der mit dem Pockenvirus infizierten Decken an die Indianer

In einem Artikel der New York Times wird zum Beispiel vom 16 Jahre alten Rodney berichtet, der wegen Brandstiftung sofort zu Gefängnis ohne Bewährung verurteilt wurde (Man vergleiche die Verurteilungen von Priestern in Deutschland, die zig Kinder vergewaltigt haben: Alle erhalten Bewährung). Er wurde nicht in einer Jugendstrafanstalt untergebracht, sondern in einem Erwachsenengefängnis, eine Praxis, die immer mehr um sich greift in den USA, ebenso wie das Verurteilen von Kindern zu Gefängnis.

Bereits innerhalb der ersten Woche im Gefängnis wurde er von Mitgefangenen vergewaltigt („sodomized“: der US-englische Begriff für homosexuelle Vergewaltigung). Da über ein Drittel der US-Gefängnis-Insassen HIV-positiv sind, musste vermutet werden, er sei bereits angesteckt worden. Er beantragte daraufhin, in eine geschützte Institution verlegt zu werden, was ihm verweigert wurde. In den darauffolgenden Monaten wurde er von Mitgefangenen wiederholt verprügelt, musste ihnen immer wieder zu oralem Sex zur Verfügung stehen (auch eine Art von Vergewaltigung) und auch noch ausgeraubt. Danach konnte er die ständige Furcht, den Horror, in dem er lebte, nicht mehr aushalten: Er erhängte sich.

Detainees Guantánamo

Dies ist kein Einzel- und schon gar kein Ausnahmefall. Die Statistik zeigt: „Juvenils“ (das sind Gefangene unter 18 Jahren) habe statistisch ungefähr die doppelte Chance, im Gefängnis vergewaltigt zu werden als Erwachsene. Das gilt sowohl für Jungen als auch für Mädchen. Die Vergewaltiger sind oft Mitgefangene, aber noch häufiger die Gefängnis-Aufseher.

Eine offizielle Kommission, die solche Fälle untersuchte, kam zu dem Schluss: „Wir stehen angesichts einer Krise von Vergewaltigungen von Minderjährigen in unseren Gefängnissen.“

Nicholas D. Kristof, ein „Golden Globe“-Preisträger unter den Journalisten, berichtet in seinem Artikel zu diesem Thema, dass einer der Gründe ist, warum so viele Vergewaltigungen in den Gefängnissen – und speziell von Wärtern – stattfinden, dass man in den USA dazu übergegangen ist, auch Frauen als Wärter in Männer-Gefängnissen einzusetzen und umgekehrt. Über 10% der Jungen in Jugendstrafanstalten berichten über sexuelle Kontakte mit Aufseherinnen. Unter den Mädchen in Jugendstrafanstalten sagten 5%, bereits in sexuelle Aktivitäten mit männlichen Aufsehern verwickelt gewesen zu sein. Die Begriffe "sexuelle Kontakte" und "sexuelle Aktivitäten" sind die direkten Übersetzungen des Artikels. Der korrekte Begrif für jegliche Art von Sex zwischen Wärter(innen) und Insassen ist Vergewaltigung.

In den weiblichen Gefängnissen sind heute bereits eine Mehrheit der Aufseher männlich.

Insgesamt gibt es sogar mehr Fälle von Übergriffen weiblicher Aufseher als von männlichen.

Einer von acht Jugendlichen, die in Jugend- und anderen Gefängnissen sind, wurden im Jahr 2009 vergewaltigt. Das ist das Ergebnis einer Studie des US-Justizministeriums. Dort wurde auch berichtet über Fälle, in denen männliche Aufseher Mädchen beim Duschen beobachteten, während in anderen weibliche Jungen beim Duschen „beaufsichtigten“.

Die Kommission, die diese Fälle berichtete, nennt auch ein Gefängnis, in dem die Häftlinge routinemäßig durchsucht werden und dabei vor weiblichen Aufsehern ihre Hinterbacken öffnen müssen. Als einer dies verweigerte und darauf bestand, dies nur vor männlichen zu tun, wurde ein „Taser“ angewandt, um ihn „stillzustellen“.

Elektroschocker "Taser"

Die Kommission hat Vorschläge für Änderungen gemacht, aber nichts davon wurde bisher angegangen. Man scheint in der US-Regierung und dem Rechtswesen gut mit diesen Übergriffen leben zu können. Es braucht wohl nicht mehr ausdrücklich erwähnt zu werden, dass alle diese Vergewaltigungen, seien sie durch Aufsichtspersonal oder durch andere Insassen, immer und grundsätzlich straffrei bleiben.

Auch dies ist eine der Auswirkungen der „Zero-Tolerance-Policy“ die in weiten Teilen der USA angewandt wird. Ihr letztendliches Ergebnis war, dass nun auch kleinere Transgressionen, die früher mit einer Verwarnung, einer Geldstrafe, Arbeit in wohltätigen Organisationen oder einer Bewährungsstrafe geahndet wurden, nun bereits im Regelfall mit Gefängnis ohne Bewährung bestraft werden. Dadurch wird ein ins Gewicht fallender Teil der Bevölkerung ins Gefängnis gebracht (so ist einer von acht schwarzen männlichen US-Amerikanern im Gefängnis).

Die schweren Delikte, wie Mord, Todschlag, bewaffneter Raubüberfall oder Vergewaltigung sind dadurch dort aber eben nicht zurückgegangen. Wir sollten uns ernsthaft überlegen, ob wir wirklich unseren Politikern wie damals Schill (der heute kokst) oder heute Roland Koch folgen sollten, die diese Maßnahmen auch in Deutschland einführen wollen.

Schill beim Koksen

Überhaupt ist es die Frage, ob wir weiterhin alles sklavisch nachahmen sollten, was aus den USA kommt. Wollen wir wirklich eine Gesellschaft voller Gewalt, Missgunst, Rachsucht und Hass?


Veröffentlicht am 9. April 2010 in der Berliner Umschau

Freitag, 9. April 2010

Steuerzahlerbund manipuliert

Wie man die ‚Steuern‘ hochrechnet

Von Karl Weiss

Deutschland habe die höchste Steuerlast aller OECD-Länder (das sind die entwickelten Länder), wird in einer Pressemitteilung des Bundes der Steuerzahler behauptet. Da stutzt natürlich jeder, der schon einmal in einem der skandinavischen Länder gewesen ist. Der Trick ist einfach: Der Steuerzahlerbund hat einfach „und Abgaben“ mit unter Steuern subsummiert. Ebenso hat er die Mehrwertsteuer mit einbezogen – und dann wieder doch nicht.

Ja, so kann man die Öffentlichkeit an der Nase herumführen. Man wechselt acht mal die Grundvoraussetzungen in den errechneten Beispielen und mischt dann die 8 Ergebnisse kräftig durch. So kann man dann mindestens eines finden, welches das gewünschte Ergebnis zeigt.

Einmal wird behauptet, einem normal verdienenden Ehepaar mit zwei Kindern würden in Deutschland 42,8 % Steuern und "Abgaben" und Mehrwertsteuern abverlangt. Der Durchschnitt der OECD-Länder sei nur bei 34,3 Prozent. Hmmm, haben Sie den Trick bemerkt?

Ja natürlich, da wurden alle Sozial- und Krankenversicherungen mit einberechnet. Vergleicht man mit dem OECD-Durchschnitt, der natürlich hauptsächlich vom bei weitem größten OECD-Land USA geprägt wird, kommt man da natürlich auf Äpfel und Birnen.

In den USA zahlt niemand einen Krankenkassenbeitrag, der direkt vom Einkommen abgezogen wird, aber vom Steuerzahlerbund als „Abgabe“ eingebaut wird. Der US-Bürger muss, um krankenversichert zu sein, stattdessen eine private Krankenversicherung abschließen, die ihm weit teurer kommt als dem Deutschen die Krankenkasse. Nur ist dies eben keine „Abgabe“ nach Definition des Steuerzahlerbundes.

Westerwelle

Das gleiche gilt für die Rentenversicherung. In den USA gibt es kein öffentliches Rentenversicherungssystem. Wer im Alter nicht verhungern will, muss von seinem Einkommen über die Jahre eine Menge Geld abzwacken, um dann am Ende eine kleine Rente, eine Auszahlung der Lebensversicherung oder Immobilien zu haben, die sich vermieten lassen. Das zählt der Steuerzahlerbund natürlich nicht, denn das sind ja keine „Abgaben“!

Pfau

Und so geht es weiter mit der Arbeitslosenversicherung, der Pflegeversicherung, der Solidaritätsabgabe (das ist nun mal wirklich eine Abgabe) usw. Dazu kommt dann noch: Die USA haben keine Mehrwertsteuer. Zwar wird in den einzelnen Staaten eine generelle Steuer auf jeden Verkauf erhoben, meistens 10%, aber das ist ja keine Mehrwertsteuer.

So kommt man dann auf das phantastische Ergebnis: in den USA zahlt man nur etwa 15 bis 20% Steuern, während man in Deutschland vom bösen Staat mit 42,3% Steuern (und "Abgaben" und Mehrwertsteuer) belegt wird.

Nur würde man beim direkten USA-Deutschland-Vergleich den Braten riechen. Also macht man den nächsten Trick und versteckt die Zahlen der USA und anderer Länder ohne öffentliche Vorsorgesysteme und ohne Mehrwertsteuer im „Durchschnitt der OECD-Staaten“.

Da müsste man mal die Gegenrechnung aufmachen, ob der Unterschied zwischen Deutschland und dem Durchschnitt der OECD-Länder von 42,8 minus 34,3 = 8,5 % des Brutto in irgendeinem jener Länder ausreicht, um einen Krankenversicherungsschutz, eine Altersversorgung, eine Arbeitslosenversicherung und eine Pflegeversicherung zu haben und dazu noch die Mehrwertsteuern (die keine sind) zu zahlen für alles, was man kauft.

Dann wird die nächste Rechnung aufgemacht: Angeblich zahle ein lediger Alleinverdiener in Deutschland 53,6 % seines Brutto-Einkommens an den Staat (ist da wieder die Mehrwertsteuer drin versteckt – oder diesmal nicht – ohne das zu erwähnen?). Da kann man sich schon vorstellen, da hat man nun nicht mehr einen durchschnittlich Verdienenden genommen. Außerdem hat man da offensichtlich keine Abschreibungsmöglichkeiten angewandt – ganz zu schweigen davon, dass jemand mit einem so hohen Einkommen leicht einen Teil des Geldes unversteuert ins Ausland schaffen kann. Es wäre doch einmal interessant, eine reale wirklich lebende Person in Deutschland zu finden, die tatsächlich 53,6% Steuern zahlt.

Das wäre doch einmal eine Aufgabe für den Bund der Steuerzahler, diese reale Person zu finden. Der Bürger-Journalist, als er noch in Deutschland arbeitete und recht gut verdiente, kam einmal für einen Monat fast an diesen Prozentsatz heran. Doch dann kamen schon die Abschreibungsmöglichkeiten. Man musste natürlich eine zusätzliche Altersversorgung abschließen, die man abschreiben konnte und dann eine Wohnung in einem Sanierungsgebiet kaufen, auf die hohe jährliche Abschreibungen anfielen usw. usw.

Welche Interessen vertritt dieser Steuerzahlerbund eigentlich, dass er solche Zahlenspiele nötig hat? Wer steckt da dahinter? Die FDP?


Veröffentlicht am 7. April 2010 in der Berliner Umschau

Donnerstag, 8. April 2010

Anheuser Busch & InBev - Wie ein Konzern zerstört wird

‚Sharholder-Value‘ ist kein Wert

Von Karl Weiss

Ein klassisches und kaum zu übertreffendes Beispiel für den an Wahnsinn grenzenden Unsinn der Neoliberalen-Ikone „Sharholder-Value“ ist die in Deutschland kaum zur Kenntniss genommene Übernahme von Anheuser-Busch (A.-B.) durch den Belgisch-Brasilianischen Braukonzern InBev (International Beverages), der nun der grösste Bierbrauer der Welt ist.

Bier

Das Ganze begann in Brasilien, wo die Brauerei Brahma vor etwa 25 Jahren die neue Marke ‚Skol‘ herausbrachte, mit der es ihr gelang, an die Spitze der Beliebtheit der Biere in Brasilien zu kommen, während die eigene vorherige Marke ‚Brahma’ den zweiten Platz einnahm. Als nächstes kaufte man, nach diesem Erfolg voller Barmittel, den verbliebenen wichtigsten Konkurrenten ‚Antartica’. Damit hatte man die drei grössten Brasilianischen Biere und konnte den Markt diktieren (So werden Bars und Getränkevertriebe zum Beispiel nicht mit diesen drei meist verlangten Marken beliefert, wenn sie nicht unterschreiben, keine der Konkurrenz-Biermarken zu verkaufen). Die Coca Cola versuchte, mit der Marke ‚Kaiser‘ in diese Phalanx mit einer riesigen Werbekampagne einzudringen, die praktisch die ganzen Neunziger Jahre gefahren wurde („Kaiser ist ein grosses Bier“), aber die drei von der Brahma-Stelle blieben an der Spitze. Im neuen Jahrtausend versuchte eine vorher kaum bekannte Marke, ‚Scin’ (‚Scincariol’), mit einer ebenfalls gross angelegten Werbe-Kampagne die drei Grossen anzugreifen, aber außer ein paar Monaten von höheren Verkäufen als der dritte, ‚Antartica’, versandete auch diese Kampagne und die Dominanz besteht bis heute.

Brasilien (topographisch)

Nur um einen Eindruck zu geben: Heute wird eine Alu-Dose mit 350 ml von ‚Skol’ für etwa 1,60 Reais verkauft, jene mit ‚Brahma’ für 1,45, jene von ‚Antartica’ für 1,20, während sich Marken wie ‚Kaiser, ‚’ Scin’ oder die aufstrebenden ‚Sol’ oder ‚Itaipava’ mit 1,10 bis 1,05 zufrieden geben müssen. Noch kleinere Marken verkaufen unter 1 Real. Dabei kann höchstens ein ausgesprochener Bierkenner diese Marken mit verbundenen Augen am Geschmack unterscheiden.

Der nächste Akt war die Vereinigung der grössten belgischen Brauerei (Hauptmarke ‚Stella Artois‘), die eine starke Stellung nicht nur in Belgien hatte, einem klassischen Biertrinker-Land, sondern auch in Frankreich, England, den Niederlanden und Teilen Deutschlands, mit der Brahma-Brauerei und die Gründung der AmBev. Entgegen dem anfänglichen Eindruck, die Belgier hätten die Brasilianer aufgekauft, wurden der Präsidentenposten und sechs der wesentlichen Managerposten mit Brasilianern aus der Brahma-Küche besetzt, auch wenn der Sitz in Belgien war. Teil der AmBev/In Bev wurde dann inzwischen auch die deutsche Marke ‚Becks’.

Das brasilianische Team ist ganz ohne Zweifel völlig unbrasilianisch und eine der wohl aggressivsten und rücksichtslosesten Gruppe von Managern, die der Getränke-Weltmarkt, und sogar der Markt überhaupt je gesehen haben. Dies stellten sie unter Beweis bei der feindlichen Übernahme von Anheuser-Busch im Jahr 2008, dem US-Marktführer mit den Marken ‚Budweiser‘, ‚Bud Light‘ und ‚Michelob‘, und bei der anschliessenden versuchten Umgestaltung des US-Konzerns in eine Dividenden–Quelle der ersten Kategorie.

Anheuser-Busch war eine jener traditionellen Firmen, die aus dem 19.Jahrhundert kamen, sehr erfolgreich waren, aber dann den „Biss“ verloren und sich ein wenig verloren hatten, mit riesigen Investments in Themen-Parks, in chinesischen Bierbrauereien, in unglaublich aufwendigen Werbekampagnen, in extremen Privilegien für die eigenen Manager und im gleichzeitigen Übersehen der tatsächlichen Trends im Bier-Markt.

Zum Zeitpunkt der Übernahme 2008 verkaufte A.-B. 48,9% der Fass-Biere in den USA und verkaufte 11 „Billion“ (Milliarden) Flaschen Bier. Das machte die Brauerei zur grössten in den USA, aber die Miller und Coors waren auf den Fersen.

Um nur einen Eindruck zu geben: Die Hauptmarke ‚Budweiser‘ war noch vor 25 Jahren mit über 40% des US-Marktes der absolute Spitzenreiter. Zum Zeitpunkt der Übernahme war diese Beteiligung auf 9% geschrumpft. Allerdings hatte A.-B. selbst einen grossen Anteil an diesem Wandel. Heute ist ‚Bud Light‘ die grösste Einzel-Marke in den USA und die neuere A.-B.-Marke ‚Michelob‘ ist auch schon grösser als ‚Budweiser‘.

Kurz: Die Aktionäre von A.-B. waren nicht so sehr zufrieden, die Aktie gab nie zu Freudensprüngen Anlass, während es ein einziges Meer der Freuden gewesen sein muss, bei Anheuser-Busch Manager gewesen zu sein. Die oberen Chargen waren nur in Jets der firmeneigenen Flotte von Flugzeugen unterwegs, die schon den Namen Bud-Air erhalten hatte.

Grosszügige Altersabsicherung, Lebensversicherungen von der Firma und ähnliches waren an der Tagesordnung. Ausserdem war diese Brauerei eine der sichtbarsten Firmen in den USA: Ihre riesigen Werbekampagnen waren berühmt. Die besten Werbeagenturen rissen sich um den Busch-Account. Jedes Jahr wartete alles gespannt auf die neue Werbung zum „Super-Bowl“ (Endspiel der American Footbol-Liga) von ‚Bud’, die Jahr für Jahr zur besten gekürt wurde. Die Olympischen Winterspiele wurden immer exklusiv als einziges Bier gesponsort, man hielt sich eigene Frauen-Fußball-(Soccer)-Vereine, ein prächtiges Pferdegestüt mit speziellen Brauerei-Pferden und die Busch-Gardens, riesige Themen-Parks, waren in vielen Teilen der USA ein Begriff.

Übrigens: Diese Busch-Familie hat nichts mit den Präsidenten-Bushs zu tun. Sie hatten auch das c nicht aus dem Namen gestrichen wie fast alle deutschstämmigen Amerikaner dieses Namens, als es in den Weltkriegen nicht angebracht war, aus Deutschland zu stammen.

Was die Trends im Bier-Markt in den USA betrifft: Es gibt einen allgemeinen Trend zu kleinen Marken von (scheinbaren oder echten) Hinterhof-Brauereien, die es in Tausenden von Geschmacks–Nuancen gibt. A.-B. hatte keine erfolgreiche Marke dieser Art kreiert.

Da trat also nun im Jahr 2008 InBev mit einem Angebot von insgesamt 46 „Billionen“ (Milliarden) Dollar an, um A.-B. feindlich zu übernehmen. Die Familie Busch wehrte sich mit allen erdenklichen Mitteln, es wurde sogar eine grosse Investment-Bank engagiert, um das Angebot abzuwehren, aber die Aktionäre hatten das letzte Wort. Sie nahmen das Angebot von InBev an und die Buschs mussten sich mit den Brasilianern einigen.

Im November 2008 war die Einigung perfekt und nun wurde A.-B. Teil der Gruppe InBev. Damit hatten sich zwei der vier grössten Bierbrauerkonzerne zusammengeschlossen und waren nun die grösste Brauer-Firma der Welt, knapp vor dem vorherigen Spitzenreiter SABMiller, der in London sitzt.

Allerdings hatte sich die InBev mit der Ausgabe von 46 Milliarden US-Dollar für die Übernahme der A.-B. gewaltig übernommen. Man hatte einen wesentlichen Teil dieser immense Summe zwar von einem Konsortium von Banken geliehen bekommen, um diesen Coup zu landen, aber die nun fälligen Rückzahlungen und Zinsen hätten den neuen, großen Konzern für viele Jahre fast bewegungsunfähig gemacht. So hatten denn die Banken auch Bedingungen gestellt für die Gewährung dieses Jumbo-Kredits: Massive Einsparungen im ganzen Konzern, um schnell vorzeitige Rückzahlungen tätigen zu können.

46 Milliarden US-Dollar scheinen uns heute nicht viel Geld zu sein, denn wir haben gesehen, dass selbst eine kleine, völlig unwichtige Bank wie die IKB mit genau solchen Summen von der Bundesregierung „gerettet“ wurde – natürlich alles aus unseren Steuergeldern - und das ging so fix wie man ein Glas Bier trinken kann. Unser Verhältnis zu großen Summen von Geld ist gestört.

Der Rettungs-Plan

In der Wirklichkeit, da wo man nicht einfach 100 Milliarden mit Finanztransaktionen verliert oder gewinnt, in der realen Welt, wo man Güter aus Rohstoffen produzieren muss, die man dann verkaufen kann und das gegen Konkurrenten auf dem Markt, in dieser Welt sind 46 Milliarden Dollar ein Heidengeld.

So war denn auch die Tinte unter dem Vertrag der Übernahme noch nicht trocken, als das brutale Brasilianer-Team bereits Massenentlassungen ankündigte: Allein in den USA bei A.-B. wurden etwa 6% der Belegschaft unmittelbar entlassen, dazu eine große Zahl von Beratern. Auch in Belgien gab es Massen-Entlassungen (und heftige Proteste dagegen).

Gleichzeitig wurden den neuen Top-Managern höchste Zig-Millionen-Boni versprochen, wenn sie es schaffen würden, das Verhältnis von Schulden zu Einkommen innerhalb von 5 Jahren zu halbieren.

So wurden dann logischerweise gleich weitere Maßnahmen geplant und durchgeführt, die sparen bzw. Geld in die Kassen bringen würden:
  • Die Busch-Gardens, die größte Themenpark-Organisation der Vereinigten Staaten, wurde verkauft, was schon einen Milliardenbetrag einbrachte, allerdings auch eine US-Ikone zerstörte. Das Freibier in den Parks wurde auch gestrichen.
  • Ein wesentlicher Teil der Anteile an chinesischen Brauereien wurde verkauft. Damit hat man sich allerdings aus dem zweifellos schnell wachsenden chinesischen Bier-Markt verabschiedet. Wo will man Wachstum suchen?
  • Allen hohen Managern wurden die persönlichen Assistenten und Sekretärinnen gestrichen.
  • Es wurde angekündigt: Ab 2012 wird die Firma nicht mehr in die Pensionskasse für die Angestellten einzahlen. Damit sind die Altersversorgungen, speziell für jüngere Mitarbeiter, praktisch gestrichen (in den USA gibt es keine obligatorische Rentenversicherung).
  • Die Löhne und Gehälter wurden gekappt. Es sollte ein Niveau von zwischen 80 und 100% des Durchschnitts für entsprechende Tätigkeiten in den USA erreicht werden. Tatsächlich sind heute die Löhne schon unter diese 80% gefallen.
  • Die Manager müssen sich statt eigener repräsentativen Büros nun mit Großraumbüros zufrieden geben.
  • Die Zahl der ausgegebenen Firmen-Blackberries wurden von 1200 auf 720 reduziert.
  • Die Frist für die Bezahlung von Lieferanten-Rechnungen wurde von 30 Tagen auf 120 Tage erhöht.
  • Die Budgets für die einzelnen Abteilungen müssen in jedem Jahr vom ersten Pfennig an neu begründet werden (Zero-Based Budgeting).
  • Die gesamte Flotte von Firmen-Jets wurde verkauft und man reist nun in Flugzeuge in der Touristenklasse.
  • Die vorherige Praxis, den Beschäftigten eine Lebensversicherung zu bezahlen, wurde eingestellt ab dem Jahr 2010.
  • Die vorherige Praxis, entlassenen Mitarbeitern Ausgleichszahlungen zu garantieren, wurde eingeschränkt.
  • Die aufwendigen Werbekampagnen wurden auf ein Minimum zusammengestrichen. Die eigenen Abteilungen für Anzeigen und Werbefilme wurden aufgelöst. Die meisten Verträge mit Werbeagenturen wurden gekündigt. Ob der Verzicht auf Werbung wirklich auf längere Sicht zu höheren Einnahmen führt, bleibt dahingestellt.

Für 2010 wurden bereits erneut Entlassungen angekündigt. Tatsache ist nämlich, dass die Bierverkäufe der InBev in den USA zurückgegangen sind. Dies wird allerdings auf die Krise zurückgeführt. Ob alle anderen Anbieter ebenfalls Rückschläge hinnehmen mussten, ist nicht bekannt.

Ein brasilianisches Magazin feiert die brasilianischen Top-Manager der InBev als die erfolgreichsten Brasilianer im Ausland. Was genau aber ist nun der Erfolg?

Die Aktien der InBev sind nach dem Einbruch durch die Übernahme deutlich gestiegen und werden nach dem Ende der Vorab-Rückzahlungen an die Banken wohl auch anständige Dividenden abwerfen. Es wird allerdings wohl eine Zeit dauern, bis die Dividenden der A.-B. wieder erreicht sein werden.

New Yorker Börse

D.h., man folgt genau den Komponenten der „Shareholder-Value“-Ideologie, ohne für lange Zeit überhaupt wirklich viel Wert für die Aktien-Inhaber zu schaffen. Nur die Banken haben hohe Zinseinnahmen.

Nun fragen Sie sich einmal, geneigter Leser: Was wurde nun wirklich an Positivem geschaffen mit dieser Wahnsinnsübernahme und den vielen Arbeitslosen, die sie gekostet hat?

Gibt es irgendeinen positiven Aspekt, wenn man einmal vom Ego der brasilianischen Manager absieht, das sicherlich ein neues Höchstniveau erreicht hat?

Das ist Kapitalismus in seiner Endphase.


Veröffentlicht am 8. April 2010 in der Berliner Umschau

Karl Weiss - Journalismus

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