‘Ich fälsche meine Zahlen am liebsten selber‘

Politiker und ihre ‚leicht geschönten‘ Zahlen

Von Karl Weiss

Wie sehr man den Aussagen der Politiker-Kaste misstrauen muss, wurde nun einmal wieder im Hamburger Wahlkampf deutlich. Die Hamburger Bürger, die nach jahrelangen Erfahrungen mit der CDU in den Umfragen mehr zur SPD neigen, stutzten angesichts einer Erfogsmeldung des CDU-Kandidaten Ahlhaus: In den Jahren der CDU–Herrschaft sei die Zahl der Kriminalitätsfälle in Hamburg um 25% zurückgegangen.

Da wird dann ins Unterbewusstsein des Bürgers gedrückt: „Wer sicher leben will, muss CDU wählen.“

Die „Süddeutsche“ schreibt in ihrem Artikel zu diesem Thema „Zurechtgebogene Zahlen“ vom 15. Februar:

„"Unsere Bilanz: Kriminalität minus 25 Prozent" strahlt es auf Großplakaten in Hamburg. (...) "Das ist unseriös ermittelt", sagt der Konstanzer Kriminologe Wolfgang Heinz. Der Professor hat die Zahlen überprüft - und kommt zu anderen Ergebnissen als Ahlhaus.“

Wie die Politiker-Kaste das auch mit den Arbeitslosenzahlen gemacht hat – etwa die Hälfte der Arbeitslosen wurden einfach aus der Statistik entfernt- , so handelt es sich auch hier um einen Zahlen-Trick. Allerdings gibt es keinen Artikel der „Sueddeutschen“, in dem sie die Tricksereien mit den Arbeitslosenzahlen in Deutschland aufdeckt.

Schill beim Koksen

Im Hamburger Fall war der Trick dieser: Im ersten Jahr der CDU-Herrschaft 2001 (damals zusammen mit Schill, erinnern sie sich noch?) gab es den Riesenfall eines Anlagebetruges in Hamburg, der sich auf 26 000 Fälle bezog. Da jeder dieser Einzelfälle als „Kriminalität“ gezählt wird, stieg damit in jenem Jahr die Kriminalität in Hamburg exorbitant an. Im darauffolgenden Jahr war sie logischerweise wieder bei den üblichen Zahlen. Der Trick ist nun, die CDU-Propaganda nimmt nun einfach die Zahlen jenes Ausnahmejahres als Ausgangspunkt und die des letzten Jahres als Endpunkt und kommt so auf 25% weniger Kriminalität während ihrer Herrschaft.

Nimmt man allerdigs konkrete Kriminalität, die der Bürger fürchtet, so gab es zwischen 2001 und 2009 so gut wie keine Veränderung, wie z.B. bei „gefährlicher Körperverletzung“. „Schwere und gefährliche Körperverletzungen“ (darunter fällt der Angriff mit einer Waffe) stiegen sogar an in jenen 8 Jahren.

Der Konstanzer Professor vergleicht mit anderen Stadtstaaten und berichtet: Der Anstieg ist in Hamburg höher als in Bremen und Berlin.

Erst im Jahr 2010 ging die Kriminalität wirklich etwas zurück, aber das war auch in Bremen und Berlin (beide SPD-regiert) so. Gewalt-Straftaten haben dort im Vergleich zum Vorjahr sogar stärker abgenommen als in Hamburg. Das hat nun aber natürlich wiederum nichts mit einer besseren SPD-Politik zu tun, der Professor erinnert vielmehr daran, dies sei naheliegend und treffe auch auf viele andere Länder und Städte in Deutschland zu.

Es kommen jetzt nämlich die Jahrgänge in das typische Kriminalitätsalter junger Männer, in denen deutlich weniger Kinder geboren wurden.

Doch soll hier aus Brasilien auch noch ein anderer Aspekt hervorgehoben werden, den die „Süddeutsche“ in ihrem Artikel „vergisst“:

Roland Koch

Die absolute Höhe der Kriminalität, spezieller jener Art von Kriminalität, welche die Bürger besonders fürchten, ist in Deutschland generell extrem niedrig. Zwar versuchen gewisse Politiker, wie Schill oder Roland Koch, das zu vertuschen und Einzelfälle hochzuspielen, aber es ist wichtig, wenn man von Politik spricht, die Relationen zu beachten:

Bei den viel gefürchteten Kriminalitätsformen Mord, Totschlag und bewaffneter Raubüberfall liegen Deutschland und andere europäische Länder bei etwa 20% der Fälle in den USA, das ja das gelobte Land des Kapitalismus ist.

Ein Vergleich mit Brasilien erübrigt sich, denn hier ist die Kriminalität sogar noch höher als in den USA.

Zwar sind die Zahlen (immer relativ zur Bevölkerungszahl) in Ländern wie Norwegen und Finnland noch niedriger als in Deutschland, aber die Gründe dafür sollen in einem getrennten Artikel behandelt werden.

Vergleicht man die Zahlen der Toten in Deutschland durch kriminelle Taten, so liegen die weit, weit, weit unter denen der Toten im Strassenverkehr.

Interessanterweise haben die Herren und Damen der Politikerkaste keinerlei Probleme mit den Verkehrstoten.

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