Ein neues Kapitel von Lügen
Von Karl Weiss
”US-Autokäufer reißen sich wieder um Spritschlucker”, “Deutsche Karossen gefragt: Autohäuser leeren sich”, das sind typische Schlagzeilen, nachdem die Januar-Zahlen der Automobilzulassungen veröffentlicht worden, sowohl in den USA als auch in Deutschland.
Der Wirtschaftblog „Querschuesse.de“ gibt einen guten Überblick über dieses Thema in diesem Artikel: http://www.querschuesse.de/die-medien-und-die-autoabsatze/
Einer der absurdesten Teile der Aufschwung-Propaganda ist die über die angeblich himmelhoch schiessenden Autoverkäufe. Glaubt man, wenn man nur oft genug wiederholt, wie gut die Kfz-Märkte liefen, dann würden sie vielleicht am Ende wirklich Tritt fassen? Nein, aber im Ernst: Es geht um die nächsten Wahlen. Sowohl in den USA wie auch in Deutschland bringen die Medien der Monopole (Grossbanken und -konzerne) Erfolgsmeldungen des Auto-Absatzes, die sich beim näheren Hinsehen in Luft auflösen.
Präsident Obama in den USA muss um seine Wiederwahl in etwa eineinhalb Jahren fürchten. In Deutschland finden dieses Jahr eine Reihe von Landtags- und Stadtstaaten-Wahlen statt, die den Regierenden Angst machen.
Das ist der Grund, warum man sowohl diesseits wie auch jenseits des Atlantiks versucht, dem Bürger einzureden, alles sei im Aufschwung, alles würde besser, die Krise sei vorbei und – vor allem – es würden wieder Autos zugelassen wie in den besten Zeiten.
Das Problem ist, das sind Lügen.
Sieht man sich die Statistiken der Auto-Zulassungen in den USA und in Deutschland an, so stellt man fest, es gibt zwar teilweise gewisse Zuwächse in den letzten Monaten, aber die liegen auf so niedrigem Niveau, dass man in Wirklichkeiten von kleinen Schwankungen in der Krise sprechen muss und von Aufschwung keine Rede sein kann.
In diesem Zusammenhang muss man berücksichtigen: Ein gar nicht so kleiner Anteil der Auto-Zulassungen in den industrialisierten Ländern ist einer von Firmen. Eine funktionierende Firma, auch wenn sie noch auf niedrigem Niveau arbeitet, hat einen gewissen Bedarf an Firmenautos.
Dies sagt also nichts über die Kaufkraft der Massen in jenem Land aus. Man stelle sich nur vor: Im Januar 2011 waren 63,1% der Neuzulassungen in Deutschland Firmenwagen!
Und das Ergebnis dieser hohen Firmenwagen-Beteiligung ergab dann nicht mehr als etwa 211 000 Einheiten! Das war der fünftschwächste Januar seit 1991! Der längerfristige Durchschnitt des Januars war mit 274 000 (im Schnitt 2000 bis 2008) weit höher – bei gleichzeitig weit geringerem Firmenwagenanteil. Tatsächlich sind die aktuellen Zulassungszahlen im Vergleich mit dem Vorjahresmonat ansteigend, aber im Vergleich zu den Vormonaten abfallend, siehe die Statistik.
Etwas Ähnliches haben die USA zu vermelden. Auch dort werden die Verkaufszahlen der Autoindustrie als Aufschwungpropaganda verkauft, obwohl die Betrachtung der Zahlen auch dort keinen Anlass zu so etwas gibt.
Im Durchschnitt der Jahr 2000 bis 2007 wurden in den USA 16,8 Millionen Kraftfahrzeuge jährlich verkauft. Der Januar 2011 würde hochgerechnet aufs Jahr (saisonbereinigt) etwa 12,6 Millionen Einheiten bedeuten. So geringe Verkäufe hatte die US-Auto-Industrie nicht seit der Rezession 1991.
Nur war die Rezession 1991 eine vorhersehbar vorübergehende Erscheinung. Im Moment aber sind wir in einer tiefen Wirtschaftskrise, die trotz aller Versicherungen keineswegs überwunden ist. Die geringe Zahl der verkauften Einheiten muss also aktuell zu weit grösseren Bedenken Anlass geben als damals. Dabei ist auch in den USA die relativ grosse Anzahl von Firmenwagen unter den verkauften Autos zu beachten.
Die unbereinigten Original-Absatzdaten von in den USA neu zugelassenen Fahrzeugen sind folgende:
Im Januar 2011 wurden nur 819’895 Fahrzeugeinheiten verkauft, ein Rückgang von -28,7% zum Vormonat Dezember 2010 mit 1,144739 Millionen verkauften Fahrzeugeinheiten, nach 873’323 Fahrzeugeinheiten im November, nach 950’165 Fahrzeugeinheiten im Oktober, nach 958’966 Einheiten im September, nach 997’468 Einheiten im August und nach 1,050101 Millionen im Juli 2010. Das zeigt, von einem Absatzboom kann auch in den USA keine Rede sein.
Wird der Autoabsatz in den USA im Vergleich zur Bevölkerungszahl aufgetragen, so ergeben sich noch weit besorgniserregendere Zahlen.
Im Januar 2011 wurden je 100 Einwohnern 4,04 PKWs verkauft (SAAR), beim Hoch im September 1986 waren es 8,78 Autos je 100 Einwohner und der Durchschnitt von 2000 bis 2007 lag bei 5,75 je 100 Einwohner! Der Januar 2011 lag um -30% unter dem Durchschnitt von Jan. 2000 bis Dez. 2007.
Und dies alles unter dem Bedenken: Dies alles ist nicht der tatsächliche Absatz an Privatpersonen, sondern beinhaltet auch die Firmenwagenkäufe, die in Krisenzeiten auch in den USA bis zur Hälfte der Autokäufe ausmachen können. Das zeigt also nicht den wirklichen Einbruch der privaten Autonachfrage in den USA!
Wenn diese Fakten bekannt würden, was denken sie, würde dann die Auswirkung auf die Wählerstimmen der aktuellen Regierungen sein? Sehen Sie, wieso die so viel lügen müssen?
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